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- Franchisesysteme im Multipunktwettbewerb: Eine wettbewerbsdynamische Analyse der Bedeutung von Mutual Forbearance am Beispiel von Pizzalieferanten
Wirtschaftswissenschaften
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 10.2011
AuflagenNr.: 1
Seiten: 52
Abb.: 17
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Innerhalb der Wettbewerbsdynamik stellt die Analyse von Multipunktwettbewerbssituationen einen bedeutenden Forschungsbereich dar. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Mutual-Forbearance-Theorie, die besagt, dass eine größere Zahl an von Konkurrenten geteilten Märkten zu einer geringeren Wettbewerbsintensität zwischen den beteiligten Unternehmen führt. Es besteht jedoch Unsicherheit darüber, ob dieser Zusammenhang für alle Branchen und Arten von Unternehmen gelten kann. Dieses Buch setzt sich mit der Frage auseinander, ob Mutual Forbearance auch bei Franchisesystemen auftritt. Franchisesysteme bieten dabei für die Mutual-Forbearance-Theorie eine besondere Herausforderung, da hier die Franchisenehmer jeweils selbst Eigentümer ihrer Filialen sind, es sich also um Unternehmensverbunde handelt. Eine Koordination der Gesamtsystemaktivitäten ist somit nicht automatisch gegeben und muss zur Durchführung filialübergreifender Maßnahmen erst erzeugt werden. Zur Beantwortung der Forschungsfrage werden zunächst im Rahmen einer Sichtung der vorhandenen Literatur die relevanten Aussagen der Wissenschaft zum Thema Multipunktwettbewerb zusammengefasst sowie 13 Indikatoren beschrieben, mithilfe derer die Existenz oder Nichtexistenz von Mutual Forbearance in einer Wettbewerbsbeziehung festgestellt werden kann. Darüber hinaus werden acht Faktoren ermittelt, die das Auftreten von Mutual Forbearance fördern. Nach dieser theoretischen Betrachtung folgt eine praktische Untersuchung der nach Umsatz sechs größten deutschen Franchise-Pizzalieferanten, die repräsentative Vertreter für Franchisesysteme darstellen. Zunächst werden die Multipunktverflechtungen der sechs Systeme dargestellt. Anschließend wird eine konkrete Prüfung auf die Existenz von Mutual Forbearance in der Pizzabranche mithilfe der ermittelten Indikatoren durchgeführt. Das Resultat wird dann mithilfe der Faktoren für die Erreichung von Mutual Forbearance analysiert und erläutert. Die sich durch die Analyse ergebenden Ergebnisse bieten eine sinnvolle Anreicherung der Forschung zum Multipunktwettbewerb, indem sie einen möglichen Anwendungsbereich der Mutual-Forbearance-Theorie überprüfen. Doch auch der Praxis liefert dieses Buch durch die Darstellung realer Strukturen des Wettbewerbs zwischen beispielhaften Franchisesystemen interessante Einblicke.
