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- Peer-Mediation: Konfliktregelung und Streitschlichtung in der Schule
Soziologie
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 05.2011
AuflagenNr.: 1
Seiten: 96
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Um zu sehen, wie sehr unsere heutige Gesellschaft mit dem Thema Gewalt konfrontiert ist, genügt ein Blick in die Medienlandschaft. Auch die Schule muss sich als Teil einer sich verändernden Gesellschaft vermehrt damit auseinander setzen. Um Kinder und Jugendliche darauf vorzubereiten und zu befähigen, mit Konflikten gewaltfrei umzugehen, sollte man ihnen die Möglichkeit bieten, dieses auf verschiedene Weise auch zu erfahren, zu 'erlernen' und zu trainieren. Peer-Mediation ist eine solche Methode und wird im vorliegenden Buch einer genaueren Betrachtung unterzogen. Die Studie geht den folgenden Fragen nach: Welche gemeinsamen Kriterien finden sich bei erprobten Peer-Mediationsprojekten? und Was sind Erfolgsfaktoren, was ist hinderlich für Mediationsprojekte an Schulen? Im Anschluss an die Einleitung widmet sich der theoretische Teil zuerst dem Begriff Mediation. Daraufhin folgen ein kurzer geschichtlicher Exkurs sowie einige weitere Informationen zum Thema Mediation und Gewalt. Ergänzend dazu befasst sich dieses Kapitel auch mit Gewalt an Schulen und präventiven Maßnahmen. Erklärungen zur Schul- und Peer-Mediation runden diesen ersten Teil ab. Nach den allgemeinen Betrachtungen werden im empirischen Teil, die Ergebnisse der Untersuchung dargestellt. Es erfolgt eine ausführliche Diskussion der Ergebnisse mit Stellungnahmen zur Untersuchung und dem Vergleich mit Evaluationsstudien und Erkenntnissen aus Literatur und Forschung. Basierend auf den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung, verschiedener anderer Studien und Richtlinien von Mediationsverbänden und Ministerien wird erörtert, welche die richtigen Schritte zur erfolgreichen Verankerung der Peer-Mediation an Schulen sein können.
Textprobe: Kapitel 2.2.2, Gewalt an Schulen: Eine relativ lange Liste von Amokläufen an Schulen in den USA (Littleton – 1999, Blacksburg – 2007), Deutschland (Erfurt – 2003, Winnenden – 2009), Finnland (Tuusula – 2007, Kauhajoki – 2008) und anderen Staaten in den letzten 10 Jahren lässt den Eindruck aufkommen, dass der Schulbetrieb von exzessiver Gewalt dominiert wird. Bei genauerer Betrachtung der tragischen Fälle erkennt man aber, dass die Gründe für diese Gewalttaten unterschiedlich sind: Schulverweisungen, Ziel von Verspottung und Gewalt an den späteren Tätern durch Schüler/innen, (zumindest subjektiv empfundene) ungerechte Behandlung durch Lehrer/innen, Leistungsversagen und nicht erfüllte Erwartungen, fehlende Kritikfähigkeit, Persönlichkeitsstörungen, rechtsradikal verblendete Jugendliche, fehlende familiäre Einbindung oder allzu leichter Zugang zu Waffen. Vieles davon hat nur am Rande mit Schule zu tun, sondern ist wie eingangs erwähnt ein gesellschaftliches und gesellschaftspolitisches Problem. Und, wie ebenfalls beschrieben, machen uns die Massenmedien glauben, Schule wäre eine Brutstätte der Gewalt. In der Einleitung einer Broschüre der schulpsychologischen Abteilung des Unterrichtsministeriums fasst Aigner diesen Gedanken so zusammen: ‘Zwischen der in der Öffentlichkeit oftmals ungeprüft geäußerten Behauptung einer ständigen Zunahme von Gewalt in Schulen und den Einschätzungen von befragten Schulleitungen, Lehrern und Schülern bestehen Diskrepanzen. Schulleitungen, Lehrer und Schüler haben keineswegs den Eindruck, die Gewalthandlungen in Schulen hätten deutlich zugenommen. Aus zahlreichen Studien geht hervor, dass nur bei einer Minderheit von Schulen Aggressionen und Gewalt ein größeres Ausmaß angenommen haben, wodurch das Schulleben erheblich beeinträchtigt würde’. Nach übereinstimmender Meinung diverser Expert/innen hat die schulische Gewalt, mittlerweile ein fast inflationär gebrauchter Begriff, zumindest im deutschsprachigen Raum in den letzten Jahren an Häufigkeit nicht