- Sie befinden sich:
- Fachbücher
- »
- Politik & Gesellschaft - Unsere Neuheiten
- »
- Soziologie
- »
- Der Mensch ist wesenhaft frei. Interreligiöse Elementarpädagogik und Multireligiosität als Schlüsselbegriff im 21. Jahrhundert
Soziologie
» weitere Bücher zum Thema
» Buch empfehlen
» Buch bewerten Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 01.2025
AuflagenNr.: 1
Seiten: 196
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Das vorliegende Buch behandelt eines der aktuellsten Themen unserer pluralistischen Gesellschaft, das durch nationale und internationale Ereignisse große mediale Aufmerksamkeit erfährt: RELIGIONEN. Religionen sind für viele Menschen ein Segen. Doch die Stimmen der Rechtspopulisten werden immer lauter und Hassparolen, Rassismus, Islamophobie, Extremismus, Antisemitismus sowie Radikalisierungstendenzen nehmen stetig zu. Dies erschwert das friedliche Zusammenleben in einem multikulturellen und multireligiösen Land wie Deutschland, das als beliebtes Einwanderungsland in Europa gilt. Ein Pilotprojekt, die Kita Irenicus GmbH - Kindertageseinrichtung der Religionen, widmet sich dieser wichtigen Aufgabe, um nachhaltig Frieden in einer Kindertageseinrichtung mit den Kleinsten unserer Gesellschaft zu fördern. Sie öffnet ihre Türen für alle Religionen und Kulturen und ruft täglich zur Friedenserziehung und zum Dialog auf. Toleranz, Gleichberechtigung, Chancengleichheit und Respekt vor dem vermeintlich Fremden als Ansatz in einer konfliktbeladenen Gesellschaft werden den Kindern bereits in der frühkindlichen Bildung und Erziehung vor dem Beginn der Grundschule religionssensibel von den pädagogischen Fachkräften vermittelt. In einer säkularen, pluralen und hoch individualisierten Gesellschaft kommt der Rolle von Religion eine grundlegende institutionelle Bedeutung für den Zusammenhalt zu, da Kindertageseinrichtungen als Spiegel der Gesellschaft eine wichtige vorschulische Institution darstellen. Die veränderte Kindheit im 21. Jahrhundert, die sich durch die Globalisierung bereits in den Kindertageseinrichtungen im Berufsalltag der Erzieher*innen und in den wachsenden individuellen Ansprüchen in der Betreuung von Kindern aus Familien mit Migrationshintergrund bemerkbar macht, wird in dieser Studie ebenfalls thematisiert. Ziel des Buches ist es, die Chancen einer multireligiösen Gesellschaft aufzuzeigen, die bereits in der frühkindlichen Bildung und Erziehung durch einen (inter-) religiösen Bildungsauftrag unterschiedliche religiöse Werte für alle Kinder und ihre Familien zugänglich macht. Die Forschungsergebnisse dieser Studie stellen den aktuellen Forschungsstand und die Relevanz multireligiöser Bildung und Erziehung in der Elementarpädagogik dar. Sie leistet mit den vorliegenden empirischen Befunden einen Beitrag zur Debatte Religion in der frühen Kindheit und hebt Multireligiosität als Schlüsselbegriff in der Globalisierung im 21. Jahrhundert hervor. Diese Aufgabe ist in Kindertageseinrichtungen noch längst nicht flächendeckend umgesetzt. Um zukünftig für ein nachhaltiges friedliches Zusammenleben der verschiedenen Kulturen und Religionen zu sensibilisieren, bedarf es weiterer Untersuchungen, die die Werte unseres Grundgesetzes gemäß Artikel 1 Absatz 1 und 2 widerspiegeln: (…) [das Bekenntnis] zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt Kinder aus aller Welt in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten zu fördern und ihnen durch die UN-Kinderrechtskonvention das Recht auf (…) Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit zu gewähren. Hier liegt die große Aufgabe für die kommende Generation, in der die Hoffnung auf Versöhnung zwischen den Kulturen und Religionen mit ihrem gemeinsamen Kern des Friedens liegt - und nicht, wie oft in den Medien dargestellt, in Kriegen, die auf religionsbegründete Gewalt beruhen.
