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- Wirkungsorientierte Jugendhilfe: Wie kann man pädagogische Arbeit effektiver und effizienter gestalten?
Soziologie
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 112
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Durch die wachsenden Problemlagen in der Gesellschaft entstand in den letzten Jahrzehnten die Notwendigkeit neue und differenzierte Angebote auch in den Hilfen der Erziehung zu schaffen. Diese sollten zudem fachlich qualifiziert begleitet werden-die Ausgaben stiegen enorm. Wirkungsorientierung wird in Deutschland immer mehr ein zukunftsweisendes Thema, denn die Gesellschaft gibt für sozialpädagogische Leistungen einen erheblichen Betrag der öffentlichen Mittel aus. Somit ist die Frage nach der Effizienz der Hilfen zur Erziehung durchaus berechtigt. Die Frage welche Strategien funktionieren und wie man deren Effizienz gegebenenfalls nachweisen kann wird in diesem Buch aufgegriffen. Die Studie befasst sich mit der Analyse drei abgeschlossener Fälle einer stationären Kriseneinrichtung. Durch die Auswertung der Interviews mit Eltern, Kindern, Bezugspädagogen und Mitarbeitern der Sozialbürgerhäuser soll veranschaulicht werden, welche Wirkungen und Erfolge der Arbeit in der Einrichtung sich messen lassen. Mit der durchgeführten Fallanalyse konnten einige Anhaltspunkte dargelegt werden, die darauf hinweisen, dass man von einer wirksamen pädagogischen Arbeit sprechen kann. Voraussetzung zum Nachweis dieser Wirkung ist die Berücksichtigung aller Beteiligten bei der Auswertung. Neben den Fachkräften der Einrichtung und des Jugendamts wurden deshalb auch die Eltern und Kinder befragt.
Textprobe: Kapitel 2.2.2., Die JES-Studie: Nach JULE wurde 1995 die zweite große Studie in Deutschland gestartet. ‚Die Generalzielsetzung von JES war die Optimierung von Jugendhilfeangeboten. Effekte unterschiedlicher Hilfearten sollten erhoben und zueinander in Bezug gesetzt werden’ (Frey 2008, S.76). Design: Die JES-Studie bezieht sich auf die Adressatengruppe psychosozial auffälliger Kinder und Jugendlicher. Die Studie wurde prospektiv, längsschnittlich und multizentrisch ausgerichtet. Sie wurde in fünf Bundesländern durchgeführt und erfasst fünf Formen der Erziehungshilfe gemäß dem KJHG – Erziehungsberatung (§28), Erziehungsbeistand/Betreuungshelfer Sozialpädagogische Familienhilfe Erziehung in einer Tagesgruppe (§§ 30-32) und Heimerziehung bzw. sonstige betreute Wohnformen (§ 34) - im Hinblick auf deren Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität. Die Ergebnisse der Untersuchung beruhen auf der Beurteilung der Ausgangslage, des Verlaufes, des Abschlusses und der Katamnese der erzieherischen Hilfen. Die Stichprobenauswahl beruhte auf Freiwilligkeit der Mitwirkung der Jugendämter und Jugendhilfeeinrichtungen, d.h., dass eher leistungsstarke als leistungsschwache Hilfearrangements bewertet wurden. Auch die Auswahl der Hilfeempfänger erfolgte nach dem Kriterium der Freiwilligkeit. Für die Erhebung der Daten wurden sowohl Fragebögen, als auch Interviews eingesetzt. In der Anfangserhebung standen vor allem die familiären Problemlagen im Mittepunkt, in den darauffolgenden wurde der Fokus auf die Prozess- und Ergebnisqualität gelegt (vgl. Frey 2008, S. 76-78). Zentrale Ergebnisse: Das wichtigste Ergebnis ist wohl, das die Kinder- und Jugendhilfe erfolgreich ist! In etwa 70% der Fälle wurde eine Verbesserung erreicht. Anhand der Untersuchungsergebnisse konnte insgesamt festgestellt werden, dass unabhängig von der Hilfeform Symptome eher reduziert, als die Bewältigungsfähigkeit von Alltagsaufgaben erhöht werden konnten: Im Durchschnitt konnten Auffälligkeiten beim Kind um etwa 37% reduziert und seine Kompetenzen um 29% aufgebaut werden. Das Gesamtergebnis aller untersuchten Hilfen zeigt, dass kindzentrierte Effekte insgesamt positiver ausfallen, als Effekte im kindlichen Umfeld erzielt werden konnten: dort sind es nur etwa 24% (vgl. Mascenaere 2007, S. 25). Elternarbeit: Zu weiteren relevanten Ergebnissen bezüglich Heimerziehung zählt die Bedeutung einer optimalen Struktur- und Prozessqualität, die die Ausgangsmerkmale des Kindes/des Jugendlichen und seiner Familie günstig beeinflussen können. Vor allem die pädagogisch-therapeutischen Prozesse im Einzelfall sind dabei von Bedeutung, insbesondere die Kooperation der Beteiligten: ‚Für den Erfolg im Umfeld ist die tatsächlich erfolgte Mitarbeit der Eltern entscheidend umgekehrt ist fehlende Kooperation der Eltern der Hauptprädikator für einen späteren Misserfolg und den Abbruch der Hilfe. Gleiches gilt für den (Miss-)Erfolg beim Kind: Auch hier kommt der Kooperation der Eltern eine entscheidende Bedeutung zu. Noch wichtiger allerdings ist, dass das Kind aktiv kooperiert. Bei fehlender Mitarbeit des Kindes und der Eltern ist mit einem drastischen Anstieg der Misserfolgsquote zu rechnen’ (Mascenaere 2007, S. 26). Eine gute Kooperation ist nicht nur von der Bereitschaft der Eltern und des Kindes abhängig, sondern auch von dem Aufwand, den die Einrichtung betreibt, um eine günstige Basis zwischen den Partnern im Hilfeprozess herzustellen. Hilfeplanung: In der Praxis ist aber zu beobachten, dass bei der Hilfeplanung generell wenig Wert auf die Berücksichtigung und Einbeziehung von Ressourcen, insbesondere solche der Kinder und Jugendlichen, gelegt wird. Nach den Erkenntnissen der JES-Studie verfügen aber gerade Kinder und Jugendliche in Heimen über die besten Ressourcen. Betont wird deshalb, dass die Berücksichtigung der Ressourcen des Kindes und/oder dessen Familie von Wichtigkeit sind, da sie eng mit den Erfolgen spezifischer Hilfeformen gekoppelt sein können. Aber auch bereits im Vorfeld der Hilfewahl könnte eine bessere Ressourcenorientierung zu einer besseren Indikationsstellung beitragen, um in adäquater Weise darüber zu entscheiden, welche Hilfe für das Kind/den Jugendlichen die Richtige ist. In Hinblick auf die geeignete Auswahl von erzieherischen Maßnahmen sollte vielmehr darauf geachtet werden, was Kinder stark macht und was sie gesund erhält, als ausschließlich den Blick auf die Defizite zu richten - das ressourcenorientierte Denken veranlasst zur Berücksichtigung der ganzen Person mit ihrer Lebensgeschichte sowie zur Beachtung des gesamten Systems, in dem die Person lebt. Daher scheint es notwendig, die Hilfeplanung besser zu qualifizieren (vgl. Frey2008, S. 79). Hilfedauer: Unter Einbezug aller Hilfeformen kann außerdem konstatiert werden, dass frühe Abbrüche eher in Abhängigkeit von den Entscheidungen der Eltern gebracht werden, während über spätere Abbrüche das Jugendamt oder die entsprechende Einrichtung entschied. Eine Verschlechterung der Situation sowie krisenhafte Ereignisse galten für 50% der Spätabbrüche. Interessant scheint zudem, dass die Abbrüche insgesamt mit unzulänglicher elterlicher Mitarbeit und einer fehlerhaften Hilfewahl einhergingen. Die Mehrheit der frühen Abbrüche erhielt keine Hilfe in Anschluss. Dafür erhielten jedoch Kinder und Jugendliche, bei denen die Hilfe zu einem späteren Zeitpunkt abgebrochen wurde, in 40% der Fälle eine intensivere Maßnahme als vorher. Merkmale, die Abbrüche begünstigen, sind eine schlechte Prozessqualität bei ungünstigen Ausgangslagen und eine geringe strukturelle Qualität der Einrichtungen. Es konnte auch bestätigt werden, dass zu einem großen Teil die Nichterfüllung elternbezogener Ziele vorrangig für die Abbrüche verantwortlich gemacht werden können. Hinsichtlich der Dauer von Heimerziehung konnte in einer zweiten Verlaufshälfte mehr erreicht werden als in der ersten, so dass - wahrscheinlich wegen zu etablierender Beziehungen - die Dauer des Prozesses eine deutliche Rolle für die zu erreichende Wirkung spielt.
Andrea Primus wurde 1982 in Hof/Saale geboren. Ihr Studium in Pädagogik und Soziologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg schloss sie im Jahr 2009 mit dem akademischen Grad Magistra Artium erfolgreich ab. Schon seit der Schulzeit sammelte die Autorin umfassende praktische Erfahrung in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Während ihres Studiums absolvierte sie 2006 ein Jahrespraktikum in einer stationären Kriseneinrichtung in München, in der sie anschließend als pädagogische Aushilfe weiter arbeitete. Durch die Erfahrungen, die sie in verschiedensten Einrichtung sammeln konnte, stellte sich für die Autorin schon früh die Frage, wie nachhaltig die Arbeit im Bereich der Jugendhilfe ist und ob mittel- und langfristige Erfolge nachweisbar sind. Somit entstand die Idee zur Thematik des Buches, in welchem die Autorin eine eigene empirische Untersuchung herausarbeitet, um in Zukunft auch im sozialen Bereich Ergebnisse und Wirkungen sichtbar und messbar machen zu können.