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Soziologie


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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 92
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Am 22. Juni 1941 überfiel die deutsche Wehrmacht ohne vorheriges Ultimatum und ohne formale Kriegserklärung die Sowjetunion. Damit wurde nicht nur der deutsch-sowjetische Bündnisvertrag gebrochen, sondern auch ein brutaler, menschenverachtender und verbrecherischer Vernichtungskrieg entfesselt, in welchem sowohl Millionen von deutschen Soldaten gefallen sind als auch Millionen von unschuldigen Sowjetbürgern brutal ermordet worden sind. In der Nachkriegszeit befasste man sich mit der Frage, wer für diesen brutalen Vernichtungskrieg und für den Tod von Millionen unschuldiger Menschen zur Verantwortung gezogen werden sollte. In diesem Zusammenhang verwies man allzu schnell auf die NS-ideologisch geschulten Einheiten der Polizei und der SS, die den 'schmutzigen' Teil des Ostfeldzuges allein zu verantworten hätten. Die Wehrmacht hingegen blieb außen vor. Auf diese Weise entstand der Mythos von der 'sauberen' Wehrmacht. Dieser Mythos besagt nicht anderes, als dass die Wehrmacht ritterlich fürs Vaterland gekämpft hätte und nur ihren militärischen Aufgaben nachgekommen wäre. Mit den 'schmutzigen' Vernichtungstätigkeiten hätte sie nicht in Verbindung gestanden. Bis zur Ersten Wehrmachtsausstellung in den 90er Jahren war es ein öffentliches Tabu, sich mit der Rolle der Wehrmacht im Vernichtungskrieg kritisch auseinanderzusetzen. Eben diese Erste Wehrmachtsausstellung läutete nach Jahrzehnten des Stillschweigens das Ende des öffentlichen Tabus ein und entzauberte den Mythos von der 'sauberen' Wehrmacht in voller Breite. Es wurde daraufhin ein vollkommen neues, bisher unbekanntes Bild von der deutschen Wehrmacht im Russland-Feldzug gewonnen. Die Erkenntnisse entlassen die deutsche Wehrmacht keinesfalls aus ihrer Verantwortung und zeichnen ein sehr düsteres Bild von den deutschen Armeen im Osten. In dieser Studie wird nun der Mythos von der 'sauberen' Wehrmacht in den Mittelpunkt gerückt. Der Fokus liegt auf der Rolle der Wehrmacht beim Mord an den Juden im Ostfeldzug.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3, Die Zusammenarbeit der Wehrmacht mit den SS- und Polizeiverbänden: 3.1, Die Vernichtung der Juden im Militärverwaltungsgebiet: 3.1.1, Struktur des Militärverwaltungsgebietes: Zum Zeitpunkt des Angriffes der Wehrmacht besaß die Sowjetunion ein Staatsgebiet von 22,4 Millionen Quadratkilometer und war damit der größte flächenmäßige Staat auf der Erde. Allerdings war es teilweise nur dünn besiedelt. Das Militärverwaltungsgebiet erstreckte sich aber zu keiner Zeit auf die gesamte der Fläche der Sowjetunion. Außerdem war das Militärverwaltungsgebiet keine feste und unumstößliche Größe. Vielmehr war es ein dynamisches Gebiet, welches sich ständig in Bewegung befand und sich ständig entweder vergrößerte oder verkleinerte. Die Wehrmacht konnte beim Vormarsch im Juni 1941 binnen kürzester Zeit riesige territoriale Gewinne erzielen. Teile des Baltikums, Weißrusslands und der Ukraine gerieten unter deutsche Militärherrschaft. Das Militärverwaltungsgebiet wuchs daher exponentiell an. Die maximale Ausdehnung wurde im Herbst 1941 mit einer Gesamtfläche von etwa einer halben Million Quadratkilometer erreicht. Mit dem Rückzug der Wehrmacht ab März 1943, im Süden der Sowjetunion bereits in der zweiten Hälfte des Jahres 1942, gingen Gebiete verloren und das Militärverwaltungsgebiet verkleinerte sich entsprechend. Des Weiteren verkleinerte sich das Militärverwaltungsgebiet dadurch, indem Gebiete an die Reichskommissariate Ostland und Ukraine übergingen. Doch noch im Juni 1943, als die Rote Armee nach Westen drängte und die Wehrmacht sich zurückzog, standen noch immer 620000 Quadratkilometer unter deutscher Militärherrschaft. Das Militärverwaltungsgebiet wurde in drei militärische Großverbände aufgeteilt, die sogenannten Heeresgruppen, die eine militärische Stärke zwischen 500000 und 1 Million Soldaten besaßen. Die Heeresgruppe Nord, unter dem Befehl von Generalfeldmarschall Wilhelm von Leeb, operierte im Raum des Baltikums mit den heutigen Staaten Lettland, Litauen und Estland. Sie stieß aber auch bis nach Leningrad