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- Gesellschaft, Medien und Umwelt: Der Einfluss der Massenmedien auf die Entstehung des ökologischen Bewusstseins in Deutschland
Soziologie
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 10.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 72
Abb.: 11
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
In Zeiten spür- und sichtbarer Folgen von weltweiten klimatischen Veränderungen wird massenmedial auch die Verantwortung des Menschen für diese Umweltfolgen eines Ressourcen verschwendenden Handelns und auf Wachstum ausgerichteten Wirtschaftens in den Blick genommen. Die Arbeit greift dieses aktuelle Thema auf und fragt nach dem Einfluss, den die Massenmedien auf die Entstehung des Umweltbewusstseins ausgeübt haben. Um diese Frage zu beantworten, wird zunächst auf die Begriffe Natur, Umwelt und Ökologie eingegangen. Weiterhin wird die Rolle der Massenkommunikation bzw. der Massenmedien auch unter Rückgriff auf verschiedene beteiligte Akteure geklärt. Das 3. Kapitel rekonstruiert die Geschichte des Umweltbewusstseins in der Bundesrepublik Deutschland, um anschließend im 4. Kapitel analog zu dieser Entwicklung die Genese des Medienthemas ‘Umwelt’ zu beschreiben. Den in Deutschland und in der deutschen Soziologie spätestens seit Ulrich Becks ‘Risikogesellschaft’ (1986) virulenten Begriff des Risikos und die Entstehung des ökologischen Risikobewusstseins wird im 5. Kapitel geklärt. Mittels einer Verbindung von systemtheoretischen Annahmen über Kommunikation und sozialkonstruktivistischer Weltsicht werden die Besonderheiten des ökologischen Risikobewusstseins in Deutschland geklärt. So zeigt sich, dass die Massenmedien einen zentralen Einfluss als Kommunikationsschnittstelle und Katalysator auf die Entstehung eines ökologischen Risikobewusstseins ausübten. Um die Medieneffekte in den Zusammenhang mit dem Wissen um Risiken zu bringen, werden im 6. Kapitel die medienwirkungstheoretischen Ansätze der Agenda-Setting, Wissenskluft-Hypothese und Framing-Analyse präsentiert.
Textprobe: Kapitel 5, ENTSTEHUNG DES ÖKOLOGISCHEN RISIKOBEWUSSTSEINS: Die gemeinschaftliche Wahrnehmung der Umwelt als gefährdet, entwickelt sich prozessual. Galt Radioaktivität um das Jahr 1942 noch als Heilmittel und wurde beispielsweise als Zahnpflegeprodukt verkauft (vgl. Winiwarter/ Knoll 2007: 279), unterliegt diese spätestens mit den Ereignissen von Tschernobyl einem anderen Image. Der Wandel der Einschätzung der Strahlung - von einem gesundheitsfördernden zu einem äußerst gesundheitsschädlichen Tatbestand - könnte dabei kaum größer sein. Risikobewusstsein ist demnach einem Generationsprozess unterworfen und keineswegs als Bestandteil, einer aus sich selbst bestehenden natürlichen Ordnung zu verstehen. So soll im Folgenden der Frage nachgespürt werden: Wie entstehen kollektive Wahrnehmungen einer ökologischen Gefährdung? Wie entsteht Risikobewusstsein? Da der Entstehung des ökologischem Gefährdungsbewusstseins konkrete Sachverhalte der realen Umwelt zu Grunde liegen, denen erst in einem Prozess die Bedeutung des Risikos zugeschrieben wird, soll im Folgenden zunächst der Begriff und Charakter von Risiken näher erläutert werden. 5.1, RISIKO UND KATASTROPHE: Ökologische Risiken existieren, seitdem Menschen in ihre natürliche Umgebung eingreifen, diese verändern und bearbeiten. Der Umgang mit ökologischen Risiken war in früheren Gesellschaften genauso Bestandteil der Alltagspraxis, wie er es heute ist (vgl. Beck 2008). Neu daran ist lediglich das Ausmaß in dem ökologische Risiken der Bevölkerung bewusst sind, denn die Handhabung von Risiken verlangt keine entsprechenden Kenntnisse. So existiert umweltgerechtes Verhalten auch ohne Umweltbewusstsein (vgl. Kuckartz 1998: 2). Dennoch hat sich der Umgang mit ökologischen Risiken von der Neuzeit zur Moderne entschieden gewandelt (vgl. Beck 2008). Die im Prozess der Modernisierung erfolgte Loslösung von Vorstellungen religiöser Vorbestimmung hin zur Wirksamkeit des selbstbestimmten Handelns veränderte auch die Semantik des Risikobegriffes entscheidend. Ulrich Beck bringt dies folgendermaßen zum Ausdruck: ‘Die Welt ist nicht, wie sie ist, sondern ihr Sein und ihre Zukunft setzen Entscheidungen voraus, Entscheidungen, die Nutzen und Schattenseiten gegeneinander abwägen, die Fortschritt und Verfall miteinander verbinden und, wie alles Menschliche, Irrtum, Nichtwissen, Hybris, Kontrollversprechen und am Ende gar den Keim der möglichen Selbstzerstörung in sich tragen’ (Beck 2008: 20, Herv. i.O.). Der Freiraum des Handelns wird somit zum entscheidenden Kriterium und wesentlichen Charakteristikum der modernen Handhabung von Risiken. Die Auffassung von Risiken als Verbindung von ‘Fortschritt und Verfall’ mutet dabei zunächst paradox an. Der scheinbare Widerspruch der Antagonismen löst sich jedoch auf, bei näherer Betrachtung der