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- Rekrutierung deutscher Spitzenmanager: Einflussfaktoren für die Besetzung von Spitzenpositionen in der Wirtschaft
Soziologie
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 12.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 96
Abb.: 14
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Der Blick in die Medien der vergangenen Jahre zeigt: Deutsche Manager in herausragenden Positionen rücken immer stärker in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Doch warum ist das so? Was ist so interessant an diesen Köpfen? Ist ein ‘Spitzenmanager’ ein besonderer Mensch? Über welche besonderen Eigenschaften verfügt er? Nachweisbar ist jedenfalls: Die Spitzenmanager unseres Landes verfügen im Allgemeinen über ein höheres Bildungsniveau als das Gros der Bevölkerung und stammen häufig aus Familien, die gesellschaftlich einem gehobenen Sozialstand angehören. Welche Rolle spielt daher das Bildungsniveau, die soziale Herkunft oder auch das Geschlecht für das Erlangen einer ‘Spitzenposition’? Nimmt die soziale Herkunft direkten Einfluss auf die Rekrutierung für Spitzenpositionen oder sind es auch andere Faktoren, die für die Rekrutierung entscheidend sind? Und weiter gefragt: Kann man bei der Besetzung von Spitzenpositionen in der Wirtschaft von sozialen Netzwerken, Verbindungen durch Sozialstatus oder auch gar von sogenannten ‘Seilschaften’ sprechen? Sind die Herkunft und das Netzwerk die entscheidenden Größen? Und welche Bedeutung hat die Qualifikation? Oder existiert womöglich ein geschlossenes System, das durch gezielte Rekrutierung und ein gewisses Maß an Abschottung ‘nicht dazugehörige Personen’ ausgrenzt? Die vorliegende Arbeit geht weiterhin der Fragen nach, ob Vorstände deutscher Großunternehmen aus einem exklusiven Kreis stammen, sich einander gut kennen und ob letztendlich durch gezielte Rekrutierung Macht in den Händen von Personen mit denselben Sozialmerkmalen bewahrt werden soll.
Textprobe: Kapitel 3, Untersuchtes Kollektiv: Derzeit gibt es 31 Vorstandsvorsitzende unter den 30 DAX-notierten Konzernen. Der Grund liegt in der Doppelspitze bei SAP. 22 Spitzenmanager haben die deutsche und neun eine ausländische Staatsbürgerschaft. Diese Arbeit geht hauptsächlich auf die deutschen Vorstandsvorsitzenden ein, da die Strukturen und Sozialstrukturen anderer Länder nicht in jedem Fall vergleichbar sind. Ansonsten könnte es angesichts der kleinen Gruppe zu Ergebnisverfälschungen kommen. Lediglich um Ergebnisse zu stützen, wird hin und wieder auf die ausländischen Kollegen verwiesen zusätzlich werden Auswertungen über alle DAX-30-Vorstandsvorsitzenden herangezogen. Was die Amtszeit der 22 deutschen Vorstandsvorsitzenden betrifft, so ist Herbert Hainer bei der Adidas AG am längsten an der Konzernspitze er übernahm den Posten des Vorstandsvorsitzenden im März 2001. Unter den neun ausländischen Vorstandsvorsitzenden übt Ben Lipps (Fresenius Medical Care) seine Funktion bereits seit 1999 aus. Er führt damit die Gesamtliste an. 3.1, Soziale Herkunft deutscher Spitzenmanager: Untersucht wird, inwieweit die soziale Herkunft entscheidend ist, um in Spitzenpositionen der deutschen Wirtschaft zu gelangen. Es gilt darzulegen, wie sich der Beruf der Väter auf die Söhne auswirkt, aus welchem ‘Milieu’ Spitzenmanager stammen und ob diese Merkmale eine besondere Rolle bei der Besetzung von Spitzenpositionen spielen. Gibt es demnach herkunftsbedingte Vorteile gehobener sozialer Schichten? Wie wichtig ist die Konfession oder Konfessionszugehörigkeit für das Erlangen einer Spitzenposition? 3.1.1, Berufe der Väter - Untersuchung von Hartmann: Der Soziologe Hartmann untersucht die soziale Rekrutierung der Vorstandsvorsitzenden der 100 größten deutschen Unternehmen für die Jahre 1970 und 1996. In seinen Studien zieht er die Berufe der Väter der Spitzenmanager, zum Geburtszeitpunkt der befragten als beschreibendes Merkmal heran und klassifiziert diese zunächst in elf Berufsgruppen. Diese sind laut Hartmann (2001a): 1. Arbeiter. 2. Bauern. 3. Untere Angestellte/Beamte. 4. Mittlere und gehobene Angestellte/Beamte. 5. Kleine Selbstständige (Einzelhändler, Handwerker etc.). 6. Kaufleute. 7. Akademische Freiberufler. 8. Höhere Grundbesitzer/Offiziere. 9. Höhere Beamte. 