Textprobe: Kapitel 2.2, Faktoren für die Erreichung von Mutual Forbearance: In Kapitel 2.1 wurde gezeigt, dass zumindest ein mittlerer Grad an Multipunktkontakt für die Erreichung von Mutual Forbearance notwendig ist. Während Mutual Forbearance bereits aus der Definition heraus die Existenz von Multipunktkontakt impliziert, garantiert das Bestehen von Multipunktkontakt jedoch noch nicht eine tatsächliche Minderung der Wettbewerbsintensität. Die Wissenschaft hat daher, jedoch bisher ohne ein umfassendes Modell zu entwickeln, Faktoren identifiziert, die die Wahrscheinlichkeit für Mutual Forbearance erhöhen. Diese Faktoren werden in Kapitel 3.3 herangezogen, um die Existenz oder Nichtexistenz von Mutual Forbearance bei in Franchisestrukturen organisierten Pizzalieferanten zu begründen. Einer dieser Faktoren umfasst die Wahrnehmung der bestehenden Interdependenz durch die betroffenen Unternehmen. Eine Kollusion ist eine Abmachung, die von allen Parteien, auch wenn stillschweigend, mit Absicht entwickelt und erhalten werden muss. Aus diesem Grund müssen sich alle beteiligten Unternehmen bewusst sein, dass sie mit ihren Konkurrenten im Multipunktwettbewerb stehen und durch Mutual Forbearance eine Performanceverbesserung erreichen können. Wurde der Multipunktkontakt von den Wettbewerbern mit dem Ziel einer Senkung der Wettbewerbsintensität, also im Rahmen einer Multipunktstrategie aufgebaut, wird dieser Faktor erfüllt. Da jedoch Multipunktkontakt häufig ohne die Absicht einer zukünftigen Kollusion entsteht, erkennen die Unternehmen nicht zwingend die zwischen ihnen bestehende Interdependenz. Voraussetzung für diese Wahrnehmung ist, dass die Unternehmen glauben, dass sie auch in der Zukunft noch miteinander im Wettbewerb stehen werden. Bei der spieltheoretischen Analyse einer möglichen Mutual-Forbearance-Situation wird daher die Annahme eines unendlichen Zeithorizonts getroffen. Für die durch Mutual Forbearance erreichten Performancevorteile hat es keinen Einfluss, ob Multipunktkontakt beabsichtigt mit dem Ziel der Wettbewerbsintensitätsminderung etabliert wurde oder ob die entstandene Interdependenz erst nach erreichtem Multipunktkontakt erkannt wurde. Alles in allem ist die Erkennung der bestehenden Interdependenz für die Erreichung von Mutual Forbearance also notwendig. Ein weiterer Faktor zur Erreichung von Mutual Forbearance ist das Ausmaß, zu dem das Verhalten sowie die Eigenschaften der Wettbewerber für ein Unternehmen beobachtbar sind. Ist ein aggressiver Schritt eines Unternehmens nicht für seine Konkurrenten sichtbar, besteht ein hoher Anreiz für dieses Unternehmen, unentdeckt von der Kollusion abzuweichen, insbesondere dann, wenn die dadurch erzielbaren Gewinne hoch sind. Die Fähigkeit, die Konkurrenten zu beobachten, verbessert sich mit einer steigenden Anzahl an gemeinsamen Märkten. Darüber hinaus hat dieser Faktor einen direkten Einfluss auf die Wahrnehmung der Interdependenz. Ist für ein Unternehmen beispielweise nicht sichtbar, dass es mit seinen Konkurrenten im Multipunktwettbewerb steht, wird es die wechselseitigen Beeinflussungsmöglichkeiten nicht erkennen und nutzen. Zusammenfassend steigt mit der Beobachtbarkeit also die Wahrscheinlichkeit für eine Erreichung von Mutual Forbearance. Ein dritter Aspekt, der die Erreichung von Mutual Forbearance determiniert, ist das Ausmaß der Konzentration der Branche. Wird die Branche von wenigen, großen Firmen dominiert , sind die Wettbewerbsschritte der Konkurrenten durch ein Unternehmen besser sichtbar und eine Abweichung der Wettbewerber von der Kollusion kann schneller entdeckt und geahndet werden. Große Unternehmen sind dann eher in der Lage, sich zu rächen, als es kleine wären, dazu mit einer stärkeren Strafe, was die Motivation, dieses Unternehmen zu hintergehen, senkt. Darüber hinaus fällt es dem fokalen Unternehmen leichter, die für es relevanten Konkurrenzunternehmen überhaupt erst zu identifizieren. Insgesamt führt eine hohe Konzentration der Branche also zu einer höheren Wahrscheinlichkeit