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- Kollektive Identitäten, Selbstbilder und Fremdwahrnehmungsmuster von Deutschen und Spaniern
Soziologie
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 104
Abb.: 14
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die im Rahmen dieser Studie behandelte Fremdwahrnehmung ist beeinflusst durch Klischees und einer damit verbundenen Wertigkeit. Um diesen Begriff erfahrbar zu machen, sollen sowohl die deutsche als auch die spanische Identität sowie ihre Gemeinsamkeiten festgelegt werden. Eine Schwierigkeit bei der Einbeziehung von Klischees besteht darin, den Bezug zur Wirklichkeit nicht zu verlieren. Als Arbeitsgrundlage dienen darüber hinaus Bereiche, die Einfluss auf die Ausprägung nationaler Eigenarten haben. Genannt seien auszugsweise kulturelle Werte, soziale Strukturen und historische Prozesse. Studien- und Meinungsumfragen dienen dazu, die sich ergebenden Identitäten auf ihre Aktualität hin zu überprüfen.
Textprobe: Kapitel 4.1, Das Bild der Deutschen im Ausland: Die Karikatur des ‘typischen Deutschen’ (Abb. 4-1) entspricht im Ausland dem gängigen Klischee über Deutschland. So bringen japanische Touristen von ihren Deutschlandreisen Dirndlkleider und Lederhosen oder wenigstens die entsprechend ausgestatteten Trachtenpüppchen mit. In Amerika gelten Erscheinungsformen der bayerischen Volkskultur erst recht als typisch deutsch. Hier zieren Männer mit Lederhosen, Trachtenjanker, Gamsbart am Hut und Maßkrug in der Hand die Werbeplakate in Reisebüros. Selbst an der entfernten Westküste Amerikas wurde mit der Spezialität ‘Oktoberfestwurst’ geworben. Somit funktioniert als Heterostereotyp, als vereinfachte Typisierung von außen, die Inszenierung: Bayern für Deutschland. Und obwohl Deutschland die meisten Nachbarstaaten Europas aufzuweisen hat, ist es erstaunlich, dass nur wenige Nachbarn die Deutschen wirklich kennen. In einigen Ländern werden sie als ‘krauts’ (Kraut) und ‘moffen’ (Muff), ‘boches’ und ‘Piefkes’ bezeichnet. All diese Ausdrücke sind jedoch keineswegs liebevoll gemeint, sondern spiegeln vielmehr Vorurteile wider. Der Begriff ‘krauts’ ist eine meist stereotypisiernde Bezeichnung, die vor allem während des Zweiten Weltkrieges in England gebräuchlich war. Wahrscheinlich ist der Begriff vom Sauerkraut abgeleitet worden, dass als typisch deutsche Speise angesehen wurde. Den Beinamen ‘moffen’ erhielten die Deutschen von den Niederländern. Zogen sie doch drei Jahrhunderte lang in die Niederlande, um dort Arbeit zu suchen. Dort wurden sie Dienstmädchen, Grasmäher und Torfstecher, Matrosen und Ziegler, bekamen also die groben und schlecht bezahlten Jobs. Der Begriff ‘boche’ hat seinen etymologischen Ursprung wahrscheinlich im Wort ‘alboche ?, einer Zusammensetzung aus dem Präfix al – abgekürzt für ‘allemand’ ‘deutsch’ – und boche für ‘caboche’ (‘Dickschädel’). Im 19. Jahrhundert diente die Redewendung ‘tête de boche’ dazu, jemanden als Dickkopf oder Holzkopf zu beschimpfen, da ursprünglich eine ‘boche’ eine Holzkugel war. Als Namenspate des Schmähbegriffs ‘Piefke’ gilt der Kapellmeister Gottfried Piefke, der am 16. Juli 1866 mit der siegreichen preußischen Armee den Boden des heutigen Österreich betrat. Er dirigierte beim Sturm auf die Düppeler Schanzen an vorderster Front sein 300-köpfiges Musikkorps, mit gezogenem Degen schlug er den Takt zum Yorkschen Marsch von Beethoven. Das Allensbacher Demoskopische Institut befragte vor mehr als einem Jahrzehnt über tausend Franzosen und ebenso viele Briten nach den für Deutsche typischen Eigenschaften. Als Ergebnis der Studie kam heraus, dass 53 Prozent der Franzosen den Deutschen das Stichwort ‘fleißig’ zuordneten. Die Briten hingegen gaben diese Eigenschaft in Verbindung mit den Deutschen mit nur 17 Prozent an. Insgesamt waren die Briten mit der Zuordnung der Eigenschaften zurückhaltender und vorsichtiger als die Franzosen. Ein weiterer Gegensatz wurde bei der Bewertung des Charakteristikums ‘arrogant’ deutlich. Hier gaben nur 13 Prozent der Franzosen an, die Deutschen für arrogant zu halten und 7 Prozent stimmten mit der Bezeichnung ‘Angeber’ überein. Die Briten hingegen lagen mit ihrem Urteil viel höher. 