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- Quo vadis – die Zukunft unserer Lebensmittelversorgung: Konsumententrends und Zukunftsanforderungen
Soziologie
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 200
Abb.: 35
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die Lebensmittelbranche hat in den letzten Jahrzehnten einen erheblichen Wandel durchlaufen. Dieser Wandel wird auch künftig stattfinden, da Trends, gesellschaftliche Entwicklungen und politische Rahmenbedingungen diese Branche entscheidend beeinflussen. Ziel dieses Buches ist es Zukunftsperspektiven für die Lebensmittelversorgung zu entwickeln und entsprechende Maßnahmen abzuleiten. Auf Basis eines Literaturstudiums wird das Konsumentenverhalten erläutert und ein Überblick über den Status Quo der Lebensmittelbranche gegeben. Im Rahmen der Sekundärforschung werden aktuelle Studien, Berichte sowie Bücher gesichtet und die wichtigsten Entwicklungen der Lebensmittelbranche erörtert. Mittels Experteninterviews wird ein Gesamtbild der zukünftigen Lebensmittelversorgung skizziert und Szenarien abgeleitet. Abschließend werden die umfangreichen Status quo- und Trend-Analysen mit den Erkenntnissen aus den Interviews sowie den praktischen Erfahrungen der Autorin kombiniert und strategische Empfehlungen für Politik, NGOs und Wirtschaft gegeben.
Textprobe: Kapitel 3.2.1.1, Gesetzliche Grundlagen: Als Geburtsstunde der österreichischen Lebensmittelkontrolle kann das ‘Gesetz betreffend den Verkehr mit Lebensmitteln und einigen Gebrauchsgegenständen’ vom 16. Jänner 1896 im Reichsgesetzblatt (BGBl. Nr. 8/1897) betrachtet werden. Dieses wurde jedoch aufgrund der Ereignisse der 30er und 40er Jahre von 1939-1945 außer Kraft gesetzt und die Rechtsvorschriften des Deutschen Reichs angewandt. Die Basis für das heute gültige Lebensmittelgesetz wurde 1975 (BGBl. Nr.86/1975) beschlossen und laufend u.a. durch den EU-Beitritt Österreichs 1995, soweit notwendig an die gemeinschaftlichen Vorschriften angepasst. Mit der Veröffentlichung der neuen Gemeinschaftsvorschriften Nr. 178/2002 zur Regelung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts, der amtlichen Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts (VO Nr. 882/2004) sowie der Hygiene bei Lebensmitteln (VO Nr. 852/2004, VO Nr. 853/2004, VO Nr. 854/2004) wurde ein neues europaweites System speziell zur Lebensmittelsicherheit geschaffen und ein neues Schnellwarnsystem für gesundheitsgefährdende Lebensmittel eingerichtet. Diese Veränderungen erforderten in Österreich ein neues Lebensmittelgesetz, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG), welches ergänzend zum Gemeinschaftsrecht Anwendung findet. Am 20. Jänner 2006 wurde das LMSVG mit dem BGBl. Nr. 13/2006 kundgemacht und die gesamte Lebensmittelkette einschließlich der Primärproduktion (d.h. bspw. für Aufzucht von Tieren, Anbau von Getreide) wird einbezogen. Spezifischer werden die Anforderungen an Lebensmittel, Wasser (für den menschlichen Gebrauch), Gebrauchsgegenstände und Kosmetika auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen geregelt. Das LMSVG hat ganz allgemein den Gesundheitsschutz der Verbraucher und den Schutz der Verbraucher vor Täuschung und Irreführung zum Ziel. Darüber hinaus gibt es das Österreichische Lebensmittelbuch (Codex Alimentarius Austriacus) welches sämtliche Sachbezeichnungen, Bestimmungen, Untersuchungsmethoden und Richtlinien betreffend des LMSVG enthält. Jedoch stellt dieses weder ein Gesetz noch eine Verordnung dar, sondern kann als politisches Instrument für Interessensvertreter von Hersteller- und Konsumentenseite betrachtet werden. Entsprechend besteht auch eine Codex-Kommission, welche sich u.a. aus Mitgliedern der Ministerien und Länder, AGES, Vertreter aus WKÖ, LKÖ, Verein für Konsumenteninformation sowie einschlägigen Wissenschaftsinstituten zusammensetzt. Die Zuständigkeit für das Lebensmittelrecht liegt innerhalb der Bundesregierung beim Bundesminister für Gesundheit. Das Österreichische Lebensmittelbuch stellt das Pendant zum international gültigen Codex Alimentarius dar, welcher gemeinsam von Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO) und World Health Organization (WHO) gegründet wurde. An dieser Stelle soll erwähnt werden, dass die Herstellung von Wein durch