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Soziologie

Zofia Bochenek

Frauen in der Sprache

Analyse von ausgewählten polnischen und deutschen juristischen Dokumenten

ISBN: 978-3-8366-8561-0

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 02.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 138
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit stehen deutsche und polnische feministische Linguistinnen. Die Arbeit besteht aus 5 Kapiteln: die ersten vier bilden den theoretischen Teil, im fünften Kapitel wird die Analyse der Personenbezeichnungen in ausgewählten rechtlichen Texten durchgeführt. Im 1. Kapitel wird die Entstehung und Entwicklung der feministischen Linguistik in Deutschland besprochen. Es wird also die Geschichte der Frauenbewegung seit den 70er Jahren bis in die Gegenwart dargestellt sowie die damit zusammenhängenden Untersuchungsgebiete: sprachliche Ungleichbehandlung und Sprachverhalten von Frauen und Männer. Außerdem werden hier die Ansätze der feministischen Sprachkritik in Polen berücksichtigt. Die Darstellung der Bereiche sprachlicher Diskriminierung von Frauen im Deutschen und Polnischen widmet sich das Kapitel 2. Diese Bereiche werden nach Thesen der feministischen Linguistinnen besprochen und sie betreffen Grammatik, Wortbildung und Lexik. Es werden solche Fragen aus der Perspektive der feministischen Linguistik behandelt: Welche Bezeichnungen gibt es für Frauen? Werden Frauen auch genannt, wenn von ihnen die Rede ist oder wenn man über sie spricht? Haben Frauen dieselben Chancen wie Männer, 'gemeint' zu sein? Gibt es dafür Indizien im System einer Sprache, dass Frauen gemeint oder nicht gemeint sind? Zusammenfassend werden die Bereiche aus kontrastiver Sicht Deutsch-Polnisch analysiert, und zwar mit dem Ziel, Unterschiede und Ähnlichkeiten zu markieren. Zu diesem Kapitel gehört auch ein umfangreicher Exkurs über Therapievorschläge der deutschen feministischen Linguistinnen und über postulierte Veränderungen im Polnischen. Gegenstand des Kapitels 3 ist die Darstellung der Möglichkeiten des deutschen und polnischen Sprachsystems im Bereich der Frauenbezeichnungen. Es wird hier auf Wortbildungsmittel der beiden Sprachen eingegangen, die zur Ableitung von femininen Personenbezeichnungen dienen. Im Kapitel 4 werden Stimmen von deutschen und polnischen Linguisten zu Thesen der feministischen Linguistik präsentiert. Es werden hier vor allem Argumente von Gegnern der feministischen Linguistinnen und auch die Art und Weise, auf die sie an dieses Problem herangehen, dargestellt. Den zweiten Teil dieses Kapitels bilden meine Überlegungen zur feministischen Sprachkritik. Das Ziel des analytischen Kapitels ist es, die Thematisierung der Frauen in ausgewählten juristischen Dokumenten zu untersuchen. Es wird gefragt, welche Bezeichnungen für Frauen benutzt werden, und wie auf Frauen Bezug genommen wird. Hierbei werden juristische Dokumente der Analyse unterzogen, weil feministische Linguistinnen gegenüber der Verwendung der Personenbezeichnungen in der Rechtssprache besondere Bedenken äußern. Der Gegenstand der Analyse bilden deutsche und polnische Listen der staatlich anerkannten (Ausbildungs)berufe und ausgewählte Arbeitsverträge, also Dokumente, in denen ziemlich viele Personenbezeichnungen zum Einsatz kommen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.1.2, Personenbezeichnungen: Eine Untergruppe der Personenbezeichnungen, in der – nach Meinung der feministischen Linguistinnen – die Diskriminierung der Frauen besonders sichtbar ist, bilden die Berufsbezeichnungen als Ausdruck der sozialen Geschlechtsrolle. In der deutschen Sprache gibt es drei sprachliche Mittel zur Definierung berufstätiger Frauen. In den Berufszweigen, wo Männer dominieren, werden Frauen am häufigsten mit maskulinen Bezeichnungen benannt, wie z.B. Elektrotechniker, Bauingenieur. Für Pionierinnen auf einem männlich dominierten Gebiet steht vor der maskulinen Berufsbezeichnung das Adjektiv weiblich: weiblicher Soldat, weiblicher Pilot. Sie gelten als semantische Äquivalente der femininen Bezeichnungen, die in bestimmten Berufen sprachlich noch unüblich sind. Rein weibliche Bezeichnungen sind in allen Berufszweigen im Gebrauch, in denen sich Frauen durchgesetzt haben: Lehrerin, Ärztin. Blaszkowska stellt fest, dass in allen drei Fällen Frauen sprachlich degradiert werden. Werden Frauen mit Maskulina bezeichnet, werden ihre Gegenwart, ihre Beiträge, ihre Leistungen nicht beachtet, vernachlässigt und vergessen. In den zusammengesetzten Formen wird ihre Präsenz in der Sprache von dem maskulinen Teil des Ausdrucks beschränkt, der nach weiteren Maskulina verlangt. Strittig mag auch die Anwendung der movierten, mithilfe vom Suffix -in von Maskulina abgeleiteten Formen erscheinen, weil sie eine diskriminierende Struktur aufweisen. Die movierten Formen sind sekundär, weil man schon vorhandene maskuline Bezeichnungen braucht, um sie zu bilden. Die Umkehrung dieses Schemas wird vermieden, obwohl viele maskuline Formen von der femininen abgeleitet werden könnten, wie z.B. Kindergärtnerin – Kindergärtner, Krankenschwester – Krankenbruder, Putzfrau – Putzmann. Stattdessen entstehen immer neue Bezeichnungen für Männer, die in Frauenberufen tätig sind wie: Erzieher, Krankenpfleger, Bodenpfleger. Samel erwähnt dabei, dass Frauen sich selbst mit einem Maskulinum bezeichnen oder von anderen mit einer maskulinen Berufsbezeichnung benannt werden. Bis