Textprobe: Perspektiven und Umsetzungen der interkulturell-interreligiösen Elementarpädagogik Religionsverständnis im Elementar-bereich und die Religionssensibilität in der frühkindlichen Entwicklung […] Um ein verantwortliches Mitglied der Gesellschaft zu werden, benötigt das Kind soziale Kompetenzen und orientierendes Wissen. Zur Werteerziehung gehören die Auseinandersetzung und Identifikation mit Werten und Normen sowie die Thematisierung religiöser Fragen. […] (Gemeinsamer Rahmen der Länder, 2004, p. 4) Zum Thema religiöse Erziehung hat es in den letzten Jahren einen vermehrten öffentlichen Disput gegeben, ob Kinder durch religiöse Erziehung profitieren würden und sie dadurch etwa glücklicher seien oder ob es gar als Verstoß gegen das Kindeswohl gelte (vgl. Schweitzer, 2013, p. 19 f.). Kinder sind bereits durch ihre theologischen sowie philosophischen Fragestellungen, wie beispielsweise über das Leben nach dem Tod oder ihrer Entstehungsgeschichte vor ihrer Geburt, früh elternunabhängig mit religiösen Fragen verbunden, welche nach religionssensiblen16 Antworten in der Erziehung verlangen und demnach eine religionspädagogische Handlungstheorie darstellen, welche sich als ein Teilgebiet der (Sozial-) Pädagogik sowie der Theologie versteht (vgl. Weber, 2014, p. 53). Religiöse Bildung umfasst die Subjekte des Lernens in ihrer Lebenswelt und Weltorientierung, welche die Bedingungen des religiösen Lehrens und Lernens anhand der individuellen Biografie der Lernenden begleitend reflektiere (vgl. Knoblauch, 2019, p. 37). In Artikel 14 der Kinderrechtskonvention17 ist die Religionsfreiheit von Kindern verankert und diese muss in der Ausübung dem Entwicklungsstand des Kindes angepasst werden (vgl. Weber, 2014, p. 33). Der hier diskutierte theologische, pädagogische und religionspädagogische Hintergrund benötigt im Bildungs- und Forschungsbereich die Vorstellungen sowie Erfahrungen der Kinder, die mit ihrer bewussten Interaktionsfähigkeit in die Mitte der Forschung einbezogen werden sollen. Die Kindertageseinrichtungen sollen diese bedeutungsvollen kindlichen Perspektiven durch Eltern und Fachkräfte, die die Kinder als Ko- Konstrukteure betrachten, dementsprechend miteinbinden (vgl. Knoblauch, 2019, p. 27). Interkulturell-interreligiöse Bildung bezeichnet folglich eine wechselseitige Beziehung, worin die Kultur Religion bestimmt sowie die Religion die Kultur beeinflusst und kennzeichnet, dass z.B. die türkische oder arabische Kultur ohne den Einfluss des Islams nicht angemessen zu verstehen sei (vgl. Schweitzer, et al., 2020, p. 24 f.). Das religiöse Lernen im frühkindlichen Bereich impliziert demnach eine Kenntnis, welche über das Lernen der beispielsweise biblischen Geschichten hinaus zu betrachten ist und erschließt demzufolge kognitive Lernerlebnisse und - erfahrungen mit ein, die diese mit der Begegnung sowie den Beziehungen mit anderen Menschen in einer Gemeinschaft und anderen Akteuren miterfasst (vgl. ebd., p. 10 ff.). Das Recht des Kindes auf Religion Der evangelische Theologe und Sozial-wissenschaftler Friedrich Schweitzer, stellt zusammenfassend sieben Perspektiven für eine religiösen Erziehung von Kindern dar, worin sie in ihrer persönlichen Entwicklung anhand mehrerer Aspekte profitieren sollen (vgl. Schweitzer, 2013, p. 20 ff.). Demnach verdeutlicht Schweitzer das Recht des Kindes auf Religion für eine resonante kindliche Entwicklung folgendermaßen (vgl. Weber, 2014, p. 46): Die religiöse Erziehung unterstützt die kindliche Vertrauensbildung - es ist bereits aus der Psychologie bekannt, dass Kinder im frühen Kindesalter das Vertrauen zur umgebenden Welt als eine Grundaufgabe in der psychischen und sozialen Entwicklung fassen (vgl. Schweitzer, 2013, p. 20). Für diese Vertrauensbildung sind primäre Bezugspersonen wie Mutter, Vater u.a. Personen bedeutsam, denn Eltern als primäre Instanz, die für eine sichere Basis der kognitiven Entwicklung mit einer stabilen emotionalen Bindung auf eine optimale Passung zwischen den altersgemäßen Bedürfnissen des Kindes sowie der Gestaltung der kindlichen Umwelt durch die