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- Neue Perspektiven in der Dopingprävention: Die Möglichkeiten der Motivierenden Kurzintervention
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 100
Abb.: 10
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
In Deutschland wird seit mehr als zehn Jahren Dopingprävention durchgeführt. Die Notwendigkeit ergänzende Maßnahmen zu konzipieren und in die Praxis umzusetzen resultiert aus zahlreichen Studien. In der Suchtprävention wird das Konzept der Motivierenden Kurzintervention (MOVE) als besonders effektive Maßnahme angesehen. Es basiert auf den Grundlagen der Motivierenden Gesprächsführung nach Miller & Rollnick sowie auf dem Transtheoretischen Modell der Verhaltensänderung nach Prochaska, DiClemente und Velicer. Das Beratungskonzept wurde von der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld wissenschaftlich begleitet und evaluiert. Es wird seit langem u.a. in Jugendzentren, Einrichtungen der Jugend- und Erziehungshilfe, Schulen und Vereinen erfolgreich eingesetzt. Anhand einer vergleichenden Beschreibung des Konzeptes MOVE und ausgewählter Konzepte zur Dopingprävention wurde die Frage beantwortet, ob das Interventionskonzept MOVE auch eine wirksame Unterstützung in der Dopingpräventionsarbeit leisten kann.
Textprobe: Kapitel 4, Vergleich der Konzepte: Die folgenden Darstellungen im Bereich der Suchtprävention orientieren sich überwiegend an der Rahmenkonzeption der Fachstellen für Suchtprävention für den Bereich Nordrhein-Westfalen (vgl. Behler-Brodd, Hallmann, Jahry, Nagel, Robertson & Wicher, 2003), sowie an den ‘Qualitätsanforderungen in der Suchtprävention’ (siehe Hallmann, Holterhoff-Schulte & Merfert-Diete, 2007). In Kapitel 4.2 werden die Unterschiede und Gemeinsamkeiten anhand eines ausgewählten Konzeptes exemplarisch dargestellt. Dabei ist die Wahl im Bereich der Dopingprävention auf das Konzept der DSJ gefallen, weil vor allem Zielgruppenausrichtung und theoretische Ansätze es erlauben, Parallelen zu dem Konzept der Motivierenden Kurzintervention (MOVE) zu ziehen. 4.1, Suchtprävention und Dopingprävention: Eine Gegenüberstellung: Wissenschaftlicher Stand und Rahmenbedingungen. Auf der Ebene der Suchtprävention standen in den 1970er Jahren Kampagnen zur Aufklärung und Abschreckung im Vordergrund. Zu Beginn der 1980er Jahre richtete sich die Aufmerksamkeit dann mehr auf die Ursachen, die einen Beitrag zur Entstehung von Sucht leisten oder diese begünstigen können. Dies führte in den 1990er Jahren zu einem grundlegenden Paradigmenwechsel. Die bis dato weitverbreitete defizitorientierte Ausrichtung entwickelte sich zu einer salutogenetischen, suchtpräventiven Ausrichtung. Dieser sogenannte ‘Life-skill Ansatz’ (Behler-Brodd et al., 2003, S. 6) beinhaltet eine Ressourcenorientierung und die Vermittlung von z.B. individuellen Handlungskompetenzen. Die Praxis der Suchtprävention orientierte sich trotz der gesundheitsorientierten Entwicklung noch lange am ‘binären Code der Suchtkrankenhilfe‚ abhängig-abstinent’ (Drogen- und Suchtkommission beim Bundesministerium für Gesundheit, 2002, S. 8). In Nordrhein-Westfalen gliedert sich die Sucht- und Drogenhilfe: ‘in drei Säulen: Prävention, Beratung und stationäre Behandlung. Damit stellt die Suchtprävention in Form der ‚Fachstelle für Suchtvorbeugung‘ einen eigenständigen Bereich der Sucht- und Drogenhilfe dar’ (Behler-Brodd et al., 2003, S. 8). Die Suchtprävention hat aus dem Arbeitsfeld der Psychiatrie die Einteilung in ‘Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention’ (Hallmann et al., 2007, S. 3) übernommen. Diese bezieht sich sowohl auf den Zeitpunkt der Intervention als auch auf die Zielrichtung. ‘Dabei erfasst die ‚Primärprävention‘ alle Maßnahmen die vor der Entstehung eines Problems umgesetzt werden und wendet sich an die allgemeine Bevölkerung sowie an spezielle Zielgruppen, die nicht als Risikogruppen klassifiziert sind. Die ‚Sekundärprävention‘ richtet sich an definierte Risikogruppen (Gruppen mit erhöhter Suchtgefährdung) sowie an einzelne Personen im Anfangsstadium einer Suchterkrankung. Und die ‚Tertiärprävention‘ zielt schließlich auf Personen, die bereits von einer Suchterkrankung betroffen sind’ (ebd., S. 3f.). Ferner existiert eine neue Klassifikation des US Institute of Medicine: die ‚universelle, selektive und indizierte‘ Prävention (ebd., S. 