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Umwelt

Volker Hasenberg

Biokraftstoffe: Potenziale, Herausforderungen und Wege einer nachhaltigen Nutzung

ISBN: 978-3-8366-8048-6

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 10.2009
AuflagenNr.: 1
Seiten: 172
Abb.: 40
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

1.000 Fässer Erdöl verbrauchen wir heute jede Sekunde rund um den Erdball. Und es werden noch mehr werden, denn eine auf neun Milliarden Menschen anwachsende Weltbevölkerung und ein steigender Wohlstand lässt die globale Nachfrage weiter zunehmen – und auch ihre Folgen. Drohender Klimawandel und knappe fossile Ressourcen sind keine Zukunftsmusik in Moll sondern Realität. Weil über 60 Prozent des Erdöls in unseren Fahrzeugen in Rauch aufgeht, wird insbesondere nach klima- und ressourcenschonenden Treibstoffalternativen gesucht. Kraftstoffe aus Biomasse stellen eine solche Alternative dar. Sie sind seit langem schon in Gebrauch und seit einigen Jahren auch hoch im Kurs. Sie sind aber auch umstritten. Galten sie bislang noch als CO2-neutraler Ersatz für Benzin und Diesel, stehen sie nun vielmehr im Verdacht, für wachsenden Welthunger und Urwaldzerstörung verantwortlich zu sein. Kritiker sprechen fortan nur noch von Agrotreibstoffen, weil in ihren Augen mittlerweile nichts mehr bio an ihnen ist. Tatsächlich werden Urwälder für Sojaanbau und Ölpalmplantagen in Südamerika und Südostasien verstärkt gerodet. Die Regenwaldvernichtung trägt mittlerweile mit einem Fünftel zu den Kohlendioxidemissionen bei. Biodiesel für Regenwald? Hochgesteckte Beimischungsquoten der Industriestaaten heizen den Anbau nachwachsender Rohstoffe sowohl in den Industrie- als auch den Entwicklungsstaaten beträchtlich an. Auf Kosten der Welternährung? Tank oder Teller ist eine griffige Formel jedoch keine Antwort darauf, wie weit die Biokraftstoffnutzung tatsächlich die Ernährungssituation beeinflusst. Und auch die hitzige Debatte um brennende Moorwälder in Indonesien kann nicht den singulären Schluss zulassen, keine Biokraftstoffe zu tanken. Die Urwaldzerstörung würde unaufhaltsam weitergehen. Bei der Nutzung von Biokraftstoffen geht es um mehrere zentrale Fragen, die beantwortet werden müssen: Wie weit sind Biokraftstoffe heute für umweltsoziale Folgen verantwortlich und wie weit werden sie es in Zukunft sein? Ist eine nachhaltige Nutzung, die im Einklang mit sozialen und ökologischen Aspekten steht, möglich? Und können bei nachhaltiger Nutzung Biokraftstoffe fossile Alternativen überhaupt signifikant ersetzen? Die Antworten darauf gibt dieses Buch.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 5.2.3, Soziale Effekte: Gelingt es durch eine steigende Biokraftstoffproduktion eine positive Wirtschaftsentwicklung anzustoßen, entstehen auf jeder Stufe des Produktionsprozesses neue Arbeitsplätze: vom Anbau über die Ernte, der Verarbeitung bis zum Vertrieb. Dies bietet große Chancen für bessere Einkommensverhältnisse und Armutsüberwindung, da in den Entwicklungsländern zurzeit etwa ein Drittel der arbeitsfähigen Bevölkerung von offener oder verdeckter Arbeitslosigkeit betroffen ist. In Brasilien arbeiteten 2001 etwa 1 Mio. meist ungelernte Arbeiter der Landbevölkerung im Biokraftstoffsektor. 