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Soziologie

Daniel König

Patriotismus in Deutschland

ISBN: 978-3-8428-7997-3

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 152
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Sätze wie Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein oder Ich liebe mein Vaterland wurden nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland lange Zeit nur von Parteien des politisch rechten Spektrums oder Neo-Nazis genutzt. Wenn Politiker aus den etablierten Parteien oder Intellektuelle solche Äußerungen zur deutschen Nation öffentlich kundtaten, wurden sie in die gleiche politische Ecke eingeordnet. Nach den schrecklichen Erfahrungen des Nationalsozialismus war alles Deutsche über Jahrzehnte diskreditiert und patriotische Gefühle zu Deutschland galten als anachronistisch. Die Bundesrepublik versuchte, den Nationalstaat als Identifikationsebene zu überwinden und definierte sich als postnationale Demokratie unter Nationalstaaten. Die europäische Integration und der Kosmopolitismus wurden zu Leitbildern der Nachkriegsgesellschaft der Bundesrepublik. Jedoch waren diese international ausgerichteten Konzepte nicht in der Lage, den historisch belasteten Deutschen eine neue Identität zu verleihen und ein Gemeinschafts- und Zugehörigkeitsgefühl zu schaffen. Auch das geistige Konstrukt des Verfassungspatriotismus konnte keinen Patriotismus in weiten Teilen der Bevölkerung generieren. Seit der Jahrtausendwende ist eine Zunahme des Diskurses über Ausdrücke wie Vaterland, Heimat, Identität und Patriotismus zu beobachten. Den Beginn dieses Prozesses läutete die Wiedervereinigung Deutschlands ein. Nach der Beendigung der staatlichen Trennung konnte Deutschland sich zu einem normalen Staat in Europa entwickeln und die politische Sonderstellung aufgrund der Zweistaatlichkeit und der historischen Erblasten langsam verlassen. Die nationale Identität der Deutschen hatte die Chance sich zu entwickeln und Patriotismus wurde wieder zu einem vieldiskutierten Thema in der Wissenschaft. Die Fußball-WM in Deutschland im Jahr 2006 hat den wissenschaftlichen Diskurs in eine breite, mediale Öffentlichkeit getragen: Durch das kollektive Bekenntnis der Deutschen zu ihrer Nation, visualisiert durch schwarz-rot-goldene Fahnen und das gemeinsame Singen der Nationalhymne, wird die Entstehung eines neuen Patriotismus seit einigen Jahren in der Öffentlichkeit und in der Wissenschaft intensiv diskutiert.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.6, Die Reaktion des Auslandes: Im Jahr der Wiedervereinigung und kurz danach war die Angst im Ausland groß, ob die Deutschen mit der bevorstehenden Einheit und der neuen Größe des Landes vernünftig umgehen würden. Historisch bedingt waren die Stereotypen und Bilder über die Deutschen im Ausland stets von Misstrauen und Verdacht auf ein neues Machtstreben dominiert. Die Angst vor der Stärke eines größeren, souveräneren und mächtigeren Deutschlands vermischte sich mit historisch begründeten Reminiszenzen. Der Ursprung lag in der Furcht vor unberechenbaren und wandelbaren Deutschen. Historisch gesehen hatte die nationalstaatliche Einheit Deutschlands anderen Ländern immer geschadet. Vor allem die Nachbarländer empfanden ein großes Deutschland in der Mitte Europas als Gefahr. Diese Angst vor einem neuen, gefährlichen Deutschland war begründet durch ambivalente Außenerwartungen, die innenpolitisch von Beginn an sehr umstritten waren. Die zentralen Fragen, die im Ausland gestellt wurden, lauteten: Welche Rolle wird Deutschland im internationalen System mit dem vergrößerten politischen und ökonomischen Potential spielen? Wie kann man das größere Deutschland in Europa integrieren, ohne dass seine Nachbarn sich fürchten müssen? Wird Deutschland sich im europäischen Rahmen einordnen oder wird es wieder nach größerer Macht streben? Wird es sich militärpolitisch weiterhin zurückhalten? Wie kooperativ und friedlich wird die Politik des neuen Deutschlands sein? Mittlerweile kann man mit Gewissheit sagen, dass diese Ängste aus dem Ausland sich nicht bewahrheitet haben. Die Deutschen denken schon lange nicht mehr in machtpolitischen Dimensionen. Sie wollen keine Weltmachtrolle mehr übernehmen. Demoskopische Daten gaben bereits 1990 eine eindeutige Antwort zu diesem Thema: Im Herbst 1990 wünschten sich 75% der Deutschen, dass sich Deutschland aus internationalen Konflikten heraushält. Nur 23% der Deutschen waren für eine Vormachtstellung Deutschlands in Europa. 