Entscheidungsräume. Die Abkehr vom Glauben an die Vorherbestimmung ermöglicht es, ökologischen Katastrophen entgegenzusteuern. Ob die Beeinflussung glückt, ist im Moment des Handelns jedoch ungewiss. Der Versuch der Schadensbegrenzung birgt somit die Möglichkeit einer zweiseitigen Entwicklung: Erfolg oder Niedergang - ‘Fortschritt oder Verfall’ (vgl. ebd.: 19ff.). Risiken weisen sich demnach durch einen Charakter der Unbestimmtheit aus und sind von der tatsächlich eingetretenen Katastrophe abzugrenzen. Katastrophen stellen ein räumlich, zeitlich und sozial begrenztes Phänomen dar, das sich zu einer Zeit über eine gewisse Lokalität auswirkt und eine bestimmte Anzahl von Menschen betraf bzw. in seinen Nachwirkungen noch betrifft (vgl. ebd.: 29). Bezogen auf das Beispiel der Radioaktivität lässt sich hierfür der Reaktorunfall von Tschernobyl anführen. Risiken nehmen hingegen der Katastrophe potenzielle Schädigungen vorweg. Sie stellen deren Antizipation dar. Die Möglichkeit einer Katastrophe kennt keine räumlichen, zeitlichen oder sozialen Grenzen. In der Risikokommunikation werden Wahrscheinlichkeiten diskutiert, die unter bestimmten Maßnahmen als relativierbar gelten (vgl. ebd.: 29ff.). Als Beispiel für die Wahrnehmung von Risiken lässt sich die gegenwärtige Beobachtung eines zukünftigen Problems anführen, wie sie sich in der Frage: ‘Wie sicher sind Atomkraftwerke?’ offenbart. Des Weiteren charakterisieren Risiken sich über ihre Kulturdeterminiertheit, wie bereits ein Blick über die Ländergrenze zeigt. Wiederum bezogen auf das Beispiel der Atomenergie, lässt sich erkennen, dass die Position zur Atomkraft in Frankreich klar vom deutschen Standpunkt abweicht. Wurde im Jahr 2000 in Deutschland der Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen (vgl. Ziegeldorf 2008 ), stellt sich zeitgleich für Frankreich heraus, dass dort Atomkraftwerke ein Gut nationalen Stolzes sind (vgl. Caro 2006: 185 f.). Noch deutlicher wird die Kulturvariabilität von Risiken am Beispiel des Waldsterbens. Während die Borkenkäferzunahme in Deutschland Naturschützer, Gastronomie und Tourismuswirtschaft alarmierte (vgl. Diekmann/ Preisendörfer 2001: 50), fand das Thema in Frankreich trotz betroffener Waldbestände vor allem Einzug in die Medien als ‘le waldsterben’ und typisch deutsche Übertreibung (vgl. Spiegel 1984). Der Aspekt der Unbestimmtheit von Risiken, ihre Bewertung als Übertrieben oder reale Gefahr, deutet bereits darauf hin, dass Risiken sich nicht allein kognitiv, über das Wissen zu einem Sachverhalt, beschreiben lassen, sondern stets emotionale Aspekte einbeziehen. Empirische Untersuchungen zur strukturellen Bedingtheit der emotionalen Risikobewertung konnten hierfür einzelne Gesetzmäßigkeiten herausstellen (vgl. Bechmann 1993). So werden Risiken allgemein höher eingeschätzt, wenn viele Menschen gleichzeitig betroffen sind. Ereignisse, die häufiger stattfinden, jedoch mit einer geringeren Anzahl von Geschädigten verbunden sind, werden ungleich als risikoärmer empfunden (vgl. Diekmann/ Preisendörfer 2001: 60). Ein Reaktorunfall erscheint nach diesen Kriterien demnach risikoreicher als das ungleich häufiger eintretende Ereignis eines Autounfalls. Weiterhin werden vertraute, freiwillig eingegangene Risiken, die in der Vergangenheit selten mit Schaden verbunden waren oder bei denen der Schaden sich zeitlich verzögert bzw. kontrollierbar erscheint, tendenziell unterschätzt. Hinzukommt, dass Technologien, die bereits länger bekannt sind, als unbedenklicher eingestuft werden als neuere (vgl. Bechmann 1993: XIII). Dieser Faktorenkatalog der Bewertung von Risiken geht davon aus, dass es einen objektiven Maßstab zur Erfassung der Wahrscheinlichkeit des Eintretens von Ereignissen gibt und emotionale Risikobestimmungen sich über den Bias zu statistischen Bewertung erfassen lassen (vgl. Diekmann/ Preisendörfer 2001). Die Annahme, eine objektive Risikobestimmung sei möglich, ist aus erkenntnistheoretischer Sicht durchaus kritisch zu sehen. Sind ökologische Risiken objektive Tatbestände einer negativen Entwicklung, die lediglich zu entdecken sind oder stellen sie soziale Konstruktionen dar, die allein Relevanz erlangen aus der Bedeutung, die ihnen gesellschaftlich beigemessen wird? Die Frage des Verhältnisses von Objektivität zu Konstruktion eines Risikos reicht dabei über interdisziplinäre Streitigkeiten hinaus. So weist Wolfgang van den Daele darauf hin, dass nur eine genaue Kenntnis der Strukturen, die zur Entstehung von Umweltproblemen beitragen, helfen kann, diese Probleme zu lösen (vgl. 1996: 420). Wenngleich im hiesigen Kontext keine Lösungen ökologischer Probleme angestrebt werden, ist eine Aufschlüsselung ihrer strukturellen Beschaffenheit zwischen Realität und Konstruktion dennoch unerlässlich, da sie den Schlüssel zum Verständnis der Entstehung enthält.
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