heute hat sich bei Prestigeberufen die feminine Form noch nicht durchgesetzt, vor allem die obersten Ränge der sozialen Hierarchie ignorieren bislang die sprachsystematische Regel der -in-Bezeichnungen, wie z.B. Frau Rektor, Frau Dekan, Frau Professor, Frau Minister, Frau Präsident usw. Anredeformen, Namen und Titel: Im Gebrauch von Anredeformen, Namen und Titeln unterscheidet Guentherodt zwei Arten frauenfeindlichen Sprachgebrauchs. Die erste ist Sprache, die Frauen ignoriert und ausschließt, weil der Mann als Standard und Norm für den Menschen schlechthin gilt. Frauen werden nicht genannt sondern nur mitgemeint: Liebe Kollegen, Verehrte Kunden. Pusch bemerkt auch, dass Frauen bei derartigen Formulierungen Frauen geringere Chancen des Gemeintseins als Männer haben. Unter Lieben Kollegen können erstens alle Personen von der angesprochenen Gruppe verstanden werden, zweitens alle männlichen Personen in der Gruppe. Für Männer bedeutet das also zwei Chancen des Gemeintseins, für Frauen dagegen nur eine. In der zweiten Art diskriminierender Sprache werden Frauen in Abhängigkeit von Männern dargestellt: die Frau von Doktor Jost, die Witwe von Herrn Steine. Blaszkowska stellt fest, dass die Umkehrung dieses Musters jedoch nicht möglich ist. Die deutsche Sprache kennt solche Wendungen wie Ärztinnenmänner oder Witwer von … nicht. Das Deutsche wird auch als die Sprache dargestellt, die Frauen über ihre Männer definiert und Frauen als zweitrangig und untergeordnet beschreibt. Nach Guentherodt zeigt es sich in der asymmetrischen Benutzung von Namen und Titeln und in der festgefahrenen Anordnung, in der Männer immer zuerst genannt werden: An Herrn Dr. Ernst mit Gattin, Herrn Jürgen Rauer mit Freundin Katja, Bundeskanzler Kohl und Frau Thatcher. Frauen werden als Rangniedrigere behandelt und immer an der zweiten Stelle platziert. Dabei werden ihre Namen und Titel häufig weggelassen. Nur Männer werden ganz genau mit Namen und Titeln benannt. Den Höhepunkt der Asymmetrie bilden in der Anrede die Formen Herr – Frau / Fräulein. Für Männer gibt es eine, für Frauen sogar zwei Anredeformen. Die Abschaffung der Anrede Fräulein wurde schon 1972 per Rundschreiben des Bundesministeriums für den öffentlichen Sprachgebrauch empfohlen. Bis heute ist Fräulein immer noch im öffentlichen Sprachgebrauch der Schweiz vorhanden. Der Duden verzeichnet die Bewertung ‘veraltend’. Der Gebrauch der Anredeformen Frau /Fräulein spiegelt nach Hellinger, Kremer und Schräpel die gesellschaftliche Unterscheidung in verheiratet und nicht verheiratet wider und zwingt auch unser Denken in diese Kategorien. Mit der Anrede Fräulein müssen alle zur Kenntnis nehmen, dass die angeredete Frau nicht verheiratet ist, ob sie dies wollen oder nicht. Die maskuline Anredeform sagt dagegen nichts über den Zivilstand des Mannes aus. Personenbezogene Pronomen: Sprachen, in denen es das grammatische Genus und unterschiedliche Pronomen für männliche und weibliche Wesen gibt, zeigen darin männliche Herrschaftsstrukturen, dass das Pronomen für männliche Wesen auch für gemischtgeschlechtliche Gruppen benutzt werden muss. Auch das Pronominalsystem im Deutschen und insbesondere die indefiniten Pronomen wie man, jemand, niemand, jeder, einer, keiner sind sowohl durch sprachliches Ignorieren und Ausschließen von Frauen als auch durch unterschiedliche Chancen des Gemeintseins gekennzeichnet. Besondere Kontroverse erweckt das Indefinitpronomen man. Nach Duden Grammatik abstrahiert das Indefinitpronomen (unbestimmtes Fürwort) man vom Geschlecht einer oder mehreren Personen und ist neutral. Es umfasst singularische und pluralische Vorstellungen vom Menschen. Nach Weinrich hat das Pronomen man das semantische Merkmal [Person(en)] oder [Mensch(en)]. Pusch erklärt, woran die feministische Sprachkritik Anstoß nimmt, und nämlich daran, dass man sich auf Personen im Allgemeinen bezieht. Dies wird mit seiner Nähe zum Substantiv Mann begründet, die etymologisch und semantisch erfassbar ist. Das Indefinitpronomen man ist vom Substantiv Mann abgeleitet, das im Althochdeutschen gleichzeitig Mann und Mensch bedeutete. Etymologisches Wörterbuch des Deutschen definiert es folgendermaßen: ‘Die alte Bedeutung des Substantivs Mann, nämlich ‚Mensch’, ist erhalten in jemand, niemand und im Indefinitpronomen man’. Das Indefinitpronomen man klingt für feministische Linguistinnen befremdlich, wenn ein weiblicher Zusammenhang gegeben ist. Auch andere Frauen lehnen es immer mehr ab, man in frauenspezifischem Kontext – beispielsweise Schwangerschaft oder Stillen – zu benutzen. Wie kann man seine Schwangerschaft feststellen? Indefinite Pronomen jemand und niemand sind formal geschlechtsneutrale Ausdrücke, die jedoch stets mit der maskulinen Form der Relativ-, Possessiv- und Personalpronomen zusammenfallen, die Assoziationen von Männern hervorrufen. - Ich kenne jemand, der uns helfen könnte. - Kann mir jemand seine Notizen leihen? - Niemand darf es tun, wenn er dazu nicht berechtigt ist. Pronomina jeder, einer und keiner sind schon im Nominativ maskulin markiert. Sie werden aber in Bezug auf Männer und Frauen verwendet. Ihre feminine Entsprechungen jede, eine und keine kann man nur in geschlechtsspezifischer Funktion gebrauchen. Es passiert immer wieder, dass man auf weibliche Personen oder Gruppen mit Maskulinum Bezug nimmt, was oft zur Bildung von sprachunlogischen, gar absurden Aussagen führt: Die Menstruation ist bei jedem ein bisschen anders.

