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Soziologie


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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 02.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 92
Abb.: 8
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Diese Studie beschäftigt sich sowohl mit dem amerikanischen Horrorfilm Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre, insbesondere dem Splatterfilm, als auch mit dem Horrorfilm von heute, der in den Medien und der Umgangssprache oft als Torture Porn bezeichnet wird. Dabei soll insbesondere auf die Frage eingegangen werden, wie und warum es dazu kommen konnte, dass ausgerechnet innerhalb dieser beiden Zeitperioden die Bildsprache der Horrorfilme gewalthaltiger wurde als jemals zuvor. Hierzu wird insbesondere auf die Spiegeltheorie Bezug genommen: Inwiefern liefern nicht Filme die Vorlagen für reale Ereignisse, sondern reflektieren, ganz im Gegenteil zu dieser weit verbreiteten These, selbst ihre Entstehungszeit sowie deren soziale, kulturelle und politische Hintergründe? Zunächst werden hierzu wichtige Grundkenntnisse über den Horrorfilm vermittelt, um auch dem Leser einen Einblick geben zu können, der sich bisher nur vom Hörensagen mit Horrorfilmen beschäftigt hat. Im Zuge dieser Ausführungen werden zudem einige allgemeine Begriffe erklärt, auf die sich diese Arbeit fortwährend beziehen wird, wie beispielsweise der des Monsters . Was kennzeichnet es? Warum ist es so, wie es ist? Und wieso eignet sich ausgerechnet der Horrorfilm zur Reflexion seiner Gesellschaft? Anschließend wird auf das Amerika der 70er Jahre eingegangen, wobei nach dessen Wirtschaftspolitik und einem Überblick über die Medien dieser Zeit, ein Querschnitt durch die Gesellschaft und deren politische Führung gemacht wird. Im Anschluss an die jeweiligen Kapitel werden hierbei erste Interpretationsversuche und -möglichkeiten aufgezeigt, die aufgrund der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Lage seinerzeit sowohl bereits ergründet wurden, als sich auch erweiternd anbieten. Das dritte Kapitel beschäftigt sich eingehend mit der Wirtschaftspolitik unter George W. Bush. Hier werden bereits erste Parallelen zu den 70er Jahren deutlich, was sowohl die wirtschaftliche Situation als auch deren Reflexion in den Horrorfilmen angeht. Im Anschluss daran werden soziokulturelle und -politische Strömungen untersucht, wie beispielsweise der Umgang mit Bürgerrechten und Krisen. Abschließend findet sich auch hier ein Unterpunkt zur Repräsentation und Rolle der Medien in der heutigen Zeit und deren Reflexion im Film. Im Anschluss daran klärt das vierte Kapitel, das wohl auffälligste Merkmal der beiden Subgenres, nämlich die Bildsprache. Welche Auswirkungen hat der Konsum gewalthaltiger Filme auf das Verhalten von Menschen? Wer beeinflusst wen? Welche Gründe lassen sich für die Entwicklung von Nosferatu über Night of the Living Dead hin zu Saw finden? Und ist diese Entwicklung nicht gerade eines der Grundprinzipien des Kinos: Zeige dem Zuschauer etwas, das er zuvor noch nie gesehen hat!?

