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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 01.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 110
Abb.: 13
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Ist die Einstufung als Risikosport und damit der häufige Ausschluss von Versicherungsleistungen in den Sparten Unfall- und Berufsunfähigkeitsversicherung gerechtfertigt? - Ausweg aus einem Dilemma? Extremsportarten stellen ein erhöhtes Risiko für Leib und Leben dar und dies muss bei der Versicherung berücksichtigt werden. Erstversicherer bzw. Rückversicherer erheben für diese Sonderrisiken Risikozuschläge. Allerdings liegt eine einheitliche Definition, was unter Extremsportarten zu verstehen ist, nicht vor. Viele Versicherer stufen Klettersport unter Extremsport ein, obwohl die Fachliteratur dies nicht beweist. Die Einstufung beruht mehr auf einer Volksmeinung - geschürt durch eine entsprechende Darstellung in der Presse. Die wissenschaftliche Studienanalyse stellt den Klettersport als relativ risikoarme Freizeitbeschäftigung dar, wenngleich auch schwere Unfälle bis hin zum Todesfall auftreten können. Das vorliegende Buch greift diese Fragestellung auf und ermittelt aufgrund einer Übersicht aller bis dato veröffentlichter Studien zunächst das Risikoprofil für Fels- und Eisklettern bzw. seine verschiedenen Subdisziplinen. Die Studien werden gewichtet und ein Unfall- und Risikoprofil über 1000h Stunden Exposition ermittelt. Dieses wird im folgendem dem anderer Berg- und Volkssportarten gegenübergestellt sowie die Frage: Was ist ein Risikosport? evaluiert. Die Betrachtungsweise aus Sicht der Versicherer sowie der Rückversicherer wird ebenso näher untersucht sowie in der Synopsis Lösungswege und Kompromisse aufgezeigt.
Textprobe: Kapitel 6, Vergleich Risiko Klettersport zu populären Sportarten: Will man eine Aussage zur Unfallwahrscheinlichkeit einer bestimmten Sportart treffen, benötigt man mehr als die Zahlen, die eine Unfallstatistik in aller Regel liefert. Die Anzahl der Verletzungen müssen in Relation zur Zeitdauer der jeweiligen Sportausübung betrachtet werden, wie es bereits für zahlreiche Sportarten erfolgt ist. Dabei hat es sich als hilfreich erwiesen, innerhalb einer Sportart noch genauer zu differenzieren. Beim Fußball ist zum Beispiel die Verletzungsquote im Spiel um ein vielfaches höher als beim Training. Dies lässt sich auch beim Frauenfußball und beim Handball (Männer und Frauen) nachweisen. Auch geschlechtsspezifische Unterschiede sind von Interesse. So liegt die Verletzungsquote beim Frauenfußball sowohl im Training als auch im Wettkampf deutlich unter der Quote der Männer. Beim Rugby gibt es bedeutende Unterschiede zwischen Amateuren und Profis sowie zwischen Erwachsenen und Jugendlichen . Richtet man das Augenmerk auf die Verletzungsschwere, wird der Vergleich der unterschiedlichen Sportarten schwieriger, da meistens kein einheitlicher Score benutzt wird. Becker z.B. bezieht in ihre Arbeit über Verletzungen im Frauenfußball jede Verletzung oder jeden Unfall mit ein, der zum Ausfall mindestens einer Spiel- oder Trainingseinheit führte. Innerhalb dieser Gruppe erfolgt dann eine Einteilung in leicht (Dauer < 1 Woche), mittel (Dauer < 3 Wochen) und schwer (Dauer > 6 Wochen). Baltzer und Ghadamgahi bezeichnen in ihrer Arbeit über das Verletzungsrisiko beim American Football in der deutschen Bundesliga eine Verletzung als gering, wenn sie einen Trainings- oder Spielzeitausfall bis zu einer Woche zur Folge hatte. Längere Pausen oder ein Krankenhausaufenthalt werden als ernst und Behandlungen auf einer Intensivstation sowie bleibende neurologische und orthopädische Schäden als fatal bezeichnet. Andere Studien beschreiben die Verletzungen ohne Schweregradeinteilung. Neville et al. bezogen in ihrer Untersuchung zum Yachtsegeln auch medizinische Erkrankungen in die Statistik mit ein. Die unterschiedlichen Beurteilungskriterien liegen meistens am Maßstab des Betrachters begründet: Für einen Profifußballclub ist die Verletzung eines Spielers, die eine lange Ausfallzeit verursacht, eine schwere Verletzung, auch wenn sie nach ärztlichen Kriterien nur mittelschwer sein mag. Der monetäre Schaden, sei es für den Geschädigten, den Arbeitgeber oder den Versicherer, steht also auf der einen Seite, der medizinische ‘Schaden’ auf der anderen. Darunter leidet die Vergleichbarkeit der einzelnen Studienergebnisse. In der Tabelle 