Eltern die Sicherheit in Bindungsbeziehungen zu führen, seien bedeutungsvoll (vgl. Rass, 2011, p. 38 f.).Jedoch ist die religiöse Dimension ebenfalls bedeutsam, in der sich das Kind mit einem vertrauensvollen Gott bekannt machen kann und dann über eine besondere Ressource verfügt, wenn sich durch gravierende Lebensereignisse (wie z.B. Traumata) eine geringere Vertrauensbildung an Menschen im Umfeld des Kindes ereignen sollten (vgl. Schweitzer, 2013, p. 20). Die religiöse Erziehung fördert in schwierigen Situationen die Widerstandskraft (Resilienz) - der vielfach diskutierte Begriff ist in der Pädagogik u.a. deshalb sehr interessant, da sich in der Beobachtung von Kindern in vergleichbar schwierigen Situationen große Unterschiede in der Reaktion aufweisen, welche einige Betroffene mit Traumatisierungen gravierend schädigt, jedoch andere hingegen nahezu ohne erkennbaren Schaden durch die erlebten Erschwernisse hindurchführt (vgl. Rönnau-Böse & Fröhlich-Gildhoff K., 2020, p. 13). So sind z.B. Verhaltensanomalien bei einigen Kindern nach der Trennung ihrer Eltern oder andauernden Problemen im Elternhaus durch schwerwiegende Leistungsabnahme in der Schule sowie Verhaltensauffälligkeiten vermehrt erkennbar, wohingegen Kinder in vergleichbaren Situationen in ihrer Leistungsfähigkeit weiterhin als erfolgreich gelten (vgl. ebd., p. 13 f.). Die Resilienz-Forscherin Amy E. Werner zählt die religiöse Überzeugung18 von Kindern als Schutzfaktor und betont die Widerstandsfähigkeit sowie die Stabilität von Heranwachsenden, die Kinder dadurch auch in schwierigen Lebensereignissen eine sichere sowie unterstützende Basis ermöglichen können (vgl. Schweitzer, 2013, p. 21). Diese persönliche Widerstandsfähigkeit, welche in allen Kindern unterschiedlich komprimiert als Ressource beinhaltet ist, muss vermehrt bereits in der frühkindlichen Entwicklung durch die: […] Resilienzförderung, des Empowerments und der Subjektorientierung […]. (Zimmermann & Sander, 2021, p. 166) verstärkt werden (vgl. Schweitzer, 2013, p. 21). Die Ressource Gottvertrauen soll bei Kindern zu einer Stärkung der Bewältigung von Lebensaufgaben beitragen, welche im Rahmen des religionspädagogischen Handelns in Kindertageseinrichtungen in der Resonanzbildung durch sensible verbale sowie nonverbale behutsame Kommunikationsmuster auch für die Krippenkinder zugänglich gemacht werden soll, da die gelernten Inhalte durch das häufige Wiederholen und der wachsenden kognitiven Reife, die Auffassungsfähigkeit der Kinder unterstützend speichern können (vgl. Szagun, 2021, p. 24 f.).
Rabia Yüksel, M.A., geboren 1987 in Hamburg, schloss 2010 ihr Studium der Sozialen Arbeit/Sozialpädagogik an der Leuphana Universität Lüneburg mit dem Bachelor of Arts ab. Ihre Bachelorthesis mit dem Schwerpunkt Psychiatriebezogene Soziale Arbeit wurde mit der Note sehr gut bewertet und als Fachbuch veröffentlicht. Bereits während des Studiums sammelte die Autorin umfangreiche praktische Erfahrungen in der psychosozialen Versorgung psychisch kranker Eltern sowie in der Kinder- und Jugendhilfe. Ihr Interesse an frühkindlicher Bildung und Erziehung führte sie zum Masterstudiengang Frühe Kindheit: Management von frühkindlichen Bildungseinrichtungen an der Europa-Universität Flensburg, den sie mit dem Master of Arts erfolgreich abschloss. Die Autorin engagiert sich leidenschaftlich für die Weiterentwicklung der Islamischen Religionspädagogik und möchte durch ihre Forschung einen wichtigen Beitrag leisten. Inspiriert vom Pilotprojekt Kita Irenicus GmbH - Kindertageseinrichtung der Religionen in Pforzheim, zeigt sie in ihrem Buch die Relevanz dieser Thematik anhand qualitativer Studienergebnisse auf. Derzeit promoviert sie am Zentrum für Islamische Theologie (ZITh) an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und setzt ihre Forschung in (inter-) religiösen Kindertageseinrichtungen fort. Auch beruflich steht die Autorin in einer öffentlichen Einrichtung im Rahmen der Arbeit des Jugendamtes für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Austausch mit verschiedenen Kulturen und Religionen.