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- Litigation-PR in Deutschland: Wenn die Öffentlichkeit Richter spielt
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 01.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 80
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Der ehemalige Post-Chef Klaus Zumwinkel, die amerikanische Studentin Amanda Knox, der Wettermoderator Jörg Kachelmann oder der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, Josef Ackermann: sie alle haben mehr oder weniger ihrer breiten Bekanntheit in Deutschland Gerichtsverfahren zu verdanken. Ob der Vorwurf der Steuerhinterziehung, der Vergewaltigung oder des Mordes. Sie alle mussten mindestens zwei Urteile über sich ergehen lassen, eines durch das Gericht, das andere durch die Öffentlichkeit. Auch wenn ein Angeklagter in Deutschland so lange als unschuldig gilt, bis er von einem Gericht rechtskräftig verurteilt wurde, zeigen diese Fälle, welche Macht die Medien in Deutschland gerade bei juristischen Auseinandersetzungen besitzen. Den durch die Medien vorverurteilten Moderatoren Jörg Kachelmann und Andreas Türck beispielsweise hat der spätere Freispruch vor Gericht zwar eine Freiheitsstrafe erspart, doch durch die Berichterstattung während der Prozesse, in der auch nach einem Freispruch immer wieder betont wurde, es handele sich nur um einen Freispruch zweiter Klasse , ist den Betroffenen eine berufliche Zukunft in ihrem alten Umfeld kaum mehr möglich. Der Ruf ist ruiniert, die öffentliche Existenz vernichtet. Der Beklagte sieht sich heutzutage häufig einer ‚Umkehrung? der Unschuldsvermutung gegenüber: Er wird als schuldig dargestellt, bis der Beweis seiner Unschuld erbracht ist.
Textprobe: Kapitel 2.3, Litigation-PR in der Praxis: In einer Mediengesellschaft werden anonymen Unternehmen früher oder später natürliche Personen zugeordnet, meist die ihrer Vorstandsvorsitzenden bzw. CEOs. Bei juristischen Auseinandersetzungen ist dies allerdings auch dem deutschen Rechtssystem geschuldet, dass (außer bei gewissen OWiG-Verstößen) keine Anklage gegen die Unternehmen selbst, sondern nur gegen deren Verantwortlichen vorsieht. Die Reputation des Chefs wird somit gleichgesetzt mit der Reputation des Unternehmens (Heinrich, 2012 Kleiner, 2010). So wurde beispielsweise der Mannesmann-Prozess zu einem Ackermann-Prozess, obwohl auch weitere ehemalige Mannesmann-Manager angeklagt waren (Wilmes, 2006). Gerade Manager haben in der heutigen Gesellschaft einen schweren Stand. Ihre Aussagen, ihr Handeln und Verhalten und selbst ihr Privatleben kann unter genauester Beobachtung stehen. Ihre hohen Einkommen sind für viele Bürger ein Sinnbild für verkommene Moral und Ungerechtigkeit. Sie in einem Prozess ‘hängen’ zu sehen, verursacht vielerorts mehr Schadenfreude als Mitleid. Ob die vorgeworfene Tat wirklich begangen wurde, ist oft nur Nebensache, sowohl für die Öffentlichkeit, als auch für die Presse. Gerichtet wird dann oft nicht mehr im Gerichtssaal, sondern im ‘Court of Public Opinion’, dem Gerichtshof der Öffentlichkeit (Haggerty, 2003). Es ist daher eine große Bedrohung für jeden Manager, aber auch für deren Unternehmen, wenn sie angeklagt werden und das mediale Interesse geweckt wird. Denn ‘[e]rst wenn ein rechtlicher Konflikt das mediale Interesse weckt, kann dies zu einer (Unternehmens-)Image schädigenden publizistischen Krise führen’ (Heinrich, 2012, S. 28). Die kommunikative Begleitung durch Litigation-PR-Spezialisten soll den Klienten daher vor allem vor den irreparablen Reputationsschäden und seinen Folgen schützen, die durch falsche Darstellungen in den Medien hervorgerufen