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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 05.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 88
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Das Thema Jugendgewalt wird immer häufiger für ein Synonym unserer Zeit, obwohl die Anzahl der Straftaten sich nicht signifikant verändert haben. Die Qualität der Straftaten im Bereich der schweren Körperverletzung hat sich verändert. Diese Studie geht den Fragen am Beispiel laufender Programme im Boxsport nach, woher die Verhaltensänderung bei Jugendlichen kommen kann, wie Prävention wirken sollte und ob es geeignete Interventionsmöglichkeiten gibt.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.3, Entstehung aggressiver Verhaltensweisen: Aggressionen stellen einen Teilbereich des großen Spektrums der Verhaltensstörungen dar. Um Diese Störung im Verhalten zuverlässig zu erfassen, werden Aggressionstests zur Bestimmung der Form und Schwere eingesetzt. Der Beobachtungsbogen für aggressives Verhalten von Kindern (BAV), das Beobachtungssystem zur Analyse von aggressionsbezogenen Interaktionen im Schulunterricht (BAVIS), der Erfassungsbogen für aggressives Verhalten in konkreten Situationen (EASW) und der Foto-Hand-Test zur Erfassung der Aggressivität dienen neben dem ICD-10 und dem DSM-IV als Instrumente der Diagnostik (vgl. Goetze 2001, S.71). Im Fortlaufenden werden die verschiedenen Entstehungsarten aggressiven Verhaltens vorgestellt, jedoch sind die Motive nicht weniger vielseitig. Aggressionen können durch das Gefühl der Ungerechtigkeit, dem Rechtsanspruch z.B. auf Autonomie oder zur Kompensation beschämender Demütigungen entstehen. Vor allem der Umgang mit verletzten Gefühlen ist ein schwerer Entwicklungsschritt für Jugendliche. Auch Ideologien religiöser und ethnischer Art können Motive darstellen. So können religiöse Gebote und Verbote, die Bewunderung von Identifikationsfiguren, der Gehorsam gegenüber einem Führer und der Kampf um Macht und Status als legitime Motive für Gewalt empfunden werden. Aber gerade in der Jugend spielen das Gefühl der Minderwertigkeit und das Durchsetzen der eigenen Interessen eine große Rolle. Jedoch muss es nicht immer das eigene Interesse sein. Da die Peer-Group eine übergeordnete Rolle im Jugendalter spielt, können auch Fremdmotive durch Gruppendruck und als Mutprobe eingesetzt werden (vgl. Montada 2007, S.62). 2.3.1, Physiologie der Aggression: Oft werden im Gehirn Zentren herausgestellt, welche für die Entstehung verschiedener Verhaltensweisen zuständig sind. Als Aggressionszentrum gelten der Nucleus Amygdala, sowie das Mittelhirn und der Hypothalamus. Somit ist die Hirnaktivität bei aggressivem Verhalten nicht an ein Bereich des Zentralnervensystems gebunden, sondern verteilt sich auf mehrere Regionen. Für die Steuerung der Emotionalität ist das Limbische System zuständig. Es reguliert und kontrolliert wann welche Emotionen und deren Intensität eingesetzt werden. Die Impulsivität und die Kontrolle der Emotionen spielen eine große Rolle bei der Entstehung und dem Aufrechterhalten von Aggressionen. Zugleich haben Hormone großen Einfluss auf das menschliche Verhalten. Sie wirken auf den psychischen Zustand ein, z.B. bei einer Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion). Der Betroffene reagiert gereizt und verspürt eine innere Spannung. Dies kann zu Ängstlichkeit und zu Aggressionen führen. Das Hormon Noradrenalin beeinflusst ebenfalls die psychische Aktivität und ist zudem für die Wachheit zuständig. Treten Probleme im endokrinen System auf, die dieses Hormon betreffen, so kann es zu Aggressivität, Zorn und Wut kommen. Lange Zeit lag die Vermutung nahe, dass der Testosteronspiegel bei übermäßig aggressivem Verhalten eine Rolle spielt. Untersuchungen mit Gewaltverbrechern, aggressiven Frauen und Medizinstudenten, nach der Verleihung des Doktorgrades, konnten dies widerlegen, denn auch Menschen weisen nach einschneidenden Erfolgserlebnissen erhöhte Testosteronwerte im Blut auf ohne aggressives Verhalten zu zeigen. Durch die Persönlichkeitsdimensionen und die Einflüsse, welche die Umwelt bei der Erziehung spielt, kann die Vererbung von Aggressionen über die Chromosome ausgeschlossen werden. Nur auf Grund dieser Erkenntnis haben pädagogische, therapeutische und psychologische Intervention und Prävention ihre Berechtigung, da sie von einem veränderbaren Zustand ausgehen (vgl. Myschker 2009, S.437). 