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Soziologie

Kristin Lehmann

Reurbanisierung in Ostdeutschland. Der Trend zur Stadt am Beispiel Dresden

ISBN: 978-3-96146-606-1

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 03.2018
AuflagenNr.: 1
Seiten: 144
Abb.: 15
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Das Raus aus der Stadt war der dominierende Trend, der die räumliche Bevölkerungsentwicklung in den 90er-Jahren in Ostdeutschland beeinflusste. Mittlerweile sind jedoch kleinräumige Tendenzen in Richtung einer Reurbanisierung zu beobachten, das heißt, einzelne Städte verzeichnen in den letzten Jahren wieder Bevölkerungsgewinne, die auf Kosten ihres Umlandes gehen. In Sachsen gibt es Belege dafür, dass sich unter anderem die Oberzentren Dresden und Leipzig nach Jahren des andauernden Bevölkerungsschwundes wieder stabilisieren und demzufolge ein Rein in die Stadt existiert. Die Arbeit untersucht, aus welchen Gründen Individuen aus dem Umland in die Großstadt Dresden ziehen und weiter, welche Kosten- und Nutzenabwägungen im Zusammenhang mit den Umzugsmotiven sichtbar werden.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel: 2.3.2 Präferenzen Die Entscheidung für einen Wohnstandort [ist] stark von der momentanen Lebensphase (…) abhängig (Einfügung nicht im Original, Beckmann 2006: 69). Die Präferenzen eines Individuums hinsichtlich des Standortes werden vor allem durch die aktuellen Ansprüche determiniert. Aber nicht nur die Gegenwart bestimmt die Wohnwünsche, sondern auch die bisherigen Wohnerfahrungen, das heißt die persönliche Wohnbiografie kann bei der Wahl eines Wohnortes wirksam werden. So stellt Menzl die Erfahrungen als ein wichtiges Motiv in Bezug auf Suburbanisierungsprozesse dar. Er schreibt: Vom ‚Land‘ kommend, wird die stadtbezogene Lebensphase als Episode dargestellt, deren Begrenztheit immer schon oder doch zumindest rückblickend absehbar gewesen ist. Mit der Rückkehr ins ‚Grüne‘ glauben diese Haushalte an ihre eigene Herkunft anknüpfen zu können (Hervorhebung im Original, Menzl 2007: 135). In ähnlicher Form ist dies auch für den spiegelverkehrten Wanderungsprozess denkbar. So ist es möglich, dass sich bisherige urbane Wohnerfahrungen auf einen erneuten Zuzug auswirken. Die Präferenzen eines Haushaltes werden häufig in Abhängigkeit der Stellung im Lebenszyklus und/oder dem Lebensstil beschrieben, was nachfolgend kurz angedeutet wird. Lebenszyklus Als zentrale Einflussgrößen für die spezifischen Anforderungen eines Haushaltes werden in diesem Konzept im Wesentlichen das Alter, der Familienstand, die Haushaltsgröße sowie der Haushaltstyp betrachtet. Diese Faktoren werden zur Erklärung herangezogen, um spezifische Anforderungen eines Haushaltes zu erklären (BBR 2007: 6). Bedürfnisse hinsichtlich der Wohnung, des Wohnumfeldes und auch dem großräumigen Standort entwickeln sich häufig in Abhängigkeit von bestimmten Ereignissen (Wicher 1992: 45). So führen Veränderungen, wie der Eintritt ins Berufsleben oder eine Scheidung zu anders gearteten Ansprüchen, wobei diese geänderten Gegebenheiten häufig in Wanderungen münden (Frick 1996: 44). Das Lebenszykluskonzept wird oft in Zusammenhang mit den verschiedenen Stadien eines Familienlebenslaufes beschrieben. So unterscheidet Krämer (1992: 18) sechs Phasen eines traditionellen, familienorientierten Lebenslaufes: die Gründungs-, Expansions-, Konsolidierungs- und Schrumpfungsphase, worauf die nachelterliche Gefährtenschaft und später die Verwitwung einsetzt. Jede Lebensphase bringt spezifische Präferenzen hinsichtlich der Wohnung und auch des Wohnortes mit