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Soziologie
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 80
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
In der modernen Welt erlauben uns verschiedene Möglichkeiten der Social Media wie Blog, Wiki und Chat über nationale und kontinentale Grenzen hinweg zu kommunizieren. Im Life-Modus mit nur Sekundenverzögerungen strömen Informationen durch die elektronische Adern des Internets. Das ist die technische Seite der modernen Kommunikation - inhaltlich lassen sich schnell Grenzen etwas anderer Art feststellen. Menschen sind im Unterschied zum Computer nicht technisch jedoch kulturell unterschiedlich ‘programmiert’, was reibungslose Kommunikation über nationale, regionale, kontinentale und damit auch kulturelle Grenzen hinweg verhindert und zu Missverständnissen führen kann. Die Grenze zu Fremdheit rückt immer näher - um Fremdheit zu erleben muss man heute gar nicht mehr in Urlaub fahren oder auf Geschäftsreise gehen: ‘Der Fremde ist in unmittelbarer Nachbarschaft’ (Hunfeld 2004: 66). Das kann ein Nachbar, ein Kollege oder sogar ein Freund sein - jeder hat in seiner Umgebung Menschen, die anderer Kultur oder sogar anderen Kulturen zugehören - Interkulturalität ist zur Realität geworden und zwingt unsere Gesellschaft dazu, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Interkulturelle Kompetenz wird zu einer Schlüsselkompetenz, die ähnlich wie Basisenglisch und Computerwissen in den meisten beruflichen und sozialen Bereichen absolut notwendig sind. Noch werden die Maßnahmen, in denen interkulturelle Kompetenz zum Thema gemacht wird, individuell und gezielt initiiert - sei es in einem Unternehmen als Vorbereitung für Auslandseinsätze oder in einer sozialen Einrichtung, wo Interkulturalität mit hohem Konfliktpotenzial gleichgesetzt wird (z.B. Schulen). Dennoch bin ich überzeugt, dass in nächster Zukunft diese Schlüsselkompetenz als Modul im Bildungs- und Weiterbildungssystem flächendeckend integriert wird. Das Bewusstsein des Bedarfs nimmt zu und wird bald in der Fragestellung nach einer praktischen Umsetzung ausbrechen. Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit der Frage, welche Kompetenzen ein Individuum braucht, um mit Menschen anderer Kulturen - sei es beruflich mit Kollegen oder privat im Alltag - zu kommunizieren und zwar produktiv. ‘Interkulturelle Kompetenz’ ist also einer der zentralen Begriffe dieser Studie, sie wird ausgelegt und ihre inhaltliche Komponente einzeln untersucht und beschrieben. Der zweite Schwerpunkt der vorliegenden Studie ist die Frage ‘Wie lässt sich interkulturelle Kompetenz entwickeln?’. Interkulturelles Training wird als Modul moderner Weiterbildung untersucht, die am häufigsten eingesetzten Methoden beschrieben und auf die Berücksichtigung einzelner Komponenten interkultureller Kompetenz untersucht. Die Fragestellung der vorliegenden Studie ist aus gesammelten Erfahrungen im Rahmen zweier relativ parallel absolvierter Praktika entstanden, nach drei Jahren praktischer Erfahrungen im Bereich ‘Interkulturelle Trainings’ habe ich mich dafür entschieden, im Rahmen einer Studie das Thema auf der wissenschaftlichen Ebene zu untersuchen.
Textprobe: Kapitel 3, Interkulturelles Training - Grundlegendes: Nun wurde in den ersten Kapiteln der vorliegenden Arbeit zum einem der wachsende Bedarf an einer Auseinandersetzung mit Interkulturalität aufgezeichnet und zum anderem interkulturelle Kompetenz ausgelegt und einzelne mögliche Komponenten diskutiert. In diesem Kapitel beschäftige ich mich mit Möglichkeiten, interkulturelle Kompetenz auf- bzw. auszubauen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit unterscheide ich zwischen einem natürlichen Weg, sich interkulturelle Kompetenz anzueignen und einem didaktisch gesteuertem Weg, diese Kompetenz zu erwerben. Unter dem natürlichen Weg, interkulturelle oder jede andere Kompetenz zu entwickeln verstehe ich eine selbständige (außerhalb jeglicher organisierten Maßnahme), bewusste oder auch unbewusste Art und Weise sich Informationen anzueignen und diese zu reflektieren, Erfahrungen zu sammeln, eigene Einstellung sich und der Umwelt gegenüber ständig zu hinterfragen, eine positive Einstellung der Welt gegenüber zu haben oder zu entwickeln, eigene Neugier zu fördern, den eigenen Horizont ständig erweitern zu wollen und letztendlich die Fähigkeit zu entwickeln, jeden Menschen in seinem Anderssein zu akzeptieren und zu respektieren. Diese