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Wirtschaftswissenschaften

Jochen Kosel

Die Privatisierung des Militärs: Das Beispiel Blackwater

ISBN: 978-3-86341-292-0

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Produktart: Buch
Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 44
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Gesamtwirtschaft eines Staates setzt sich zusammen aus dem öffentlichen und dem privaten Sektor. Allgemein kann man für den öffentlichen Sektor festhalten, dass der Staat für die Bürger bestimmte Dienstleistungen erbringt, die von den Bürgern durch die entrichteten Steuern finanziert werden. Im Gegensatz dazu bieten im privaten Sektor gewinnorientierte Privatunternehmen Güter und Dienstleistungen auf dem Markt an, die von den Verbrauchern erworben werden können. Das bedeutet, dass sich die beiden Sektoren in Bezug auf ihre Finanzierungsquellen, das Verhältnis zwischen Anbietern und Verbrauchern und den rechtlichen Status des Anbieters grundsätzlich voneinander unterscheiden. Seit den 1990er Jahren erobern privatwirtschaftliche, gewinnorientierte Unternehmen einen Bereich des öffentlichen Sektors, der bis dato ausschließlich dem Staat vorbehalten war - den Bereich des Militärs. Die Unternehmen, die sich in diesem Bereich etablieren, bezeichnet man als Private Military Companies, kurz PMCs. Die zunehmende Privatisierung des militärischen Bereichs verändert nicht nur das Akteurspektrum, sondern auch das Wesen von Kriegen. Der Einzug von Begriffen wie Privatisierung und Outsourcing im täglichen Sprachgebrauch von Verteidigungsministern suggeriert, dass Krieg nicht mehr als ultima ratio verstanden wird - als letztes Mittel nach Ausschöpfung aller anderen Mittel -, sondern als eine Dienstleistung, die von privatwirtschaftlichen Unternehmen im Auftrag von Staaten erbracht wird. Der rasante Aufstieg der PMC-Branche im Allgemeinen und des Unternehmens Blackwater im Besonderen, das aus einem der am schnellsten wachsenden Wirtschaftszweige noch herausragt, wirft eine Reihe von Fragen auf: Was unterscheidet Söldner von PMCs? Wie kann man PMCs definieren, um sie in ihrer Gesamtheit zu erfassen? Welche Faktoren haben zum Aufstieg von PMCs beigetragen? Wie gelingt es Blackwater, aus der Fülle der PMCs eine exponierte Stellung einzunehmen?