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2, Amerika in den 70ern: 2.1, Wirtschaftspolitik: Am 9. August 1974 ging Richard Nixon als der erste amerikanische Präsident, der von seinem Amt zurückgetreten war, in die Geschichte ein. Doch auch Nixons Machtübernahme am 20. Januar 1969 hatte bereits weitreichende Folgen für die amerikanische Gesellschaft. Nixon verfolgte dabei wirtschaftlich ein völlig anderes Konzept als Dwight D. Eisenhower Ende der 50er, unter dem er bereits bis zum 20. Januar 1961 acht Jahre lang als Vizepräsident tätig gewesen und dessen Wirtschaftspolitik vollständig kapitalistisch geprägt war. Dies beinhaltete insbesondere die Förderung des freien Wettbewerbs weitestgehend ohne staatliche Eingriffe. Damals war ‘[k]riegsbedingt [...] die Staatsquote am Bruttoinlandsprodukt seit 1940 von 23 auf 33 Prozent gestiegen.’ Zu seinem Konzept gehörte zudem die Eindämmung der Inflation, ein gleichmäßiges Wirtschaftswachstum und de[r] Schutz des Individuums und der Familie vor wirtschaftlichen Risiken in einer urbanisierten, industrialisierten Welt. Nixon, der knapp 20 Jahre später mit einem ähnlichen Inflationsproblem umgehen musste, versuchte eine Strategie, die eher einer Art Planwirtschaft glich. Sie sah vor, Löhne und Preise staatlich reguliert in vier Phasen einzufrieren und stand somit im deutlichen Kontrast zu der Wirtschaftspolitik Eisenhowers. Wichtig ist hierbei auch zu erwähnen, dass bereits durch die Regelungen Eisenhowers die amerikanische Gesellschaft zunehmend und offensiver kapitalistischer wurde. Der Erfolg des Einzelnen ließ sich weniger daran messen, was er selbst beruflich tat oder produzierte, sondern vielmehr daran, was er besaß und konsumierte. Der Wunsch nach Konsum, die freie, kapitalistische Marktwirtschaft, aber auch die gleichzeitige Angst vor Arbeitslosigkeit treiben zwei Filme auf die Spitze: den Konsum von Menschen, der Mensch als Produkt in The Texas Chain Saw Massacre und Night of the Living Dead. Texas Chain Saw erzählt dabei die Geschichte des Schlachthauses, das sich selbst in den Ruin wirtschaftet. Die ‘ursprüngliche’ Tötungsmethode des Viehs durch einen einfachen Hammer wird durch eine Druckluftpistole ersetzt. Weil diese Methode weitaus schneller funktioniert, wächst das Angebot trotz sinkender Beschäftigungszahlen – bei gleich bleibender Nachfrage. Und weil Angebot und Nachfrage den Preis regulieren, richtet sich das Schlachthaus letztendlich selbst zu Grunde. Die einzige Möglichkeit im Geschäft zu bleiben, ist letztendlich nur noch die Kostensenkung, welche bewerkstelligt wird, indem die Rinder gegen vorbeifahrende Touristen ausgetauscht werden, die wiederum an die nachfolgenden Touristen als Barbecue verkauft werden. Dabei erfolgt die Schlachtung der Menschen nach einem ähnlichen Prinzip wie die des Viehs: zum einen durch die altmodische Tötung durch einen Hammer (was in mehreren Szenen auch die Allegorie Mensch-Tier verdeutlicht, weil der Mensch ebenso nicht nach dem ersten Schlag tot ist, sondern genau wie die vorher beschriebenen Rinder noch unkontrollierte Zuckungen aufweist) und zum anderen nach der Devise ‘[U]se everything, [...] throw nothing away!’ So werden, schon vor dem ersten Auftauchen von Leatherface (dem Monster), menschliche Knochen als Dekorationen wie Traumfänger und Möbel wie beispielsweise Sofas von der Kamera gezeigt. Dieses Vorhaben wird von dem Anhalter (dem ‘Hitchhiker’, der zweite Sohn der Kannibalenfamilie neben Leatherface) bereits angedeutet, der zunächst stolz Fotos seiner (Vieh-) Schlachtung im Bus herumzeigt und anschließend ein Foto von Franklin schießt. Bemerkenswerterweise werden die Touristen hauptsächlich durch Benzin angelockt und durch das Nicht-Vorhandensein festgehalten. Benzin erfuhr unter der Präsidentschaft von Nixon einen herben Preisanstieg, ausgelöst durch das sog. Öl-Embargo der OPEC 1973, welches seinerseits geschlossen wurde, um einerseits die von Nixon durchgeführte Abschaffung der Golddeckung des US-Dollars auszugleichen, andererseits, um gegen die aus Sicht der OPEC-Länder unrechtmäßige Unterstützung der westlichen Länder im Jom-Kippur-Krieg zu demonstrieren. Die Festsetzung des Öl-Preises im Januar 1974 auf 11,65$ pro Fass hatte schließlich weitreichende Folgen und trieb die amerikanische und europäische Wirtschaft in eine schwere Rezession und Hunderte Firmen in den Konkurs. Hier reflektiert Texas Chain Saw also bereits sehr deutlich die geschichtlichen Umstände. Das Monster ist in diesem Film der Kapitalismus selbst (Seeßlen spricht gar von einem ‘Kapitalismus der Endzeit’ ). Die Angst vor einer ähnlichen, möglicherweise noch drastischeren Lösung, wie sie einst Eisenhower verfolgte und der Wunsch nach einer anderen, eventuell unfreieren, aber dafür Arbeitsplatz-, Einkommen-, Existenz- und Familie-sichernden Lösung, all das reflektiert der Horror in The Texas Chain Saw Massacre. Der stete Konsumwunsch des Menschen wird zudem in Romeros Erstlingswerk Night of the Living Dead sehr deutlich. Der Zombie, der eigentlich kein Menschenfleisch zum reinen Überleben benötigt, konsumiert es dennoch und zwar so viel er kriegen kann. Noch deutlicher wird die Allegorie gar im zweiten Teil Dawn of the Dead (R: George A. Romero, 1978), in dem sich die Überlebenden in einer sog. ‘mall’, einer Art (für deutsche Verhältnisse) überdimensionalem Einkaufszentrum, verschanzen, um dort ebenso sinnlos zu konsumieren, wie die Zombies außerhalb. Sogar das Geld aus den Kassen wird geplündert, ohne dass der Zweck dessen in einer Welt, die von Zombies überschwemmt wurde, hinterfragt werden würde. Romeros Monster konsumieren dabei nicht nur den Menschen, sondern infizieren ihn währenddessen auch mit seinem eigenen Verlangen danach. Der Film verdammt dabei die Rettung der Menschheit als sinnlos und zeigt auch hier den Kapitalismus in seiner End(zeit)form als den Schuldigen.

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