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- Zins- vs. Rechnungslegung: Diskontierung in der Unternehmensbilanz
Wirtschaftswissenschaften
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 56
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
1.000 EUR heute sind wertvoller als 1.000 EUR morgen. Aber wieviel wertvoller? Für die Unternehmensbilanz ergeben sich ganz besondere Probleme, wenn es um die in Zahlen ausgedrückte Bewertung von Sachverhalten geht, die erst später eintreten. Wieviel sind 1.000 EUR heute wert, wenn man sie erst in 5 Jahren erhält? Die Lösung lautet Diskontierung: Das Abzinsen der Summe vom zukünftigen Tag der Einzahlung bis zum heutigen. Aber mit welchem Zinssatz? Reicht die einfache Inflationsrate? Und was ist, wenn die Einzahlung der 1.000 EUR heute noch überhaupt nicht sichergestellt ist? All diese Fragen stellen den Bilanzierenden vor komplexe Aufgaben. Hinzu kommt eine unsystematische Regelungsdichte in der internationalen Rechnungslegung und eine weitestgehend starre Regelung in den deutschen Gesetzen. In diesem Buch sollen die Fragestellungen und die verschiedenen Regelungen aufgegriffen, erläutert und kritisch hinterfragt werden. In einem ersten Schritt werden die Funktionen des Zinssatzes für die betriebswirtschaftliche Rechnungslegung erläutert. Hieraus werden die verschiedenen Konzepte sowohl für den Diskontierungszinssatz als auch für den übergeordneten Barwert dargestellt. Im Anschluss wird der anzuwendende Zinssatz selbst in seine Bestandteile zerlegt. Hieraus werden Anforderungen, die ein Diskontierungszinssatz erfüllen sollte, abgeleitet und den allgemeinen Regelungen gegenübergestellt. Die auf bestimmte Bilanzbereiche ausgerichtete Anwendung von Barwerten und Diskontierungszinssätzen wird im nächsten Abschnitt erläutert. Wesentliche Bewertungsmethoden bzw. -regeln werden hierbei dargestellt. Dieser Teil des Buches betrifft hauptsächlich die internationale Rechnungslegung mit ihrem sachverhaltsbezogenen Regelungswerk.
Textprobe: Kapitel 2, Zinsen als Bestandteil der Rechnungslegung: 2.1, Funktionen von Zinsen in der Rechnungslegung: 2.1.1, Grundlagen: Der Zins ist der Preis, der bezahlt werden muss, um früher über Kapital zu verfügen als Entschädigung für denjenigen, der zeitweise auf sein Kapital verzichtet. Das bedeutet, dass die heutige Verfügbarkeit von Kapital höher bewertet wird als deren zukünftige Verfügbarkeit. Der Zins stellt hierbei einen Gleichgewichtspreis aus Angebot und Nachfrage nach Kapital dar. Unter Sicherheit und bei vollkommender Informationseffizienz drückt sich in diesem Gleichgewichtspreis, der sich zwischen den Wirtschaftssubjekten herausbildet, der risikolose Zinssatz aus. Die Beschreibung des Zinses als Gleichgewichtspreis lässt eine große Ähnlichkeit der Zinstheorie mit der Preistheorie erkennen. Der Zins entspricht dem Preis für den Tausch zwischen gegenwärtiger und zukünftiger Güter. Genauso wie sich in der Preistheorie die Höhe des Preises durch einen subjektiven Teil bestimmt, ist die Höhe des Zinses beim Tausch zwischen gegenwärtigen und zukünftigen Gütern durch eine subjektive Präferenz für gegenwärtige im Vergleich zu zukünftigen Gütern beeinflusst. Diese Präferenz wird auch Zeitpräferenz oder menschliche Ungeduld genannt. Ausgangspunkt für den Marktzins ist demnach, dass auch im allgemeinen Konsum heute dem Konsum später vorgezogen wird. Daraus resultieren bei den Wirtschaftssubjekten Zeitpräferenzen für Geld. Diese Zeitpräferenzraten sind individuell unterschiedlich. Sie ist der überschüssige Prozentsatz des gegenwärtigen Grenzbedürfnisses für eine zusätzliche gegenwärtige Einheit gegenüber einer zukünftigen Einheit. Der andere Bestandteil ist die Investitionsmöglichkeit als objektives Element. 2.1.2, Entgelt für die Überlassung von Kapital und Parameter der Barwertermittlung: Dem Zinssatz kommen aus seiner Eigenschaft als Preis des Geldes verschiedene Bedeutungen zu. FISCHER kennt zwei Konzepte Zinsen zu definieren. Zum einen nennt er das Preiskonzept von Zinsen (‘We have considered the rate of interest as the price of capital in terms of income.”). Das andere Konzept ist das Prämien-Konzept, das er definiert als ‘the rate of interest per annum reckoned annually and considered as a premium on the goods of one year compared with those of the year following’. Werden die Konzepte von FISHER auf die Rechnungslegung übertragen, lassen sich zwei wesentliche Aufgaben des Zinssatzes ermitteln, wobei stets die Vergleichbarkeit von zu verschiedenen Zeitpunkten anfallenden Zahlungen im Vordergrund steht. 