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Angelika Kopetzky

Therapie im Wasser - Ein psychomotorischer Ansatz

ISBN: 978-3-8428-8048-1

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 104
Abb.: 21
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Nach ausführlicher Klärung der Begriffe Motologie, Mototherapie, Motopädagogik und Psychomotorik und einer Darstellung der Grundphilosophie der hier aufgezeigten psychomotorischen Förderung, des humanistischen und holistischen Menschenbildes und der ökologisch-systemischen Perspektive, wird die Geschichte der Psychomotorik in Europa und im Besonderen die Geschichte der Psychomotorik im Wasser erläutert. Es werden andere Wassertherapien vorgestellt, die in manchen Elementen einer psychomotorischen Förderung im Wasser entsprechen. Als Auswahl werden drei Methoden vorgestellt, die dem Anspruch einer psychomotorischen Förderung am nächsten kommen: das Water-Balancing, die Aquatherapie und Aqua Wellness Methode und die Halliwick Methode nach McMillan. Der psychomotorische Raum als Lernraum stellt ein weiteres Kapitel dieser Arbeit dar. In diesem Lernraum soll es behinderten und nicht behinderten Kindern ermöglicht werden, Körper-, Sozial- und Materialerfahrungen zu sammeln und ihre Handlungs- und Bewegungskompetenzen zu erweitern. Die sinnliche Wahrnehmung stellt in der psychomotorischen Förderung einen Hauptaspekt dar, auf den in der Planung und Durchführung einer Fördereinheit Bezug genommen wird. Anhand von dargelegten Vorüberlegungen, Materialien und Inhalten einer Stundenplanung ist eine Durchführung einer psychomotorischen Förderung im Wasser möglich und wird mit einem Förderbeispiel aus der Praxis anschaulich dargestellt. Es werden vier Einheiten unter dem Hauptthema ‘Tiere’ näher angeführt.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4, Der psychomotorische Raum als Lernraum: In der psychomotorischen Förderung ist es besonders wichtig Räume für Kinder zu schaffen, in denen neue Erfahrungen gemacht, Erfahrungen vertieft und reflektiert werden können und ein Erfahrungsaustausch in der Gruppe gemacht werden kann. Es sollten Bewegungsräume geschaffen werden, um dem Verlust bzw. Verschwinden natürlicher Bewegungsräume entgegenzuwirken. Natürlich können diese geschaffenen Räume die natürlichen nicht ersetzen, aber sie bieten Möglichkeiten, um Kinder in ihrer Entwicklungsvielfalt zu unterstützen. In den Bewegungs- und Lernräumen der psychomotorischen Förderung können Kinder ihre Erfahrungen sammeln. Der Mensch ist ein aktiv handelndes Subjekt im ständigen Austausch mit seiner Umwelt. Durch seine Handlungen eignet er sich Neues an, er lernt durch Handeln. Er eignet sich in seiner Entwicklung Kompetenzen an, die es ihm ermöglichen ein aktives, reagierendes und kooperierendes Individuum zu sein und in seiner Persönlichkeit und seinem Körper ‘kompetent’, wissend und spürend, fühlend und denkend zu sein. Dieser Lernprozess ist niemals abgeschlossen, da der Mensch zeitlebens Erfahrungen sammelt und ein handelndes Subjekt ist, er erweitert stets seine Kompetenzen, soweit es ihm möglich ist. Die psychomotorische Förderung kann ihm dabei Unterstützung sein. Als Beispiel seien hier einige genannt: Innerhalb der Entwicklung des Kindes, als begleitende Maßnahme im sozialen, medizinischen Bereich, z. B. mit psychotischen Patienten, im geistig und körper-behinderten Bereich, im Alter zur Erhaltung der körperlich, geistigen und sozialen Beweglichkeit u. v. m. Die Örtlichkeiten einer psychomotorischen Förderung sind eine Überlegung, die der Psychomotoriker, der sich vom klassischen Setting innerhalb des Bewegungsraumes mit den gängigen Materialien einer psychomotorischen Förderung entfernen will, anstrengen muss. Die Psychomotorik sieht sich mit dem Auftrag konfrontiert, Bewegung überall umsetzen zu können und Möglichkeiten anzubieten, die der natürlichen Lebens- und Erlebenswelt der Kinder möglichst nahe kommen, damit die für die Entwicklung so notwendigen Erfahrungen gesammelt werden können. KIPHARD (2001, S24) schreibt: ‘Der natürliche Bewegungsdrang des Kleinkindes zur expansiven Umwelteroberung kann durch ständige Einschränkung blockiert und zuletzt als schuldhaft empfunden werden. Dauernd unterdrückte motorische Impulse ziehen eine Verarmung des Ausdrucksverhaltens nach sich. Sie führen zu starken inneren Spannungszuständen, die sich wiederum in muskulären Verspannungen äußern.’ Bewegungsbaustellen sind eine Möglichkeit auf Spielplätzen in der Stadt mit einzuplanen. Wälder bieten sich an, um zu matschen und zu gatschen, in Bächen und mit Lehm, Holz und anderen natürlichen Materialien zu spielen und zu experimentieren. Im urbanen Raum müssen jedoch weitere Möglichkeiten geboten werden, um Bewegungserfahrungen zu ermöglichen. Es wird ein Ausgleich von unserer Sitzgesellschaft angestrebt, die Angebote für Kinder und Erwachsene sind wichtig, um uns nicht auf Dauer kaputt zu sitzen. EGGERT (2002) beschreibt die veränderte Lebenswelt der heute lebenden Kinder als Mitursache der verhäuft auftauchende Störungen in der motorischen Entwicklung. Es werden durch den eingeschränkten Lebensraum Kindern manche wesentlichen sinnlichen und Bewegungserfahrungen genommen. Es scheint, als könnten sie sich nicht mehr ausreichend entsprechend selbstständig entfalten und entwickeln. Es besteht die Forderung, u. a. seitens der Psychomotorik, Angebote zu schaffen, die nicht nur Angebot sind, wie eine Stunde in der Woche turnen zu gehen, sondern regelmäßige Möglichkeiten zur Kindesentwicklung anzubieten, die von den Kindern auch laufend selbsttätig wahrgenommen werden können. Psychomotorische Förderung bezieht sich darin nicht nur auf die Schaffung einer Einzel- und Gruppenförderung, sondern auf den gesamten Lebensalltag. Sie soll dem Kind vielfältige Möglichkeiten zur Nutzung von Bewegungsangeboten ermöglichen. Psychomotorische Förderung ist eine Einbindung von Erfahrungs- und Lernräumen in den Alltag des Kindes, d. h. Möglichkeiten zum Klettern, Balancieren, Schaukeln und für Sinneserfahrungen anzubieten. Diese Angebote können in der Gestaltung der Spielplätze, in Parks, im Kindergarten, in der Schule, im Kinderzimmer etc. umgesetzt werden bzw. sind auch von der Einstellung der Gesellschaft zu Kindern und ihrer Lebenswelt abhängig. Ein Umdenken von unserer heutigen Leistungsgesellschaft zurück zu mehr sinnesgebundenem und erfahrungs-orientiertem Handeln wäre wünschens- und erstrebenswert, um eine weitere einschränkende Entwicklung aufhalten zu können. In Bezug auf Kinder und ihre Entwicklung ist diese Einstellung nicht von Vorteil. Viele Erfahrungen werden heute über Computer und Fernsehen gemacht, es fehlt den Kindern an direkten realen Erfahrungen. Sie werden nicht mehr selbst erlebt, sie werden nur mehr über die Erzählung eines anderen aufgenommen. Die Kinder können dadurch weniger Erfahrungen sammeln. Ihre Handlungskompetenz wird eingeschränkt und sie können weniger Kompensationsmechanismen, um Probleme und Anforderungen des Alltags und des Lebens zu bewältigen, entwickeln. Dem Kind fehlen Lernprozesse in seiner Entwicklung, die zu einem späteren Zeitpunkt als Grundlage für weitere Entwicklungsschritte erweisen. Kinder die motorische Entwicklungsstörungen zeigen, haben häufig Probleme in anderen Bereichen: Dem sozialen Umfeld, der Schule beim Erlernen der Kulturtechniken, Teilleistungsschwächen, bei grob- und feinmotorischen Anforderungen, mit dem eigenen Körperschema etc. Es können Wahrnehmungs-störungen in allen Bereichen auftreten. Sie werden konfrontiert mit Aufmerksamkeitsstörungen, innerer und motorischer Unruhe, Konzentrations-störungen, Raumorientierungsproblemen oder psychischen Problemen, z. B. das Selbstbild und den Selbstwert betreffend. Das Feld der psychomotorischen Arbeit ist somit sehr vielfältig und sie kann fast immer eingesetzt werden, wenn Erfahrungen nachgeholt werden müssen bzw. in diesen Bereichen Probleme auftreten. Psychomotorische Förderung ist im Kindesalter besonders wichtig und gut einsetzbar. Der Individualität des Kindes und seiner Kompetenzen angemessenen Schritte und der Orientierung an den Stärken des Kindes sind Grundvoraussetzungen, um eine adäquate und sinnvolle psychomotorische Förderung anbieten zu können. Diese Voraussetzungen ziehen sich durch den gesamten Prozess der Förderung, d.h. sie sind aus der Planung und Durchführung von psychomotorischer Förderung nicht auszuklammern. Es sollte eine möglichst offene Situation geschaffen werden, um schnell und flexibel auf die Bedürfnisse und Veränderungen beim Kind eingehen zu können (Eggert, 2002, S37). Somit bietet der Psychomotoriker dem Kind, der Gestalter seiner Handlungen, seiner Kompetenzen, seiner Persönlichkeit und seiner Umwelt zu sein und ermöglicht ihm Lern- und Erfahrungsräume, die es für seine Entwicklung benötigt. Das Wasser bietet eine Möglichkeit eines Lern- und Erfahrungsraumes an, in dem körperliche, soziale, emotionale und geistige Bewegung stattfinden kann. Die