das österreichische Weingesetz 2009 geregelt wird. Die Eckpunkte sind Herkunft, Ertragsbeschränkung, Qualitätsstufen und Qualitätskontrollen durch die Bundeskellereiinspektion. Im letzten Jahrzehnt wurde der Wunsch nach einer EU-weiten Verordnung hinsichtlich nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben bei der Kennzeichnung von Lebensmittel und deren Bewerbung größer. Die VO Nr. 1924/2006 regelt nun dies mit dem Ziel, die Konsumenten besser über die Zusammensetzung von Lebensmittel zu informieren und schafft eine EU-weite Rechtssicherheit. Man unterscheidet zwischen nährwertbezogene (‘fettfrei’, ‘zuckerfrei’,…), gesundheitsbezogene (‘stärkt die Abwehrkräfte’, ‘cholesterinsenken’,…) und krankheitsbezogene Angaben (‘schützt vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen,…). All diese Angaben müssen wahr und belegbar sein und dürfen nur gemacht werden, wenn sie bspw. einem durch die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) festgelegtem Nährwertprofil entsprechen oder wissenschaftlich durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) geprüft wurden. Seit 2009 gibt es auch EU-weite Verordnungen hinsichtlich Lebensmittelzusatzstoffe, Aromen und Enzyme sowie das Vermarktungsnormengesetz, welches Begriffsbestimmungen, Eigenschaften und Kategorien sowie die Aufmachung, Be- und Kennzeichnung von Agrarerzeugnissen und Erzeugnissen der Fischerei und der Aquakultur festlegt. 3.2.1.2, Lebensmittelkontrollen: Grundsätzlich tragen die Produktionsunternehmen die primäre rechtliche Verantwortung für die Lebensmittelsicherheit und müssen auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen dafür Sorge tragen, dass ihre Erzeugnisse dem Gesetz entsprechen. Das österreichische Lebensmittelkontrollsystem steht auf zwei Säulen einerseits kontrolliert der Staat die Betriebe und andererseits können sich Unternehmen einer freiwilligen Selbstkontrolle in Form von Zertifizierungen (ISO, ISF,…) durch privatgeführte und zertifizierte Kontrollstellen unterziehen. Das staatliche Kontrollsystem untersteht im Wesentlichen der Aufsicht des Gesundheitsministeriums, welches über die nachgelagerten Stellen in den Ländern, der Lebensmittelaufsicht und der AGES Kontrollen durchführt. Um zielführende Kontrollen zu bewirken, wird jährlich vom BMG ein Revisions- und Probenplan für die amtliche Kontrolle von Betrieben und Waren des LMSVG erlassen. Mit Hilfe von Betriebsrevisionen werden die Herstellungsprozesse und die hygienischen Bedingungen der Betriebe überprüft. Zusätzlich erfolgt auch eine Überprüfung des Eigenkontrollsystems und der Rückverfolgbarkeit. Folglich können mit diesen Betriebsrevisionen Aussagen über den allgemeinen Betriebszustand gemacht werden. Anders bei den Warenproben – die Anzahl der zu ziehenden Proben in Österreich wird im jährlichen Probenplan festgelegt. Allgemein kann man die gezogenen Proben in sogenannte Planproben, die aufgrund des Probenplans gezogen werden und in sogenannte Verdachtsproben, die aufgrund von Wahrnehmungen oder im Anlassfall gezogen werden, unterteilen. Die Lebensmittelproben werden von den Lebensmittelaufsichten der Länder gezogen, von der AGES oder bestimmten Institutionen der Länder analysiert und bewertet. Der jährliche Lebensmittelsicherheitsbericht (LMSB) stellt einen wichtigen Beitrag zur Transparenz dar. 2011 wurden insgesamt über 70.000 Kontrollen durchgeführt 44.550 Betriebskontrollen von den Lebensmittelaufsichtsbehörden der Länder, 24.747 Betriebskontrollen in Fleischbetrieben und 2.212 Betriebskontrollen in Milcherzeugerbetrieben durch die Landesveterinärbehörden. Insgesamt wurden 31.782 Proben von der AGES oder den Untersuchungsanstalten der Länder begutachtet, davon gab es bei rund 86 % keinen Grund zur Beanstandung, 0,5 % wurden als gesundheitsschädlich eingestuft und 3,7 % wurden für den menschlichen Verzehr bzw. für den bestimmungsgemäßen Gebrauch als ungeeignet bewertet. Die meisten Beanstandungen (8,3 %) bezogen sich auf Kennzeichnungsmängel und auf Irreführung geeigneter Angaben. 