1. Der Zins im Preiskonzept als Entgelt für die zeitliche Überlassung von Kapital: Für die zeitliche Überlassung von Kapital handeln zwei Wirtschaftssubjekte einen Preis aus, der ihre individuelle Zeitpräferenz und den Grenznutzen ausdrückt. Der Grenznutzen des verhandelten Kapitals bestimmt die Höhe des Entgelts. Aus unternehmerischer Sicht hat der Zins Relevanz für alle finanziellen Aktiva und Passiva und drückt das Verhältnis zwischen dem eingesetzten Kapital und dessen Verzinsung aus. Der Saldo aus Zinserträgen und Zinsaufwendungen wird in der Bilanz eines Unternehmens in der Gewinn- und Verlustrechnung abgebildet (§ 275 HGB / IAS 1). In dieser Funktion ist der effektive Zinssatz die gesuchte Variable, während der Zeitwert und das erwartete zukünftige Zahlungsstromprofil des Vermögenswertes bzw. der Schuld bekannt sind. Der Nominalzinssatz stellt den offen verhandelten Preis für das überlassene Kapital dar. Werden Abschläge auf den Auszahlungsbetrag durch den Schuldner akzeptiert, erhöhen diese das Entgelt für die Kapitalüberlassung. Der effektive Zinssatz berücksichtigt vereinbarte Differenzen zwischen dem Auszahlungsbetrag und dem Rückzahlungsbetrag. Werden der Rückzahlungsbetrag und die Zinszahlungen mit dem effektiven Zinssatz diskontiert, entsprechen die Summe ihrer Barwerte dem Ausgabebetrag. Die Abweichungen aus der Summe der erwarteten zukünftigen Zahlungsströme und dem Zugangswert werden über die gesamte Laufzeit der Kapitalüberlassung amortisiert. 2. Der Zins im Prämienkonzept als Bewertungsparameter zur Bestimmung des Bar- bzw. Zeitwerts von Vermögenswerten und Schulden: Um Vermögenswerte und Schulden zu bewerten, ist ein (fiktiver) Transaktionspreis auf einem aktiven Markt der beste Anhaltspunkt. Ist ein solcher nicht verfügbar, kann eine Bewertung über den Barwert ihrer zukünftigen Zahlungsströme erfolgen, mit dem die Zahlungsströme von Vermögenswerten und Schulden, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten und in unterschiedlicher Höhe anfallen, auf einen Stichtag vergleichbar zu machen. Der Barwert dient insoweit einer wertmäßigen Normierung der Vermögenswerte und Schulden auf Basis des jeweiligen Zahlungsstromprofils. Die entgangene Rendite eines theoretischen Vergleichsobjekts wird durch den verwendeten Zinssatz bei der Barwertberechnung dargestellt. Angelehnt an die Investitionsrechnung drückt der Zinssatz hierbei die Erwartungen des Investors über die Höhe der Mindestverzinsung des in Vermögenswerte eingesetzten Kapitals bzw. die Finanzierungskosten von Schulden aus. Als Parameter der Barwertermittlung ist der Zinssatz bekannt. Mit ihm wird das erwartete zukünftige Zahlungsstromprofil eines Bilanzpostens abgezinst und der Zeit- bzw. Stichtagswert ermittelt, der in diesem Fall die Variable darstellt. Im einfachsten Fall ist der Zeitwert von Bilanzposten vorzugsweise durch aktuelle Preise als Tageswert auf einem funktionsfähigen und aktiven Markt beobachtbar. Nach IAS 36.6./IAS 38.8 müssen für die Definition eines Marktes i.S. der IFRS folgende Bedingungen kumulativ erfüllt sein: - Die auf dem Markt gehandelten Produkte sind homogen. - Vertragswillige Käufer und Verkäufer können i.d.R. jederzeit gefunden werden. - Preise stehen der Öffentlichkeit zur Verfügung. Der (beizulegende) Zeitwert im Handelsrecht wird durch den Gesetzgeber nicht konkret definiert. Die Literatur verweist ebenfalls zuerst auf einen verlässlich feststellbaren Marktpreis, der auf einem aktiven Markt bestimmt werden kann. Auch die Bedingung der öffentlichen Zugänglichkeit der Preisinformation muss gewährleistet sein. Der Marktpreis muss darüber hinaus auf aktuellen und regelmäßig auftretenden Markttransaktionen zwischen unabhängigen Dritten beruhen. Steht ein solcher Marktpreis zur Verfügung, der aus den Erwartungen der Marktteilnehmer den Zeitwert erwarteter zukünftiger Zahlungen auf einem aktiven Markt widerspiegelt, ist eine Barwertbestimmung nachrangig und nicht zu verwenden. Marktpreise sind