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- Der gerechte Lohn – einem jeden nach seinem Stand: Lohngerechtigkeit aus philosophischer Sicht von der Antike bis zur Gegenwart
Wirtschaftswissenschaften
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 64
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
In diesem Buch werden Fragen der Gerechtigkeit im Zusammenhang mit Arbeit und Lohn diskutiert. Das Nachdenken über Gerechtigkeit und den gerechten Lohn wird zurückverfolgt bis zu Thomas von Aquin, der Ideen von Aristoteles verarbeitete, und es wird gezeigt, wie Gerechtigkeit in der mittelalterlichen Standesgesellschaft definiert wurde. Für das 20. Jahrhundert wird gezeigt, welche Bedeutung die Vermögensverteilung hat und warum sich in modernen Industriegesellschaften Arbeitsmärkte grundlegend von Gütermärkten unterscheiden. Folgend werden die modernen Theorien der Gerechtigkeit von John Rawls und Amartya Sen vorgestellt und es wird beleuchtet, wie sich die Diskussion über Lohngerechtigkeit heute auf die Rechtfertigung eines Mindestlohnes beschränkt. In der Schlussfolgerung wird für eine gesamtgesellschaftliche Sicht auf Löhne und Einkommen plädiert, die sich wieder dem Anspruch einer gerechten Einkommensordnung verpflichtet fühlt.
Textprobe: Kapitel 3, Der gerechte Lohn und Einkommensgerechtigkeit: Wir haben bisher gesehen, dass es im Mittelalter über eine Arbeitswertlehre eine direkte Verbindung zwischen dem gerechten Lohn und dem gerechten Preis gab. Preisen wurde weniger die Aufgabe der Koordination von Angebot und Nachfrage - die Markträumung - zugewiesen, als das (standesgemäße) Auskommen des Produzenten bzw. Arbeiters zu gewährleisten. Zu einer Zeit als sich die Klasse der Lohnarbeiter erst herausbildete stand für die Theoretiker der Scholastik noch ganz der Mensch mit seinen Bedürfnissen im Mittelpunkt des Denkens. Und basierend auf den antiken Gerechtigkeitsideen entwickelte Thomas von Aquin seine Vorstellung darüber, wie der gesellschaftliche Wohlstand verteilt werden sollte. In den folgenden Jahrhunderten entwickelten sich die Märkte weiter und mit der industriellen Revolution bildeten sich die anonymen Massenmärkte, wie wir sie heute kennen. Die klassische Nationalökonomie (Smith, Ricardo usw.) entwickelte die entsprechende Theorie, die mit der vollständigen Konkurrenz auf freien Märkten den Ordnungs- und Verteilungsmechanismus dieser Märkte erklärte. Einkommensgerechtigkeit hatte damit keine eigenständige Bedeutung mehr, sondern war nur noch das abgeleitete Ergebnis von Marktkräften. Diese Theorie war auch die Grundlage für den Laissez-fair Kapitalismus, der auf jede staatliche Regulierung verzichtete, der bis zur Großen Depression in den 1930er Jahren das bestimmende Wirtschaftssystem wurde. I, Vermögensverteilung - eine Frage der Gerechtigkeit: Die Große Depression führte John Maynard Keynes zu der Erkenntnis, dass auf die Selbstheilungskräfte der Märkte, die die (neo-)klassische Nationalökonomie postuliert hatte, kein Verlass ist. Er betont dagegen die Bedeutung von Nachfrage und (fundamentaler) Unsicherheit, und er leitet davon die Notwendigkeit der Regulation der Märkte ab. Nach Keynes wird das Gleichgewicht an den Gütermärkten, das einem Gleichgewicht von Investitionen und Ersparnissen entspricht, durch das entsprechende Einkommen - die effektive Nachfrage - erreicht. Der Arbeitsmarkt wird von ihm als dem Gütermarkt nachgeordnet angesehen und ist ebenfalls nicht selbstregulierend. Eine Senkung der effektiven Nachfrage durch Lohnsenkungen (beispielsweise in einer geschlossenen Volkswirtschaft) wird danach eine Krise verstärken und eine deflationäre Spirale begünstigen. Auch wird eine unterschiedliche Konsumneigung in Abhängigkeit von Einkommenshöhe und -quelle berücksichtigt, und in einem lohn-getriebenen Nachfrageregime kann durch Umverteilung zugunsten der unteren Lohneinkommen die effektive Nachfrage gesteigert werden, und so einer Krise begegnet werden. Die Theorie von Keynes gewann für die Wirtschaftspolitik nach dem Ende der Großen Depression (New Deal, USA 1933-41) und nach dem 2. Weltkrieg auch in Europa an Bedeutung und konnte diese bis zu den Ölkrisen 1973 und 1979/80 behaupten. In dieser Zeit wurde auch die Frage der Einkommensgerechtigkeit bereiter diskutiert, auch wenn kein spezifischer Bezug zu der Theorie vom gerechten Lohn der Scholastik gezogen wurde. Konrad Stopp sagt 1965 zum Thema Einkommensgerechtigkeit: ‘Da die Arbeitnehmer […] am volkswirtschaftlichen Vermögenszuwachs im großen und ganzen nicht teilhaben, haben wir auch keinen gerechten Lohn.’ Als erstes stellt Konrad Stopp etwas ganz Wesentliches fest: Gerechtigkeit ist eine ethische Norm, die abhängig ist von Ort und Zeit. Daher kann, was ein paar Generationen zuvor oder in einem anderen Erdteil gerecht war, hier und heute ungerecht sein. In der Wirtschaft der entwickelten Industriegesellschaften sind Investitionsgüter ein bedeutender Teil des Sozialproduktes (bzw. BIP), während in ärmeren Gesellschaften das Sozialprodukt fast ausschließlich aus Konsumgütern (Güter und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs) besteht. Und diese Investitionsgüter (Maschinen und Produktionsmittel, aber auch Schulen oder Straßen) bestimmen die Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft.
Christof Türk, Jahrgang 1975, Dipl.-Ing.(FH) und seit 2000 als IT Consultant tätig, beendete 2012 sein Studium der Volkswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversität Wien als Magister der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften mit Auszeichnung. Im interdisziplinären Vertiefungsfach Heterodoxe Ökonomie erlangte er umfassendes Wissen über die verschiedenen Schulen der Volkswirtschaftslehre und grundlegende methodologische Fragen. Die politischen Implikationen dieses Faches motivierten den Autor zu seinem 2. Studium, und so beschäftigte er sich besonders mit strukturellen Fragen von Wirtschafts- und Gesellschaftssystemen im jeweiligen historischen Kontext. In diesem Buch widmet sich der Autor den ökonomischen Konsequenzen aus philosophischen Überlegungen zur Gerechtigkeit.