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Soziologie


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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 05.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 88
Abb.: 7
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

In Deutschland leben mehr als drei Millionen Muslime. Nahezu die Hälfte von ihnen sind deutsche Staatsbürger und dennoch sind sie bis heute weit davon entfernt, zu einer gesellschaftlichen Selbstverständlichkeit zu werden. Sie lediglich als Muslime wahrzunehmen unterschlägt die Komplexität ihrer Lebensentwürfe und damit ihre Subjektivität. Nur selten wird zwischen Islam und Islamismus, Glaube und Wahn, Religiosität und Intoleranz, sowie Individuum und Kollektiv differenziert. Ziel dieses Buches ist es, den Nachweis zu erbringen, dass Islamfeindlichkeit zu einem ernstzunehmenden gesellschaftlichen Problem herangewachsen ist, wobei die Weichen dafür bereits weit vor der Anwerbung türkischer Gastarbeiter gestellt wurden. Diesem Phänomen müsse gerade die Soziale Arbeit wegen ihres gesellschaftspolitischen Auftrages konsequent entgegen wirken. Konkrete sozialpädagogische Konzepte fehlen allerdings bis zum heutigen Tage. Insofern gilt als weitere Intention dieses Beitrags auf einen Nachholbedarf in Wissenschaft und Praxis hinzuweisen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4.1, Darstellung des Islams in den deutschen Medien: Nahezu täglich präsentieren Medien Berichte über ‘den Islam’ oder über Muslime. Neben Darstellungen über Selbstmordattentäter und Terroranschläge stehen vor allem Berichte über Thematiken im Vordergrund, die mit der muslimischen Bevölkerung innerhalb Deutschlands in Verbindung zu bringen sind. Dies erzeugt die Vorstellung von einer fremden Kultur- und Religionsgemeinschaft in Deutschland, welche sich den hiesigen Lebensumständen nicht anpassen kann oder will. Die Darstellung des Islams in den deutschen Medien ist vielfach Gegenstand der wissenschaftlichen Forschung. Eine Langzeituntersuchung der deutschen überregionalen Presse von Hafez (2007) kommt zu dem Ergebnis, dass ca. 50 Prozent der Beiträge über den Islam im Kontext von Gewaltereignissen, wie etwa Terrorismus, steht. Zehn Prozent der Darstellungen thematisierten den Islam im Zusammenhang mit Konflikten ohne physische Gewalt, wie etwa Repressionen durch Tradition. Laut dieser Studie erreicht die Negativberichterstattung über den Islam den Höchstwert aller erhobenen Themen. Zahlreiche weitere Studien verweisen auf die islamfeindlichen Tendenzen in der medialen Berichterstattung und warnen vor Verzerrungen des Islambildes in der westlichen Öffentlichkeit. Diese ist bedingt durch das Vorherrschen einer selektiven Wahrnehmung von negativen Ereignissen und Entwicklungen, welche eine Feindbildkonstruktion begünstigen und die Annahme stützen, Politik und Religion wären im Islam nicht voneinander zu trennen. So ist die Gleichsetzung des politischen Islams mit dem radikalen Fundamentalismus und des Fundamentalismus mit Terrorismus und Extremismus weit verbreitet (Hafez 2010: 100 ff.). Das Interesse der Medien konzentriert sich dabei besonders auf radikale Aspekte des Islams (vgl. Hafez 2010 Hafez/Richter 2007). Die mediale Darstellung ist nicht ausschließlich für Islamfeindlichkeit verantwortlich zu machen. Doch sie reaktiviert und revitalisiert islamfeindliche Stereotype, sowohl im privat- wie auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen und in den Printmedien (Bühl 2010: 253 f.). Gerade der Mediendiskurs trägt durch die permanente Wiederholung bestimmter Kernaussagen erheblich dazu bei, ‘Wissen’ zur Verfügung zu stellen, welches von der Bevölkerung bereitwillig übernommen, verinnerlicht und reproduziert wird (Schultes/Jäger 2012: 97). Um die vorstehenden Ausführungen zu veranschaulichen, wird im Folgenden der Fokus auf den Islam in den Printmedien, im Fernsehen sowie im Internet gelegt. 