- Sie befinden sich:
- Specials
- »
- Bachelor + Master Publishing
- »
- Wirtschaftswissenschaften
- »
- Doing Innovation in Ostdeutschland: Theoretische Erläuterungen zur Entstehung von innovativen Praktiken in Phasen des Umbruchs
Wirtschaftswissenschaften
» weitere Bücher zum Thema
» Buch empfehlen
» Buch bewerten Produktart: Buch
Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 56
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Das vorliegende Buch soll dazu beitragen, Hemmnisse und Chancen innovativer Praktiken in Ostdeutschland zu verstehen und im Rahmen eines Doing Innovation zu denken, in der die praxistheoretische Verortung von Innovationen im Vordergrund steht. Die folgenden Fragen stehen dabei im Mittelpunkt der Betrachtung: Welche soziologischen Erklärungsansätze gibt es, um innovatives Handeln zu verstehen? Welche Hinweise zu Hemmnissen und Chancen kann uns die Entwicklung in Ostdeutschland der letzten 30 Jahre geben? Zur Beantwortung dieser Leitfragen wird zunächst die praxistheoretische Verortung sozialer Innovationen hervorgehoben, die auch im Rahmen der Innovationsforschung gefordert wird (vgl. Howaldt/Schwarz 2010). Anschließend wird die Anwendung dieser neuen praxistheoretischen Perspektive für die Untersuchung von gesellschaftlichen Umbrüchen, beispielsweise die Ostdeutschlandforschung, zugänglich gemacht.
Textprobe: Kapitel 2.4, Die innovative Entwicklung und Gestaltung des Raumes: Räume werden, einer allgemeinen Definition nach Hamm (2003: 277) zufolge in sozialen Prozessen ausgehandelt und sind somit Grundvoraussetzung und Institution sozialer Praktiken, in denen diese sowohl symbolisch als auch physisch verortet sind. Die räumliche Verortung ist abhängig von den spezifisch ökonomischen und politisch-rechtlichen Rahmenbedingungen und somit auch vom kulturell-historischen Kontext. Ostdeutschland ist durch die DDR-Vergangenheit und die Umbrüche der letzten Jahrzehnte strukturell geprägt. Einige Beispiele sind Massenarbeitslosigkeit, Abwanderungen, strukturschwache Regionen, fehlende Identität und mangelndes Selbstbewusstsein der Menschen. So sind technische, ökonomische und sozialen Innovationen gleichermaßen bedeutungsvoll und wichtige Impulse für die lokale Entwicklung, die sich auf das Wirtschaftswachstum, die soziale Teilhabe, das Image und die persönliche Identifikation der Akteure auswirken kann (vgl. Christmann 2011: 205). Wichtig für die Entwicklung und Gestaltung ländlicher Räume ist, dass eine lokale Wertschöpfung möglich wird, dass ökonomische Effekte vor Ort wirken und lokale Perspektiven und Zukunftschancen geschaffen werden. Soziale Teilhabe an Erneuerbaren Energien beispielsweise kann dabei als individuelle oder auch als gesellschaftliche Verwirklichungschance gefasst werden und kann sich in verschiedenen Formen, wie zum Beispiel in Ausbildungs- oder Arbeitsplätze, in nachhaltige Infrastrukturen, in Bürgerbeteiligungen an Windkrafträdern, aber auch in der Stabilität oder Senkung des Energiepreises, ausprägen. Wichtig bei der Regionalentwicklung ist, dass Räume grundsätzlich unterschiedlich und vielschichtig eingeschätzt werden müssen und somit immer andere Anforderungen an die Gestaltung stellen und auch unterschiedliche Innovationsbedürfnisse haben. Daher ist die Einbindung lokaler Problemlagen, Wissensbestände und Praktiken, aber auch die Berücksichtigung des spezifisch kulturellen Kontextes entscheidend. Extern eingebrachte Innovationsideen können ohne Einbindung und Abstimmung mit lokalen Beteiligten Gefahr laufen, sich nicht in den räumlichen Kontext integrieren zu lassen und somit auch nicht akzeptiert zu werden (vgl. Howaldt/Schwarz 2010: 93). Ein Beispiel sind im ländlichen Raum gegenwärtige Widerstandsbewegungen gegen Windkraftparks. Sind hingegen die Kommunen und lokale Akteure sowohl ander Planung als auch and er Wertschöpfung beteiligt, besteht große Akzeptanz für die Windkraft. Entscheidend für Innovationen in der Raumentwicklung ist daher auch die Rolle von Innovationsnetzwerken, die Beziehungen zu lokalen Akteure aufbauen können und somit helfen, Errungenschaften in den Regionen durchzusetzen. Für die Durchsetzung Erneuerbare Energien in Ostdeutschland kann die interdisziplinär aufgestellte Akademie für nachhaltige Entwicklung aber auch der sozialwissenschaftlich organisierte Innovationsverbund Ostdeutschland gelten. Im Mittelpunkt von Innovationsnetzwerke steht dabei aber immer ‘Soziale Entrepreneure’, die auch auf Schumpeter (1946) zurückgehen. Der Unternehmer wird hier als Initiator, Macher und Visionär aufgefasst, der im Rahmen seiner ökonomischen Möglichkeiten immer auch die gesellschaftliche und räumliche Entwicklung im Blick hat und sich um nachhaltige und sozial gerechtere Problemlösungen bemüht (vgl. Bröckling 2007: 47 Christmann 2011: 193). Der Soziale Unternehmer gilt innerhalb von Pioniergruppen oder Innovationsnetzwerken somit als symbolische Schlüsselfigur, da er sich den neuen Herausforderungen flexibel, rational und kreativ stellt. Der Entrepreneur bricht somit aus Routinen aus und versucht neue Wege, auf denen er sich durch sein persönliches Wissen, seine Willensstärke und Auffassungsgabe auszeichnet (vgl. Bröckling 2007: 115).
Benjamin Köhler, Jahrgang 1984, hat seinen Bachelor of Arts in Soziologie technikwissenschaftlicher Richtung gemacht und beschäftigt sich vor allem mit gesellschaftlichen Umbrüchen und sozialen Praktiken im kulturhistorischen Vergleich. Zu seinen Schwerpunkten gehören im Rahmen der Wissens- und Regionalsoziologie die Osttdeutschlandforschung, die Praxistheorie sowie die Europäische Kulturgeschichte. Derzeit studiert Benjamin Köhler an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder und ist im Vorstand und in der Redaktionsleitung des soziologiemagazin e.V.