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- Sprachbewusstsein in Andalusien: Soziolinguistische Untersuchung junger Erwachsener in Cádiz
Soziologie
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 10.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 120
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Der Fokus dieser Arbeit liegt auf der Untersuchung des Sprachbewusstseins der jungen Andalusier in Cádiz. Die Rolle der Kultur und die Aufnahme der Varietät in der Öffentlichkeit stehen hierbei im Mittelpunkt. Um der empirischen Untersuchung eine Grundlage zu schaffen, werden zunächst Forschungen über die andalusische Varietät in den letzten Jahrzehnten aufgeführt, für die sich mit der Einführung des Autonomiestatus und eines für alle zugänglichen Bildungssystems vieles verändert hat. Es werden aktuelle soziolinguistische Themen erörtert, nämlich die Normalisierung sowie die Nivellierung des Andalusischen, die sich damit beschäftigen, der Sprechweise eine Norm zu verleihen. Das Thema des Sprachbewusstseins und der sprachlichen Identität bereitet die empirische Studie vor: Hierzu wird zuerst der Terminus der Sprachidentität erläutert und später auf die andalusische Varietät angewendet. Auch das umstrittene Konzept des andalusischen Sprachbewusstseins wird diskutiert. Bis heute kämpft die andalusische Sprechweise gegen Vorurteile des schlechten Ansehens, worunter ebenfalls das Sprachbewusstsein leidet, das sich nach und nach von dem sprachlichen Minderwertigkeitskomplex zu befreien scheint. Die empirische Untersuchung zeigt ein spannendes Ergebnis auf.
Textprobe: Kapitel III, SPRACHLICHE IDENTITÄT UND SPRACHBEWUSSTSEIN IN ANDALUSIEN: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Konstruktion einer sprachlichen Identität sowie mit dem Sprachbewusstsein der Andalusier. Zunächst einmal könnte man sich die Frage stellen, ob Andalusien eine sprachliche Identität besitzt. Manch ein Andalusier würde wegen des Zweifelns allein schon beleidigt reagieren: Andalusier gehören zu einer Bevölkerungsgruppe, die sich zum Teil durch ihre sprachlichen Merkmale definiert. Wenn man einen Spanier danach fragt, was wirklich typisch für die andalusische Varietät ist, so werden zuerst die phonologischen Merkmale, wie z.B. der seseo-ceceo, die Aspiration des /s/ und das Verschlucken von Konsonanten genannt. Auch ihre spezielle Fähigkeit der Imagination und Improvisation werden aufgezählt, die mit Reichtum an Wortschatz sowie Phraseologie assoziiert werden (cf. Narbona 2010: 15). Was ihre Sprachidentität angeht, die leicht wahrnehmbar scheint, haben die Sprecher der andalusischen Varietät ein eher unklares und irritierendes Bewusstsein von dieser, da viele denken, dass es sich bei den oben genannten Phänomena um ausschließlich andalusische handelt. (cf. ebd.: 15f) Dieses Kapitel soll zum einen das verschwommene Bild des Bewusstseins aufzeigen und zum anderen darstellen, welche Rolle die Sprachidentität für die Andalusier auf der kulturellen Ebene spielt. Darüber hinaus hört man oft, dass die Andalusier besonders stolz darauf sind, Spanisch ‘con una particular expresividad, gracia e ingenio’ (La identidad lingüística de Andalucía) zu sprechen oder wie Manuel Machado sagte: ‘el MEJOR, castellano, el más RICO y SABROSO castellano del mundo’ (ebd.). Trotzdem wird genauso oft – zum Teil sogar von denselben Personen –, ein sprachlicher Minderwertigkeitskomplex der Andalusier zur Sprache gebracht. Mit diesen zwei sich widersprechenden Thesen beschäftigt sich die sprachliche Identitätsbildung, die im Folgenden untersucht wird. 1. Andalusier auf der Suche nach ihrer Identität: 1.1 Identität und Sprache: Bevor wir auf die sprachliche Identität zu sprechen kommen, sollte zunächst einmal der Begriff der Identität geklärt werden: Nach Narbona (2010: 23) beschreibt Identität sowohl das persönliche Verhalten als einen komplexen Gestaltungsprozess als auch das kollektive Bewusstsein. Dabei spielt die Gesellschaft eine