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- Wohnstandorte für Flüchtlinge. Chancen und Risiken von Mediationsverfahren für die Auswahl von Wohnstandorten
Soziologie
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» Buch bewerten Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2016
AuflagenNr.: 1
Seiten: 92
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Das Buch vermittelt einen Einblick in den Ablauf von Mediationsverfahren zwischen Politik und öffentlicher Verwaltung. Es vergleicht die Verfahren mit den charakteristischen Merkmalen der Mediation im öffentlichen Bereich. Der Leser erfährt, dass auch bei einer Vielzahl von Konfliktbeteiligten aus einem `Gegeneinander` ein `Miteinander` werden kann und einvernehmliche Lösungen für die Auswahl von Wohnstandorten für Flüchtlinge möglich sind. Gleichzeitig erfolgt eine kritische Betrachtung im Hinblick darauf, ob und in welchem Umfang die Bürger in diese Verfahren eingebunden wurden. Seit der Durchführung des letzten Mediationsprozesses im September 2014 ist die Zahl der geflüchteten Menschen allerdings stark gestiegen. Das führt dazu, dass viele Menschen kurzfristig untergebracht werden müssen und die Städte und Gemeinden große Unterkünfte auf sehr beengtem Raum errichten. Dies geschieht unter erheblichem zeitlichem Druck und oftmals unabhängig davon, ob die ausgewählten Standorte geeignet sind und eine rasche Integration ermöglicht wird. Neben der kurzfristigen Unterbringung wird es in den nächsten Monaten und Jahren auch darum gehen, den geflüchteten Menschen dauerhaften Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Die in den beiden Mediationsprozessen entwickelten und erprobten Kriterien für die Auswahl von Wohnstandorten können auch unter geänderten Rahmenbedingungen eine gute Basis für Entscheidungen bilden.
Textprobe: Textprobe: Kapitel C.III.2. Durchführungsphase: Die Darstellung der Phase II, der Durchführungsphase, erfolgt anhand der verschiedenen Abschnitte, die aus der Prozessdokumentation ersichtlich sind. a) Einführung: An dem Mediationsverfahren nahmen insgesamt 27 Teilnehmer teil, davon 19 aus der Politik, sieben aus der Verwaltung und ein Teilnehmer der freien Wohlfahrtsverbände. Die Verwaltung stellte zunächst das Thema der Tagung vor, anschließend informierte das Mediationsteam über den geplanten Verlauf des Prozesses. Es folgte eine Vorstellungsrunde, in der die Teilnehmer gebeten wurden, ihre Wünsche und Befürchtungen bezogen auf die kommenden Arbeitstage zu formulieren. Die Themenbereiche waren mit folgenden Überschriften vorgegeben: Inhalte, Klima, Organisation und Struktur sowie Ergebnis. Die Beteiligten konnten mittels einer Kartenabfrage eintragen, was sie im Laufe der Tagungen gerne möchten oder was aus ihrer Sicht nicht passieren sollte. b) Zielvereinbarung: Im Anschluss daran wurden die bereits von der Verwaltung ermittelten Tagungsziele gemeinschaftlich mit allen Konfliktbeteiligten vereinbart. Als erstes Ziel stand damit die Erarbeitung von Kriterien für eine sozialverträgliche und integrationsfördernde Unterbringung von Flüchtlingsunterkünften im Stadtgebiet Münster an. c) Erarbeitung von objektiven Kriterien: Das Mediationsteam hatte sich für eine sachbezogene Bearbeitung des Tagungsthemas entschieden und bat die Teilnehmer in Arbeitsgruppen anhand zweier fiktiver Stadtteile Kriterien zu entwickeln, die aus ihrer Sicht für oder gegen eine Errichtung von dauerhaften Flüchtlingsunterkünften sprechen. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen zeigten, dass sie unterschiedliche Ansätze und eigene Kriterien zur Entscheidung gewählt hatten. Einige hatten die von der Verwaltung zur Verfügung gestellten Indikatoren, wie z. B. die Anbindung an die soziale Infrastruktur oder ob bereits ein hoher Anteil von Mitbürgern mit Migrationshintergrund im Stadtteil wohnte, genutzt. Andere Gruppen hatten die Sichtweise der Flüchtlinge, der angrenzenden Bewohner des Wohnstandortes und dann noch eine gemischte Sichtweise von Bürgern und Flüchtlingen dargestellt. d) Konkretisierung der Kriterien: Im Rahmen einer weiteren Gruppenarbeit sowie einer anschließenden Diskussion wurden die in Kleingruppen ermittelten Kriterien konkretisiert. Beispielhaft dargestellt ist das Kriterium der Lagequalität, das beinhaltet, dass eine Verfügbarkeit der Grundstücke gegeben sein muss und das ein urbanes Umfeld sowie eine heterogene und kulturelle Mischung des Gebietes für die Unterbringung einer Flüchtlingsunterkunft spricht. Gegen die Errichtung einer Unterkunft sprach aus Sicht der Konfliktbeteiligten, wenn es sich um sogenannte Grundstücke handelte, die als Filetstücke gelten oder bereits vorhandene soziale Brennpunkte in der Nähe waren. Die Konfliktbeteiligten hatten damit objektive Kriterien entwickelt, die in einem nächsten Schritte für eine Bewertung der tatsächlich zur Verfügung stehenden Wohnstandorte heran gezogen werden konnten. e) Gewichtung der Kriterien: Zunächst sind diese erarbeiteten Kriterien durch eine Punkteabfrage gewichtet worden. Jeder der Teilnehmer erhielt 15 Punkte, die er beliebig einsetzen konnte. Die Konfliktbeteiligten konnten sich auf eine Rangfolge der Kriterien einigen. Aus ihrer Sicht war die vorhandene Einwohnerstruktur eines Standortes wichtig für eine Entscheidung über eine mögliche Ansiedlung von Flüchtlingen. Danach folgten nachstehende Kriterien, die in der von Beteiligten definierten Gewichtung genannt werden, Soziales Klima, Konfliktpotenzial, Lagequalität, Infrastruktur, Mobilität, Beschäftigungsmöglichkeiten, Bebauungsdichte / Abstandsfläche, Wirtschaftlichkeit sowie konfliktarme Wegeführung. Diese Kriterien wurden anschließend, jeweils auf einen Bezirk bezogen und mit Unterstützung des von der Verwaltung vorbereiteten Datenmaterials, auf ihre Umsetzbarkeit hin an einem Standort aus dem Bezirk oder einem fiktiven Standort getestet. Nach dieser Testphase konnten die jeweiligen Arbeitsgruppen eine erste Einschätzung zu der Verwendung der erarbeiteten Kriterien sowie zu den von der Verwaltung unterbreiteten Standortvorschlägen abgeben. Da der zur Verfügung stehende Zeitrahmen der Tagung ausgeschöpft war, konnten die Standortvorschläge nicht vollständig oder gar nicht bewertet werden.
Alexandra Wirtz, Dipl. Verwaltungswirtin, Master of Mediation, wurde 1971 in Duisburg geboren. Nach der Ausbildung im mittleren Verwaltungsdienst beim Land NRW in Düsseldorf erfolgte einige Jahre später das Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW in Münster mit dem Abschluss als Diplom-Verwaltungswirtin. Die Autorin verfügt über Erfahrungen in unterschiedlichsten Tätigkeitsbereichen im öffentlichen Dienst. Seit einigen Jahren ist sie in der Immobilienwirtschaft im An- und Verkauf von Immobilien tätig. Nebenberuflich schloss die Autorin im Jahr 2015 ihr weiterbildendes Studium der Mediation an der FernUniversität Hagen, Rechtswissenschaftliche Fakultät, mit dem Master of Mediation erfolgreich ab. Ihre Tätigkeit im Bereich der Immobilienverwaltung und das Studium der Mediation vermittelten der Autorin einen Einblick in die Suche und Auswahl von geeigneten Grundstücken für die Unterbringung von geflüchteten Menschen und motivierte sie, dieser Thematik das vorliegende Buch zu widmen.