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4, Blackwater im Irak: 4.1, Nadschaf 2004: Seit dem Ende des Krieges der Koalition der Willigen gegen den Irak am 1. Mai 2003 wuchs der Widerstand innerhalb des Iraks gegen die vermeintlichen Befreier. Dieser Widerstand hatte zwei Ursachen: 1. Durch die Auflösung des irakischen Militärs und durch die Entlassung unzähliger Staatsbediensteter im Zuge der Entbaathifizierung wurden Hunderttausende ihrer beruflichen Existenz beraubt und somit ‘in die Arme der Widerstandsgruppen getrieben” (ebd.: 130). 2. Die Lage für die Bevölkerung nach dem Krieg war prekär. Es mangelte an Lebensmitteln, sauberem Wasser und Sicherheit für die Bevölkerung. Menschen wurden ermordet oder verschwanden spurlos, da durch die Entbaathifizierung nicht genügend Polizisten für Sicherheit sorgen konnten. Aufgrund dieser prekären Situation gewannen die religiösen Führer immer mehr Zuspruch, da sie Sicherheit und soziale Unterstützung bieten konnten (vgl. ebd.: 131). Dies gilt besonders für den schiitischen Geistlichen Moktada al-Sadr, der bereits seit der Invasion der Koalition Koranschüler beauftragte, die Straßen Bagdads zu patrouillieren. Diese Koranschüler verteilten nicht nur Lebensmittel und Wasser, sondern sorgten auch im Stile einer Miliz für Sicherheit (vgl. Gettleman 2004). Bis April 2004 wuchs diese Miliz auf ca. 10.000 Anhänger an, die al-Sadr im Februar als ‘enemy of the occupation’ (ebd.) bezeichnet hatte und fortan als Mahdi-Armee bezeichnet wurde. Da al-Sadr ständig mit Aufständen drohte und mit einer ‘scharfen Rhetorik gegen die Besatzung und […] Bremer [hetzte], bezeichneten die Amerikaner ihn schon bald als »Outlaw« [und] als Erzfeind des »neuen« Irak” (Scahill 2008: 131). Aufgrund des Verstoßes gegen die CPA-Order No.14 (Prohibited Media Activity) veranlasste die CPA am 28. März 2004 die Schließung der Wochenzeitung Al Hawza, die als al-Sadrs offizielles Sprachrohr galt. Am 31. März wurden vier Blackwater-Mitarbeiter, die durch die Bewachung der Gebäude der CPA als deren verlängerter Arm galten, in Falludscha von Aufständischen getötet. Daraufhin ließ die CPA al-Sadrs Stellvertreter, Scheich Mustafa Yaqubi, am 3. April verhaften. Diese Festnahme veranlasste die Anhänger al-Sadrs, sich nach Kufa, der Heimatstadt ihres Anführers, zu begeben, da sie dort Yaqubis Aufenthaltsort vermuteten. In Kufa besetzte al-Sadrs Miliz am 4. April Polizeistationen und Regierungsgebäude (vgl. ebd.). Anschließend zogen die Aufständischen dann nach Nadschaf und griffen dort das regionale Hauptquartier der Koalition, Camp Golf, an. In Camp Golf waren zu diesem Zeitpunkt eine irakische Polizeistation, ein Kontingent Soldaten aus Spanien und El Salvador und das regionale Hauptquartier der Zivilverwaltung untergebracht, das im Rahmen des CPA-Vertrages von Blackwater bewacht wurde (vgl. Pelton 2006: 149). Die Kampfhandlungen zwischen den Milizen, deren geschätzte Zahl zwischen 400 und 2000 schwankt (vgl. Scahill 2008: 136), und den Verteidigern – 8 Blackwater-Angestellte, 4 Militärpolizisten und 1 US-Marine (vgl. Priest 2004) – dauerten mehrere Stunden. Da eine Kommunikation mit dem Militär fehlschlug, stellten die Verteidiger Kontakt zum Blackwater-Hauptquartier in Bagdad her und baten um Unterstützung und Munitionsnachschub. Mit der Erlaubnis der CPA, die als Auftraggeber von Blackwater ihre Zustimmung geben musste, lieferten Blackwater-Hubschrauber die Munition und weitere Blackwater-Angestellte, die freiwillig helfen wollten. Außerdem nahmen die Hubschrauber auf dem Rückflug den während der Kampfhandlungen verletzten US-Marine Corporal Young mit, dessen eigentliche Aufgabe das Installieren einer Funkanlage gewesen war. Über den Verlauf berichtete Corporal Young, nachdem er aufgrund von Gewehrschüssen auf das Dach des Gebäudes gelaufen war, dass bewaffnete Männer aus LKWs sprangen und das Gebäude der Verwaltung unter Beschuss nahmen (vgl. Pelton 2006: 149f.). Zu diesem Zeitpunkt waren die Blackwater-Angestellten schon auf dem Dach und erwiderten das Feuer. Da Corporal Young routinemäßig um Feuerfreigabe bat, aber niemand vom US-Militär anwesend war, um diese zu erteilen, waren es letztendlich die Angestellten von Blackwater ‘[who] gave the call of commence firing” (Springstead 2004). Damit entstanden an diesem Tag zwei bis dato unbekannte Probleme: ‘[N]ot only had the contractors been pushed by circumstance into engaging in combat, but they had also de facto assumed a command position over a U.S. marine” (Pelton 2006: 150). 4.2, Die Konsequenzen aus Nadschaf: Die entstandenen Probleme lösten in Washington hitzige Diskussionen aus. Während der republikanische Senator John Warner in einem Interview PMCs als stille Verbündete der Koalition bezeichnete, schrieb der demokratische Senator Jack Reed in einem Brief an Verteidigungsminister Rumsfeld: Security in a hostile fire area is a classic military mission. […] Delegating this mission to private contractors raises serious question” (Barstow 2004a). In diesem Brief, den zwölf weitere demokratische Senatoren unterzeichneten, forderte Reed außerdem, that the Pentagon adopt written guidelines, with supporting legal justification, for the rules of engagement security contractors should follow” (Barstow 2004). Dieser Ansicht war auch Patrick Toohey, Blackwaters Vizepräsident für Regierungsangelegenheiten. Seiner Meinung nach sei eine tiefgreifende Diskussion über den Einsatz privater Militärdienstleister zwingend erforderlich. Schließlich übertrüge man Zivilisten militärähnliche Aufgaben (vgl. ebd.). Das Dilemma, in dem Toohey (stellvertretend für die gesamte PMC-Branche) aufgrund der unzureichenden rechtlichen Regelungen steckte, wurde in seinen Erklärungen bezüglich der Vorfälle in Nadschaf deutlich. Mal sprach er davon, dass die Blackwater-Angestellten gezielte Schüsse auf die Angreifer abgegeben hätten kurz danach beharrte er darauf, dass seine Leute überhaupt nicht in das Kampfgeschehen eingegriffen hätten, sondern lediglich ihren Auftrag erfüllt hätten: die Sicherung des Gebäudes (vgl. Barstow 2004a). Schließlich sagte er, dass die Grenze fließend sei (vgl. ebd.).

Über den Autor

Jochen Kosel wurde 1974 in Aachen geboren. Sein Studium der Politischen Wissenschaft und English Studies an der RWTH Aachen schloss der Autor im Jahr 2011 als Master of Arts (M.A.) ab. Bereits vor seiner Zeit an der RWTH Aachen befasste er sich tiefgreifend mit internationalen Beziehungen auf ökonomischer Ebene an der Maastricht University, die eine sehr gute Ergänzung zu seinem thematischen Schwerpunkt der Internationalen Beziehungen der Politischen Wissenschaft darstellten. Das Interesse an diesen beiden Wissensgebieten, in Verbindung mit einem natürlichen Interesse für militärisches Handeln, bildet die Grundlage für seine Spezialisierung auf dem Gebiet der Privatisierung des militärischen Sektors.

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