signifikante Rolle. Diese schreibt uns die Identität zu, die wir haben, denn die besonderen Merkmale einer Person sind von außen leichter zu erkennen. Demnach macht es wenig Sinn, außerhalb der Gesellschaft von einer persönlichen Identität zu sprechen. Auf eine ähnliche Weise wird man als Individuum von der Gesellschaft bestimmten sozialen Gruppen zugeteilt und mit ihnen identifiziert – in diesem Fall spricht man von einer kollektiven Identität (cf. ebd.). Die zuletzt genannte Identität ist nicht auf natürliche Art und Weise entstanden, sondern wurde konstruiert – der Prozess ihrer Bildung ist in der Geschichte verankert und eben jenen gilt es an dieser Stelle nachzuvollziehen (cf. ebd.: 26). Der historische Kontext spielt eine zentrale Rolle in der Betrachtung von Identitäten als Konstruktionen, d.h. bei den sozialen Konfigurationsprozessen, die mit gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Situationen verbunden sind und von ihr abhängen. Mit anderen Worten lässt sich sagen, dass ‘las identitades, pues, de acuerdo con esta perspectiva, no ‘son’, sino que se ‘construyen’ en el tiempo, en el devenir histórico, [...]’ (ebd.: 68). Diese Auffassung würde jede empirische Grundlage für die Bildung von sozialen Gruppierungen infrage stellen. Gruppenidentitäten können in der Tat auf der empirischen Basis konstruiert werden, allerdings können diese viel leichter aufgelöst werden als solche, die eine solide, historische Grundlage haben (cf. ebd.: 68f). Auch die Identifikation mit der Sprache und der sozialen Gemeinschaft ist schon immer eine historische Konstante im Leben der Völker gewesen. Man könnte die Sprache als historisches Produkt des sozialen Lebens bezeichnen. Es gibt kaum mehr Zweifel darüber, dass die Sprache mit Phänomenen der sozialen und kulturellen Natur assoziiert wird. Dabei geht es darum, den Gedanken zu bestätigen, der durch die Sprache sichtbar wird. Dies ist bereits das grundlegende Zeichen für eine kulturelle Identifikation. Deshalb gibt es eine natürliche Tendenz des Individuums, sich der Sprache zu bedienen, die sich am besten mit der sozialen Umgebung identifiziert (cf. Bustos 1997: 69). In welchem Verhältnis steht nun die Konstruktion einer Identität mit der Sprache? Die erstere hängt von dem Medium der Sprache ab. Eine freie Identitätskonstruktion ohne den Einfluss des Sprachsystems ist demnach sehr eingeschränkt bzw. fast unmöglich. Als Beispiel könnte man den eingeschränkten Sprachgebrauch während einer Diktatur illustrieren: Minderheitensprachen wurden verboten und somit war die Identitätskonstruktion einer Minderheitengruppe stark gehemmt (cf. Kresic 2006: 30). Dem Begriff der Sprachidentität werden verschiedene Bedeutungen zugeschrieben. Zum einen kann Sprachidentität die Merkmale einer einzelnen Sprache darstellen, d.h. sie distanziert sich durch ihre Identität von anderen Sprachen. Zum anderen kann man damit auch ‘die Identität einer Person in Bezug auf ihre – oder auf seine – Sprache bezeichnen’ (Thim-Mabrey 2003: 1f). Damit bezieht man sich nicht nur auf standardisierte Sprachen, sondern auch auf mögliche Dialekte oder Varietäten als Gruppensprache. Im Hinblick auf das im weiteren Verlauf dieser Arbeit erforschte Sprachbewusstsein, wird hier mit der letzten Definition gearbeitet. Durch die Identifikation mit der Umwelt kann der Sprache eine zentrale Rolle zugeschrieben werden. Sprachidentität kann sich sogar so stark entwickeln, dass man aus der Sprache auf maßgebende Eigenschaften der Persönlichkeit einer Person schließen kann – sowohl als Individuum als auch als Angehöriger einer Gruppe. Von außen gesehen fallen bestimmte charakteristische Merkmale einer Sprache oder Sprachvarietät schnell auf (cf. ebd.: 2). Die Sprache kann folglich bei der Identitätsformation beteiligt sein kann. Dies würde eine tiefgründige Erklärung dafür bieten, dass die Sprache ein grundlegender Faktor für die Grundlage der Gruppierungen von Menschen ist (cf. Narbona 2010: 69f). Da die Sprache bei der