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- Ressourceneffizienz durch Werkzeug-Sharing: Potenziale kooperativer Nutzungsmodelle
Soziologie
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 02.2016
AuflagenNr.: 1
Seiten: 92
Abb.: 18
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die gemeinsame Nutzung von Gegenständen ist keine Erfindung der jüngsten Zeit. Teilen macht Sinn – sowohl ökonomisch, als auch ökologisch und sozial. Wirtschaftlicher Wohlstand und der oft unkomplizierte Zugang zu (Fremd-)Kapital ermöglichen heute sehr schnell die Befriedigung fast all unserer Bedürfnisse. Dabei betont die Werbung: Nicht nur Nutzen, sondern vor allem Besitzen macht glücklich! Eigentum ist häufig ein Statussymbol. Wer teilt, kann sich hingegen nicht über Gegenstände definieren - einer der Hauptgründe, warum wir noch so sehr an eigenen Gütern hängen. Das gilt auch für Werkzeug. Dabei benötigt kaum jemand täglich eine Rohrzange, eine Schaufel oder einen Hammer. Eine Bohrmaschine bohrt statistisch gesehen in ihrem Leben durchschnittlich nur rund eine Stunde, im Jahr lediglich wenige Minuten - den Rest der Zeit liegt sie im Schrank. In dieser unproduktiven Zeit könnte sie jedoch wertvolle Dienste beim Nachbarn oder aber bei einem völlig Fremden leisten. Durch die gemeinsame Nutzung von Werkzeugen werden weniger Maschinen benötigt und dadurch viele Ressourcen eingespart. Dieses Buch beschäftigt sich daher mit den Möglichkeiten und den Rahmenbedingungen für kooperative Werkzeugnutzung und zeigt deren Stärken und Schwächen sowie das Potenzial an Ressourceneinsparung auf.
Textprobe: Kapitel 3 Definition des Sharing-Konzepts und Abgrenzung: 3.1 Definition des Sharing-Konzepts Nutzen statt Besitzen : Open, collaborative economy will create a real disruption for businesses. The phenomenon of consumers co-creating content and products, sharing ideas and resources with each other is on ascend” (TheGuardian 2013). Die Vorteile, die mit Sharing in Zusammenhang gebracht werden, klingen nahezu unglaublich: Für weniger Geld soll mehr möglich sein, man hat sozusagen bei niedrigeren Kosten nicht nur ein Auto, sondern Zugriff auf gleich mehrere Autos. Und nebenbei lernt man seine Nachbarn kennen und manche Begegnungen entwickeln sich vielleicht zu netten Bekanntschaften. Und weiter gibt es für diese Vorteile auch noch ein gutes Gewissen scheinbar gratis hinzu, da man ja für den Umweltschutz auch etwas getan hat. Noch öfters als auf dieser individuellen Ebene werden die Vorteile auf der gesamtgesellschaftlichen Ebene hervorgehoben: Die wachsende Sharing Economy verfüge über erhebliches Ressourceneinsparungspotential – ein Carsharing-Auto würde beispielsweise ca.10 private Autos ersetzen. Und während die Bürger sich umweltfreundlich verhalten, tun sie gleichzeitig auch etwas für den gesellschaftlichen Kitt: Die steigende Anonymität und Vereinzelung besonders im urbanen Bereich wird für zahlreiche Probleme verantwortlich gemacht und aktiv belebte Nachbarschaften, wie sie durch eine Sharing Economy entstehen können, könnten hier eine deutliche Abhilfe leisten. Kurz zusammengefasst, wird also propagiert, dass durch Sharing mehr Lebensqualität möglich sei und man gleichzeitig seinen Anteil zu mehr ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit leisten könne (vgl. Mock 2014: 4). Fast jeder Haushalt besitzt eine Bohrmaschine, die jedoch nur selten genutzt wird. Selbst alltägliche Gegenstände, von denen viele Personen sich nicht vorstellen können, sie nicht zu ihrem Eigentum zu zählen, wie z.B. das Privatauto, erweisen nur über eine sehr kurze Zeitspanne den Nutzen und stehen eigentlich die meiste Zeit nutzlos herum: Ein Auto steht beispielsweise durchschnittlich 23 Stunden am Tag und wird nur eine genutzt. Ausgehend von diesen Potenzialen zur Nutzungssteigerung sind in den letzten Jahrzehnten und verstärkt im letzten Jahrzehnt unterschiedlichste Systeme entstanden, die eine Nutzung von Gegenständen durch mehrere Personen zum Ziel haben, wie z.B. Car-Sharing, Bike-Sharing, Kleider-Sharing, Sharing für Werkzeug und Campingausrüstung. Das Angebot wächst fast täglich und differenziert sich immer mehr aus. Es werden dadurch immer mehr Zielgruppen angesprochen und durch pragmatische und anschlussfähige Slogans wie Ich brauche doch keine