für Mutual Forbearance. Weiterhin förderlich für die Erreichung von Mutual Forbearance ist eine hohe Ähnlichkeit der am Multipunktwettbewerb beteiligten Unternehmen. Diese Ähnlichkeit kann sich beispielsweise auf die Ressourcen der Unternehmen beziehen. Unternehmen mit ähnlichen Ressourcen nutzen eher dieselben Inputfaktoren , haben mit einer höheren Wahrscheinlichkeit gleiche Stärken und Schwächen und, daraus abgeleitet, eine ähnliche Strategie. Zudem signalisieren sie ihre Absichten auf eine ähnliche Art und Weise. Daraus resultiert, dass sie sich gegenseitig eher als relevante Wettbewerber wahrnehmen und ihr gegenseitiges Verhalten besser nachvollziehen und antizipieren können. Durch eine bessere Kenntnis der Schwächen und Fähigkeiten der Konkurrenten können sie aber auch einschätzen, inwiefern deren Drohungen glaubhaft sind, und wissen, wo sie diese mit einer aggressiven Tat besonders schwer treffen können, was die Glaubhaftigkeit ihrer eigenen Drohung erhöht. Darüber hinaus spielt insbesondere die Größe der Unternehmen eine Rolle. Sind Unternehmen unterschiedlich groß, identifizieren sie sich gegenseitig mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit als relevante Konkurrenten und erkennen weniger ihre Interdependenz. Als Folge sinkt die Wahrscheinlichkeit für ein Auftreten von Mutual Forbearance. Eine andere Ausprägung der Ähnlichkeit von Unternehmen bezieht sich auf die Gemeinsamkeit ihrer Märkte. Sind sie in denselben Märkten aktiv, haben sie also einen hohen Multipunktkontaktgrad, erhalten sie die gleichen Marktinformationen und werden sich daraus resultierend ähnlich verhalten . Dadurch können sie das Verhalten der Konkurrenten ebenfalls besser nachvollziehen und antizipieren. Zusammenfassend erleichtert eine große Ähnlichkeit der Multipunktkonkurrenten also die Entstehung von Mutual Forbearance. Für die Erreichung einer Mutual-Forbearance-Beziehung spielt es darüber hinaus eine entscheidende Rolle, dass sich die Multipunktwettbewerber glaubhaft drohen können. Dies hängt von der Fähigkeit ab, sich für aggressive Attacken eines Wettbewerbers zu rächen. Zur Determination dieser Fähigkeit kann beispielsweise die Stärke der Ressourcen der Unternehmen herangezogen werden. Alles in allem erhöhen die Fähigkeit, den Konkurrenten glaubhaft zu drohen, sowie die damit verbundene Möglichkeit, mit einer aggressiven Handlung den Wettbewerbern signifikanten Schaden zuzufügen, die Wahrscheinlichkeit für die Senkung der Wettbewerbsintensität infolge von Multipunktwettbewerb. Einen unternehmensinternen Faktor, der für die Erreichung von Mutual Forbearance von besonderer Bedeutung ist, stellt die Koordination der Unternehmensaktivitäten über die einzelnen eigenen Märkte hinweg dar. Die Unternehmenseinheiten müssen also ausreichend integriert sein und miteinander kooperieren. Ohne eine solche Koordination und Kontrolle , sprich mit einer bloßen Konzentration der Aktivitäten der einzelnen Unternehmenseinheiten auf den jeweils von ihnen selbst bearbeiteten Markt in Kombination mit einer vollkommen dezentralisierten Entscheidungsfindung , würde sich das Wettbewerbsverhalten der Multipunktwettbewerber nicht von dem unterscheiden, welches sich bei nur einmaligem Kontakt mit dem Konkurrenten einstellen würde, da einzelne Unternehmenseinheiten in diesem Fall wie eigene Unternehmen agieren. Dabei müssen Aktivitäten, die für eine Unternehmenseinheit in einem Markt optimal sind, nicht auch unbedingt für das Gesamtunternehmen optimal sein, beispielsweise wenn eine aggressive Tat der Unternehmenseinheit in einem Markt zu einer Rache des Konkurrenten in anderen gemeinsamen Märkten der Unternehmen führt. Es ist also wichtig festzulegen, welche Entscheidungen auf Ebene der Unternehmenseinheiten und welche zentral für das gesamte Unternehmen getroffen werden sollen. Es wird angenommen, dass ein höherer Grad an Entscheidungszentralisierung zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für Mutual Forbearance führt, da das Unternehmen auf diese Weise