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Soziologie

Johanna Wolf

Menschenrechte im Spannungsfeld zwischen Universalismus und Kulturrelativismus

ISBN: 978-3-95934-638-2

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 108
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Menschenrechte sind bis heute nicht unumstritten. Vor über einem halben Jahrhundert verfasste die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte mit dem Anspruch auf universale, angeborene und unveräußerliche Menschenrechte. Die Jahresberichte von amnesty international und Human Rights Watch zeugen jedoch von anhaltenden Menschenrechtsverletzungen. Im philosophischen Diskurs wird die Legimitation von Menschenrechten hinterfragt: das Menschenrechtskonzept zwischen Universalität und Kulturrelativismus. Dieser Diskurs soll in der vorliegenden Studie näher beleuchtet werden. Die zentrale Fragestellung lautet dabei: Inwieweit ist das Konzept der Menschenrechte mit den verschiedenen kulturellen Traditionen vereinbar? Kann oder darf es Subjekt der Modifizierung sein, um sich einzelnen kulturellen Traditionen anzupassen? Oder müssten vielmehr die jeweiligen kulturellen Traditionen, die nicht mit dem Menschenrechtskonzept vereinbar sind, angepasst und modifiziert werden?

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3, Die Theorie des Universalismus: Die Menschenrechte verstehen sich, wie im Zitat von Maurice Cranston bereits veranschaulicht wurde, als natürliche, allgemeingültige, universelle und unveräußerliche Rechte eines Menschen. D.h. sie sind jedem Individuum allein aufgrund seiner Existenz als menschliches Wesen eigen. Für die Universalität der Menschenrechte gibt es mehrere Begründungszugänge, die in diesem Kapitel vorgestellt werden. Obwohl im Folgenden u.a. zwei ideengeschichtliche Positionen als Begründungsansätze der Universalität der Menschenrechte angeführt werden, soll nicht der Eindruck entstehen, die Entstehung der Menschenrechte sei eindeutig in der abendländischen Tradition zu verankern. Dies ist eine weitere große Debatte, die in Kapitel 4.7 erläutert wird. Vielmehr schließe ich mich dem Philosophieprofessor Heiner Bielefeldt und dem indischen Philosophen Sudipta Kaviraj an. Beide Autoren leugnen keineswegs die Einflüsse einzelner historischer Ereignisse der westlichen Welt auf die Entwicklung der Menschenrechte, warnen jedoch vor der Betrachtung der Menschenrechte als inhärenter Bestandteil einer ungebrochenen europäischen Kulturtradition und einer Rückinterpretation moderner Einsichten in die ideengeschichtliche Entwicklung der westlichen Welt. Ein Beispiel für eine falsche Rückinterpretation sind die Forderungen bestimmter Rechte für bestimmte Bürger, die jedoch nicht für alle Menschen gelten, wie die universalistische Begründung der Menschenrechte heute nahe legen würde. Bereits im antiken Griechenland und auch später in den jungen Vereinigten Staaten von Amerika wurde erkannt, dass Sklaven den Freien gleichgestellt sein sollten. Dies hatte jedoch keineswegs zur Folge, dass die Sklaverei bald abgeschafft wurde. Die Theorie des Universalismus ist weitaus stärker vertreten als die Gegenpositionen, die in Form des Konstruktivismus, des Pluralismus, des Kulturrelativismus, der in Kapitel 4 vorgestellt wird, oder teilweise auch des Kommunitarismus auftauchen. Neben internationalen staatlichen, interstaatlichen und nicht-staatlichen Organisationen gibt es viele Wissenschaftler aller geistes- und sozialwissenschaftlichen Fachrichtungen, die sich dem Universalismus zuordnen. Einige der wichtigsten Vertreter sind: Ludger Kühnhardt, Alain Finkielkraut, Heiner Bielefeldt und Bassam Tibi. Sie sollen sowohl in diesem Kapitel zur Erläuterung der Universalismustheorie, als auch in der Kritik am Vorwurf des Werteimperialismus in Kapitel 6 zu Wort kommen. Als erster Ansatz wird die ontologische Position erläutert, die m. E. die Grundlage für alle anderen Herangehensweisen universalistischer Theorie bildet. Anschließend soll die naturrechtliche Denktradition vorgestellt werden, die chronologisch gesehen die älteste der hier dargestellten Ansätze ist, dadurch jedoch keineswegs an Bedeutung oder an Anhängern verloren hat. Der dritte Ansatz bezieht sich auf den Einfluss der Aufklärung, besonders durch die Schriften von Immanuel Kant, auf die Entwicklung der Menschenrechte. Als vierter Ansatz wird die christlich-theologisch Begründung zur Universalität der Menschenrechte dargestellt. Der letzte Ansatz wurde bereits in Kapitel 2.2 angesprochen und bezieht sich auf die völkerrechtlich-positivistische Begründung der Menschenrechte aufgrund der weltweit überwältigenden Zustimmung zur International Bill of Rights. 