und Demjansk in der Sowjetunion vor. Die Heeresgruppe Mitte hingegen unter dem Befehl von Generalfeldmarschall Fedor von Bock operierte überwiegend in Weißrussland und stieß bis vor Moskau vor. Zuletzt gab es noch die Heeresgruppe Süd, die von Generalfeldmarschall Gerd von Rundtstedt befehligt wurde. Sie war in der Ukraine tätig. Sie drang bis auf die Halbinsel Krim und nach Charkow vor. Zudem operierte sie im Raum des Kaukasus und erreichte die bekannte Stadt Stalingrad. Jede Heeresgruppe setzte sich zusammen aus a) mehreren Armeen mit ihren Armeegebieten und b) einem rückwärtigen Heeresgebiet. Betrachten wir zunächst die Armee und deren Armeegebiete. Die Armee wurde von einem Armeeoberkommando geführt. Jedem Armeeoberkommando stand ein Armeeoberbefehlshaber vor, der wiederum dem Oberbefehlshaber einer Heeresgruppe fachlich unterstand. Die 16. und 18. Armee, sowie die Panzergruppe 4 waren dem Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Nord unterstellt. Die Heeresgruppe Mitte fasste die 4. und 9. Armee und die Panzergruppe 2 und 3. Und dem Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Süd unterstanden die 6., 11. und 17. Armee, als auch die Panzergruppe 1. Die Stärke einer Armee belief sich auf ca. 120000-200000 Soldaten. Das Gebiet, in welchem eine Armee operierte, nannte man Armeegebiet. Dieses setzte sich zusammen aus einem Gefechtsgebiet, welches aus einem schmalen Steifen an der Hauptkampflinie (HKL) bestand und nicht mehr als 10 bis 20 Kilometer Tiefe aufwies. In diesem Bereich lagen die Kampf- und Versorgungstruppen der Divisionen, sowie die Stäbe der Armeekorps. Die 120-140 Divisionen, die über die Frontlinie im Osten verteilt waren, hatten auch ein kleines Besatzungsgebiet von der Größe von 300 bis 900 Quadratkilometer. In diesen kleinen Besatzungsgebieten, wie Pohl sie nennt, war die Bevölkerungsdicht sehr gering, da diese Gebiete von der Zivilbevölkerung meist vor den Kampfhandlungen verlassen worden sind. Dem Gefechtsgebiet schloss sich das rückwärtige Armeegebiet an. Meist mit einer Tiefe von 50, manchmal aber auch mehr Kilometer Tiefe. Das rückwärtige Armeegebiet variierte in seinem Umfang zwischen 10000 und 40000 Quadratkilometer. Außerdem lebten darin eine halbe bis zu einer Million Sowjetbürger. Im rückwärtigen Armeegebiet war das Armeeoberkommando, die Kriegsgefangenenlager, sowie verschiedene Sicherungs- und Polizeikräfte, sowie die Reserveverbände untergebracht. Die Verantwortung im rückwärtigen Armeegebiet trug der Kommandant des rückwärtigen Armeegebietes (Korück), welcher mit der militärischen Stärke einer Sicherungsdivision vergleichbar war. Seine Aufgabe bestand darin, die allgemeine Sicherung des eroberten Territoriums und die Landesverwaltung zu gewährleisten. Die Korücks der einzelnen Armee waren durchnummeriert. So gab es z. B. bei der Heeresgruppe Mitte zunächst fünf Korücks für die einzelnen Armeen: 532, 559, 580, 585 und 590. Im Gegensatz zum Befehlshaber des rückwärtigen Heeresgebietes war der Korück eng an das jeweilige Armeeoberkommando angebunden und wurde von diesem straff geführt. Er führte die Exekutive in diesem Gebiet im Sinn des jeweiligen Armeeoberkommandos aus. Damit der Korück seine Aufgaben erfüllen konnte, standen ihm und seinem Stab wechselnde Sicherungstruppen zur Verfügung. Außerdem Teile von Sicherungsdivisionen und Landesschützenbataillone. In allen größeren Städten wurden zudem sogenannte Feldkommandanturen eingerichtet, in den kleineren Ortschaften waren dies die Ortskommandanturen. Die Ortskommandantur bildeten die kleinste verwaltungstechnische Einheit innerhalb des Militärverwaltungsgebietes. Diese Kommandanturen unterstanden im Armeegebiet unmittelbar dem Korück. Da der Wehrmacht schlichtweg das Personal fehlte, wurden die Kommandanturen nur an besonders wichtigen Positionen errichtet, wie z. B. an Durchgangsstraßen. Feldkommandanturen besaßen in der Regel eine Stärke von 60-80 Mann. Hingegen die Ortskommandanturen der Stufe 1 30-40 Mann und der Stufe 2 15-20 Mann. Insgesamt lassen sich 65-70 Feldkommandanturen und 300-350 Ortskommandanturen in der gesamten besetzten Sowjetunion zählen, von denen jeweils übe die Hälfte ausschließlich im Militärverwaltungsgebiet tätig war. Neben Einheiten der deutschen Wehrmacht operierten im Armeegebiet auch Einheiten