38 Prozent hielten die Deutschen für ‘arrogant’ und 21 Prozent für ‘Angeber’. Eine aktuelle Studie aus dem Jahr 2006 der GfK Marktforschung (Nürnberg), in der rund 12.000 Bürger in Deutschland, Großbritannien, Italien, den Niederlanden, Frankreich, Österreich, Polen, Russland, Tschechien und der Türkei befragten wurden, ergab, dass die Deutschen vor allem für gut organisiert, akkurat und leicht pedantisch gehalten werden. Weitere genannte Eigenschaften waren: Zuverlässigkeit, Umgänglichkeit und Geselligkeit. So beschrieb jeder fünfte Niederländer die Deutschen als nette und freundliche Menschen. Immerhin gaben in Russland acht Prozent der Menschen an, dass sie die Deutschen mögen. Auf der anderen Seite hält allerdings nahezu jeder fünfte Tscheche die Deutschen für arrogant. Ebenfalls acht Prozent der Österreicher sagen spontan, dass sie die Deutschen nicht mögen, und knapp jeder zehnte Italiener verbindet Deutschland immer noch mit Hitler und den Nazis. Außerhalb der europäischen Grenzen, kommt gar Verwunderliches zu Tage: Die Amerikaner halten Deutsche für sehr freizügig, die Chinesen für langsam, und Menschen aus Costa Rica finden sie offen und sehr zugänglich. Diese Auskünfte erteilten Austauschschüler des Goethe-Institus, als sie zu den Deutschen befragt wurden. Aber nicht nur Charaktereigenschaften, sondern auch Institutionen wurden unterschiedlich bewertet. So äußerten die Griechen ihr Entsetzen über die vielen Altersheime, die es in Deutschland gibt. US-Amerikaner hingegen betonten die Qualität dieser Einrichtungen und die Japaner beobachten mit Interesse das Aufkommen dieser Institutionen, die es in Japan seit noch nicht allzu langer Zeit gibt. All diese Aussagen sind Hinweise darauf, wie andere Nationen ein Land beurteilen, welche Werte, Normen und Formen in der eigenen Kultur als normal gelten und in anderen kulturellen Kreisen auf Widerspruch stoßen. So muss immer im Hinterkopf behalten werden, von wem und aus welchem kulturellen Umfeld Antworten und Wertungen abgegeben werden. Während sich das Bild von den Deutschen aus einer Reihe höchst gegensätzlicher Facetten zusammensetzt, fallen diese Widersprüche beim Bild von Deutschland als Nation so sehr auseinander, dass man von mindestens sechs unterschiedlichen Bildern sprechen kann. Fragt man Ausländer nach ihren Assoziationen mit Deutschland, so wird man häufig eine Reihe von Produktnamen genannt bekommen, denn offensichtlich gilt im Ausland das Siegel ‘Made in Germany’ immer noch als Qualitätsgarant. Auf diesem Gebiet überwiegt die positive Einschätzung durch unsere Nachbarländer. Sobald man jedoch nach der historischen Geschichte fragt, kommt das Bild vom bösen Deutschland zum Vorschein. Bei ausländischen Touristen, die das Land bereisen, erweckt es jedoch eher einen romantischen Eindruck, der durch Orte wie Heidelberg, Neuschwanstein, Rothenburg ob der Tauber oder auch Rheintal repräsentiert wird. Eng verbunden mit der Romantik ist der folkloristische Eindruck, welcher Deutschland mit Lederhosen, Sauerkraut, Biergärten, Kuckucksuhren und Gartenzwergen assoziiert. Bei einer gebildeten Minderheit von ausländischen Touristen kommt dann noch das Bild des kulturellen Deutschlands hinzu. Oft erfährt und lernt man über den eigenen kulturellen Reichtum erst von Deutschlandreisenden, so z. B. von Opernfans, für die Deutschland ein wahres Eldorado darstellt, denn hier gibt es mehr Opernhäuser als im Rest der Welt. Der Realität am nächsten kommt jedoch das Deutschlandbild derjenigen Ausländer, die sich entschlossen haben für eine gewisse Zeit oder gar für immer hier zu leben. Von ihnen hört man häufig Schmeichelhaftes, denn sie loben die unkomplizierte Offenheit der Deutschen, die Verlässlichkeit von Fahrplänen und sonstigen terminlichen Vereinbarungen. Sie schätzen die Pünktlichkeit, das Funktionieren technischer Anlagen und die allgemeine Sauberkeit, vor allem aber die Toleranz.
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