Bohrmaschine, sondern ein Loch an der Wand gelockt. Was kann man nun aber genau unter diesen unterschiedlichen Praktiken wie Kleider tauschen, Auto teilen usw. verstehen? Wie hängen sie zusammen und wie können sie generell definiert werden? Diese Fragen sind aus zwei Gründen keine einfachen. Erstens gibt es eine Reihe von unterschiedlichen Begriffen, wie Sharing Economy, Collaborative Economy oder Collaborative Consumption, die weitgehend synonym verwendet werden, weshalb die erste Schwierigkeit schon in der Begriffswahl besteht. Der zweite Grund, der eine klare Definition erschwert, besteht darin, dass das zu definierende Feld aktuell sehr dynamisch ist und sich eigentlich erst formiert (vgl. Mock 2014: 6). Als Nutzen-statt-Besitzen werden alle Produkte und Dienstleistungen verstanden, die auf eine Verlängerung und Optimierung der Produktnutzungsphase abzielen. Dies wird zumeist über Dienstleitungen, die Produkte ersetzen, bspw. durch Leih- oder Leasingmodelle umgesetzt, aber auch durch Tauschformen. Kommerzielle Nutzen-statt- Besitzen -Formen sind sogenannte Produkt-Dienstleistungs-Systeme. Sie bieten eine Kombination aus Produkten und Dienstleistungen an, die in der Lage sind, ein Konsumentenbedürfnis zu erfüllen und eine Alternative zum Produktkauf bzw. Neukauf zu bieten” (Leismann et al. 2012: 17). Die gemeinschaftliche Nutzung von Ressourcen wie Bücher, Autos, Werkzeug, Wohnungen oder Arbeitsgeräten war auch früher bereits weit verbreitet. Einrichtungen wie Büchereien, landwirtschaftliche Genossenschaften und Siedlervereine und vor allem die nachbarschaftliche Kooperation bestehen seit Langem. Im engeren Sinne handelt es sich dabei um eine rein wirtschaftliche Zusammenarbeit. Im erweiterten Sinne führen diese Gemeinschaften immer auch zu sozialen Bindungen und helfen, Ressourcen einzusparen, um damit einen positiven ökologischen Effekt zu erzielen. Der aktuelle Boom beruht daher nicht auf einer neuen Idee, sondern greift eine alte auf und inszeniert diese neu. Neue Modelle des Tauschens und Leihens wurden durch neue Möglichkeiten der Organisation und Technologien hervorgebracht. Das Internet und Möglichkeiten der weltweiten sekundenschnellen Vernetzung selbst durch mobile Geräte spielen hier eine Schlüsselrolle. Der aktuelle Sharing-Boom hat seine Wurzeln im Übergang zur Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft und dem freien Internetzugang (vgl. Mock 2014: 9). Durch die Verknüpfung einer immer mehr voranschreitenden Wissens- und Dienst-leistungsgesellschaft, verknüpft mit der steigenden Verbreitung des Internets und sozialer Medien wurde in den letzten Jahren eine neue Welle der Collaborative Consumption ausgelöst und wird auch durch ein gesteigertes Umwelt- und Nachhaltigkeitsbewusstsein sowie ein wachsendes Bedürfnis nach sozialem Austausch gefördert (vgl. Heinrichs, Grunenberg 2012: 2).
Roland Thomas Nöbauer, geboren 1975 in Wels, Österreich, entschied sich nach seiner technischen Ausbildung zum Maschinenbauer und Umwelttechniker, seine Qualifikation durch ein Studium des Wirtschaftsingenieurwesens auszubauen. Dieses schloss er mit einer Diplomarbeit zum Thema Neue Chancen für Kommunen - Potentialanalyse von genossenschaftlichen Infrastrukturbetrieben ab. Den Studiengang Nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit absolvierte der Autor 2015 erfolgreich mit der Masterthesis zum Thema Sharing-Community – Gemeinsam zur nachhaltigen Ressourceneffizienz an der TU Kaiserslautern. Im Rahmen beider Studien untersuchte und analysierte der Autor das Eigen- und Fremdbild von Genossenschaften, Vereinen und anderen Organisationen bei der Schaffung und Bereitstellung von Infrastruktur. Über 15 Jahre hinweg beschäftigte er sich mit Organisationen in der Siedlungswasserwirtschaft und verbrachte zudem mehrere Monate in Entwicklungsländern, um bei Schulbauprojekten zu unterstützen. Seit einigen Jahren widmet er sich nun verstärkt dem Technologietransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Der Fokus des vorliegenden Buches liegt auf der kooperativen Nutzung von Werkzeug. Der Autor versucht darzulegen, dass es zahlreiche Möglichkeiten gibt, Bürgerengagement und die Nutzung neuester Technologien zum Vorteil für Umwelt und Ressourcen einzusetzen, und dass die Nutzer von dieser Kooperation profitieren werden.