300.000 weitere indirekt erzeugte Arbeitsplätze in anderen Sektoren kommen hier noch hinzu. Das IFPRI erwartet für Brasilien bis 2020 einen Beschäftigungszuwachs von 7,5% und auch deutliche Zuwächse für Indien, konstatiert aber gleichzeitig kleine negative Beschäftigungseffekte für Subsahara Afrika. In Indonesien und Malaysia beschäftigt die Palmölwirtschaft 1 Mio. bzw. 400.000 Menschen derzeit. Unbenommen bleibt, dass diese Arbeitsplätze nach europäischem Maß meist schlechte bis gar keine arbeits- oder gesundheitsrechtliche Standards aufweisen und illegale rechtlose Beschäftigungen ein Problem sind. Auch geben sie keine Auskunft darüber, ob die gezahlten Löhne überhaupt die Einkommenssituation der Menschen verbessern und ein würdevolles Leben ermöglichen. In Fällen, in denen ehemalige Kleinbauern mit Gewalt von ihren Farmen vertrieben wurden und zur Arbeit auf Plantagen gezwungen sind bzw. gezwungen werden, ist die soziale Verelendung besonders groß. Diese moderne Form der Sklaverei ist auch ein Problem auf den Zuckerrohrplantagen Brasiliens. NGO kritisieren zudem, dass der Plantagenanbau im Verhältnis zur Fläche weit weniger beschäftigungsintensiv ist als ein bäuerlicher Familienbetrieb. Ein weiterer kritischer Aspekt, der ganz allgemein die Landwirtschaft in den Entwicklungsländern betrifft, ist die Kinderarbeit. Sie ist bei teilweise rückläufiger Bedeutung hier eher die Regel als die Ausnahme. Weltweit entfiel Arbeit von Kindern unter 15 Jahren in 2004 zu 69% auf die Landwirtschaft . Wegen der wirtschaftlichen Bedeutung dieses Sektors in den Entwicklungsländern und der traditionellen Rollenzuweisung der Kinder im ländlichen Raum, ist eine Reduzierung der Kinderarbeit in der Landwirtschaft besonders schwierig. Ein weiteres Problem stellt sich mit den Landnutzungsrechten dar, diese sind oft nicht geklärt. Denn anders als in den Industrieländern, wo Landeigentum gesetzlich eindeutig geregelt ist, folgt die Landnutzung in Entwicklungsländern oft einem Prinzip frequentiver gewohnheitsrechtlicher Inanspruchnahme ohne legale Grundlage. So ist wiederum die Gefahr illegaler Landaneignung für den Plantagenbetrieb besonders hoch. Die Zahl der Landkonflikte in Indonesien hat mit steigender Nachfrage nach Palmöl stark zugenommen und schon über 400 Dörfer in Mitleidenschaft gezogen. Die traditionelle vielfältige Waldnutzung der vor allem indigenen Bevölkerung wird durch die Ölpalmplantagen verdrängt, und die betroffenen Menschen werden aus ihrem Siedlungsgebiet vertrieben oder geraten ins soziale Abseits, da meist nicht sie sondern zugewanderte Arbeiter von den neuen Beschäftigungsmöglichkeiten profitieren. Ähnliche Beispiele sind auch aus Südamerika bekannt: In Kolumbien vertrieben 2001 paramilitärische Gruppen die Einwohner von 23 Dörfern auf diese Weise konnten sich Palmölunternehmen Flächen illegal aneignen. In Indien wiederum kollidieren die ehrgeizigen Pläne zum Jatrophaanbau auf Ödland mit der extensiven Nutzung durch die Landbevölkerung, die in diesen Gebieten Feuerholz und Baumaterialien, Viehfutter und eigene Nahrungsmittel sammelt. Die für den Jatrophaanbau in Südwest-China von der Regierung ausgewählten Flächen gehören mehrheitlich kleinen Dorfgemeinschaften und sind nicht in Staatsbesitz, weswegen sich auch hier Konflikte abzeichnen dürften und zumindest die Gefahr negativer Effekte für die ansässige Landbevölkerung bestehen könnte.

Über den Autor

Volker Hasenberg, Diplom-Geoökologe, Jahrgang 1974, hat sich zunächst als Umweltjournalist und dann als Referent beim Deutschen Bundestag viele Jahre mit Klimaschutz und erneuerbaren Energien beschäftigt. In seinem Studium an der Universität Tübingen und Universität Hohenheim legte er auf Umweltmanagement einen Schwerpunkt und schrieb im Rahmen dessen über Biokraftstoffe seine Abschlussarbeit. Der Autor arbeitet heute als Consultant im Bereich Nachhaltigkeit und erneuerbare Energien.

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