3). Diese bezieht alle Maßnahmen ein, die vor der vollständigen Ausdifferenzierung der Suchterkrankung einsetzen. Die universelle Intervention (z.B. die Medienkampagne: ‘Keine Macht den Drogen’) richtet sich an die allgemeine Bevölkerung. Als selektive Prävention werden Maßnahmen bezeichnet, die sich an bestimmte Risikogruppen (z.B. Kinder, die Probleme in der Schule haben) wenden. Bei dieser Form der Intervention sollen ‘Selbstwertgefühl und Problemlösungskompetenz’ (ebd., S. 4) gestärkt werden und so der Konsum von Suchtmitteln jedweder Art unterbunden werden. Die dritte Form (indizierte Prävention) richtet sich an Personen, die bereits ein manifestes Risikoverhalten aufweisen und/oder einem erhöhten Suchtrisiko ausgesetzt sind, jedoch keine Abhängigkeitssymptome aufzeigen. Die zuvor beschriebene Klassifikation wird seit den 1990er Jahren bevorzugt, obwohl die ursprüngliche Einteilung Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention im deutschsprachigen Raum immer noch verwendet wird. Im Bereich der Dopingprävention existiert auf der einen Seite die Säule der Kontrolle sowie Sanktion und auf der anderen Seite die Säule der Prävention. Die Arbeit ist auf der Ebene der Dopingprävention größtenteils durch Abschreckung und Aufklärung (Informationsvermittlung) gekennzeichnet und greift auf vorwiegend theoretischer Ebene auch den Ansatz der Vermittlung und Förderung von (Handlungs-)Kompetenzen auf. Entscheidende Bestandteile der Interventionsmaßnahmen sind die Elemente Beobachten, Reflektieren und Entscheiden (siehe Kap. 2.2.1). Die Suchtprävention arbeitet mit dem Prinzip der Schadensminimierung (vgl. Expertengespräch mit Dipl.-Sozialpäd. S. Becker, Zeilennummer 122). Demgemäß ist es wichtig, beide Seiten der Medaille zu beleuchten, also sowohl die positiven als auch die negativen Seiten des Dopings bzw. des Suchtmittels. Im Bereich der Dopingprävention wird die positive Seite zu wenig berücksichtigt (ebd. siehe hierzu auch Kap. 2.2.1). S. Becker erklärt, weshalb aus seiner Sicht das Prinzip der Abschreckung als alleiniges Element der Dopingprävention nicht ausreicht. ‘[…]Wenn man jemanden sagt: Du musst das und das tun oder wenn du das und das tust, sind die Gefahren so und so. Das bestätigt eher die, die eh schon eine relativ klare oder abwehrende Haltung gegenüber Doping oder Drogen haben. Aber diejenigen, die eher noch unentschieden sind oder es ganz reizvoll finden, evtl. die Äpfel hinter dem Zaun, wo es verboten ist, zu essen und nicht die, die über dem Zaun hängen, da wirken diese Kampagnen nicht. Also von daher greift eine reine Informationskampagne in der Regel immer zu kurz, es ist lediglich ein wichtiges Teilelement’ (Becker, Z. 157-165). Die Dopingprävention arbeitet aktuell –im Gegensatz zur Suchtprävention– mit der im suchtpräventivem Bereich weitestgehend überholten, in Deutschland aber noch verwendeten, Kategorisierung in ‘Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention’ (Singler & Treutlein, 2010, S. 187). Der Fokus liegt dabei auf der Primärprävention, die das Entstehen von Dopingmissbrauch verhindern soll (siehe Kap. 2.2.1). In der Suchtprävention wird das Hintergrundwissen zu möglichen Risiken, Nebenwirkungen und rechtlichen Rahmenbedingungen als ‘Risikokompetenz’ (vgl. Becker, Z. 120f.) bezeichnet. Die Informationsvermittlung bspw. zu rechtlichen Grundlagen erfolgt im Gespräch größtenteils auf Nachfrage. In der Dopingprävention steht nicht die Suchtkompetenz sondern der Abstinenzgedanke im Vordergrund (siehe Becker, Z. 125ff.). Das Wissen, z.B. was Doping überhaupt ist und wie man sich gegen Doping aussprechen kann, ist eine wichtige Voraussetzung für die Entscheidung gegen Doping (Treutlein et al., 2010). In der Jugendbroschüre der NADA existiert ein Kapitel zum Thema ‘Doping hat Folgen’ (Nationale Anti Doping Agentur Deutschland, 2011d, S. 10), das sportliche, finanzielle und gesundheitliche Folgen beschreibt. Jugendliche sollen - im Sinne des Abstinenzgedankens - durch das Lesen dieses Kapitels abgeschreckt werden. Sowohl im Bereich der Dopingprävention als auch im Arbeitsfeld der Suchtprävention wird auf den Ebenen der Verhältnis- und Verhaltensprävention gearbeitet. Die Suchtprävention tendiert eher zum Schwerpunkt der Verhaltensprävention einer Person, die Dopingprävention (NADA) ist hingegen überwiegend verhältnispräventiv orientiert (Singler & Treutlein, 2010, S. 187 Hallmann et al., 2007, S. 4). Arbeits- bzw. Handlungsfelder und Zielgruppen. ‘Suchtprävention stellt eine Querschnittsaufgabe von Erziehung und Bildung, Jugend- und Sozialhilfe, Gesundheits- und Altenhilfe dar’ (Behler-Brodd et al., 2003, S. 10 siehe hierzu auch Ministerium für Frauen, 1999, S. 15). Entsprechend ergeben sich folgende Handlungsfelder für die Suchtprävention: (Behler-Brodd et al., 2003, S. 11) •Familie. •Elementarbereich (z.B. Kindertageseinrichtungen). •Jugendarbeit und Jugendhilfe (Jugendfreizeiteinrichtungen, erzieherische Jugendhilfe, Jugendberufshilfe). •Schule. •Ausbildung einschließlich außerbetrieblicher Ausbildungseinrichtungen. •Erwachsenenbildung (Volkshochschulen, Familienbildungsstätten, Vereine usw.). •Gesundheitswesen. In diesen Handlungsfeldern werden vier essentielle Einteilungen vorgenommen: Die suchtpräventive Maßnahme sollte sich (erstens) stets am Sozialraum der Person orientieren. Des Weiteren ist eine geschlechtsspezifische Ausrichtung notwendig, da ungleiche ‘Risikostrategien’ (Behler-Brodd et al., 2003, S. 11) von Jungen und Mädchen, Frauen und Männern zu beachten sind. Der dritte Punkt der Einteilung greift die ‘soziale Lage der Menschen und häufig damit verbunden ihre ethnische Zugehörigkeit auf’ (ebd., S. 11), die wiederum spezielle Konsummuster auslösen. Die ‘Setting-Orientierung’ umfasst die Arbeit mit ‘spezifischen Zielgruppen’ (ebd., S. 11), z.B. Drogen konsumierende Jugendliche und junge Erwachsene. Bei der genannten Zielgruppe wird z.B. das Konzept der Motivierenden Kurzintervention (MOVE) eingesetzt (vgl. Kap. 3.1). Die Mitarbeiter der zuvor beschriebenen Handlungsfelder, sind die ‘Hauptzielgruppe’ (ebd., S. 11) der Suchtprävention. Als Multiplikatoren fungierend, werden ihnen in spezifischen Fortbildungen und Schulungsmaßnahmen die ‘präventive Funktion ihres Alltagshandelns’ vermittelt (ebd., S. 11 siehe hierzu auch Hallmann et al., 2007, S. 7ff.). ‘In ihren jeweiligen Berufs- bzw. Tätigkeitsfeldern sind sie aufgrund ihrer unmittelbaren und mittelbaren Bedeutung für die Sozialisation von Kindern und Jugendlichen, ihre gesellschaftliche Integration und persönliche Individuation die eigentlichen ‚Agenten‘ der Prävention’ (Behler-Brodd et al., 2003, S. 11). Entsprechend dem primärpräventiven Ansatz gehören Kinder und Jugendliche zur Hauptzielgruppe im Handlungsfeld der Dopingprävention. Die NADA arbeitet überwiegend im Kontext des organisierten Sports, hingegen setzt die DSJ ihren Schwerpunkt der Interventionen auf den Freizeit- und Breitensport. Zumeist werden jedoch auch die gefährdeten Spitzensportler angesprochen. Die Primärprävention legt weiterhin ein besonderes Augenmerk auf das Umfeld des Athleten. Dieses kann sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht Einfluss auf den Sportler nehmen und infolgedessen Doping begünstigen oder aber auch verhindern (vgl. Kap. 2.2.1 Singler & Treutlein, 2010, S. 187ff.). Für jede Zielgruppe ist, gemäß dem NDPP, eine Stelle federführend zuständig, die teilweise durch andere Organisationen unterstützt wird (z.B. Zusammenarbeit der NADA mit der DSJ). Die Dopingprävention orientiert sich im Vergleich zur Suchtprävention in der Praxis noch nicht ausreichend an der Zielgruppe und ist auch zu wenig zielorientiert (siehe Kap. 2.2.1 siehe hierzu auch Hallmann et al., 2007, S. 6ff.).
Chantal Höffer wurde 1984 in Köln geboren. Ihr Studium an der Deutschen Sporthochschule Köln schloss die Autorin im Jahre 2011 mit dem akademischen Grad der Diplom-Sportwissenschaftlerin erfolgreich ab. Während des Studiums sammelte sie umfassende theoretische und praktische Erfahrung im Präventions- und Rehabilitationsbereich, mit dem Schwerpunkt der psychiatrischen Erkrankungen und Sucht. Im Rahmen ihrer Abschlussarbeit entwickelte die Autorin durch die Anregung von Michael Sauer (Deutsche Sporthochschule Köln, Institut für Biochemie/MDI) ein besonderes Interesse an dem Suchtpräventionskonzept der Motivierenden Kurzintervention (MOVE). Die Referentenfortbildung der NADA und DSJ zur Dopingprävention sowie die Fortbildung 'MOVE - Motivierende Kurzintervention bei konsumierenden Jugendlichen' der Landeskoordinierungsstelle für Suchtvorbeugung in NRW motivierten sie, sich tiefergehend der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.
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