werden. Litigation-PR ist daher als ein Instrument zur ‘Waffengleichheit’ zu verstehen, das gegen falsche Aussagen der Medien und Staatsanwaltschaften einen Ausgleich schaffen will. Dies ist der Ausgangspunkt, von dem aus das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit erhalten oder aufgebaut werden soll. Daher setzt Litigation-PR auch nicht erst beim Gerichtsprozess an, sondern schon deutlich früher im Vorfeld. (Reber, Gower, & Robinson, 2006). Ziel ist es vielmehr, den Verlauf eines Prozesses mit Hilfe von gezielter Öffentlichkeitsarbeit zu beeinflussen (Heinrich, 2012). Dies wird zumindest für den Fall gelten, dass es sich beim Klienten um den Angeklagten eines Strafprozesses bzw. den Beklagten eines Zivilprozesses handelt. Bei der Definition von Litigation-PR wird daher nicht von Prozessbegleitung gesprochen, sondern vielmehr von juristischen Auseinandersetzungen, die einem Prozess durchaus vorgelagert sein können. Da Skandalisierung nur dort bekämpft werden kann, wo sie stattfindet, nämlich in den Medien, kommt Litigation-PR die Aufgabe zu Teil, Angriffe auf die Reputation eines Angeschuldigten frühzeitig und mediengerecht zu dementieren (Eisenegger, 2012). Dass es bei der Litigation-PR vor allem um die Wahrnehmung des Klienten in der Öffentlichkeit geht, muss nicht nur mit dem direkten Konfliktgegner, sondern mit einer ganzen Reihe weiterer Interessengruppen kommuniziert werden. Bei einem Unternehmen können dies sowohl die Mitarbeiter, Anteilseigner und Kapitalgeber, wie Banken und Aktionäre, sein, als auch Kunden, Lieferanten und nicht zuletzt die Medien (Heinrich, 2012). Diese Gruppe kann sich unter gewissen Umständen um Personen aus Wirtschaft und Politik, Behörden, Verbänden und weiteren Gruppen erweitern (Lies, 2008, S. 192). Für die Rezipienten der Medien sind Gerichtsprozesse unterhaltsam und spannend, für die Betroffenen jedoch meist ein zu verkraftender Ausnahmezustand (Heinrich, 2012). Da selbst bei einem erfolgreichen Prozessausgang fast immer etwas negatives hängenbleibt, scheint ‘eine rein juristische Lösung des Konfliktes, gerade bei medienwirksamen Rechtsverfahren, nicht mehr ausreichend zu sein (Heinrich, 2012, S. 24). Nach amerikanischen Untersuchungen glauben 42 Prozent der Bevölkerung, dass ‘etwas dran sein müsse’, wenn gegen ein Unternehmen oder dessen Verantwortlichen ermittelt werde. Wird die Anschuldigung von einem Unternehmenssprecher mit einem ‘kein Kommentar’ abgetan, steigert sich die Zahl sogar auf 51 Prozent (Holmes, 2002 siehe auch Hantler, 2003). Bis zum möglicherweise positiven Gerichtsurteil kann das Urteil des ‘Gerichtshofs der Öffentlichkeit’ das Unternehmen bereits die Existenz gekostet haben. Denn ‘rechtliche Verfahren können die Folge einer klassischen Krise sein, aber auch selbst zu einer Krise werden’ (Heinrich, 2012, S. 28). Die Arbeit eines Litigation-PR-Experten beginnt nicht erst mit der Anklage oder dem Prozess, sondern ab der ersten Minute der aufkommenden Krise. Von Anfang an werden Strategien ausgearbeitet, da in jeder Phase eines schwebenden Verfahrens eine Situation ausgelöst werden kann, die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zieht und direkte Kommunikation erfordert (Möhrle, 2012). Es ist daher die Aufgabe von Litigation-PR-Beratern, die Standpunkte der Verteidigung mittels verschiedener PR-Instrumente effektiv und cross-medial zu platzieren, um eine mediale Vorverurteilung des Angeklagten zu verhindern (Holzinger, 2012). Um sich seine Legitimation zu behalten, sollte Litigation-PR dabei aber immer nur ein Werkzeug des Reagierens sein, um Ungleichheiten zu