objektiver als die Ergebnisse einer Barwertermittlung mit Hilfe von Bewertungstechniken. Nur wenn für Vermögenspositionen und Schulden keine Tageswerte auf einem funktionsfähigen aktiven Markt beobachtbar sind, ist der Zeitwert durch Bewertungstechniken i.d.R. als Barwert bestimmbar. Dieser würde auf einem vollkommenen Kapitalmarkt beim Vorliegen strengster Informationseffizienz auch dem Marktpreis entsprechen, den voneinander unabhängige, sachverständige und vertragswillige Marktteilnehmer auf einem aktiven Markt auf Basis ihrer individuellen Einschätzung bestimmen. Daher sind im Rahmen der Barwertermittlung auch alle Elemente zu berücksichtigen, die sich nach den Einschätzungen der Marktteilnehmer in einem Tageswert widerspiegeln würden. Der Zins reflektiert in diesem Zusammenhang als Vergleichsmaßstab die Rendite- und Risikoerwartung einer vergleichbaren Investitionsalternative von unabhängigen, sachverständigen und vertragswilligen Marktteilnehmern. 2.2, Konzeptionen des Barwerts: 2.2.1, Barwerte in der internationalen Rechnungslegung: An einer generellen Bewertungsgrundlage für Vermögenswerte und Schulden fehlt es dem IFRS-Rahmenkonzept, während die Standards verschiedene Bewertungsvorgaben für spezifische Bilanzpositionen vorsehen. Und hier, außerhalb des Rahmenkonzepts, stellen LÜDENBACH und HOFFMANN eine schleichende Umorientierung der IFRS weg vom Anschaffungskostenkonzept hin zum Konzept der Bilanzierung zu Zeitwerten fest, einhergehend mit der kaum widerlegbaren Vermutung, der zufolge der Zeitwert immer zuverlässig ermitteln könne. Die IFRS zeichnen sich aktuell durch eine Mixtur von Anschaffungskostenprinzip, Bewertung zum Barwert und Marktpreisorientierung aus Ein Konzept der Bilanzierung zu Zeitwerten eröffnet dem Bilanzierenden mehr bilanzpolitische Gestaltungsspielräume als das Anschaffungskostenmodell. Auch wenn die IFRS diesem Aspekt u.a. durch umfangreiche Offenlegungen im Anhang gegensteuern wollen, erhöht sich dadurch das Problem der Überforderung des Abschlussadressaten. Die Zeitwerte werden neben den Anschaffungs- oder Herstellungskosten in verschiedenen Ausprägungen im Rahmenkonzept der IFRS definiert (IFRS F.100). - Tageswert (current cost): Der Betrag, der gegenwärtig aufzuwenden ist, um denselben oder einen entsprechenden Vermögensgegenstand zu erwerben, oder der nicht diskontierte Betrag, der für die gegenwärtige Begleichung einer Schuld aufzuwenden ist. - Veräußerungswert / Erfüllungsbetrag (realisable [settlement] value): Der Betrag, der gegenwärtig bei einer Veräußerung erzielt werden kann bzw. der nicht diskontierte Betrag, der zur Erfüllung einer Schuld aufgewendet werden muss. - Barwert (present value): Der Betrag, der dem Barwert des zukünftigen Nettomittelzu- bzw. abflusses aus der Nutzung oder dem Verkauf/der Erfüllung der Vermögenswerte und Schulden entspricht. Lässt sich der Zeitwert nicht als Stichtagswert auf einem aktiven Markt ermitteln, ist für die Bewertung zum Zeitwert auf den Barwert erwarteter zukünftiger Zahlungsströme abzustellen. Anwendungsbereiche des Barwerts sind insbesondere: - Pensionszusagen (IAS 19.64). - Nicht-finanziellen Verbindlichkeiten (IAS 37.45). - Nutzwertbestimmung (value in use) eines Vermögenswertes oder einer zahlungsmittelgenerierenden Einheit (cash generating unit [CGU]) im Rahmen eines Werthaltigkeitstests (impairment test) (IAS 36.30). Von dem oben genannten und eher unternehmensspezifischen Zeitwert ist der beizulegende Zeitwert (fair value) abzugrenzen, der einen marktorientierten Bewertungsmaßstab bzw. eine übergreifende Bewertungsdefinition darstellt. Der fair value wird lediglich in einzelnen Standards als Bewertungsmaßstab beschrieben. An einer Aufnahme in das Framework fehlt es bislang. Der fair value ist im kleinsten gemeinsamen Nenner (z.B. IAS 16.6 und IAS 38.8) der Betrag, zu dem ein Vermögenswert unter sachverständigen, vertragswilligen und voneinander unabhängigen Geschäftspartnern ungezwungen ausgetauscht werden kann.
Diplom-Betriebswirt (FH) Timo Rathjens schloss das Studium der Betriebswirtschaftslehre in Göttingen ab und ist seitdem für eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Hamburg tätig. Bei der vorliegenden Veröffentlichung handelt es sich um die im Mai 2012 eingereichte Diplomarbeit.