3.2.1.3, Qualitätsmanagementsysteme: Ausgehend von einfachen Qualitätssicherungsmaßnahmen entstanden in den letzten Jahrzehnten aufgrund von Vorfällen wie Gammelfleisch-Skandal, BSE-Krise oder EHEC komplexe Qualitätsmanagement-Systeme (QM-Systeme). Unter Qualitätsmanagement versteht man das systematische Planen, Umsetzen und Dokumentieren von Tätigkeiten, die bei der Herstellung eines Produktes die Qualität beeinflussen. Das Qualitätsmanagement ist zum bestimmenden Erfolgsfaktor geworden nur durch ein gut funktionierendes QM-System kann ein Unternehmen seine Produkt- und Servicequalität sicherstellen. Die wichtigsten QM-Systeme sind: HACCP: Das Hazard Analysis and Critical Control Point-Konzept basiert auf festgelegten Grundsätzen und ist eine systematische Gefahrenanalyse im Produktionsprozess. Sprich auf Basis einer Risikoanalyse werden bestimmte Risikofaktoren (bspw. hohe Keimbelastung durch Hygienemängel) innerhalb des Produktionsprozesses festgelegt und anschließend werden die kritischen Kontrollpunkte im Produktionsprozess definiert, an denen die Risikofaktoren schlagend werden können. HACCP ist in Österreich gesetzlich für alle Lebensmittelunternehmen, ausgenommen Primärproduktion, verpflichtend. Rückverfolgbarkeit: Durch die EU VO 178/2002 muss die Rückverfolgbarkeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette möglich sein. Das heißt ein Unternehmen muss sicherstellen, dass Herkunft, Verarbeitung und Verwendung aller in der Produktion unmittelbar relevanter Stoffe dokumentiert sind. Durch diese Vorschrift, sind im Falle der Notwendigkeit Rückholaktionen rascher durchführbar. ISO 9001-2000: Mit der Normenreihe ISO 9000 ff. sind Normen geschaffen worden, die die Grundsätze für Qualitätsmanagementmaßnahmen dokumentieren und gewährleisten, dass sich ein Unternehmen ständig verbessert. Qualität wird als Erfüllung der Kundenwünsche betrachtet und die Normen zielen darauf ab, alle Unternehmensabläufe (Prozesse) so zu organisieren, dass die Kundenanforderungen mit hoher Wahrscheinlichkeit erfüllt werden. Zentrale Punkte für die Implementierung eines QM-Systems nach ISO 9001:2000 sind die Kundenorientierung, das Erfüllen von Führungsaufgaben durch das Management, die Integration und Weiterentwicklungsmöglichkeiten aller Mitarbeiter und das Verständnis, dass Unternehmen aus verschiedenen ineinandergreifenden Prozessen besteht. Die meist angewandte Norm ist ISO 9001:2000. Unternehmen verwenden diese um interne Prozesse optimal zu strukturieren, interne Fehlerkosten zu mindern und die Kundenzufriedenheit zu steigern. International Food Standard (IFS): Dies ist eine branchenspezifische Norm, die von vielen Handelsorganisationen als Voraussetzung für die Zusammenarbeit mit Produzenten gesehen wird. Ziel hierbei ist es, eine einheitliche Beurteilungsgrundlage hinsichtlich Produktqualität für alle Produzenten und eine hohe Transparenz entlang der gesamten Lieferkette zu schaffen. Der IFS baut auf ISO auf und beinhaltet Angaben zum Ressourcenmanagement, zum Herstellungsprozess und zu Möglichkeiten der Messung, Analyse und Verbesserung von Unternehmensprozessen. IFS befasst sich im Speziellen mit den Aufgaben und Anforderungen an das HACCP-System, mit der Gestaltung des QM-Handbuchs und der Dokumentation des QM-Systems. Außerdem werden Angaben zur Personalhygiene, medizinischen Kontrolluntersuchungen, Schädlingsbekämpfung, Ausgestaltung des Betriebsgeländes, Rückverfolgbarkeit, Allergene und GVO, Produktkontamination und Rückrufaktionen gemacht. Abschließend ist zum Thema Lebensmittelrecht und -sicherheit zu sagen, dass es künftig wichtig sein wird, die zahlreichen bestehenden Qualitätssicherungssysteme bei Aufrechterhaltung der hohen Lebensmittelsicherheitsstandards zu vereinheitlichen.
Mag. (FH) Christina Mutenthaler, MBA, wurde 1984 in Österreich geboren, absolvierte die FH Modul im Bereich Tourismus-Wirtschafts-Management und hält einen MBA in General Management. Sie war maßgeblich am Aufbau der österreichischen Lebensmittel-Initiativen So schmeckt Niederösterreich und der österreichischen Genuss Regionen beteiligt und leitet diese nach wie vor. Mutenthaler ist außerdem seit Januar 2012 Mitglied der Geschäftsleitung der neu (Energie- und Umweltagentur Niederösterreich), die zentrale Anlaufstelle für die Themenbereiche Energie, Umwelt und Natur ist. Neben Ihrer umfangreichen Praxiserfahrung in der Lebensmittelvermarktung behandelt sie im Rahmen von Publikationen die Themenbereiche Regionalität, Nachhaltigkeit und Trends in der Lebensmittelwirtschaft.