beseitigen, aber niemals ein Agierendes, um Ungleichheit zu schaffen (Hild, 2010). Dabei muss die Zielsetzung sein, die Deutungshoheit über den Fall zu erlangen, damit unwiderruflichen Vorverurteilungen frühzeitig entgegengetreten werden kann (Van Loon et al., 2012). Zum einen wird bei Litigation-PR versucht, bestimmte Personen im Sinne des Auftraggebers zu beeinflussen (z.B. Sachverständige, Investoren, Zeugen, Bankangestellte). Dies geschieht in der Regel durch persönliche Gespräche und Zusendung von Informationen und Dossiers (Streeck, 2010). Zum anderen wird versucht, über die Massenmedien zu beeinflussen. Dabei werden Journalisten entweder mit PR-Material versorgt und ihre wirtschaftliche Not und Unwissenheit ausgenutzt, oder aber mit ihnen zusammengearbeitet. Bestehende Kontakte der Kanzleien zu Fachjournalisten sowie den Rechtsabteilungen der Verlagshäuser, Medienhäuser und – sofern zutreffend – in das Verfahren involvierten Unternehmen sind von unschätzbarem Wert für die Litigation-PR. In der Praxis werden die Kontakte zur Fachpresse und in die Rechtsabteilungen der Medienhäuser dazu genutzt, um den Mandanten schädigende Medienberichterstattung im Vorfeld zu unterbinden oder zumindest einzudämmen. Gleiches gilt natürlich auch für die Kommunikationsberatung: Ihr Netz an Medienkontakten kann die Berichterstattung zu einem Rechtsstreit beeinflussen und das Litigation-PR-Team frühzeitig mit Informationen zu bevorstehenden Veröffentlichungen versorgen. (Van Loon et al., 2012, S. 307) ‘Ein oft unterschätztes, aber durchaus effektives Instrument ist auch das vertrauliche Hintergrundgespräch mit prozesserfahrenen Journalisten aus den Leitmedien’ (Holzinger & Wolff, 2009, S. 206). Es können auch strategisch juristische Fachbeiträge in Fachzeitschriften und Journalen platziert werden, in der Hoffnung, die Gerichte würden sich der ‘herrschenden Lehre’ anschließen und eine durch Literaturzitate belegbare Rechtsmeinung bevorzugen (Christiansen, 2012). Dass dieses Vorgehen Erfolg haben könnte, zeigt die ehemalige Richterin Brigitte Koppenhöfer in einem abgedruckten Interview mit Uwe Wolff (Holzinger & Wolff, 2009, S. 95). Auf die Frage, wodurch Richter in ihrer Meinung am ehesten zu beeinflussen seien, antwortet sie: ‘Durch Rechtsprechung und Literatur’. Gerade bei jahrelangen Wirtschaftsprozessen scheint es ein leichtes, fallspezifische Artikel rechtzeitig in die Fachliteratur zu bringen (Christiansen, 2012). Die wahre Arbeit der Litigation-PR ist es jedoch, die enorme Anzahl an Informationen während eines Gerichtsprozesses dermaßen aufzubereiten, dass sie jeder verstehen kann, auch die Presse (Haggerty, 2012). ‘Da sich nicht wenige Entscheidungsträger gern auf Ergebnisse ihrer ‚eigenen‘ Recherche im Internet verlassen, ist das Platzieren von im Sinne des Auftraggebers positiven Inhalten dort und an prominenter Stelle (die meistens käuflich ist) mittlerweile ein Standardmittel der PR’ (Streeck, 2010, S. 133). Bei Zivilstreitigkeiten werden Zeitungberichte in den für den Anspruchsgegner bedeutsamen Leitmedien platziert, um ihn zum Nachdenken über sein bisher nicht wahrgenommenes Gesprächsangebot zu überdenken (Holzinger & Wolff, 2009). ‘So können die Anwälte durch die Mitarbeit im Litigation-PR-Team externen Einfluss auf die Rechtsfindung und sogar Rechtsprechung im betreuten Fall nehmen’ (Van Loon et al., 2012, S. 309). 