3.1, Die normativ-ontologische Herangehensweise: Eine normativ-ontologische Herangehensweise setzt voraus, dass es eine objektive Wahrheit gibt, die es zu erkennen gilt. Anders als beim Konstruktivismus, ist also die Wirklichkeit nicht nur perspektivisch, d.h. nur durch die Augen eines Individuums – auch eines Wissenschaftlers – wahrnehmbar und damit immer subjektiv, sondern durch die richtige Herangehensweise auch objektiv erkennbar und erklärbar. Die normative Komponente des Ansatzes zeigt sich in dem Wunsch, die Welt nicht nur zu erklären, sondern Vorschläge zu machen, wie sie zu verbessern wäre. Man will Normen schaffen, die die Wirklichkeit lenken. Viele Philosophen haben sich dieses Ansatzes bedient. So stellt zum Beispiel das Höhlengleichnis Platons einen Versuch dar, die Wirklichkeit zu erklären. Nach seinem Gleichnis sitzen die Menschen in einer Höhle und sehen nur die Schatten der wirklich existierenden Dinge, die sich außerhalb ihres Blickfelds befinden. Sie sind durch die Perspektive in ihrer Höhle beschränkt und halten irrtümlich die Schatten für die real existierenden Dinge. Platon setzt damit die Existenz der reellen Dinge voraus, ohne sie bereits zu kennen. Ein wiederholter Vorwurf, der von Kulturrelativisten an die Universalität der Menschenrechte jedoch gestellt wird – hier von Pak Chong Tai formuliert – ist der der mangelnden Durchsetzbarkeit der Menschenrechte: Ein Problem liegt aber darin, dass die konzeptionelle und staatsrechtliche Universalität der Menschenrechte für sich keine reale Universalität ausmacht. Durch die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in aller Welt, sei die fehlende Anerkennung und begrenzte Anwendbarkeit des Konzepts der Menschenrechte sichtbar. Dies würde auf eine normativ-ontologische Begründung des Menschenrechtskonzepts jedoch nicht zutreffen, da dieses von der Durchsetzbarkeit unabhängig ist. 3.2, Naturrechtliche Begründung der Universalität: In der griechischen wie auch später in der römischen Stoa, wird zum ersten Mal das Prinzip der Gleichheit der Menschen erkannt. Die griechische Stoa hat eine rein theoretische Bedeutung, wobei die römische Stoa mit Cicero, Seneca, Epiktet und Marc Aurel versucht, die normativen Überlegungen in die politische Praxis einfließen zu lassen. Parallel zur realen Welt existierte nach griechisch-stoischer Lehre ein Reich der Vernunft, logos, an dem jeder Mensch ungeachtet seiner sozialen Stellung Teil hat. In der römischen Stoa taucht korrespondierend der Ansatz vom naturrechtlichen Verständnis in Form der Zugehörigkeit jedes Einzelnen zur ‚civitas maxima’, der vernunftbegabten gesamten Menschheit, auf. Der Politiker und Jurist Marcus Tullius Cicero bestimmt das ‚lex naturae’ als vorstaatliches, universelles und unveränderbares Gesetz, das keine Verkürzung, keine Abschaffung [duldet]... Es gilt in Rom wie in Athen, heute und morgen. Füralle Völker und alle Zeiten wird es ewig und unveränderlich bestehen . Bei den Stoikern wird der Bezug dieses Rechts oder Gesetzes auf alle Mitglieder der Gesellschaft, unabhängig ihrer sozialen Stellung, offensichtlich: Keinem ist die Tugend verschlossen, allen steht sie offen, alle lässt sie zu, alle lädt sie ein: Freigeborene, Freigelassene, Sklaven, Könige und Vertriebene. Sie sieht nicht die Familie an, noch das Vermögen: der Mensch allein ist ihr genug . Obwohl deutlich wird, dass das hier angesprochene Naturrecht alle Menschen, unabhängig von ihrem sozialen Status, mit einschließt, erfährt es keine Positivierung im Sinne einer Rechtsverbindlichkeit. Der Philosoph John Locke (1632-1704) stellt in seinem Werk Two Treatises of Government von 1688 fest, dass alle Menschen frei und gleich geschaffen und voneinander unabhängig sind und außerdem über bestimmte unveräußerliche Rechte verfügen, zu denen das Recht auf Leben, Freiheit und Eigentum gehört. Lockes Eigentumsbegriff ist weit gefasst. Er versteht, ganz im Sinne seiner Zeit, unter ,Eigentum’ nicht nur die Besitztümer eines Menschen, sondern darüber hinaus die freie Verfügung über seine Person. Die berühmte Rechtetrias von Leben, Freiheit und Eigentum wird später als Grundlage für wichtige Menschenrechtsdokumente dienen. Erst durch die Französische Revolution und die aus ihr entstandene Déclaration des droits de l’homme et du citoyen von 1789 und die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika fanden Menschenrechte ihren Eingang in staatliche Verfassungen. Auch heute gilt die naturrechtliche Begründung der Würde des Menschen mit seiner Existenz als menschliches Wesen als das Hauptargument der Vertreter des Universalismus. Eine Errungenschaft der heutigen Zeit ist die Betonung der Vorstaatlichkeit der Menschenrechte. Ihre Begründung auf der Existenz des menschlichen Wesens muss unabhängig von den jeweiligen politischen und sozialen Bedingungen bestehen, um eine Entwicklung von bloßen Bürgerrechten zu allgemeinen Menschenrechten zu erreichen.

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