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Soziologie

Tobias Nahrwold

Stress und Erschöpfung im Lehrerberuf: Burnout verstehen, erkennen und vorbeugen

ISBN: 978-3-95850-649-7

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 11.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 100
Abb.: 10
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Der Begriff ‘Burnout’ hat sich abgenutzt. Das Phänomen ‘erschöpfter Lehrer’ aber besteht nach wie vor. Wann wird aus Stress Burnout? Was können Lehrer dagegen tun? Dieses Buch erklärt die Entstehung von Stress anhand bekannter Modelle, definiert den Begriff Burnout und beschreibt seine Ursachen, Symptome und Folgen. Es setzt sich mit den besonderen Anforderungen in personenbezogenen Dienstleistungen und speziell im Lehrerberuf auseinander. Außerdem werden die Ergebnisse einer Vielzahl von Studien zu Stress, Burnout und Gesundheit bei Lehrern kriterienorientiert zusammengefasst. Im letzten Teil gibt der Autor Empfehlungen, um Stress und Burnout im Lehrerberuf zu vermeiden - auf Basis der besprochenen Anforderungen, Modelle und Studien. Die Tipps gliedern sich in die drei Ebenen Schule als System (Landes-/Bezirksebene), Schule als Organisation (Einzelschule, Schulentwicklung) sowie den Lehrer als Individuum. Die Individuumsebene steht im Vordergrund, denn hier bestehen die meisten Möglichkeiten zum schnellen Stressabbau, z.B. offener Unterricht oder Abbau von Perfektionismus, um den Alltag stressfreier zu gestalten.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.3, Burnout und (Über-)Belastung: Basiskonzept: Burnout ist in der Internationalen statistischen Klassifikation der Erkrankungen (ICD-10 vgl. DIMDI 2007) nicht als Syndrom, wie es häufig in der Literatur genannt wird, sondern lediglich als gesundheitsbeeinflussender Faktor unter dem Diagnoseschlüssel Z73 als ‘Ausgebranntsein [Burnout]‘ aufgeführt. Aus Gründen der Konformität wird hier jedoch auch vom Burnout-Syndrom gesprochen. Wie bereits dargelegt, existierte das Phänomen Burnout schon lange vor dem Erscheinen des Artikels Staff-Burn-Out von HERBERT J. FREUDENBERGER im Jahre 1974. Mit diesem Artikel wurde allerdings der Grundstein für die wissenschaftliche Burnout-Diskussion gelegt, die zunächst vorwiegend in den USA stattfand. Eine allgemein anerkannte Definition des Begriffs besteht bis heute nicht (vgl. VAN DICK 1999, 63), doch formulieren SCHAUFELI und ENZMANN (1998, 36, aufgeführt nach SCHMITZ 2004a, 52) in ihrer Meta-Analyse eine Arbeitsdefinition, die einen guten Überblick bietet: ‘Burnout ist ein andauernder negativer, arbeitsbezogener psychischer Zustand ‘normaler‘ Personen, der primär durch Erschöpfung gekennzeichnet ist und von Überforderung (distress), dem Gefühl verminderter Wirksamkeit, abnehmender Motivation sowie der Entwicklung dysfunktionaler Einstellungen und Verhaltensweisen begleitet wird. Dieser psychische Zustand entwickelt sich langsam, kann aber von den Betroffenen lange unbemerkt bleiben. Er resultiert aus einem Missverhältnis (misfit) von Intentionen und der Arbeitswirklichkeit. Oft wird er durch inadäquate Bewältigungs-strategien aufrechterhalten. ‘ Mittlerweile ist der Geltungsbereich von Burnout auf alle Berufe erweitert worden (vgl. SCHMITZ 2004a, 52). Bis in die 1990er Jahre wurde jedoch davon ausgegangen, dass Burnout fast nur in sozialen Dienstleistungsberufen vorkommt. So spricht BARTH (1992, 16) über die in Deutschland zunehmende