des Reichsführer-SS Himmler. Wie bereits im Kapitel II.2.1 dargestellt, wurde in der Vereinbarung vom 28. April 1941 festgehalten, dass Operationen der Sicherheitspolizei und des SD im Armeegebiet gestattet sind. In diesem Zusammenhang sind die vier Einsatzgruppen zu nennen. In den Armeegebieten der Heeresgruppe Nord war die Einsatzgruppe A unterwegs mit ihren Sonderkommandos 1a, 1b, sowie den Einsatzkommandos 2 und 3. Ihr Einsatzgebiet war das Baltikum. In den Armeegebieten der Heeresgruppe Mitte operierte die Einsatzgruppe B mit den Sonderkommandos 7a, 7b und den Einsatzkommandos 8 und 9. Das Operationsgebiet war Weißrussland. Die Einsatzgruppe C mit den Sonderkommandos 4a, 4b und den Einsatzkommandos 5 und 6 operierte in den Armeegebieten der Heeresgruppe Süd. Ihr Einsatzort war die Ukraine. Im Armeegebiet der 11. Armee war die Einsatzgruppe D unterwegs. Sie bestand aus den Sonderkommandos 10a, 10b und den Einsatzkommandos 11a, 11b und 12. Ihr Einsatzgebiet war Bessarabien, die Südukraine, die Halbinsel Krim, sowie der Kaukasus. Zuletzt sei noch auf die rückwärtigen Heeresgebiete einzugehen. Jedes der drei rückwärtigen Heeresgebiete unterstand einem Befehlshaber, welcher einem der drei Heeresgebietskommandos vorstand. Dieser nannte sich Befehlshaber rückwärtiges Heeresgebiet (Berück). Diese Institution wurde eigenes für den Ostfeldzug geschaffen. Für die Besetzung des Postens des Berücks wurden ältere Generäle reaktiviert, die bereits seit 1939 in Besatzungsverwaltung Erfahrungen gesammelt haben. Der Berück war wiederum dem Oberbefehlshaber der entsprechenden Heeresgruppe formell und disziplinär unterstellt. Im Gegensatz zum Korück, der eng an das entsprechende Armeeoberkommando angebunden war, war der Berück weniger eng an das Heeresgruppenkommando angebunden. Dies galt besonders in Frage der Landesverwaltung. Das rückwärtige Heeresgebiet der Heeresgruppe Nord mit der Nummer 101 wurde bis 1942 von General der Infanterie von Roques befehligt. Der Befehlshaber des rückwärtigen Heeresgebietes 102 der Heeresgruppe Mitte war bis 1943 General der Infanterie von Schenckendorff. Die Nummer 103 trug das rückwärtige Heeresgebiet der Heeresgruppe Süd stand unter dem Befehl von General der Infanterie Karl von Roques und später unter Befehl von General der Infanterie Erich Friderici. Die drei rückwärtigen Heeresgebiete stellten die größte Gebiete unter Militärverwaltung dar. Die einzelnen Befehlshaber hatten zwischen 80000 und 200000 Quadratkilometer zu verwalten. In diesen großen Arealen wohnten zwischen 6 und 9 Millionen Menschen. Die Aufgabe des Berücks unterschied sich nicht im wesentlich von jenen des Korücks. Er war dafür verantwortlich, dass die rückwärtigen Gebiete gesichert wurden, also dass ‘Ruhe und Ordnung’ herrschte. In seinem weiteren Verantwortungsbereich lag aber auch die Unterbringung der Logistik-Truppen, die Sicherung der Nachschublinien der jeweiligen Heeresgruppe und der Transport der Ersatz-Einheiten an die Front. Außerdem befanden sich in rückwärtigen Heeresgebieten weitere Kriegsgefangenenlager. Dem Berück standen unterschiedliche Einheiten zur Verfügung, um seinen Auftrag erfüllen zu können. Im rückwärtigen Heeresgebiet Nord operierten die Sicherungsdivisionen 207, 281 und 285. Im rückwärtigen Heeresgebiet Mitte die Sicherungsdivisionen 221, 286 und 403. Im rückwärtigen Heeresgebiet Süd die Sicherungsdivisionen 213, 444 und 454. Die Sicherungsdivisionen unterstanden unmittelbar dem Berück. Zu den Sicherungsdivisionen kamen noch die aus Landesschützenbataillone bestehenden Sicherungsregimenter, sowie je Division drei Gruppen der Geheimen Feldpolizei dazu. Bei dem schnellen Vormarsch der Wehrmacht im Jahr 1941 standen teilweise keine Besatzungstruppen zur Verfügung, so dass auch Infanteriedivisionen herangezogen und eingesetzt wurden. Die Gebiete, die eine Sicherungsdivision oder eine Infanteriedivision verwalten musste, erstreckten sich auf etwa 40000 Quadratkilometer mit bis zu zwei Millionen Einwohner.

Über den Autor

Bastian Keller wurde 1984 in Rottweil geboren. Sein Studium der Geschichtswissenschaft, Erziehungswissenschaft und der Germanistik an der Eberhard Karls Universität Tübingen schloss er 2012 mit dem Ersten Staatsexamen erfolgreich ab.

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