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- Mehr als 'nur' die Fans: Community, Conventions, Wettbewerbe und Internetplattformen. Die Manga- und Animeszene stellt sich vor - Band I
Soziologie
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 232
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Bei diesem Buch handelt es sich um den ersten Band eines doppelbändigen Werkes über die Strukturen, Motivationen und Entwicklungen der Manga- und Animeszene. Den Kern der Manga- und Animeszene, die Ende der 1990er Jahre entstanden war, bilden die Fans. Aber was wäre eine Community (Fangemeinde) ohne Treffpunkte, auf denen sich die Fans real oder virtuell treffen, Informationen austauschen und sich nach außen hin darstellen können? Diese Kommunikations- und Aktionsplattformen, welche zumeist wie Unternehmen geführt werden, sind entscheidend für den Zusammenhalt und das Auftreten einer Szene. Genauso entscheidend sind aber auch die großen Wettbewerbe im Bereich des Cosplays (Cosplay = Kostüm), dessen Anhänger irrtümlich oft mit der Community gleichgesetzt werden und die stark die öffentliche Wahrnehmung dominieren. Eine Szene besteht eben nicht ‚nur‘ aus den Fans, sondern auch aus einer Vielzahl von Peripherieelementen, die ihren Anforderungen entsprechend spezifisch organisiert und strukturiert sind und ihren eigenen Rahmenbedingungen und Sachzwängen folgen. Die Manga- und Animeszene stellt sich vor: Band I wirft einen Blick hinter die Kulissen der einzelnen Elemente wobei die Fans den Anfang machen, gefolgt von den Conventions (Messen), den Wettbewerben und den Internetplattformen. Das Buch lässt sie zu Wort kommen und gibt ihnen eine Stimme. Es erklärt die Rahmenbedingungen und versucht ihre Sachzwänge und Funktionsprozesse darzustellen. In Form von Forumsbeiträgen oder Interviews stellen Fans und Vertreter anderer Peripherieelemente ihre Sicht dar. Auf diese Art und Weise werden Missverständnisse, fehlgeleitete Kommunikation und Konflikte deutlich und können auf ihre Ursachen zurückgeführt werden. Die Autorin greift hierzu auf die Daten eines digitalen Fragebogens, eines Internetforums und einer Vielzahl von Interviews – per Telefon, Mail und vis-á-vis –zurück. Das Ergebnis ist eine Reise durch die Entstehungsgeschichte der Manga- und Animeszene, wobei ein Blick in Richtung Vergangenheit geworfen, die Gegenwart aufgegriffen und mögliche Zukünfte entworfen werden.
Textprobe: Kapitel 2, Der typische Manga- und Anime-Fan: Geschlecht: Zunächst einmal ist er hier in Deutschland weiblich. In Japan, dem Mutterland der Manga und Anime, war dies ursprünglich anders. Manga wurden fast ausschließlich von Männern für Männer gemacht. Erst 1964 gelang es Machiko Satonaka in diese Domäne einzudringen und die Mangawelt für Frauen zu öffnen. Es gab zwar schon zuvor Mangamagazine für Mädchen, aber die wurden von Männern nach ihren Vorstellungen von den Interessen der jungen Fans produziert. Unter diesen Umständen ist es verständlich, dass Mädchen und vor allen Dingen Frauen weitestgehend auf Distanz gingen. Es wurde ihnen auch nicht die Vielfalt an Themen angeboten, wie es den Männern der Fall war. Erst langsam entwickelte sich in Japan die heutige Szene, die noch bunter und schriller ist, als die in Deutschland, vielleicht auch, weil der gesellschaftliche Druck, dem sich die Japaner in ihrem Schul- bzw. Berufs- und Alltagsleben ausgesetzt sehen, um etliches höher ist als hierzulande. So viel ich in Erfahrung bringen konnte, sind aber in Japan die männlichen Fans immer noch in der Überzahl. Hier in Deutschland waren die Fans vor den Hypes der 90er Jahre auch zumeist männlich. Dies änderte sich jedoch drastisch mit der heutigen Mainstreamgeneration. Heute ist das Verhältnis nahezu 4w / 1m, d.h. greift man auf die Umfrage zurück liegt der Mädchenanteil bei 80,4 % oder einem Anteil von 2025 Mädchen, was vielleicht auch an der hohen Bereitschaft zur Teilnahme an solchen Aktionen liegt. Häufig findet oder bekommt man Zahlen in Höhe von etwa 60-70 % mitgeteilt. David Werner, der für seine Masterarbeit an der Universität Bielefeld 2007 eine eigene Umfrage startete, kam auf einen Mädchenanteil von 65,2 %. Anders als in Japan haben sich hierzulande die Mädchen nicht nur für die reinen Mädchenanime (Mila Superstar, Sailor Moon, Doremi etc.) interessiert, sondern stürzten sich mit großer Begeisterung auch auf die eigentlich für Jungen gedachten Filme (Pokémon, Digimon, Naruto etc.). Sie fanden die Jungen und die Tiere süß und die Frauen, die vorkamen, taff. Da die Fernsehsender bei späteren Filmen immer sehr darauf geachtet haben, dass für Jungen und Mädchen etwas