2.3.2, Die Ethologie der Aggression: Triebenergien stehen im Mittelpunkt der Entstehungstheorie von Aggressionen nach Konrad Lorenz, die er als die ‘Dampfkessel-Theorie’ bezeichnete. Gemeint sind arterhaltende Triebe z.B. der Sexualität, die Bestandteil des genetischen Erbe des Menschen und der Tiere sind. Durch ausgewählte Schlüsselreize werden die Instinkte gehemmt oder hervorgerufen. Nach Konrad Lorenz besitzt jeder Mensch Aggressionen und Energien in sich, die naturgegeben und auch beim Tier vorhanden sind und als spontane innere Bereitschaft zum Kampf zur Erhaltung der Art (Kampf um Nahrung) bezeichnet wird. Zum Aggressionserregenden Verhalten zählt er z.B. das Territorialverhalten und zum aggressionshemmenden Verhalten vor allem prosoziale Verhaltensweisen, wie das Lächeln. Die destruktiven Formen der Aggression sind unter anderem Fehlleistungen oder Verselbständigungen des Instinkts, jedoch werden im Allgemeinen Aggressionen als normativ angesehen (vgl. Scheithauer/Hayer 2007, S.19). Um Aggressionen umzuleiten oder abzubauen schlägt Lorenz zum einen die Abreaktion an anderen Objekten und zum anderen die Sublimierung, durch z.B. das Schreiben von Streitschriften statt der körperlichen Gewalt, vor. Außerdem können aggressive Rituale, wie sie beim Sport zu finden sind, helfen mit Aggressionen umzugehen (Lorenz 1963, 372 ff). Nicht beachtet wurde bei der Theorie, dass die Verhaltensweisen von Tieren nicht unverändert auf den Menschen übertragbar sind (vgl. Myschker 2009, S.448). 2.3.3, Aggressionsentstehung im Phasenmodell: Das Phasenmodell stellt die Entstehung von Aggressionen in drei Phasen heraus. Sigmund Freud geht davon aus, dass jeder Mensch, ohne ein Verständnis von Gut und Böse, auf die Welt kommt. Dieses muss erst noch, in den dafür entsprechenden Phasen, erlernt werden. Jedes Kind lernt bereitwillig, wenn es Angst vor Liebesentzug durch die Bezugspersonen fürchtet. Aggressionen sind in verschiedenen Phasen der Entwicklung Bestandteil. Erste aggressive Tendenzen zeigen sich in der oralen Phase durch die nahrungsaufnehmenden und abgebenden Organe und den Sexualtrieb. Das Saugen an der Mutterbrust wird als aggressiver Akt verstanden, vor allem wenn die ersten Zähne im Mund des Kindes wachsen. In der analen Phase empfindet das Kind Aggressionen, wenn der Elternwille auf den des Kindes, z.B. bei der Reinlichkeitserziehung, trifft. Die letzte und komplexere Phase, in der sich Aggressionen beim Kind zeigen, ist die ödipal-phallische Phase. Hierbei hat das Kind den Entwicklungsschritt zu vollziehen, bei dem Liebe zu beiden Elternteilen aufgebaut werden soll. Der gleichgeschlechtliche Elter wird als Rivale betrachtet. Dies muss das Kind durch, z.B. die Identifikation mit dem Rivalen, überwinden (vgl. Myschker 2009, S.449ff). Nach Freud brauchen Aggressionen immer ein Ventil, denn ‘Zurückhaltung von Aggression ist überhaupt ungesund, wirkt krankmachend’ (Freud 1938, S.72). Dieses Ventil kann bei sexuellen Bedürfnissen die Sublimierung sein, welche diese Energien in gesellschaftlich akzeptierte Handlungen und konstruktive Ziele umlenkt (vgl. Zimbardo/Gerring 2004, S.619).

Über den Autor

Diplom Pädagogin Miriam Lißmann wurde 1983 in Offenbach am Main geboren und wuchs in Dietzenbach auf. Ihr Studium der Erziehungswissenschaft in Gießen schloss sie 2010 mit dem akademischen Grad der Diplom Pädagogin erfolgreich ab. Schon während dem Studium entdeckte sie das Interesse an Kampfsport (Capoeira), der in den Farvelas Brasiliens zur Intervention gegen Jugendkriminalität und Kinderarmut eingesetzt wird. Diese Faszination an der Wirkung von aktiver Intervention im Ausland motivierte Frau Lißmann Ursache und Wirkung bestehender Programme zu hinterfragen.

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