4.1.1, Printmedien: In den Printmedien könnte Islamfeindlichkeit anhand zahlreicher Gegenstände, wie beispielsweise Über- und Unterschriften, Auswahl von Reportagen und Interviewgesprächspartnern, Schwerpunktsetzung von Nachrichten und Titelbildern analysiert werden. Eine analytische Auseinandersetzung mit Titelbildern renommierter Magazine, wie sie Achim Bühl im Rahmen seiner Forschung zu ‘Islamfeindlichkeit in Deutschland. Ursprünge, Akteure, Stereotype’ (2010) für die Titelbilder der Wochenmagazine ‘Stern’, ‘Spiegel’ und ‘Focus’ vornahm, ist sinnvoll und aufschlussreich zugleich. In jedem Kiosk und nahezu jedem Supermarkt liegen diese Magazine öffentlichkeitswirksam aus und erreichen eine hohe Aufmerksamkeit. Selbst wenn diese Magazine nicht gekauft werden, hinterlassen die Darstellungen, Aussagen und Wirkungen der Titelbilder beim Adressaten eine nachhaltige Botschaft. Anhand dieser Titelbilder konnte er verschiedene Stereotype klassifizieren, welche hier kurz skizziert werden: Ein Stereotyp ist ‘Der Islam als Ursprung wie Ursache internationaler Gewalt’. Die übermächtige, und wie bereits in Kapitel 3 festgestellte historische, Gleichsetzung des Islams mit Gewalt findet sich in Verbindung mit dem internationalen Terrorismus auf diversen Titelbildern deutscher Printmedien wieder. Exemplarisch hierfür ist ein ‘Spiegel-Special’-Heft (vgl. Abb. 1) mit dem Titel ‘Allahs blutiges Land’. Hierbei wurde die Metapher des Blutes genutzt, um eine Verbindung zwischen Gewalt und Terror herzustellen (Bühl 2010: 231). Als ‘Die Politisierung des Islams’ klassifiziert Bühl einen weiteren Stereotyp. Damit wird eine Darstellung bezeichnet, die den Islam als primär politische und weniger als religiöse Macht darstellt. Beispielhaft kann hier die Spiegel-Ausgabe vom Dezember 2007 (vgl. Abb. 2) angeführt werden (Bühl 2010: 232 ff.). Zu sehen ist auf diesem Titelbild eine verschleierte Frau, welche den Koran in den Händen hält. Die Bildunterschrift ‘das mächtigste Buch der Welt’ verdeutlicht die angenommene politische Wirkungsmacht dieses Stereotyps. Bühl benennt als weitere stereotype Kategorisierung den ‘Islam als unmittelbare Gefahr und Bedrohung’ wahrzunehmen. Es existiert eine ganze Auswahl an Titelbildern, welche in Verbindung von Text, Bildmaterial und/oder Symbolik die Gefährlichkeit des Islams beschwört. So titelte der ‘Stern’ in seiner Ausgabe vom September 2007 (vgl. Abb. 3) ‘Wie gefährlich ist der Islam?’. Diese als rhetorisch zu bezeichnende Frage differenziert nicht zwischen dem Islam als Religion und terroristischen Gruppierungen. Die Frage erzeugt die Vermutung, dass der Islam insgesamt mit Terror, Terroristen und/oder Terrorzellen verknüpft ist (Bühl 2010: 235). Die nächste Kategorie der von Bühl festgestellten Stereotypisierung der islamfeindlichen Darstellungen, beinhaltet das ‘Schüren [von] Angst vor Islamisierung und Überfremdung’. Der Titel des ‘Spiegel’ vom März 2007 lautet ‘Mekka Deutschland. Die stille Islamisierung’ (vgl. Abb. 4). Die Verwendung des Wortes ‘stille’ suggeriert, dass sich