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- Die alternde Gesellschaft und ihre Bedeutung für die Fitnessbranche
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2011
AuflagenNr.: 1
Seiten: 84
Abb.: 20
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die demographischen Herausforderungen zu Beginn des 21.Jahrunderts prägen die Zukunft unserer Gesellschaft. Es vollziehen sich einschneidende Umschichtungen in der Altersstruktur. Diese Entwicklung hat ihre Ursache in einer dreifachen Alterung der Gesellschaft: 1) wachsender prozentualer Anteil der älteren Bevölkerung, 2) Zunahme der Anzahl älterer Menschen und 3) die Zahl hochaltriger Menschen nimmt deutlich zu. Parallel zu dieser Entwicklung verliert auch die klassische Altersnorm der Inaktivität immer mehr an Relevanz. Das sportliche Engagement ist nicht länger eine Beschäftigungsform ausschließlich junger Menschen. Die Altersgruppe 50plus birgt aber nicht nur aufgrund ihres Bewusstseins des Aktiven Alterns ein bemerkenswertes Potential für die Fitnessbranche sondern auch aufgrund ihrer finanziellen Lage. Ältere Menschen hatten nie höhere Einkommen und mehr Vermögen als heute. Im Gegensatz zu dieser gesellschaftlichen Entwicklung steht die Tatsache, dass sich der überwiegende Teil der angebotenen Produkte und Dienstleistungen nach wie vor an eine junge Zielgruppe wendet. Für die Fitnessbranche bieten sich hier bislang noch größtenteils ungenutzte Wachstumschancen. Die Fitnessbranche ist bei steigendem Wettbewerbsdruck und zunehmend gesättigtem Markt zum Umdenken gezwungen. Als Vorbild für die deutschen Fitnessstudios gelten die USA, wo bereits zwanzig Prozent der Studiobesucher älter als 55 Jahre sind, im Vergleich dazu beträgt dieser Anteil in Deutschland knapp ein Prozent. In der aktuellen Branchenstudie der body LIFE macht eine Altersanalyse der Club-Mitglieder deutlich: Fitnessclubs gewinnen auch bei den sogenannten Best Agern und den Senioren immer mehr an Relevanz. Der Anteil der 31- bis 40-Jährigen reduzierte sich im Durchschnitt von 62 auf 49,7 Prozent zu Gunsten der 41- bis 50-Jährigen. Deren Anteil verdoppelte sich nahezu von 22,6 auf 39 Prozent. Und mit jedem Jahr werden die Club-Mitglieder älter - und der Anteil der über 40-Jährigen steigt weiter. Vor dem Hintergrund dieser grundsätzlichen Überlegung ist das Ziel dieser Untersuchung die Beantwortung der folgenden Fragestellung: Welche Bedeutung hat die alternde Gesellschaft sowohl aktuell als auch zukünftig für die deutsche Fitnessbranche? Die demographische Entwicklung Deutschlands wird umfassend beleuchtet und durch die detaillierte Darstellung ihrer gesellschaftlichen und ökonomischen Konsequenzen werden die realistischen Problemfelder sowie die Chancen für die Fitnessbranche erörtert und bewertet.