sich. So wurde die Suburbanisierungsbewegung häufig im Zusammenhang mit der Konsolidierungsphase diskutiert, welche von der Geburt des letzten Kindes bis zum Verlassen des Haushaltes durch dieses Kind dauert. Aufgrund der Pluralisierung der Lebensformen ist es jedoch nicht ausreichend, nur Familien zu betrachten, denn viele Personen durchlaufen den traditionellen Familienzyklus nicht mehr oder nur noch unvollständig und praktizieren andere Lebensformen, wie nichteheliche Lebensgemeinschaften (Herlyn 1990: 81, vgl. auch BBR 2007: 6). Ein ergänzendes Konzept stellt deswegen das des Lebensstils dar (Steinführer 2004: 27), was nachstehend thematisiert wird. Lebensstil Das Lebensstilkonzept ermöglicht einen detaillierten Zugang zu den Bedürfnissen von bestimmten Personengruppen. In einem Lebensstil werden ähnliche Werte und Verhaltensweisen abgebildet (Schneider 1999: 96). Lebensstile werden definiert als raumzeitlich strukturierte Muster der Lebensführung (...), die von Ressourcen (materiell und kulturell), der Familien- und Haushaltsform und den Werthaltungen abhängen (Müller 1992: 376). Wie in der vorausgehenden Begriffsbestimmung deutlich wird, werden Lebensstile keineswegs frei gewählt, sondern sind jeweils von den individuell vorhandenen Kapitalarten geprägt (Burzan 2005: 143), das heißt, die vorhandenen Ressourcen schaffen erst Optionen, eine bestimmte Lebensweise zu verwirklichen. Harte soziodemographische und -ökonomische Faktoren spielen also ebenso eine Rolle wie weiche Faktoren, die Einstellungen und Wünsche umfassen (BBR 2007: 6). Verschiedene Lebensstilgruppen besitzen jeweils unterschiedliche Vorlieben und Bedürfnisse, was sich auch in der Wahl der Wohnstandorte zeigt. Der Zusammenhang zwischen Lebensstil und Wohnstandort gilt mittlerweile als unstreitbar (Häußermann 2004: 74). Schneider & Spellerberg (1999: 192) stellten für Deutschland eine differenzierte Anordnung der Lebensstile zwischen verschiedenen Gemeindegrößenklassen dar, die von der Großstadt bis hin zu auf dem Land reichen. Dieser Zusammenhang kann jedoch für Westdeutschland in einem stärkeren Ausmaß festgestellt werden als für Ostdeutschland. So zeigt sich beispielsweise in den alten Bundesländern, dass 54 % der Lebensstilgruppe der Arbeits- und Erlebnisorientierten die Großstadt bewohnen, während nur 17 % auf dem Land leben. Die Mitglieder dieser Gruppe zeichnen sich durch hohe Bildungsgrade und Berufspositionen, ein entsprechendes Einkommen sowie eine abwechslungsreiche Freizeitgestaltung, aus. Drei Viertel der Arbeitsorientierten sind ledig (ebd.:: 108). Eine geringe Passung zwischen der momentanen Lebensphase beziehungsweise dem Lebensstil und dem Wohnstandort führt insgesamt zu einer geringen Zufriedenheit hinsichtlich der Wohnsituation, welche zu den schon benannten Handlungsoptionen führt. Es kann insgesamt davon ausgegangen werden, dass die Wahl der Wohnung und des Wohnstandortes sowohl von der Lebensphase als auch zusätzlich vom Lebensstil geprägt wird. So wird ein junger Mensch, der das Haus der elterlichen Suburbaniten verlässt, dies aus Gründen des Lebenszyklus’ tun (Aufnahme eines Studiums in einer anderen Stadt) und auch aus Gründen des Lebensstils (Suche nach einer angemessenen Verwirklichung der eigenen Lebensvorstellungen) (Schneider 1999: 231). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Wohnstandortentscheidungen von der individuellen Ressourcenausstattung, den Präferenzen und den herrschenden strukturellen Restriktionen abhängen. In Tabelle 2.2 sind diese Einflussfaktoren zusammengefasst.

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