Identitätskonstruktion essentiell sein kann, lassen sich viele Sprecher einer Varietät nicht gerne in ihre Sprache eingreifen. Sie identifizieren sich mit ihr und möchten nicht, dass eine höhere Institution ihre Identifikation negativ beeinflusst bzw. verändert (cf. Thim-Mabrey.: 2f). Sprache und Identität stehen folglich im wechselseitig bedingten Verhältnis zueinander: Sprache dient als Schnittstelle von Kommunikation und individueller Wahrnehmung sie bildet somit das Fundament für Lebensformen und Realität (cf. Kresic 2006: 206f). Schlieben-Lange verwendet diesbezüglich treffende Formulierungen: ‘Sprache schafft Identität. […] Minderheitengruppen definieren sich weithin durch ihre gemeinsame Sprache. […] [Sie ist ein] entscheidendes Mittel für Subkulturen, sich von der Außenwelt zu unterscheiden’ (Schlieben-Lange 1973: 15). Wendet man diese Deutung auf die andalusische Varietät an, so kann man bejahen, dass diese die Identität von Subkulturen, also auch die der Andalusier, ausmacht. Es wäre verfänglich die Behauptung aufzustellen, dass es eine kollektive homogene Identität einer Sprache in einem Land gibt. Denn überall auf der Welt drücken sich Gemeinschaften unterschiedlich aus, weil sie andere Denkweisen und eine unterschiedliche Lebensauffassung haben. Mit anderen Worten: die gleiche Sprache dient unterschiedlichen Kulturen. Die Sprache unterliegt immer Veränderungen und hört nicht auf sich zu wandeln dementsprechend verändert sich auch die sprachliche Identität (cf. Narbona 2010: 28). Dies erklärt die natürliche Tendenz der Individuen, nicht nur ihre eigene Sprache zu verwenden, sondern von einer sprachlichen Varietät Gebrauch zu machen, die sie besser, noch enger, mit ihrem sozialen Umfeld verbindet. Je enger die sprachliche Modalität geographisch eingegrenzt wird, desto größer ist die Identifikation der Individuen mit ihr. Wenn man den Fall Andalusiens heranzieht, so kann man die andalusische Varietät als ein Symbol der kulturellen Identität ansehen. Schließlich ist sie trotz eines gemeinsamen Suprasystems des Spanischen bei Millionen von Sprechern verwurzelt (cf. Carbonero 2001: 13). An dieser Stelle könnte man sich fragen, wie die sprachliche Identität mit der Kultur zusammenhängt. Wie zu Beginn diesen Kapitels bereits diskutiert, ist Sprachidentität nicht nur individueller Natur. In einer Sprachgemeinschaft entwickelt sich oftmals eine Gruppenidentität, die sogar einen stärkeren Charakter aufweist, denn die Identifikation mit der Sprache findet in einer Gemeinschaft statt und stärkt diese dadurch um weitere verbindende kollektive Identitätskomponenten. Es ist offensichtlich, dass die Sprache ein enormes kohäsives Potenzial besitzt, da sie die Sozialisierung und die Integration der Individuen in eine kulturelle Gemeinschaft unterstützt. Der Begriff der Kultur ist eng mit der kollektiven Identität verknüpft. Sie wird als eine Gesamtheit von Ideen, Vorstellungen, Normen, Gewohnheiten oder Traditionen – sprachlicher oder nicht sprachlicher Natur – verstanden. Sie hat in Vorgängen der Sozialisierung der Individuen die Aufgabe des Vermittlers und deshalb kann sie die Funktion haben, das Verhalten einer Sprachgemeinschaft kollektiv auszurichten, wenn es zu unterschiedlichen Ansichten die Norm betreffend kommen sollte. Demzufolge erlernt man zuerst eine Sprache durch konkrete und individuelle Sprechweisen im weiteren Verlauf verinnerlichen sich verschiedene Gattungstraditionen, die sich den Präferenzen der Gemeinschaft anpassen (cf. Narbona 2010: 213f).
Daria Götte wurde 1987 in Jaroslawl geboren. Als Immigrantin fand sie bereits früh Gefallen an Fremdsprachen, weshalb sie sich für ein Fremdsprachenstudium entschied. Die Zeit in Spanien brachte ihre viele Erfahrungen und sie beschloss, diese Studie in dem Ort durchzuführen, der sie am meisten während ihres Auslandssemester prägte: Cádiz. Derzeit befindet sich Daria Götte im Schulvorbereitungsdienst.
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