10. Leitende Angestellte (Geschäftsführer, Prokuristen, Betriebsleiter etc.). 11. Größere Unternehmer (Mindestens zehn Beschäftigte). Diese Berufsgruppen wiederum werden in zwei beziehungsweise in drei ‘soziale Klassen’ gebündelt. Die Berufsgruppen 1 bis 5 bilden die Arbeiterklasse/Mittelschicht. Die restlichen sechs Berufsgruppen gehören dem gehobenen Bürgertum an sie werden nochmals untergliedert in zwei weitere ‘soziale Klassen’ oder Gruppen. Zum einen in das gehobene Bürgertum im engeren Sinne. Zu dieser Gruppe zählt Hartmann beispielsweise größere Unternehmer, freiberufliche Akademiker, leitende Angestellte, höhere Beamte sowie Offiziere. Dem Großbürgertum gehören beispielsweise Vorstandsmitglieder, Großunternehmer, Direktoren sowie Geschäftsführer großer Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten an. Anzumerken ist, das Großbürgertum macht 0,5 Prozent bzw. das gehobene Bürgertum im engeren Sinne 3 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Hartmanns Ergebnisse der sozialen Rekrutierung der Vorstandsvorsitzenden der 100 größten deutschen Unternehmen aus dem Jahre 1996 zufolge sind 42 Prozent der Vorstandsvorsitzenden Söhne von größeren Unternehmern. 19 Prozent sind Söhne höherer Beamter, dicht gefolgt von den Söhnen der leitenden Angestellten mit 14 Prozent. Nach der oben genannten Klassifizierung der Berufsgruppen stammen 87 Prozent der Vorstandsvorsitzenden aus dem gehobenen Bürgertum oder dem Großbürgertum. 25 Jahre früher lag dieser Wert bei 83 Prozent. Nur 13 Prozent hingegen kommen zum Jahr 1996 aus der Arbeiter- und Mittelschicht, wohingegen dieser Anteil 1970 bei 17 Prozent lag. 3.1.2, Berufe der Väter - Untersuchung von Buß: Buß stellt die Berufe der Väter der 61 befragten Spitzenmanager in den Mittelpunkt. Er unterteilt diese zunächst in neun Berufsgruppen: In Unternehmer, freie Berufe, leitende Angestellte, Landwirte, höhere Beamte, einfache und mittlere Angestellte, Handwerker, Arbeiter und Offiziere. Leitende Angestellte bilden mit 20 Prozent die größte Berufsgruppe. Gefolgt von Unternehmern mit 18 Prozent, dahinter liegen freie akademische Berufe mit rund 13 Prozent. Das höhere Beamtentum stellt 11 Prozent, Handwerker liegen bei 8 Prozent. Ebenfalls bei 8 Prozent sind die einfachen/mittleren Angestellten sowie der Beruf des Offiziers. Arbeiter sind hingegen mit 2 Prozent unter den Vätern der Spitzenmanagern vertreten. Diese neun Berufsgruppen können in drei Milieus zusammengefasst werden. Das erste Milieu setzt sich aus Söhnen selbstständiger Unternehmer (18 Prozent), freier akademischer Berufe (wie z.B. Ärzten, Anwälte, Ingenieure, Juristen) und die der Landwirte zusammen. Dieses erste Milieu ist mit etwa 38 Prozent nur wenig kleiner als das zweite Milieu mit insgesamt 39 Prozent. Zu diesem gehören die Berufsgruppe der leitenden Angestellten (20 Prozent, beispielsweise Manager, Geschäftsführer), das höhere Beamtentum (11 Prozent) und Offiziere (8 Prozent). Werden Arbeiter- und Handwerksberufe sowie einfache und mittlere Angestellte in einem dritten Milieu zugeordnet, so wird die Bedeutung der Väter-Berufe deutlich: Nur knapp jeder fünfte deutsche Spitzenmanager kommt aus einem Milieu, das in ihrer Jugend der Mehrheit der deutschen Gesellschaft und deren Sozialstruktur entsprach. 3.1.3, Berufe der Väter - DAX-30-Vorstandsvorsitzende: Diese Arbeit untersucht Vorstandsvorsitzende der DAX-30-Konzerne, insbesondere die Väter-Berufe der 22 deutschen Vorstandsvorsitzenden die aktuelle im Amt sitzen. Die Berufe der Väter der deutschen Vorstandsvorsitzenden können in sieben Berufsgruppen eingeteilt werden. Die leitenden Angestellten bilden mit rund 32 Prozent die größte Berufsgruppe. Knapp jeder dritte Vorstandsvorsitzende hat demnach einen leitenden Angestellten als Vater. Die Untersuchung kommt darüber hinaus zu diesem Ergebnis: Betrachtet man insbesondere die Berufsgruppe der leitenden Angestellten unter den 22 deutschen Vorstandsvorsitzenden genauer, so ist der väterliche Beruf des Vorstands eines Unternehmens, mit zwei unter den sieben leitenden Angestellten stark vertreten. 