die Mehrheitsbevölkerung nicht gegen eine Unterwanderung wehren könnte, da es sich um einen schleichenden Prozess handeln würde. Die Motive der schleichenden Islamisierung und die Angst vor Überfremdung werden auch vom ‘Spiegel-Special’-Heft Nr. 2/2008 (vgl. Abb. 5) aufgegriffen. Hier lautete der Titel: ‘Allah im Abendland. Der Islam und die Deutschen’. Der Begriff ‘Abendland’ verweist unter anderem auf die jahrhundertealte Bipolarität zwischen dem christlichen Abendland und dem muslimischen Morgenland. Damit wird die Auffassung der Nicht-Zugehörigkeit des Islams in der westlichen Welt verstärkt und reaktiviert (Bühl 2010: 236 f.). ‘Der Islam als Konkurrent des Christentums’ ist eine weitere von Bühl herausgearbeitete stereotype Kategorisierung. Die christliche Islamfeindlichkeit wird aus der Konkurrenzsituation der drei monotheistischen Religionen erzeugt. Dies aufgreifend, titelte der ‘Spiegel’ zur Weihnachtszeit 2008 (vgl. Abb. 6) ‘Abraham. Christen, Juden, Muslime: Wem gehört der Urvater der Religionen?’ Der Titel verstärkt die Betrachtung des Gegeneinanders statt des Miteinanders (Bühl 2010: 238 f.). Ein weiterer Stereotyp betrifft ‘Die Dämonisierung des Islams’. Dieser Stereotyp ist ebenso bei seriös geltenden Presseerzeugnissen vorzufinden. So erschien der Focus im November 2004 (vgl. Abb. 7) mit der Überschrift: ‘Unheimliche Gäste’ und den Untertiteln: ‘Die Gegenwelt der Muslime in Deutschland. Ist Multikulti gescheitert?’. Die Dämonisierung der Muslime erfolgte hier durch die Verwendung der Begriffe ‘unheimlich’ und ‘Gegenwelt’, wobei letztere durch eine Unterstellung, die Verwandtschaft des Begriffes ‘Gegenwelt’ mit dem Begriff ‘Unterwelt’ transportierte. Die Bezeichnung der Muslime als ‘Gäste’ betonte dabei nur einmal mehr die angenommene Nicht-Zugehörigkeit zur deutschen Gesellschaft (Bühl 2010: 240). Abschließend ist festzuhalten, dass die Titelbilder der Magazine ‘Focus’, ‘Spiegel’ und ‘Stern’ gemäß Achim Bühl, ein nahezu ‘groteskes Feindbild’ reproduzieren, welches sich in den Köpfen der Mehrheitsbevölkerung durch Prinzipien der steten Wiederholung, der Reaktivierung und Revitalisierung historischer Muster, wie der systematischen Vereinfachung komplexer Zusammenhänge verfestigen (Bühl 2010: 241 f.). Grundsätzlich sind explizite sprachliche Diskriminierungen selten zu finden (Wagner 2010: 337). Jedoch erfolgen sie, wie Bühls Analyse verdeutlicht, subtil. An ihrer Wirkung ändert sich dabei nichts und die durch Bild, Text bzw. Überschrift und Gesamtdarstellung implizierten Abwertungen können unbemerkt in der Bevölkerung ihre Verbreitung finden.

Über den Autor

Steffi von Kuyck-Studzinski wurde 1983 geboren. Aufgewachsen in einer brandenburgischen Kleinstadt nahe der polnischen Grenze wurde sie schon früh mit Vorurteilen und Rassismen konfrontiert. Bereits in jungen Jahren engagierte sie sich daher ehrenamtlich u.a. im Internationalen Jugendverein Guben/Gubin e.V. Die Autorin wurde für ihren gesellschaftspolitischen Einsatz, vor allem in der Jugendarbeit wie in einer Anlaufstelle für Opfer rechtsextremer Gewalt, beispielsweise mit der Teilnahme an der Jugendbegegnung des deutschen Bundestages anlässlich des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus ausgezeichnet. Bis 2014 studierte sie an der HTWK Leipzig Soziale Arbeit. Mit ihrer Arbeit über Islamfeindlichkeit in Deutschland wurde sie mit dem Förderpreis des Fördervereins ihrer Hochschule ausgezeichnet.

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