Behauptung stützt sich auf die Ergebnisse des Kap. 2 - sehen wir uns die einzelnen Komponenten noch ein Mal an: - kulturbezogenes Wissen kann genau wie interkulturelle Erfahrungen durchaus selbständig gesammelt werden - soziale Kompetenzen entwickeln sich im Laufe des Lebens ständig - Metawissen und strategisches Wissen sind Bestandteile einiger Schulfächer und mehrerer Ausbildungskonzepte und Studiengänge - Fremdsprachen und Fachwissen werden im Rahmen eigenständiger Bildungsbausteinen erworben und stellen damit eine Art ‚freie Elemente’ interkultureller Kompetenz dar. Mit anderen Worten, interkulturelle Kompetenz kann durchaus vorhanden sein, ohne dass sie je bewusst aufgebaut wurde. Auf diesen natürlichen Weg wird in der vorliegenden Arbeit nicht weiter eingegangen. Der Fokus bleibt auf dem didaktischen Weg, interkulturelle Kompetenz zu entwickeln - auf interkulturellem Training. Das Wort ‚Training’ kommt aus dem sportlichen Bereich und bedeutet ‘planmäßige Durchführung eines Programms von vielfältigen Übungen zur Ausbildung von Können, Stärkung der Kondition und Steigerung der Leistungsfähigkeit’ (www.duden.de) und wurde ursprünglich ausschließlich für physische Leistungen benutzt. Im 20. Jahrhundert wird das Wort Training immer öfters von anderen Bereichen übernommen, sodass es heute im Bereich Bildung und insbesondere Fort- und Weiterbildung konsequent benutzt wird. Charakteristisch für Trainings sind relativ kurze zeitliche Rahmen (2-5 Tage) und ein starker Fokus auf einer bestimmten Kompetenz. Hier lässt sich auch z.B. der Unterschied zu Seminaren feststellen - nach einem Seminar könnte ein Teilnehmer sagen, er wisse jetzt mehr als davor, nach einem Training sollte er auch mehr können, als davor. Speziell interkulturelles Training wird von O‘Reilly/Arnold (2005:3) so definiert: Interkulturelles Training wird hier verstanden als eine Aus- oder Weiterbildung, die anhand geeigneter Lernmethoden gezielt Menschen mit Fähigkeiten und Kompetenzen ausstattet, die für eine, beiderseitig empfundene, befriedigende und effektive Kommunikation mit Individuen aus unterschiedlichen Kulturen ausschlaggebend sind. Weiter weist er auf einen ‚Anstoß-Charakter’ von solchen Trainings: Hierbei geht es um einen in Gang gesetzten Erkenntnis- und Lernprozess, der nach dem Training weitergeht und der ohne einen definierbaren Endpunkt zu immer größeren interkulturellen Kompetenzen führt. Der Gedanke von ‘in Gang setzen’ ist für O‘Reilly/Arnold sehr wichtig. Da Trainings als Weiterbildungsmaßnahmen meistens sehr kurz sind, kann der Anspruch auf Vollständigkeit nicht gestellt werden. Viel mehr geht es bei interkulturellen Trainings um ‚Türe öffnen’, ‚über den Tellerrand schauen’, Lösungsvorschläge gemeinsam suchen - inwiefern jeder Teilnehmer diesen Weg tatsächlich betritt und wie weit er ihn geht, ist diesem Teilnehmer selbst überlassen. In diesem Kapitel wird als erstes die historische Entwicklung von interkulturellen Trainings verfolgt, mögliche Formate beschrieben und wichtige Schritte im Rahmen einer Konzipierung geschildert. Außerdem werden unterschiedliche Ansätze dargestellt und einige Methoden als Beispiele gebracht. 3.1, Historische Entwicklung: O‘Reilly/Arnold (2005:5) halten den Anfang des 19. Jhd. für Geburtsstunde interkultureller Trainings. Um diese These nachvollziehen zu können, müssen wir vorerst den Begriff Training sowie auch die moderne Verstehensweise von Interkulturalität beiseite legen - all dies kam natürlich viel später. Anfang des 19. Jahrhunderts im damaligen kolonialen Kontext hat das Vereinigte Königreich seine Beamten auf den Aufenthalt in Indien vorbereitet. Diese Vorbereitung sah so aus, dass englische ‚Civil Servants’ erst in ihrer Heimat und später vor Ort in Indien mit verschiedenen Informationen über das Zielland unterrichtet wurden. Laut Stening (1994) wurde eine solche Schulung keineswegs mit dem Wort Kultur in Verbindung gebracht. Als Pionier im Bereich interkulturelle Trainings im heutigen Sinne gilt Edward T. Hall und eine Gruppe von Wissenschaftlern, die in den 50er Jahren am Foreign Service Institute in Washington das erste systematische Weiterbildungsprogramm entwickelt haben, das sich mit Interkulturalität beschäftigt hat und zum Ziel hatte, anthropologische und linguistische Erkenntnisse für die Praxis des Auswärtigen Dienstes nutzbar zu machen. Die ersten Trainings dauerten 4 Wochen und beinhalteten Sprachunterricht und landeskundliche Informationen über das