unternehmensübergreifende Aktionen einsetzen kann. Die Unternehmenseinheiten müssen zudem nicht nur die Fähigkeit besitzen, ihre Aktivitäten untereinander zu koordinieren, sie müssen ebenfalls die Motivation haben, dies zu tun. Diese Motivation kann beispielsweise mithilfe von Belohnungs- und Kontrollsystemen gefördert werden. Zu einem solchen Kontrollsystem kann die Beobachtung des Verhaltens der Unternehmenseinheiten und ein Abgleich dessen mit den Zielen des Gesamtunternehmens zählen. Neben der formalen Kontrolle ist aber auch die Überzeugung der Führungspersonen der Einheiten von Bedeutung, die unter anderem durch den Aufbau von positiven Beziehungen zwischen den Einheiten und der Unternehmensleitung erzielt werden kann. Bei den Belohnungssystemen ist darauf zu achten, dass eine Belohnung nicht auf Basis der Performance der einzelnen Einheiten, sondern auf Grundlage der Performance von Clustern von Einheiten oder auf Ebene des gesamten Unternehmens ermittelt werden sollte. Darüber hinaus kann eine Bemessung der entsprechenden Belohnung neben dem finanziellen Erfolg auch diejenigen Aktivitäten prämieren, die auch den anderen Unternehmenseinheiten zugutekommen. Eine Koordination der Unternehmensaktivitäten, aber auch eine entsprechende Motivation kann zudem durch eine ständige wechselseitige Kommunikation zwischen den Unternehmenseinheiten untereinander sowie zwischen den Unternehmenseinheiten und einer zentralen Stelle erreicht werden. Ein Beispiel hierfür sind Meetings. Diese sollen vor allem dem Informationsaustausch dienen, der über die Aktivitäten des Unternehmens Auskunft gibt, Wissen und Ideen der Mitarbeiter der Unternehmenseinheiten verbreitet sowie für die Durchführung gemeinsam oder zentral gefällter Entscheidungen notwendig ist. Dabei können neben den formellen Vereinbarungen, die die Unternehmensaktivitäten bestimmen, auch inoffizielle Verhaltensweisen implementiert werden. Wichtig ist dabei, dass die Kommunikation nicht nur von der Zentrale in Richtung der Untereinheiten stattfindet, sondern auch eine Einbringung des Wissens und der Ideen des Managements der Untereinheiten, insbesondere auch beim Strategieentwicklungsprozess, möglich ist. Dies erzeugt eine Identifikation aller Teilnehmer mit den getroffenen Entscheidungen und erleichtert auf diese Weise deren Implementierung. Eine weitere Möglichkeit, die Aktivitäten der Unternehmenseinheiten zu koordinieren, bietet der Einsatz eines mittleren Managements oder von Personen, die für mehrere Einheiten die Verantwortung tragen. Diese Personen steuern das Verhalten für jeweils eine Gruppe von Einheiten und treffen einheitenüberspannende Entscheidungen. Zudem können sie zentral getroffene Bestimmungen zielgerichtet weitergeben. Zur Bildung des Bewusstseins einer Einheitlichkeit des Unternehmens kann es außerdem hilfreich sein, ehemalige Mitarbeiter der zentralen Verwaltung in den einzelnen Unternehmenseinheiten einzusetzen. Ein weiterer Weg, eine Integration der Einheiten zu erzeugen, ist die gemeinsame Nutzung von Ressourcen und Technologie. Zusammenfassend führt also eine effektive Koordination der Unternehmensaktivitäten über die Märkte hinweg zu einer höheren Wahrscheinlichkeit für die Erreichung von Mutual Forbearance.
Lisa Geißler wurde 1987 in Berlin geboren. Nach dem Abitur entschied sie sich für ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Humboldt-Universität zu Berlin, welches sie, bereichert durch ein Semester in der Schweiz, im Jahr 2010 mit dem akademischen Grad des Bachelor of Science erfolgreich abschloss. Bereits während des Studiums sammelte die Autorin sowohl im öffentlichen Sektor als auch in der privaten Wirtschaft praktische Erfahrungen. Dabei galt ihr Interesse insbesondere Fragestellungen aus den Bereichen Management und Marketing. Dies motivierte sie, sich im Rahmen ihrer Bachelorarbeit der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen. Zurzeit studiert Lisa Geißler im Masterstudiengang Management & Marketing der Freien Universität Berlin.