Über den Autor

Zofia Bochenek, Jahrgang 1982, wurde in der kleinen Stadt Ropczyce in Polen geboren. Nach dem Abitur im Jahre 2000 entschied sich die Autorin, Marketing und Management an der Rzeszówer Universität zu studieren. Das Interesse an der deutschen Sprache brachte sie zum Germanistikstudium auch an der Rzeszówer Universität. Im Jahre 2003 schloss sie das Bachelorstudium in Marketing und Management erfolgreich ab. Ihr Studium der Germanistik beendete sie mit dem Magistergrad im Jahre 2006. Bereits während des Studiums sammelte die Autorin praktische Erfahrungen als Lehrerin für die deutsche Sprache. Nach dem Studium arbeitete sie auch als Lehrerin in privaten Sprachschulen. In ihrem beruflichen Leben verwendet sie auch das Wissen aus dem Bereich Ökonomie, indem sie in der Finanzabteilung einer deutschen Firma in Krakau arbeitet. Während des Studiums entwickelte die Autorin besonderes Interesse an angewandter Linguistik und vor allem an Themen und sprachliche Erscheinungen, die von großer Bedeutung sind und die alle Sprachbenutzer irgendwie betreffen. Auf das Thema feministische Linguistik stieß die Autorin ganz zufällig und erkannte sofort, dass es zu den Themen gehört, die der Rede wert sind.

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