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Soziologie


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Produktart: Buch
Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 11.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 124
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Was wäre das Leben ohne die Liebe? Wer liebt, geht das Risiko des Verlusts ein. Darum sind Verluste Teil eines gelingenden Lebens, Trauer als natürliche Reaktion auf Verluste ebenfalls. Wer sich vor dem Tod schützen will, um dem schmerzlichen Gefühl der Trauer auszuweichen, indem er sich nicht auf Beziehung und Veränderung einlässt, ist eigentlich schon tot. Folglich behandle ich Trauer in der vorliegenden Arbeit als etwas, das zum Leben gehört. Trauerbegleitung ist keine leichte Aufgabe. Sie erfordert neben einem hohen Maß an Empathie und dem Bewusstsein für die Unbegreiflichkeit des Geschehens einiges Wissen über Trauerabläufe. Um Trauer besser zu verstehen, betrachte ich Trauer aus dem Blickwinkel von Entwicklung. Diese Sicht verharmlost Verlustkrisen nicht, sondern ermöglicht Hoffnung auf Licht am Ende des Tunnels von Verzweiflung, Schmerz und Unfassbarkeit.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel. 1.1.1.1,Vielfalt von Traueranlässen: Das Stichwort Trauer wird in den meisten Fällen spontan mit dem Verlust eines geliebten Menschen durch Tod assoziiert. Zweifellos ist dies eine der am schwersten zu verkraftenden Verlustsituationen im Leben eines Menschen. Darum ist es auch berechtigt, dass in der unterschiedlichen Trauerliteratur zum größten Teil darauf Bezug genommen wird. Dennoch ist es nicht der einzig mögliche Anlass, der Trauer auslösen und nur im Durchleben von Trauer bewältigt werden kann. Ich stelle im Folgenden eine Bandbreite der in unterschiedlicher Literatur genannten Traueranlässe vor und gruppiere sie anschließend in vier Arten. Langenmayr geht in einer Übersicht auf die jeweilige Besonderheit spezieller Trauersituationen ein. Scheidung sei, so Langenmayr, nicht automatisch leichter zu verkraften, als das Auseinanderreißen einer Familie durch Tod. Z.B. seien Kinder bei Scheidung der Eltern gefährdeter, sich mit Selbstanschuldigungen zu quälen als beim Sterben eines Elternteils. Als Tendenz bei Erwachsenen sei festzustellen, dass bei Scheidung eher offene Aggression zu Tage trete als bei Todesfällen. Als weitere spezielle Situation nennt Langenmayr den Tod eines Zwillings, der stärkere emotionale Probleme auslöse als allgemein der Tod von Geschwistern. Das Sterben von Jugendlichen werde von Eltern u.a. deswegen besonders problematisch erlebt, weil in dieser Altersphase Kämpfe um Unabhängigkeit stattfänden und der Tod evtl. als Reaktion auf diese Auseinandersetzungen empfunden werde. Der Verlust von Kindern während der Schwangerschaft falle nicht leicht zu betrauern. Die Erwünschtheit der Schwangerschaft spiele für das Ausmaß und die Problematik der Trauer keine Rolle. Bei Totgeburten käme es häufig zu Selbstanschuldigungen bzw. zur Projektion der eigenen Schuldgefühle auf das medizinische Personal. Der plötzliche Kindstod belaste die hinterbliebenen Eltern nicht nur durch seine Plötzlichkeit, sondern auch durch die polizeilichen Ermittlungen, die das Gefühl des Verdächtigt-Werdens auslösten. Beim Verlust von Kindern durch Unfall oder Krankheit erwache oft Wut auf vermeintliche oder tatsächliche Verursacher. Canacakis geht auf die Problematik ähnlicher Traueranlässe ein: Der Verlust des Lebenspartners sei eine der schwersten Krisen für erwachsene Menschen, der Tod des eigenen Kindes sei gar der schwerwiegendste Verlust, den Eltern erleben können. Aber auch Verlust der Eltern, Fehl- und Totgeburt, Schwangerschafts-abbruch, vorweggenommene Trauer bei erwartetem Verlust, z.B. tödlicher