2.3.1, Ziele der Litigation-PR: In den USA ist das oberste Ziel der Litigation-PR, den Ausgang von Gerichtsverfahren im Sinne des Mandanteninteresses zu beeinflussen oder auch zu einem außergerichtlichen, vorteilhaften Vergleich zu kommen (Holzinger & Wolff, 2009). Das zweite Ziel ist der Schutz der Reputation des Mandanten, vor, während und nach dem Gerichtsverfahren. In Deutschland sind die Ziele die Gleichen, aber in unterschiedlicher Reihenfolge. Es geht daher zunächst darum, die öffentliche Meinung zu gewinnen und das mediale Umfeld eines Prozesses für den Mandanten positiv zu gestalten – allerdings mit dem Ziel, dadurch das Verfahren zu beeinflussen (Boehme-Neßler, 2010a Heinrich, 2010). Dabei wird bewusst nicht von der Beeinflussung des Urteils, sondern des Verfahrens gesprochen, denn Litigation-PR beginnt nicht erst im Gerichtsaal, sondern spätestens im Ermittlungsverfahren (Reber et al., 2006). Bei Litigation-PR für den Beklagten ist häufig das oberste Ziel, den Fall so schnell wie möglich aus den Medien zu bekommen, um die Reputation des Mandanten nicht noch weiter zu gefährden. In zivilrechtlichen Streitigkeiten kann daher das Ziel sein, einen Vergleich auszuhandeln und es somit überhaupt nicht erst zu einem jahrelangen Rechtsstreit kommen zu lassen. Die Geldforderung, die bei einem Vergleich zu entrichten ist, hat häufig nicht ansatzweise so große Folgen wie jahrelange negative Presseberichterstattung. Allerdings wird ‘Litigation-PR (…) in Deutschland im Zivilrecht fast ausnahmslos auf der Klägerseite in Anspruch genommen’ (Holzinger, 2012). Das Pendant im Strafrecht ist der ‘Deal’ gemäß § 153a StGB, die vorzeitige Verfahrenseinstellung (Holzinger & Wolff, 2009). Auch hier soll das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung nachhaltig und schnell beseitigt werden. Bei Litigation-PR für den Kläger besteht der große Vorteil darin, dass er den Zeitpunkt der Klageeinreichung selbst in der Hand hat. Daher achten Litigation-PR-Berater darauf, die Klage zu einem taktisch günstigen Moment einzureichen, um die gegnerische Seite so schwer wie möglich zu treffen. So bieten sich vor allem Termine der Gegenpartei an, an denen generell eine hohe Medienpräsenz herrscht, wie etwa die Vorstellung eines neuen Produkts, der Quartalszahlen oder die Hauptversammlung. So können sogar Fachjournalisten auf die Klage aufmerksam gemacht werden, die sich sonst mit dem Thema nicht befasst hätten. Wenn dann auch noch der Unternehmenssprecher bei der Konfrontation mit dem Vorwurf ein schlechtes Bild von sich und seinem Unternehmen abgibt, war der Tag für die Litigation-PR-Berater ein voller Erfolg. (Holzinger & Wolff, 2009) ‘Der erfolgreiche Ausgang eines rechtlichen Verfahrens hängt also zunehmend davon ab, inwieweit sich Organisationen in der Öffentlichkeit gegenüber den anderen Verfahrensbeteiligten behaupten können’ (Heinrich, 2012, S. 26). Demnach ist Litigation-PR eine logische Schlussfolgerung der Medialisierung der Gesellschaft (Boehme-Neßler, 2010a). Sie nutzt nur aus, was schon immer der Fall war, nämlich den Einfluss der Öffentlichkeit auf die Gerichte. Schon vor mehr als 30 Jahren schrieb der frühere Bundesrichter Werner Sarstedt: ‘Natürlich stehen die Richter unter dem Druck der öffentlichen Meinung. Und natürlich hat die öffentliche Meinung auf sie Einfluss’ (zitiert nach Gerhardt 2009, S. 248). Durch die heutige Medienlandschaft ist es nur noch viel einfacher geworden, die Öffentlichkeit schneller zu erreichen (und zu manipulieren). ‘So versucht Litigation-PR, rechtliche Fragen als moralische Probleme zu präsentieren und zu bearbeiten’ (Streeck, 2010, S. 137), denn mit der Moral lässt sich die Öffentlichkeit ein, mit juristischen Fragen eher nicht. Allerdings ist dabei immer Fingerspitzengefühl nötig, denn zu offensichtlich darf die Beeinflussung der Medien – und darüber die der Öffentlichkeit – nicht sein. ‘Litigation-PR ist dann besonders gut und wirksam, wenn sie nicht zu sehen oder zu merken ist. Die öffentliche Meinung soll beeinflusst werden, man soll es aber nicht merken’ (Boehme-Neßler, 2010, S. 10). Wenn die Meinung der Öffentlichkeit zu Gunsten des Mandanten beeinflusst wurde, kann ‘Litigation-PR die Ermittlungsrichtung der Staatsanwaltschaft beeinflussen, auch die Prioritäten ihrer Ermittlungen’ (Holzinger & Wolff, 2009, S. 22). Das ist auch nötig, wenn etwas gegen die Waffenungleichheit bei juristischen Auseinandersetzungen getan werden soll. So soll nach dem Litigation-PR-Berater Uwe Wolff nicht nur den großen Unternehmen, sondern vor allem den kleinen geholfen werden: Ob es mächtige Bankhäuser sind, die mit der schieren Macht ihrer mandatierten Großkanzleien einen weniger mächtig juristischen Gegner regelrecht an die Wand drücken oder ob es Großunternehmer sind, die es sich leisten können, mittelständischen Unternehmen über Patentstreitigkeiten das Leben schwer zu machen, weil sie ganz einfach den längeren Atem haben. (Wolff, 2010, S. 121) So ist er sich sicher, dass die strategische Rechtskommunikation zu einer entscheidenden Waffe des schwächeren Teils einer rechtlichen Auseinandersetzung werden kann. Zivilrechtliche Fälle sind oft auf den ersten Blick nicht so interessant wie die Fälle der Strafgerichte. Statt Mord, Totschlag und Vergewaltigung geht es um Patentrecht oder Kapitalmarktrecht, die Fälle dauern nicht Wochen oder Monate und werden im Gericht verhandelt, sondern sie dauern Jahre und werden hauptsächlich über den Schriftverkehr geregelt. Dabei ist das Zivilrecht häufiger Einsatzgebiet von Litigation-PR als das Strafrecht (Holzinger & Wolff, 2009). Denn es kann unter Umständen auch Aufgabe der Litigation-PR sein, das Bewusstsein über diesen Fall über mehrere Jahre in den Medien zu halten (zumindest dann, wenn es sich um Litigation-PR auf Seiten des Klägers handelt). Medien verlieren bei einem solchen Fall schnell den Überblick, sodass sie erinnert werden, aber auch leichter manipuliert werden können. Die Besonderheit beim Zivilrecht ist die Möglichkeit, dass sich gegebenenfalls zwei Parteien gegenüberstehen, die beide Unterstützung durch Litigation-PR-Experten erhalten. Vor allem im Kapitalmarkt- und Kartellrecht werden immer häufiger auf Kommunikationsexperten zurückgegriffen (Holzinger, 2012). Gerade wenn Litigation-PR von den Anwälten allein betrieben wird, gibt es dafür oft neben der Sicherung der Reputation noch einen zweiten Grund. Es sollen ‘die Vertriebswege’ verbessert, sprich Eigen-PR betrieben werden (Gerhardt, 2009 Holzinger & Wolff, 2009). Fraglich bleibt nur, in welcher Reihenfolge diese beiden Ziele verfolgt werden. Die Medien sind für Litigation-PR-Berater jedoch nicht nur Mittel zum Zweck, um die eigene Meinung zu verbreiten. Holzinger und Wolff (2009) sehen Journalisten auch als eine Art Spürhund ohne Ketten. Sie seien oft die besseren Ermittler, da sie sich an keine ermittlungs- und strafprozessualen Vorgaben zu halten hätten, unbürokratisch ins Ausland reisen und jedem Menschen jederzeit Fragen stellen könnten. Journalisten werden daher auch häufig zum Informationsaustausch genutzt und nicht nur zur gezielten Darstellung der eigenen Meinung.
Simon Heinrich, Europajurist, M.A. Journalismus, wurde 1985 in Wiesbaden geboren. Sein Studium der Rechtswissenschaften schloss der Autor 2011 in Würzburg ab, im Jahr 2013 folgte ein Master in Journalismus in München, zusammen mit einer Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule zum Redakteur.
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