7 wird die Verletzungshäufigkeit verschiedener Sportarten pro 1000 Stunden Sportausübung dargestellt. Bei Berücksichtigung der oben angegebenen Argumente können die Vergleiche nur als Richtlinien gesehen werden. Zur Vergleichbarkeit wurden Standardsportarten sowie die relevanten Studien mit Aussagen des pro 1000 Stunden Risikos im Bergsport aufgeführt. Vor allem bei der Arbeit von Schwarz und Schöffl zum Eisklettern ist zu berücksichtigen, dass alle Verletzungen, also auch unbedeutende Schürfwunden und Prellungen, in das Ergebnis mit eingehen, was ein Verletzungsrisiko von 4,07 / 1000 h (NACA 1-3) ergibt. Werden nur die signifikanten Verletzungen betrachtet, liegt es bei 1,2 / 1000 h (NACA >1). Diese Einstufung deckt sich auch mit den Daten der österreichischen Studie von Bässler.Dieser analysiert das Unfallrisiko Bergsport bezogen auf die Häufigkeit der Arztbesuche pro 1000 Stunden Sportausübung. Hier wird sowohl dem Wandern als auch dem Klettern mit einem Index von 0,1 ein sehr geringes Unfallrisiko bescheinigt. Höhere Risiken ergaben sich für das Skitourengehen (0,3), Mountainbiken (0,5) und Pistenskifahren (0,8). Zum Vergleich werden als Sportarten mit dem höchsten Unfallrisiko Fußballspielen (2,6) und Volleyball/Beachvolleyball (2,3) angegeben. Erschwerend kommt allgemein hinzu, dass bei den meisten Arbeiten das Todesfallrisiko nicht mit berücksichtigt werden kann, da häufig nicht bekannt ist, wie viele Personen eine bestimmte Sportart ausüben. Die Schweizer Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) gibt in ihrer jährlichen Statistik die so genannte Case fatality an. Damit sind Todesfälle pro 10000 Unfälle gemeint. Sie lag für Verkehrsunfälle im Jahr 2005 bei 36, für Sportunfälle bei vier. An Hand dieser Zahlen ist ersichtlich, dass die Frage nach dem Todesfallrisiko bestimmter Tätigkeiten (Verkehrsteilnahme/Sport) letztendlich immer auch eine Frage der gesellschaftlichen Akzeptanz bleiben wird. Im vorliegenden Vergleich aller Bergsportstudien fallen nur die ‘alten’ Daten von Bowie et al. durch die weiter vorne bereits beschriebenen ‘Besonderheiten’ der Studie (Daten von vor 25 Jahren, mittlerweile deutliche Besserung der Sicherheitsstandards, hochalpines Gelände mit objektiven Gefahren, Bias der Verletzungen, da nur die Unfälle die im ‘ER” vorstellig wurden dargestellt werden und dadurch ggf. zu viele schwere Unfälle auf die Gesamtanzahl aller Verletzungen aufgenommen wurden, usw.) etwas ‘aus der Reihe’. Alle anderen Arbeiten zeigen für den Klettersport im Vergleich zu anderen populären Sportarten ein geringes Verletzungsrisiko mit einer geringen Verletzungsschwere. Dennoch bleibt die Gefahr eines schweren bis gar tödlichen Unfalles bestehen, wie aber auch z.B. bei Kitesurfen (tödliche Unfälle in prospektiver Studie) und anderen Sportdisziplinen (siehe Tab.7).Die Tatsache dass bis zu 30% der Todesfälle beim Sport nicht direkt durch die Sportart sondern durch eine Grundkrankheit mit z.B. plötzlicher Verschlechterung durch Anstrengung (z.B. Angina pectoris) bedingt sind, macht einen interdisziplinären Vergleich der Todesfallrate noch schwieriger. Hier müsste dann zum Vergleich der Altersdurchschnitt und die Co-morbidität herangezogen werden, was den Vergleich weiter kompliziert.
Priv.-Doz. Dr.med. Volker Schöffl (MHBA), geb.1965 in Schweinfurt ist Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie, Orthopädie und Sportmedizin sowie Sektionsleiter der Sportorthopädie und Sportmedizin im Klinikum Bamberg. Zusätzlich hat er eine Lehrbefugnis der Universität Erlangen-Nürnberg und gibt dort Vorlesungen über Sportorthopädie und Sporttraumatologie. Er ist Arzt der Deutschen Kletternationalmannschaft und Mitglied der medizinischen Kommission der UIAA und IFSC, sowie Leiter des sportmedizinischen Stützpunktes des DAV in Bamberg. Er klettert seit 1984, hat weltweit Routen bis zum zehnten Schwierigkeitsgrad erstbegangen und viele Sportkletter-Expeditionen in Asien (Thailand, Laos, Borneo…) durchgeführt. Zusammen mit seiner Frau Isabelle arbeitet er zudem seit vielen Jahren regelmäßig als Volontär in einem Krankenhaus in Laos. Er hat zahlreiche wissenschaftliche Publikationen und Vorträge zum Thema Sportkletterverletzungen verfasst und über die vorliegende Arbeit einen MHBA an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg erhalten. Siehe auch: www.sportmedizin-bamberg.com
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