Krankheit, Trennung und Scheidung oder Verlust der Arbeit könnten Menschen aus der Bahn werfen. Weitere Traueranlässe, die Canacakis nennt, sind: Umzug, Trennung von der Familie, eine nicht zustande gekommene Beziehung, Verlust der Heimat, Tod eines Haustiers, Verlust materieller Dinge, die einen persönlichen Wert haben, Verlust von Gesundheit, von Jugendlichkeit und Schönheit, Altwerden und Loslassen, Verlust der Zukunft, Verlust von Lebenssinn, Abschied von unerfüllten Hoffnungen und langgehegten Erwartungen, das Abhandenkommen von Illusionen, eine fehlgeschlagene Karriere, eine nicht bestandene Prüfung, der Abschied von ungelebtem Leben. Auch Kast erwähnt eine ganze Bandbreite an Traueranlässen: Tod könne in vielen Aspekten des Lebens erlebt werden, z.B. in Enttäuschungen, im Scheitern, in Abschieden, im Abbrechen von Beziehungen. Als weitere Beispiele für zu betrauernde Abschiede nennt sie die Aufgaben, geliebte Menschen ins Leben hinein freizugeben, Aspekte von sich sterben zu lassen, wenn es an der Zeit sei, und auf Liebgewordenes im eigenen Leben zu verzichten, um der Zukunft gewachsen zu sein. In einer anderen Aufzählung nennt sie den Abschied von Lebensabschnitten, von Aspekten unserer Persönlichkeit, von Ich-Idealen und Lebensentwürfen. Gösken nennt Trennungen von Personen, Verlust des Arbeitsplatzes, Verlust von Gesundheit und Vitalität, Umzug mit dem Verlust der gewohnten Umgebung und der Menschen in der Nachbarschaft, das Altern mit dem Verlust von Jugend, Schönheit und Zukunft, das Aufgeben von Idealen, von unerfüllten Hoffnungen sowie das Loslassen von ungelebtem Leben. Hoffmann erwähnt das Sterben geliebter Menschen, Trennungen und Abschiede aus Beziehungen der Freundschaft und Partnerschaft, die für die Persönlichkeitsentwicklung unerlässliche Lösung aus Elternbindungen, äußere Abschiede wie Orts-, Wohnungs-, Schulwechsel, die immer auch mit inneren Abschieden verbunden sind, die Abschiede von Entwicklungsstadien z.B. Kind oder Jugendlicher, das Älterwerden als Phase des Abschiednehmens schlechthin, den Verlust der körperlichen Integrität durch Krankheit oder Behinderung, das Loslassen von Idealen und bisherigen Lebensthemen, das Loslassen von Althergebrachtem und Gewohnheiten. Volkans Aufzählung umfasst den Verlust eines geliebten Menschen, einer Heimat, einer Freundschaft, eines Ideals, einer Hoffnung oder eines früheren Selbst. Diese vielfältigen Themen und Beispiele aus unterschiedlicher Literatur könnte man unter folgende vier Arten von Traueranlässen zusammenfassen: Verlust von nahestehenden Menschen durch Tod. Verlust von nahestehenden Menschen aus anderen Gründen (z.B. Trennung, Scheidung, Auseinanderbrechen einer Freundschaft, Ortswechsel). Verlust von materiellen und immateriellen Dingen, die für den Betroffenen einen hohen Wert darstellen (z.B. Arbeitsplatz, Wohnung, Heimat, ein Haustier, Gewohntes und Althergebrachtes). Abschied von Aspekten des persönlichen Lebens (z.B. Entwicklungsstadien, Gesundheit, Jugend, Schönheit, Ideale, Lebensentwürfe, Verlust von Sinn, unerfüllte Hoffnungen, ungelebtes Leben). Dieser Versuch die Vielfalt durch die Einteilung in Gruppen übersichtlich zu machen, soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass Traueranlässe so individuell sind wie die Menschen auch. Sichtbar wird durch dieses Spektrum, dass es unzählige Anlässe für Trauer gibt und dass die Fähigkeit zu trauern im Leben jedes Menschen eine Rolle spielt. Wer Leben und Entwicklung erlebt, kommt um die Bewältigung von Abschieden und Verlusten durch Trauer nicht herum.

Über den Autor

Ingrid Jope, Theologin und Sozialpädagogin, Jahrgang 1969, ist verheiratet und Mutter von zwei Kindern. Sie lebt und arbeitet als freie Autorin in Wetter (Ruhr).

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