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Soziologie

Claudia Hörnicke

Kinderarmut in deutschen Sozialreportagen

ISBN: 978-3-8366-8874-1

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 04.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 134
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Den Kindern in Deutschland geht es schlecht und dass dies nicht erst seit kurzem so ist, beweisen uns Zeitungsartikel und Fernsehberichte aus mehreren Jahrzehnten. Das Interesse der Gesellschaft am Thema Kinderarmut und Verwahrlosung ist stetig gewachsen. Und was die Aufmerksamkeit erregt, will genau beobachtet sein. Kinderarmut ist schon lange kein Tabuthema mehr, im Gegenteil. In der Politik wird es heiß diskutiert, in den Medien finden immer mehr Betroffene ein offenes Ohr. Schnell gelangen Streitigkeiten mit den zuständigen Ämtern an die Öffentlichkeit. Vor allem im Fernsehen wird die Thematik in Dokumentationen und Reportagen vermehrt aufgegriffen. Die Sozialreportagen sind stark im Kommen, sie wollen über die Missstände in der Gesellschaft aufklären. Wie und ob sie dies schaffen, wird in diesem Buch untersucht. Anhand von praktischen Filmbeispielen, aus dem staatlichen und privaten TV-Haushalt, werden u.a. folgende Fragen erörtert. Wie wird Armut in den Reportagen im Fernsehen dargestellt? Kommen die Berichte glaubwürdig herüber oder wirken sie inszeniert? Werden Stereotype bestätigt oder sogar verstärkt? Sind die gezeigten Emotionen echt und wie reagieren die Zuschauer auf das Format? Im Mittelpunkt der Sozialreportage stehen vor allem Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben. Doch welchen Ursprung hat diese Form der Reportage und welche Entwicklungen musste sie durchlaufen? Des Weiteren ist ein Überblick über die Situation der Kinder in Deutschland wichtig. Nur wenn man weiß, von welcher Armut gesprochen wird, ihre Ursachen und Erscheinungsformen kennt, kann man sich mit dem Thema in ausgewählten Reportagen objektiv auseinandersetzen und Falschinformationen aufdecken. Abschliessend wird es interessant sein, zu beobachten, wie die Reportage sich unter diesen Gesichtspunkten weiterentwickeln wird und ob sie ihrem ursprünglichen Anspruch weiterhin gerecht werden kann.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 5.2.2, Unterhaltung und Voyeurismus: Das Fernsehen steht neben einer Vielzahl medialer und nicht- medialer Aktivitäten. ‚Fernsehen als Unterhaltung kann damit auch als spielerische Aneignung von Welt gesehen werden, die sich unter den Bedingungen der Befreiung vom Alltagsstress im Rahmen des Alltags und der Lebenswelt vollzieht’. Aber Unterhaltung bis zum Tod? Im Buch Fernsehland ließ sich der Autor auf sarkastische Art und Weise auf das Thema des Voyeurismus ohne Grenzen ein. Die Quoten waren stets wichtiger als das Wohlbefinden des gezeigten Menschen. ,Was soll das heißen? Können wir nicht mehr mit ihm drehen? Mein Produktionsleiter plant schon das Team! – Bist du noch zu retten? Der Mann stirbt vielleicht. An Dreharbeiten ist überhaupt nicht mehr zu denken’! Ohne Rücksicht auf Verluste wird auf alles und jeden die Kamera gehalten, um die Sensationsgier der Zuschauer zu befriedigen. Gibt es doch die meisten Zuschauerbriefe und Diskussionen, wenn eine möglichst kontroverse Sendung über den Bildschirm lief. Zuschauer scheinen es zu lieben über andere zu urteilen oder in das Leben anderer Einblick zu erhalten. ‘Die Faszination des Einblicks in fremdes Leben hat natürlich etwas von sozialem Voyeurismus an sich.’ Da wird schon mal nachgefragt, ob sich denn das Jugendamt endlich eingeschalten hätte, weil die Mutter augenscheinlich zu dumm, zu faul und zu fett wäre, jemals wieder aus ihrer Situation herauszukommen. Wenn Personen im Fernsehen ihr Leben preisgeben, müssen sie damit rechnen, dass am Schnittplatz die Aufnahmen so zusammengestellt werden, dass der Zuschauer ein falsches Bild von dem Geschehen bekommt. In vielen Fällen, beispielsweise in Reality-Dokus (We are family) oder Formaten wie DSDS (Deutschland sucht den Superstar – RTL) werden die Leute absichtlich vorgeführt und lächerlich gemacht, bzw. sie machen sich selbst lächerlich. Beim Zuschauer erzeugt das dann ein Gefühl von Erhabenheit, es erhöht das eigene Selbst in dem Moment, wo andere sich eben zum Affen machen. Genau deswegen sind diese Sendungen vermutlich erfolgreich. Weil man über andere (abschätzig) lachen kann und sich selbst dadurch besser fühlt. Der Mensch ist von sich aus voyeuristisch veranlagt und sensationsbesessen. Der gesunde Menschenverstand scheint des Öfteren auszusetzen, wie sonst lässt sich beispielsweise das Gaffer Phänomen erklären? Und auch vor dem Fernseher sitzen die meisten und gaffen. Danach wird manchmal darüber diskutiert und gestritten was man ändern sollte, doch darüber hinaus aktiv wird kaum einer. ,Gibt es überhaupt noch Bereiche oder Situationen, die nicht gezeigt werden, bei denen die Journalisten die Kamera ausschalten?’ Was darf man drehen und was nicht? TV- Produzent Michael Schomers hat erkannt, dass es bei dem weit verbreiteten Voyeurismus bis hin zum Exhibitionismus schwierig ist in bestimmten Momenten die richtige Entscheidung zu treffen. Manchmal muss man die Personen vor sich selbst schützen, weil diese die Auswirkungen ihres Verhaltens vor der Kamera nicht einschätzen können. Wichtig ist ein verantwortungsbewusster Umgang mit dem Medium Fernsehen und der Macht die es hat. Dazu gehört mindestens den Menschen, die sich filmen lassen, deutlich klar zu machen, auf was sie sich einlassen. ‘Diskussionen um die menschliche Würde, den Schutz der Persönlichkeit, um Ethik und Moral finden hier ihren Rahmen.’ Genauso muss man sich aber auch im Klaren sein, dass der Einsatz einer Kamera oder die bloße Anwesenheit eines Journalisten eine bestimmte Situation erst auslösen kann. Personen im Reality- TV werden oft als Produkt oder Ware gehandelt. Die Produzenten verfolgen mit ihrer Sendung natürlich kommerzielle Interessen. Echte Personen, echte Dramen, richtiges Blut und Tränen ergeben eine bessere Zuschauerresonanz. Reality- TV Sendungen sind auch nicht so kostenintensiv und locken eine große Anzahl an Zuschauern an, was wiederum die Werbemacher anlockt, zu den Ausstrahlungszeiten ihre Produkte zu präsentieren. Reality- TV Gegner sehen in ihnen nur die zur Schaustellung in Not geratener Menschen. ,Diese Darstellung von Leid im Fernsehen trage `zur weiteren Abstumpfung, zur Entsolidarisierung und zur Gewaltbereitschaft des sozialen Denkens und Verhaltens bei.’ Die Sender würden auf den Voyeurismus der Zuschauer spekulieren, was in einem nicht mehr hinzunehmenden Sensationsjournalismus endet. Es handele sich hierbei um die öffentliche Befriedigung von Gafferlust. Die Grenze ist eindeutig überschritten, wenn Personen in böser Absicht bloßgestellt werden. Identifizierbare Berichterstattungen sollten deshalb im Einzelfall abgewogen werden und die Anonymität gewahrt bleiben. ,,Der Mensch muss immer Zweck an sich selbst bleiben, denn es widerspricht der menschlichen Würde, einen Menschen zum bloßen Objekt zu machen.’ Befürworter meinen, dass Reality- TV den prosozialen gesamtgesellschaftlichen Interessen dient. Es würde nur in Form authentischer Reportagen versucht, journalistische Wirklichkeit zu vermitteln. Es wird darauf verwiesen, dass durch viele Reality- TV Formate u.a. in informativer Weise Handlungskompetenz zur Selbst- und Fremdhilfe vermittelt werden. Beide Seiten beruhen allerdings nur auf Mutmaßungen. Außerdem sollte man immer zwischen Sensationslust und Neugier unterscheiden. Zudem kann eine zu geringe Anteilnahme am Geschehen dazu führen, dass dem Rezipienten unterstellt wird, Tragödien anderer nicht im würdigem Maße zur Kenntnis zu nehmen. Auch der […] einzelne Rezipient [ist] ein Individuum mit einer so vielschichtigen Persönlichkeitsstruktur, dass durch die Betrachtung einer (Reality-) Fernsehsendung und die damit einhergehenden akustischen und optischen Mitteilungen nicht ausschließlich ein komplexes Bedürfnis befriedigt wird. Vielmehr ist die Persönlichkeitsstruktur des Individuums so vielschichtig wie seine Reaktion auf einen Kommunikationsprozeß. Ein Millionenpublikum kann keine homogene Einheit bilden, auf die eine Sendung identische rezeptive Wirkungen hat. Je nach Alter, Geschlecht, Intelligenz, politischer Einstellung, sozialer Situation, tatsächlicher und angestrebter Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen, Kenntnissen, Vorstellungen, Erwartungen, Wertesystemen, psychischer Stabilität und der augenblicklichen Verfassung erzielt ein und dieselbe Kommunikation unterschiedliche Wirkungen.

Über den Autor

Claudia Hörnicke wurde 1983 in Oranienburg geboren und verbrachte den Großteil ihrer Kindheit am Stettiner Haff. Später begann sie ihr Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft, Psychologie und Germanistik an der Johann Wolfgang von Goethe Universität Frankfurt am Main. Dieses schloss die Autorin im Jahr 2009 mit dem akademischen Grad der Magistra Artium erfolgreich ab. Bereits während des Studiums sammelte sie Erfahrungen im Analysieren von Film- und Fernsehbeiträgen. Vor allem die aktuelle deutsche Film- und Fernsehlandschaft interessierte die Autorin. Die größte Anziehungskraft hatten hierbei Dokumentationen und Reportagen. Die intensive Beschäftigung mit diesen Medien auch außerhalb von Seminaren, führte zum vorliegenden Buch. Die Begrenzung der Analyse auf den Schwerpunkt Kinderarmut ergibt sich aus dessen Aktualität und Brisanz in unserer heutigen Gesellschaft.

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