Textprobe: Kapitel 3.1, Begriffsbestimmung ‘Alter’: Die Vorstellung von Alter ist immer noch zu einem bedeutenden Teil durch den Krankheitsaspekt geprägt und wird mit einem Verlust sozialer Rollen und Funktionen sowie dem Rückzug aus Bereichen wie Politik oder Sport verknüpft. Tatsächlich werden die älteren Menschen unbewusst oft selbst zu den eigenen Konstrukteuren ihres Alters, indem sie die gesellschaftlich auferlegte Rollenverpflichtung übernehmen und sich aus dem sozialen Leben zurückziehen. Dieser negativen und defizitorientierten Sicht steht eine sich verändernde Realität gegenüber. Die heutigen Frauen und Männer im Rentenalter sind durchaus meist noch bei guter Gesundheit, geistig und körperlich fit und selbstständig, und viele von ihnen weisen einen hohen Aktivitätsgrad auf. Die moderne Sichtweise des Alters vertritt denn auch einen positiven, ressourcenorientierten Standpunkt. Die Älteren verfügen über Zeit, Wissen und Erfahrung, sind materiell gut gestellt und körperlich fit. Da sich bis heute unter den verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen keine Alterstheorie übergreifend durchsetzen konnte, folgen einige Kategorisierungen: 3.1.1, Kalendarisches Alter: Diese traditionelle Sicht des Alters ist durch das Geburtsdatum bestimmt und damit eine rein formale Einteilung. Die willkürliche Wahl des kalendarischen Alters dient der Unterscheidung zwischen alter und nicht alter Bevölkerung. Der Eintritt in das 65. Lebensjahr galt lange Zeit als diese Marke. Die Lebensphase ‘Alter’ stellt mittlerweile für viele die längste zusammenhängende Zeitspanne dar, die bis zu fünfzig Jahre dauern kann, wenn ein frühzeitiger Ruhestand im fünfzigsten Lebensjahr mit einem späten Sterbealter von einhundert Jahren zusammenfällt. So werden nach den Vorschlägen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die folgenden fünf Alterskategorien unterschieden: Alternde Menschen (50 – 60-jährige), ältere Menschen (61 – 75-jährige), alte Menschen (76 – 90-jährige), sehr alte Menschen (91 – 100-jährige) und langlebige Menschen (über 100-jährige). Eine andere Einteilung nimmt Opaschowski vor, der aufgrund der unterschiedlichen historischen Erfahrungen das ‘Alter’ in 80plus Generation, 65plus Generation und 50plus Generation aufschlüsselt. 3.1.2, Biologisch-medizinisches Alter: Das biologisch-medizinische Alter ist genetisch bestimmt, wird aber zusätzlich durch äußere Einflüsse, wie die Lebensweise beeinflusst. Dies zeigt sich an biologischen Veränderungen von Körper und Nervensystem wie verlangsamter Neubildung oder Rückbildungen körperlicher Substanz, an die sich auf Dauer die Regelsysteme des Organismus nicht mehr anpassen können. Das biologische Alter verläuft individuell, weshalb keine Altersgrenze und Geschwindigkeit festgelegt werden kann. So unsicher man sich über die exakten Ursachen des Alterungsprozesses ist, die Beeinträchtigungen sind offensichtlich: Zunehmender Blutdruck, nachlassende Sehschärfe, geringere Bandbreite der hörbaren Tonlagen, Elastizität des Bindegewebes, ein allgemeiner Rückgang der körperlichen Leistungsfähigkeit. Gleichzeitig sei aber an dieser Stelle auf die erheblichen Einflussmöglichkeiten, die durch sportliche Aktivität auf den körperlichen Abbauprozess genommen werden können, hingewiesen. Positive Effekte des regelmäßigen Sporttreibens auf Organe sowie den Halte- und Bewegungsapparat sind nachgewiesen, und selbst ein Aufschieben des komplexen Alterungsprozesses durch sportliche Aktivität konnte dokumentiert werden. 3.1.3, Psychisch-intellektuelles Alter: Das Alter aus psychisch-intellektuellem Blickwinkel resultiert aus einem komplexen Zusammenwirken von Anlagen und Umwelt. Im höheren Alter stecken meist die vorangegangenen Sozialisations- und Personalisierungsprozesse den Verhaltensspielraum ab und beeinflussen die bedeutsamen Haltungen zu sich selbst als Alterndem, zu Alter und Tod sowie die Bereitschaft zu Aktivitäten oder die Neigung, sich zurückzuziehen. Unter psychologischem Altern versteht man die Veränderungen der kognitiven Funktionen, des Wissens und der Erfahrungen sowie der subjektiv erlebten Aufgaben und Anforderungen des Lebens. Die