18,2 Prozent der Väter waren Unternehmer. Dahinter rangieren jeweils mit 13,6 Prozent einfache und mittlere Angestellte sowie die Freiberufler. Jeder zweite deutsche Vorstandsvorsitzende gab an, dass sein Vater der Berufsgruppe des höheren Beamtentums angehörte. Die Berufsgruppe der Arbeiter liegt bei 4,5 Prozent. Demnach stammt nur einer der DAX-30-Vorstandsvorsitzenden aus einer Arbeiterfamilie. Die Berufsgruppe der Landwirte ist gleichfalls nur mit einem Vater vertreten. Nur über einen Vorstandsvorsitzenden waren keine Angaben zu finden. Betrachtet man die sieben Berufsgruppen näher, so bilden sich drei Milieus heraus. Zum ersten Milieu werden Unternehmer, freie akademische Berufe und Landwirte gezählt. Dieses ‘arrivierte’ Milieu stellt mit rund 36 Prozent einen großen Anteil unter den Väter-Berufen. Mit etwas mehr als 41 Prozent zählen die leitenden Angestellten und die höheren Beamten zum zweiten Milieu und bilden den größten Anteil. Rund 18 Prozent der Väter-Berufe können dem dritten Milieu zugeordnet werden. Diese Gruppe setzt sich aus Arbeitern, einfachen und mittleren Angestellten zusammen. 3.1.4, Gibt es den vertikalen Aufstieg: Nach Buß haben in Deutschland auch Söhne Aufstiegs-Chancen, deren Väter Arbeiter, Handwerker und einfache Angestellte waren. Vom Arbeiter zum Spitzenmanager - ein Aufstieg, der nur in ganz seltenen Fällen gelingt. So auch in wenigen Beispielen der jüngst untersuchten Gruppe. Ende Juli dieses Jahres schreibt Georg Meck in der FAZ: ‘Der wichtigste Autoboss im Land, ein Flüchtlingskind, hat sich aus dem Arme-Leute-Viertel in Schwaben nach oben geschafft.’ Gemeint ist Martin Winterkorn, Sohn eines Arbeiters und aktueller Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG. Stellvertretend für Familienunternehmer sei auf die außergewöhnliche Karriere der Gebrüder Theodor und Karl Albrecht verwiesen (Aldi). Sie stammen aus einem sozial schwachen Elternhaus. Der Vater war zunächst Bergarbeiter, später arbeitete er aus gesundheitlichen Gründen als Bäcker. Selbst nach der Wirtschaftskrise im Jahr 2009 konnten die ‘Aldi-Brüder’ auf Platz eins (Karl, Aldi Süd), und zwei (Theodor, Aldi Nord) unter den reichsten Deutschen behaupten. Auch in der Vergangenheit ist ein vertikaler Aufstieg möglich gewesen. Ein Beispiel: Der ehemalige Rheinstahl- und Volkswagen- Chef Toni Schmücker, war ebenfalls Sohn eines Arbeiters. Darüber hinaus zeigt auch der Karriereweg Karl-Josef Neukirchens Parallelen. Neukirchen war ein typisches Arbeiterkind, der es trotz niedriger sozialer Herkunft in das Spitzenmanagement geschafft hat. Zehn Jahre lang (von 1993 bis 2003) war Neukirchen Vorstandsvorsitzender der Metallgesellschaft. Heute ist er bekannt als Unternehmenssanierer in Deutschland. Dennoch bleiben diese Beispiele Einzelfälle. Aus den drei Studien geht hervor, dass der Großteil der Väter in gehobenen Berufsgruppen vertreten ist. Allerdings ist der Beruf des Vaters nicht allein entscheidend für das Erreichen von Spitzenpositionen. Andere Faktoren, wie das Fehlen eines ‘Bestimmten vom Elternhaus vermittelten Habitus’ oder Auftreten und die Art der Ausbildung sind weitere wichtige Kriterien. 3.1.5, Hoher akademischer Ausbildungsstand der Väter: Ein weiteres Indiz für die Herkunft der deutschen Spitzenmanager aus dem gehobenen Milieu ist, der überproportionale Anteil des akademischen Hintergrunds der Väter, der bei Weitem nicht dem Anteil innerhalb der Bevölkerung entspricht. Während Anfang der sechziger Jahre hier nicht einmal zwei Prozent einen akademischen Abschluss erreichten, gaben fast ein Drittel der deutschen Spitzenmanager bei Buß an, dass deren Vater ein abgeschlossenes Studium habe. Bei Hartmann (1996) kann man nachlesen, dass die Väter der Spitzenmanager zehn- bis fünfzehnmal häufiger Universitäten besuchten und abschlossen als der Durchschnitt der Erwerbstätigen. Dass der Bildungsgrad wie auch die berufliche Stellung der Eltern wichtig für die Bildungschancen der Kinder sind, stellt Hradil fest. Mittlerweile ist diese These ein ständiger Brennpunkt der PISA-Diskussion. Laut der PISA-Studie aus dem Jahr 2000 besuchte mindestens jedes zweite Kind aus der oberen Dienstklasse das Gymnasium, die Hauptschule nur rund 13 Prozent. Dagegen gingen 34 Prozent der Kinder aus einer Facharbeiterfamilie auf die Hauptschule und 16 Prozent auf das Gymnasium. Diese PISA-Studie beschäftigte sich mit der relativen Bildungsbeteiligung von 15-Jährigen. Betrachtet wurde dazu auch die soziale Schichtzugehörigkeit.
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