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- Zwischen Welten verstrickt IV. Weltraum, Wildwest und allerlei wunderliche Wege
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Verlag:
Igel Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 10.2017
AuflagenNr.: 1
Seiten: 108
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Und deshalb ist die Science Fiction, egal, in welcher medialen Form, ein ideales Exerzierfeld für Markus Pohlmeyers Hermeneutik, weil sie präzise die an der Oberfläche abwesenden, im Kern aber weiterhin existenten negierten Elemente von Weltbildern freilegen kann. Und nicht nur die der Science Fiction, sondern die aller Kultur, also auch die der Populären Kulturen. Thomas Wörtche aus dem Vorwort Mit Beiträgen zur Popkultur: Seneca, Fontane, Thomas Mann und Kierkegaard mit Beiträgen zur Klassik: Star Wars , Alien , Lucky Luke , 11.22.63 , Game of Thrones , Borgia und Manh(a)ttan … Vielleicht wären Klassik und Popkultur hier auch auszutauschen?
Textprobe: Borgia – oder wie ein Papst und seine Familie für Machiavelli Modell standen Der englische Untertitel von Borgia (3. Staffel/2016) ist sehr gut gewählt: Triumph and Oblivion . Da ist der anfängliche Siegeszug Cesare Borgias durch Italien und dann das unbarmherzige Ausgelöscht-Werden, die folgende damnatio memoriae dieser Familie. […] Alexander VI.: Erschütternd und bitter, der ins Allegorische gesteigerte Tod von Papst Alexander VI.: durch die Malaria niedergestreckt, bläht sich sein von Fliegen umschwärmter Leichnam in der Sommerhitze Roms grotesk auf – bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Sei das ein Mensch gewesen? Die Beerdigungsprozession in Kleinstbesetzung wird dann auch noch überfallen und ausgeraubt. Es bleiben nur übrig die Ex-Geliebte und der ehemalige Sekretär, ein Muslim, der dem Freund die letzte Ehre gibt und ihn geradezu in das Marmorgrab zerren muss – und dessen Seele Allah anempfiehlt. Der Marmorsarg zeigt ein schönes Papst-Antlitz, das Innere enthält aber das Hässlich-Deformierte. Typisch Borgia: Signifikat und Signifikant werden konsequent auseinander getrieben. Der machtgeile Papst unterstützte institutionell seinen machtgeilen Massenmördersohn Cesare. Pilger füllen hierfür die Kriegskasse genauso wie der (Kardinals)Ämter(ver)kauf. Die anderen Kardinäle – korrupt, intrigant, pervers, luxuriös, pharaonenhaft und egozentrisch – drehen sich im Karussell der Macht und des nächsten Konklaves. Alexander fürchtet seinen Tod aus einem Grunde, den Kierkegaard nicht hätte besser formulieren können: Das päpstliche Wir würde, entkleidet weltlicher Macht, wieder nur zum Ich werden. Ohne die Illusion und Simulation eines Amtes oder einer Institution, allein vor Gott. Eine Institution, die zu missbrauchen den Amtsträgern straffrei erlaubt ist, aber Weh und Ach jenem armen Pilger, der diese kritisiert: gekreuzigt wird er auf ein Floß gesetzt – im Grunde eine wirkliche imitatio Christi, während die sakrosankten Mörder sich feiern, lügen usw. Motive auf dem Weg zur Reformation sind hier überall zu finden: in der Diskussion um Bibelübersetzungen, Buchdruck, Gedankenfreiheit oder eben dieses Allein-sein-vor-Gott. Cesare Borgia Cesare eskaliert, ein Prototyp aller Massenmörder, päpstlich legitimiert (Der Krieg beginnt, weil bestimmte Städte den Peterspfennig nicht zahlen!) er massakriert radikal seine Gegner – mit ausgesuchter Grausamkeit. Aus der Haut von Getöteten lässt er sich z.B. eine Hose nähen. Capua wird im Grunde ausgelöscht etc. An dem einen Abend feiert Cesare im Lager das Leben seiner Soldaten, um am nächsten Tag vor Faenzas Mauern zwischen 3000 Leichen von ihnen umherzuirren. Intrigen und psychopathisches Übermenschentum, hinter dem sich Nichts und Verzweiflung gespenstisch austoben. Der Papstsohn engagiert Leonardo da Vinci, der, ohne jegliche Gewissensbisse, neue Waffen für den Eroberer entwirft. Cesare glaubt aber auch an Fortuna – und das zeichnet diese Staffel aus: auf dem Weg in die Renaissance, in der Renaissance ist alles irgendwie noch da, Altes und Neues. Aber transitorisch: Als z.B. ein Sohn von Lucrezia im Streit der beiden möglichen Väter (pater semper incertus) in ein geradezu sensomotorisches Koma fällt, treten auf: Schwarze Magie, Gebete, Wasser eines Marienheiligtums und Medizin aus der Neuen Welt. Unklar, was denn letztlich gewirkt habe. Am brutalsten finde ich eine Nebenszene (die gar keine ist): Die Geliebte des Papstes wird eifersüchtig auf eine Indianerfrau und insinuiert ihr, der Papst, den diese wegen seiner Reinheit verehrt, hege dennoch erotische Neigungen. Die Indianerin hatte gehofft, in Rom Christus zu sehen. Oh, das könne arrangiert werden! Die Ex-Papstgeliebte verkleidet nun einen entsprechend aussehenden Gefangenen wie Jesus (Lendenschurz, Bart, Umhang). Die Begegnung dieser Imitation Christi endet mit einer angedeuteten Vergewaltigung der Indianerfrau, die sich daraufhin ertränken wird. Sie habe überall im Vatikan Jesus gesucht! Darauf Mimikry-Jesus: Ich werde tun, was meine Welt mit der Unverdorbenheit deiner Welt tun wird! Wieder lösen sich die Signifikanten von den Signifikaten. Machiavelli: Später wird am Hof von Lucrezia, die Alfonso d’Este geheiratet hat, Kopernikus seine neuen kosmologischen Ideen vorstellen. Michelangelo streitet sich mit Leonardo um die Konzeption des ‚David‘ – eine neue Welt beginnt, auch in der Kriegsführung: um Faenza einzuschüchtern, wird die Wirkung von Giftgas demonstriert – im Beisein eines Kardinals. Niccolò Machiavelli hat in dieser Staffel eine heimliche Hauptrolle: als Beobachter, Kommentator, Verehrer von Cesare und gerissener Stratege.
Dr. Lic. theol. Markus Pohlmeyer studierte Latein, Griechisch, Deutsch und Philosophie in Würzburg, Tübingen und London. Lizenziat und Promotion in katholischer Theologie an der Universität Münster zu Johann Gottfried Herder und zur Geschichtenhermeneutik von Wilhelm Schapp. Mehrjährige Lehrtätigkeit an einem Gymnasium in Schleswig Holstein. Seit 2009 an der Europa-Universität Flensburg. Forschungsschwerpunkte: Religionsphilosophie, Literatur und Religion, Science Fiction und Mythopoetik. Mitglied des Literaturforschungszentrums Sara Valesio CSSV (Bologna – New York). Autor bei CrimeMag. Mitarbeit in versch. deut. Museen zum Thema christliches Brauchtum im Jahreslauf. Zahlreiche ethnologische und poetische Veröffentlichungen.
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