für den Menschen zur Verfügung stehenden Strategien zur Anpassung an die veränderten Lebensumstände, die der Alterungsprozess mit sich bringt, sind allerdings nicht mehr im gleichen Maße vorhanden, wie es in jüngeren Jahren der Fall ist. Daher stellen sich einschneidende Veränderungen wie der Verlust der Partnerin oder des Partners, das Ausscheiden aus dem Berufsleben oder der Auszug der Kinder für ältere Menschen oft als eine Stress erzeugende Aufgabe heraus, die zu enormer psychischer Anspannung bis hin zur Depression führen kann. Aus der psychologischen Sichtweise ist das Alter als eine Aufgabe zu verstehen, deren Erledigung die Fähigkeit zur Neuorientierung sowie zur Regulierung des Anspruchsniveaus, und zwar gleichbedeutend einer Neudefinition einzelner Ziele, bedingt. Ein positiver Einfluss sportlicher Aktivität auf die Lebenssituation älterer Menschen in Bezug auf die psychischen Einflussgrößen wird in der Literatur beschrieben. Mit dem Verweis auf anerkannte Forschungsergebnisse wird sportlicher Aktivität ganz konkret eine Angst reduzierende, Stresssymptome mindernde und das Selbstwertgefühl steigernde Wirkung zugesprochen, bis hin zu einer Verminderung moderater Depressionen. Den Kern psychologischen Alterns bildet die Wechselwirkung zwischen der Person und der Umwelt. ’Das Gefühl, von anderen Menschen gebraucht zu werden, ist die zentrale Voraussetzung der Zufriedenheit. Ein ebenfalls sehr wichtiger Aspekt ist die soziale Bindung zur eigenen Generation aber auch zur jüngeren Generation, was von den älteren Menschen selbst als ein bedeutsames Merkmal von Lebensqualität empfunden wird’. 3.1.4, Soziales Alter: Das soziale Alter äußert sich durch Veränderungen in der sozialen Position und in den sozial definierten Rollen, die durch das Erreichen eines bestimmten Lebensalters oder einer bestimmten Statuspassage einsetzen. Es ist somit abhängig von gesellschaftlicher Einschätzung in Bezug auf die sozialen Rollen und Gewohnheiten eines Individuums. So können Sportler im Alter von dreißig Jahren bereits zum ‘alten Eisen’ gezählt werden, während ein Politiker gleichen Alters als ‘Jungspund’ bezeichnet werden würde. Ähnlich verschieden werden mittlerweile Menschen über fünfzig Jahre eingestuft. 3.1.5, Alter in der Konsumgesellschaft: Aus der Sicht der Markt- und Medienforscher wird der Beginn des Alters mit dem Ausscheiden aus der werberelevanten Zielgruppe zwischen 14 und 49 Jahren beschrieben. Ganz aktuell ist eine Diskussion im Gange, diese Referenzgröße durch den Korridor ‘20- bis 59-jährig’ zu ersetzen, denn bereits heute sind die konsumfreudigsten Menschen zwischen 50 und 59 Jahre alt. Mit zunehmendem Einfluss des demographischen Wandels mittels entsprechender Konsumdaten wächst die Vielfalt neuer Modeschlagworte, mit denen die Werbung und die verschiedenen Branchen die Älteren umschmeichelt. Die Werberelevanz scheint die Zahl ‘50’ überwunden zu haben, es ist nicht mehr die Rede von Älteren oder gar Senioren sondern von: Jungen Alten, 50plus, Silberne Reserve, Best Ager, Master Consumers, Generation Gold oder komplett neuen Wortschöpfungen wie Woopies (well-off older people), Senior Dinkies (senior double income, no kids), Yollies (young oldleisure living people) oder Selpies (second life people), um nur einige Beispiele zu nennen. Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Die Setzung einer exakten Altersgrenze ist subjektiv und willkürlich. Tatsache ist aber auch, dass die Bevölkerungsgruppe zwischen fünfzig und fünfundsechzig Jahren in den kommenden zwei Dekaden den mit Abstand größten Teil an der Gesamtbevölkerung ausmachen wird und damit aus Sicht des Autors eine isolierte Betrachtung rechtfertigt, wobei die exakte Betitelung – ‘Neue Alte’ – rein subjektiv entschieden wurde.
André Reifschneider, Jahrgang 1971, ist Diplom-Sportwissenschaftler und seit etwa fünfzehn Jahren in der Sportbranche als Fitnesstrainer und als Übungsleiter für Coronarsport tätig. Auch aufgrund dieser Tätigkeitsbereiche entwickelte der Autor ein besonderes Interesse für die Auswirkungen des demographischen Wandels auf die Fitnessbranche.
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