zugenommen. Schule war immer schon auch ein Ort von körperlichen Auseinandersetzungen. Die Anzahl der Aggressions- bzw. Gewalthandlungen in Schulen blieb aber relativ konstant. Ein deutlicher Unterschied zu früheren Jahren ist jedoch insofern zu erkennen, wenn man das Ausmaß der Gewaltanwendung betrachtet: Gewalthandlungen kommen in schwerer Form vor und die Hemmschwelle ist gesunken. Eine Zunahme konnte bei der psychischen und verbalen Gewalt, der so genannten 'stillen Gewalt' wie Verächtlichmachen von schwächeren Schüler/innen und Mobbing, festgestellt werden. Wirklichen Anlass für eine extreme Dramatisierung gibt sie aber nicht. Wie bei allen Definitionen von Gewalt, Aggression oder Konflikt, kursieren auch beim Begriff 'Gewalt in der Schule' eine Unmenge an Beschreibungen. Hurrelmann definiert ihn als ‘das gesamte Spektrum von Tätigkeiten und Handlungen, die physische und psychische Schmerzen oder Verletzungen bei den im Bereich der Schule handelnden Personen zur Folge haben oder die auf die Beschädigung von Gegenständen im schulischen Raum gerichtet sind. Gewalt in der Schule umfasst alle Angriffe, Übergriffe und Bedrohungen, die im unterrichtlichen Geschehen stattfinden und auch alle diejenigen, die im außerunterrichtlichen Bereich auftreten’. Der norwegische Professor Dan Olweus definiert schulische Gewalttätigkeit allgemein wie folgt: ‘Ein Schüler oder eine Schülerin ist Gewalt ausgesetzt oder wird gemobbt, wenn er oder sie wiederholt und über eine längere Zeit den negativen Handlungen eines oder mehrerer anderer Schüler oder Schülerinnen ausgesetzt ist. Zu diesen negativen Handlungen zählt, wenn jemand einem anderen absichtlich Verletzungen oder Unannehmlichkeiten zufügt. Hier gibt es drei Formen: 1.) verbal: drohen, spotten, hänseln, beschimpfen 2.) körperlich: treten, stoßen, festhalten 3.) mimisch: Fratzen schneiden, Gesten, jemanden isolieren, ausgrenzen’. Individuelle Formen von Gewalt gibt es überall, und sie treten natürlich auch im öffentlichen Raum, und die Schule ist ein solcher, auf. Hurrelmann & Bründel unterteilen die Ausprägungen von individueller Gewalt in physische Gewalt (Schädigung und Verletzung durch körperliche Kraft und Stärke), psychische Gewalt (Schädigung und Verletzung durch Ablehnung, Abwertung und emotionales Erpressen), verbale Gewalt, geschlechtsfeindliche und rassistische Gewalt. Aber auch wenn, wie oben erwähnt, extreme Medieninteresse erweckende Gewalttaten zum Glück die Ausnahme sind, so belegen aktuelle wissenschaftliche Studien doch, dass Gewalt und Aggression auch in den Schulen unseres Landes ernst zu nehmende Probleme sind. Etwa jede/r 10. Schüler/in wird regelmäßig von Mitschüler/innen körperlich attackiert und verbale Beschimpfungen kommen noch häufiger vor. Spiel & Strohmeier stellen daher Forderungen auf: ‘Wer nicht lernt, wie Gewalt zu verhindern ist, wird auch als Erwachsene kaum Zivilcourage zeigen. Das bedeutet, dass man diese Probleme nicht auf die Schule abwälzen kann, da es sich um ein Problem unserer Gesellschaft handelt. Umso wichtiger erscheint daher die Erkenntnis, dass das Erlernen von Konfliktlösungsstrategien und von sozial kompetentem Verhalten in der Schule eine zentrale Voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben in der Gesellschaft darstellt’.
Andreas Krenner wurde 1962 geboren und lebt seither in Heidenreichstein, einer Kleinstadt in Niederösterreich. Nach seiner Ausbildung an der Pädagogischen Akademie und langjähriger Lehrertätigkeit entschied er sich dazu, parallel zum Beruf einen akademischen Abschluss nachzuholen. So schloss er sein Studium zum Master of Arts (Mediation) im Juni 2009 erfolgreich ab. Abgesehen von der Vermittlung von Fachwissen war und ist dem Autor die Arbeit im Bereich der Gewaltprävention ein großes Anliegen. Im Zuge seiner Ausbildung stieß er unter anderem auf das Modell der Peer-Mediation. Die Begeisterung über dieses Konzept der Streitschlichtung und Konfliktregelung unter Gleichaltrigen ließ in ihm dem Wunsch reifen, sich dem Thema ausführlicher zu widmen.