Diskussion ‘über das Ausbrennen als eine Gefahr der Sozialberufe‘. Von allen Berufen wurde in der Literatur bis 1990 der Lehrerberuf am häufigsten im Zusammenhang mit Burnout genannt (vgl. KLEIBER/ENZMANN 1990, 17, aufgeführt nach KRAMIS-AE¬BI¬SCHER 1995, 43): Lehrer stehen in der Öffentlichkeit und haben sich den ständig steigenden Ansprüchen ihrer Klienten anzupassen. Gleichzeitig steigt der Belastungsdruck durch neue Aufgaben und veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen (vgl. SCHMITZ 2004a, 52). Bevor jedoch die speziellen Anforderungen an Lehrer erläutert werden (Kapitel 3), folgen zunächst kurze Darstellungen verschiedener Herangehensweisen an das Burnout-Syndrom. HERBERT J. FREUDENBERGER – Ermüdung durch Routine: Der Psychoanalytiker FREUDENBERGER (1974) beobachtete bei sich und anderen ehrenamtlich Tätigen in einer alternativen Selbsthilfe- und Kriseninterventionseinrichtung Tendenzen wie Ermüdung und Langeweile durch Routine, die er burnout nannte. Dementsprechend ordnete er Burnout ‘vor allem Menschen mit starken Grundsätzen, hoher Anstrengungsbereitschaft und mit hohen Erwartungen an sich und andere‘ (SCHMID 2003, 25) zu. In späteren Werken weitet er den Begriff von sozialen auf allgemeine Berufstätigkeiten aus (vgl. insg. ebd.). CHRISTINA MASLACH – Maslach Burnout Inventory: Auch MASLACH definierte 1980 Burnout zunächst ‘als ein Phänomen, das (nur) bei langfristig und engagiert in Sozialberufen tätigen Personen auftritt‘ (HILLERT 2004, 96). Sie versuchte, Burnout anhand der drei Dimensionen emotionale Erschöpfung, reduzierte persönliche Leistungsfähigkeit und Depersonalisation zu operationalisieren und entwickelte das Maslach Burnout Inventory (MBI MASLACH/JACKSON 1981, aufgeführt nach SCHMID 2003, 27), das aus 22 (beziehungsweise in einer erweiterten Version aus 25) Items besteht, um Burnout zu erfassen (vgl. SCHMID 2003, 27 und HILLERT 2004, 96). Mit Depersonalisation ist hier jedoch nicht der psychopathische Begriff (Depersonalisierungssyndrom nach ICD-10 F48) gemeint, sondern eine ‘unpersönliche, entmenschlichende Wahrnehmung der Rezipienten‘ (SCHMITZ 2004a, 53). Daher ist der Begriff Dehumanisierung passender (vgl. ebd.). Die Items sind den drei Dimensionen zugeordnet und anhand einer 5-Punkte-Skala zu bewerten. Wird in allen Dimensionen eine hohe Punktzahl erreicht, gilt die entsprechende Person als ausgebrannt. Vom MBI existieren in mehreren Sprachen an bestimmte Berufe angepasste Versionen (vgl. VAN DICK 2000, 64) - hier einige Items aus einem für den Lehrerberuf bestimmten Fragebogen (HILLERT 2004, 96): Emotionale Erschöpfung: ‘Ich fühle mich durch meine Arbeit ausgebrannt.’ ‘Am Ende eines Arbeitstages fühle ich mich verbraucht.’ Reduzierte Leistungsfähigkeit: ‘Ich habe ein unbehagliches Gefühl wegen der Art und Weise, wie ich manche Schüler behandelt habe.’ Dehumanisierung: ‘Es ist mir eigentlich egal, was aus manchen Schülern wird.’ ‘Seit ich diese Arbeit mache, bin ich gefühlloser im Umgang mit den Schülern geworden.’ Das MBI ist das am weitesten verbreitete Instrument, um Burnout zu messen (vgl. SCHMID 2003, 27-28). Es liegt ca. 90 % aller international publizierten Burnoutstudien zugrunde (vgl. SCHMITZ 2004a, 53). Kritisch angemerkt sei jedoch, dass MASLACHs Burnout-Konzept, wie SCHMID (vgl. 2003, 27) darlegt, nicht aus empirischen Daten gewonnen wurde, sondern auf bereits vorliegenden Theorien aufbaut.

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