3.7 Das wiedervereinigte Deutschland: Die Einheit hat die historische Sicht der Deutschen auf sich Selbst und auch die Sicht von Außen auf die deutsche Geschichte sehr stark verändert. Die Einstellung zur Geschichte hat sich gewandelt. Vor der Einheit war der primäre Referenzpunkt der deutschen Geschichte das Jahr 1945. Nach der Einheit wurden die Wendejahre 1989/90 zu einem zusätzlichen wichtigen Referenzpunkt deutscher Geschichte. Verschiedene Gründe tragen zur Bedeutsamkeit der Wende-Geschichte bei. Der erste ist der Verlauf der Einheit, während dessen die DDR-Bürger ihr Schicksal in die eigene Hand nahmen und sich durch eine friedliche Revolution aus einem diktatorischen Staat befreit haben. Zusätzlich waren die Wahlen im März 1990 in der DDR, die Einführung der DM im Sommer und schließlich die formale Wiedervereinigung am 03. Oktober 1990 ein Beweis der Selbstbestimmung aller Deutschen. Sie haben gezeigt, dass die Deutschen aus Ost und West wieder begonnen hatten, eine gemeinsame Geschichte zu schreiben. Der zweite Grund war der Glauben, dass die Wiedervereinigung das Ende der deutschen Trennung und somit das Ende einer ideologischen, sozialen und kulturellen Fragmentation bedeuten würde. Der dritte Grund beinhaltet, dass die Einheit Deutschland endlich zu einem normalen Staat im Herzen Europas machen würde und somit der deutsche Sonderweg zum Ende gebracht wurde. Der letzte Grund beinhaltet die mögliche Antwort auf die bis dato unbeantwortete Frage nach der deutschen Identität. Vor der Wiedervereinigung hatten die Deutschen im Ost- und Westteil des Landes keinen gemeinsamen Referenzpunkt in der Vergangenheit, der positive Identität stiften konnte. Der Zeit des Nationalsozialismus folgten 40 Jahre der Trennung. Die Wiedervereinigung hat diese Anomalie beendet und den Deutschen seit 1990 die Chance gegeben, wieder gemeinsame Geschichte schreiben zu können. Die Zeit seit der Einheit hat gezeigt, dass Deutschland zu einem normalen Staat geworden ist, der in jeder Beziehung in der internationalen Politik als gleichwertiger Partner gesehen wird, auch aus dem Grund, weil das deutsche Volk im Osten des Landes selbst zu dieser elementaren politischen Veränderung beigetragen hat. Deutschland hat bewiesen, dass es den Weg zurück in die Normalität erfolgreich beschreitet. Die gesellschaftliche Fragmentation, die so genannte Mauer in den Köpfen, wurde noch nicht vollständig abgebaut. Jedoch ist dies aufgrund der 40jährigen Trennung und der damit verbundenen unterschiedlichen Sozialisation in zwei konträren politischen Systemen nur evolutionär über einen langen Zeitraum möglich. Direkt nach der deutschen Einheit stellte sich die Frage, ob die West- und Ostdeutschen wirklich Gesamtdeutsche werden wollen. Es ist bezeichnend für die Meinung im Volk, dass die führende politische Klasse unter Helmut Kohl eine Volksabstimmung zur Wiedervereinigung scheute. Die Einheit wurde von oben dekretiert, da der Ausgang einer solchen Abstimmung äußerst ungewiss gewesen wäre. So entstand am 3. Oktober 1990 zum ersten Mal in der deutschen Geschichte ein Nationalstaat aufgrund des Impulses einer friedlichen demokratischen Bewegung. Das neue Deutschland wurde ohne Krieg, Terror und im Einvernehmen mit den Nachbarländern und der restlichen Welt geschaffen. Die innere Einheit, der Abbau der Mauer in den Köpfen, wird, wie bereits gesagt, noch einige Zeit brauchen. Es ist wichtig, die Bedeutung von 1945, die damit verbundene Erinnerung an die Verbrechen der Nazis und die Befreiung von Außen durch die Alliierten, als wichtigen Punkt in der deutschen Geschichte zu konservieren. Auf der anderen Seite sollte die nationalsozialistische Vergangenheit nicht der einzige Referenzpunkt deutscher Geschichte darstellen. Die Wichtigkeit der Wendejahre 1989/90 darf nicht durch die nationalsozialistische Vergangenheit gemildert werden. Die friedliche Revolution und die selbstbestimmte Geschichte hat Deutschland dazu verholfen, wieder ein normaler Staat zu werden. Die Nation hat ihren Sonderweg verlassen. Die Berliner Republik ist ihren Nachbarn ähnlicher, als jeder andere deutsche Staat des 20. Jahrhunderts.

Über den Autor

Daniel König, M.A., wurde 1977 in Adenau geboren. Nach seiner kaufmännischen Berufsausbildung absolvierte der Autor einen sozialwissenschaftlichen Bachelorstudiengang. Im Masterstudium spezialisierte er sich auf Demokratisches Regieren und Gesellschaftlichen Wandel. Momentan arbeitet er an seiner Promotion. Im Verlauf seines Studiums spezialisierte sich der Autor auf die Themen Nationale Identität und Migration. Berufliche Tätigkeit: Der Autor war nach seinem Studium zwei Jahre im Bereich Marketing und Öffentlichkeitsarbeit in der Musikindustrie tätig und im Anschluss zwei Jahre als Wissenschaftlicher Projektleiter für eine private Fachhochschule.

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