dabei war, blieb das lange Zeit auch weiterhin so. Vermutlich liegt das Übergewicht des Mädchen- bzw. Frauenanteils in der Szene auch an der größeren Lese- und Kontaktbereitschaft. Auch sind Hobbys wie Zeichnen/ Malen, Schneidern, Schreiben etc. in Deutschland eher Mädchenkram und nicht cool/hip/krass . In Japan waren jedoch diese Tätigkeiten schon traditionell mit viel Ansehen verbunden und wurden in der Regel von Männern ausgeübt. Viel spricht auch für diese These, da Werner in seiner Arbeit des Weiteren auf damals aktuelle Zahlen aus der AGF/GFK Fernsehforschung zurückgriff, die besagten, dass mit der Ausstrahlung von Serien wie dem Piratenabenteuer One Piece, der Ninjasaga Naruto und der Actionserie Dragonball GT der Marktanteil mit jeweils 48,03 %, 48,7 % und 63,1 % stetig anstieg und Spitzenwerte erreichte, doch die Szene weiterhin von Mädchen bzw. Frauen dominiert wird. Betrachtet man diese Diagramme und Schaubilder, so ist deutlich zu erkennen, dass der durchschnittliche Fan im Alter zwischen 14 - 24 Jahren liegt, wobei die Gruppe zwischen 16 und 22 den eigentlichen Schwerpunkt bildet. Diese Erkenntnisse stimmten auch mit meinen Beobachtungen auf Conventions (Messen) und Fantreffen überein. Es gab natürlich auch jüngere und ältere Fans dort, aber der größte Teil bestand aus Jugendlichen und jungen Erwachsenen dieser Altersgruppe. Stellt man sich jetzt vor, wie diese große Gruppe älter wird, in die Ausbildung geht, in den Berufsalltag eintaucht und Familien gründet, so ist es nicht schwer vorstellbar, dass sich die Prioritäten verschieben werden und die Szene, soll sie nicht die Mehrheit dieser Fans verlieren, Wege finden muss, diese an sich zu binden. Gleichzeitig müssen aber auch die älteren Fans berücksichtigt werden und die ganz jungen nicht vergessen werden. Es ist ein Balanceakt, der die Community in den nächsten Jahren vor nicht zu unterschätzende Herausforderungen bzw.Aufgaben stellen wird. Einige Personen/Elemente/Teile haben diese Problematik bereits erkannt, aber wirkliche Lösungsansätze oder sogar reale Lösungen sind noch nicht wirklich vorhanden. Bildung: Ein häufig geäußertes Vorurteil, mit dem man dieser Szene begegnet, ist, dass sie nur deshalb Manga lese, weil sie bildungstechnisch nichts anderes vermag. Umgangssprachlich ausgedrückt: Sie sind zu blöde, um ein ordentliches Buch zu lesen! Diese Behauptung aber, konnte schon der Fragebogen widerlegen. Von den 2.520 Datensätzen entfielen lediglich 85 oder 3,4% auf den Hauptschulabschluss (9. Klasse) und nur 90 oder 3,6% auf den Hauptschulabschluss (10. Klasse). Immerhin entfielen noch 727 oder 28,8% der Datensätze auf den Realschulabschluss. Das Abitur jedoch stellte mit 1.431 Datensätzen bzw. 56,8 % deutlich die Mehrheit der angestrebten bzw. bereits erworbenen Bildungsabschlüsse. Auch im Forum wurde dieser Eindruck bestätigt. Ich stellte zudem dort die Frage, welche Bücher (außer Manga) denn noch gelesen würden. Das Spektrum reichte von Goethe, Schiller, Thomas Mann über Bestseller aus dem Bereich von Fantasy, Science Fiction, Thriller, Krimi über historische Romane, Liebesromane bis hin zum Sachbuch mit den verschiedensten Thematiken. Also ein sehr untypisches Verhalten im positiven Sinne bei einer Generation, der man im Allgemeinen Lesefauheit nachsagt. Diese Fans sind überaus neugierig und wissbegierig. Sie wollen zwar auch konsumieren, aber sie haben zusätzlich noch Freude am Lernen und möchten alles ganz genau wissen, und sind dementsprechend auch bereit, dafür etwas zu tun. Sie sind aktiv, beweglich und vielseitig interessiert.
Eva Mertens wurde 1963 in Hamm (Westfalen) geboren. 1984 schloss sie die Schule mit der Allgemeinen Hochschulreife ab. Es folgte nach einem viersemestrigen Studium an der Musikhochschule Detmold (klassischer Gesang), welches aus gesundheitlichen Gründen abgebrochen werden musste, eine Ausbildung zur Bankkaufrau. Berufliche Erfahrungen konnte Frau Mertens auch außerhalb des Bankensektors sammeln. Sie arbeitete mehrere Jahre als selbstständige Vermögensberaterin und einige Zeit im Immobilienbereich. Situationsbedingt zeigte sie Flexibilität und gab Gesangs- und Blockflötenunterricht, arbeitete sowohl mit Kindern als auch mit Erwachsenen, war in der Immobielienbranche tätig und beriet Gutacher. 2007 entschloss sich die Autorin eine zweite Ausbildung in Form eines Lehramtsstudiums (Sozialwissenschaften und Germanistik) aufzunehmen, welches sie im Juli 2012 mit dem ersten Staatsexamen erfolgreich abschloss. Inzwischen gilt sie als kompetente Autorin, die in der Lage ist, unterschiedliche Thematiken aufzugreifen und Stellung zu ihnen zu beziehen.