Zielland (Hall 1956:6). In den 60er und 70er Jahren wird der Fokus solcher Vorbereitungen in den USA von Zielländern ins eigene Landesinnere geholt. Der Grund dafür war das wachsende Bewusstsein dafür, dass die ethnische Diversität innerhalb der USA das Zusammenleben enorm beeinflussen kann. Interkulturelle Trainings wurden also nicht nur entwickelt, um Expatriaten auf ihren Auslandaufenthalt vorzubereiten, sondern vor allem um multikulturelle Probleme in den USA zu verringern (O‘Reilly/Arnold 2005:6 vgl. auch Bolten 1999:70-75). Durch ihren historischen Hintergrund wurden die USA als erste mit Interkulturalität konfrontiert und mussten sich mit diesem Aspekt auseinandersetzen, bevor dieses Phänomen in Europa überhaupt definiert wurde. In Europa wurde die Thematik von Expatriatenvorbereitung viel später aufgegriffen und noch später wurde Interkulturalität in Europa als Problempotenzial erkannt, definiert und verbalisiert. Kein Wunder, dass so kurzfristig keine tiefe Auseinandersetzung mit diesen Aspekten stattfinden konnte und aus diesem Grund ‘fertige’ Konzepte interkultureller Vorbereitung aus der angloamerikanischen Praxis und Literatur übernommen wurden. O‘Reilly/Arnold (2005:6) weisen darauf hin, dass viele deutsche Trainer leider nicht erkannt hätten und das immer noch nicht tun, dass in angloamerikanischen Raum entwickelte Konzepte, die logischerweise auf die amerikanische Denkweise stützen, für den deutschen Raum nur bedingt einsetzbar sind. In den 70er Jahren brach eine wissenschaftliche Diskussion über Konvergenz- und Divergenzhypothese aus, woran auch in Deutschland viele Forscher teilgenommen haben. ‚Konvergenzhypothese’ hat sich aus der wachsenden Internationalisierung ergeben und plädierte dafür, dass Unternehmenskulturen mehr beachtet werden sollten, als Nationalkulturen, da die Welt zusammenwachse. Parallel und im Gegensatz dazu hat sich auch die ‚Divergenzhypothese’ durchgesetzt, die wiederum erkannt hatte, wie stark einzelne Kulturen die Zusammenarbeit beeinflussen können und aus diesem Grund auf keinen Fall in ihrer Relevanz herabgestuft werden dürfen (Bolten 1994). Letztendlich hat sich die letzte durchgesetzt und zu einem immer mehr wachsenden Interesse an interkultureller Vorbereitung nicht nur unter Forschern, sondern auch unter den Personalentwicklern international aktiver Unternehmen beitragen. Ein weiterer Aspekt, der die Entwicklung in diesem Bereich angestoßen hat, war die wachsende Jugendaustauschbewegung, die nach dem zweiten Weltkrieg unter anderem Völkerversöhnung und -verständigung als Fokus hatte. Besonders aktiv war in den 70er und 80er Jahren der deutsch-französischer Jugendaustausch, der wiederum viele Konferenzen und Publikationen zum Thema interkultureller Austausch initiiert hatte. Demorgon (1995:50) hält sogar solche Austauschprogramme und darauf ruhende Forschungsprojekte für extrem wichtige Praxisbausteine, die für die weitere wissenschaftliche Entwicklung unverzichtbar wären. Laut Thomas (1996) bleibt bis in die 90er Jahre der Schwerpunkt interkultureller Trainings in Deutschland auf der Vorbereitung von Führungskräften auf ihre Auslandsaufenthalte, obwohl am Rande auch Integration von Immigranten und Austauschschüler sowie -studenten erwähnt wird. Es ist also die Pragmatik, die diese Entwicklungsphase charakterisiert - es geht um den Erfolg entsandter Führungskräfte, die durch ihre interkulturelle Handlungskompetenz möglichst produktiv agieren sollen und die Effektivität von interkulturellen Trainings für ihre Unternehmen spürbar bzw. messbar machen sollen. Bolten (1996:25) formuliert solch hohe Erwartungen an interkulturelle Trainings so: Mittels dieses vertieften Verständnisses erhofften sich international involvierte Manager eine Verbesserung der Fähigkeiten, Eigenkulturelles wie z.B. Organisationsprinzipien oder Führungsstile möglichst reibungslos in Fremdkulturelles zu implementieren.
Natalia Lavrenciuc, MA, wurde 1984 in Moldawien geboren. Ihr Studium der Interkulturellen Germanistik an der Ludwig-Maximilian-Universität München schloss die Autorin im Jahre 2012 mit dem akademischen Grad MA erfolgreich ab. Bereits während des Studiums sammelte die Autorin umfassende praktische Erfahrungen in der Trainings-Branche. Fasziniert von unterschiedlichen Kulturwelten und deren Schnittstellen in ihrem Alltag und Studium, widmete sie sich der Thematik dieses Buches auf wissenschaftlichen Ebene.
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