Möglichkeiten des Wassers werden in manchen Therapien wegen seiner positiven Eigenschaften schon genutzt, z. B. bei adipösen Patienten und bei Menschen mit Gelenks- und Muskelproblemen, wie es in Kapitel 2.3 - 2.5 beschrieben wurde. Lernen ohne emotionale Beteiligung ist nicht effektiv. Eine psychomotorische Förderung bringt meist eine hohe emotionale Besetzung mit, der Lernerfolg könnte demnach größer sein, als mit anderen Zugängen. Körperliche Beteiligung fördert die Gehirnaktivität, der Lernerfolg wird dadurch größer. Lernen mit Bewegung ist ein Angebot der psychomotorischen Förderung und kann vielseitig, sowohl in Therapie als auch Prävention, genutzt werden. Deshalb wäre es zielführend die psychomotorische Förderung bei einer Entwicklungsstörung schulischer Fertigkeiten, wie einer Lesestörung, einer Rechtschreibstörung, einer Rechenstörung etc., einzusetzen. Auch EGGERT (2002) führt als entwicklungspsychologische Begründung die Bedeutung des Lernens durch Bewegung an. Der Anteil des motorischen Lernens am Entwicklungsprozess ist wesentlich. Durch Bewegung wird die kognitive Entwicklung gefördert, aber es ist nicht ausschließlich Intelligenzentwicklung gemeint. Die Vernetzung des Gehirns erfolgt u. a. durch Bewegung, es gilt: Vom Greifen zum Begreifen. Andere Faktoren sind u. a. die soziale und emotionale Eingebundenheit und Geborgenheit. Der motorische Anteil ist bis zum 3. Lj sehr stark, erst danach kommt eine starke emotional Beteiligung hinzu, an die sich erinnert wird. Um das 6. Lj. nimmt der motorische Anteil wieder ab, ist bis dahin aber noch immer von sehr hoher Bedeutung. Bis etwa zum 8. Lj nehmen Kinder ganzheitlich wahr, sie trennen nicht zwischen leiblichen, seelischen, geistigen und gefühlsmäßigen Erlebnissen, diese sind eng miteinander verbunden. Deshalb zeigen Kinder verstärkt ihre Gefühle über ihren Körperausdruck oder leibliche Schmerzen (z. B. Bauchschmerzen bei Trennungsangst von der Mutter). Psychosomatische Symptome sind auch in der Erwachsenenwelt verbreitet, aber der Körperausdruck (Mimik, Gestik, auf die Körpersignale hören) wird häufiger übergangen bzw. unterdrückt. EGGERT (2002, S22) sieht Bewegung als ‘Sinnbild für eine äußerliche wie innerliche Aktivität des Kindes’. Es ist nicht nur in der Psychomotorik bekannt, dass ein innerseelischer Zustand durch die Bewegung des Menschen sichtbar wird. So wie man sich fühlt, so bewegt man sich auch, so ist der Körperausdruck, zu dem Körperhaltung, Gestik und Mimik zählen. Die Körperhaltung kann als Indikator für den emotionalen Zustand eines Menschen sein, jedoch niemals unabhängig von den äußeren Begebenheiten und der momentanen Situation. Die bio-psycho-geistig-soziale Einheit des Menschen wird hier wieder deutlich. Bewegungsäußerungen von Kindern bieten einen Einblick in ihre Innenwelt. Sie nehmen mit dem ganzen Körper wahr und drücken sich über den ganzen Körper aus. Es wird deutlich, wie vielfältig Bewegung sein und in welchem Zusammenhang sie mit der Psyche und dem Geist des Menschen gesehen werden kann. Bewegung spielt eine wesentliche Rolle im Leben des Menschen. Sie ermöglicht ihm Ausdruck, Fortbewegung, Kontakt zu sich selbst und zur Umwelt wahrzunehmen, aufzubauen und zu halten und sich selbst und andere zu bewegen. EGGERT (2002, S21-22) beschreibt weitere Bereiche, die durch Bewegung gefördert bzw. mit beeinflusst werden: - die Erweiterung des Handlungsspielraums durch Bewegung - Raumvorstellung und Zeitstrukturen - Denkvorgänge durch Erinnern und Vergegenwärtigen - die Symbolisierung der Bewegungshandlungen, die besonders wichtig für die Sprachentwicklung sind - der 3-dimensionale Raum durch Sehen und Bewegen - die Vorstellung vom Raum nach außerhalb unseres Sehfeldes durch auditive Wahrnehmung und Bewegung - die kinästhetische Wahrnehmung, das Bild von der Ausdehnung des Körpers, des Körperschemas und Körperkonzepts - die perzeptive Wahrnehmung durch Materialerfahrung, psychische Strukturen werden komplexer - Das Kind gewinnt ein Bild von sich in seiner Umwelt, seiner Identität und Individualität - Durch Spiele lernt es soziale Regeln und Kommunikation, es kommt zur Ich-Entwicklung und zur Entwicklung des Sozialverhaltens. Diese Punkte machen die Bedeutung von Bewegung für die Entwicklung des Menschen deutlich. Auf die Zusammenhänge mit den Erfahrungsbereichen der Psychomotorik und den Wahrnehmungsbereichen wird in den nächsten Kapiteln genauer eingegangen werden.

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