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- Antifeminismus im Zeitungsdiskurs von 1980 - 2013: Untersuchung und Vergleich der antifeministischen Diskursstrategien in den Zeitungsdebatten über den 'Backlash', 'Political Correctness', 'Gender Mainstreaming' und die Frauenquote
Soziologie
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 120
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Antifeministische Denk- und Argumentationsmuster sind – entgegen dem weitverbreiteten Glauben, Feminismus und Emanzipation seien überholt und eine vollständige Gleichstellung von Mann und Frau schon erreicht – noch lange nicht überwunden. Dies zeigt auch die Zeitungsdebatte von 2012/2013 über die Einführung einer Frauenquote: Hier wurden vor allem in konservativen Zeitungen negative Frauenbilder reaktiviert und antifeministische bis frauenfeindliche Argumente ins Feld geführt. Die dabei verwendeten Argumentationsstrategien haben Tradition: Bereits in den 80er Jahren beobachtete Faludi einen Backlash , der sich auch in der Zeitungsberichterstattung niederschlug, und antifeministische Argumente wieder in den gesellschaftlichen Diskurs einführte. Über die 'Political Correctness' – Debatte in den 90er Jahren etablierten sich entsprechende Argumentationsstrategien auch im deutschen Diskurs, wo sie fortwährend weiter reproduziert und aktualisiert wurden. Der Erfolg dieses Prozesses kann auch im antifeministischen Ton der 'Gender Mainstreaming'-Debatte 2006 beobachtet werden. Ziel dieses Buches ist es, die Etablierung, die Entwicklung und den Erfolg dieser antifeministischen Diskursstrategien im Zeitungsdiskurs aufzuzeigen. Als theoretische Grundlage dienen die Thesen Michel Foucaults über den Diskurs und die darin enthaltenden Machtverhältnisse dabei folgt die verwendete Methode Siegfried Jäger und der Duisburger Diskurswerkstatt. Im ersten Teil dieses Buches werden die in den oben genannten Debatten verwendeten antifeministischen Diskursstrategien herausgearbeitet und untersucht. Der zweite Teil dreht sich um die Berichterstattung über die Frauenquote. Hier wurden insgesamt über 140 Artikel aus sieben verschiedenen Zeitungen analysiert und ausgewertet. Die so entstandene diachrone Untersuchung umfasst einen Zeitraum von 30 Jahren und zeigt auf, wie antifeministische Diskursstrategien immer wieder produziert, reproduziert und aktualisiert werden und dabei nicht nur den gesellschaftlichen Diskurs, sondern auch die Einstellung zu feministischen Themen, wie beispielsweise der Frauenquote massiv prägen.
Textprobe: Kapitel 3, Antifeministische Diskurse in den 80er Jahren – der Backlash in den USA: Der Begriff ‚Backlash’ wurde von Susan Faludi in ihrer Analyse über den Erfolg antifeministischer Diskurse in den USA im Zeitraum der 80er Jahre erstmalig verwendet: Faludi stellte fest, dass verschiedene Akteure versuchten, die erst ansatzweise hergestellte Geschlechtergleichheit zu untergraben und erstrittene Erfolge, zum Beispiel im Bereich der weiblichen Berufstätigkeit und körperlichen Selbstbestimmung, ‚zurückzudrehen’. Dieser ‚Backlash’ beschränkte sich nicht nur auf den Medien- bzw. Zeitungsdiskurs, vielmehr arbeitete Faludi antifeministische Argumentationsstrategien auch auf der Ebene der Politik und der Kultur heraus, z.B. im Bereich des Films und der Mode. Mittlerweile ist der Begriff und seine Bedeutung in der feministischen Forschung anerkannt und zwar nicht nur als vergangenes Phänomen: As we enter a new millennium, the backlash against feminism that erupted in the 1980s, and that became more firmly established in the 1990s, continues to escalate and proliferate. Der von Faludi diagnostizierte Backlash der 1980er Jahre ist somit kein Einzelfall: Vielmehr scheint es, dass antifeministische Strategien stets unterschwellig im Diskurs vorhanden sind, dabei immer wieder auftauchen und für eine Zeitspanne den gesellschaftlichen Diskurs dominieren. Fraglich ist, wodurch ein solcher Backlash ausgelöst wird. Ferguson, Katrak und Minor schreiben dazu: ‘Each wave of antifeminism […] arises after certain gains in women’s rights, and aims to erode such successes.’ Auch Faludi sieht die Ursache für den Backlash der 1980er Jahre darin, dass die Chancen der Frauen gestiegen seien, den Kampf um volle Gleichberechtigung zu gewinnen in der Folge zielten die antifeministischen Strategien darauf ab, diese Bedrohung für die wirtschaftliche und soziale Vormachtstellung der Männer abzuwenden. Als ‚Geburtsort’ des Backlash nennt Faludi die evangelikalen Rechten, zu deren Zielen die Rückkehr zu konservativen Geschlechterrollen gehöre. Hier tauchte die zentrale These des Backlash, nämlich dass ‘die Gleichberechtigung der Grund für die Unzufriedenheit der Frauen sei’, zum ersten Mal auf. Von dort aus verbreiteten sich die verwendeten Argumentationsmuster und Strategien immer weiter. Anfang der 80er Jahre hatte sich die fundamentalistische Ideologie ihren Weg ins Weiße Haus gebahnt. Mitte der 80er Jahre, als der Widerstand gegen die Frauenrechte politisch und gesellschaftlich akzeptiert worden war, erfasste sie die Massenkultur. Faludi spricht von einem ‚Medientrend’, in dem dieselben Argumentationsmuster im Zeitungsdiskurs immer wieder aufgegriffen und unhinterfragt weiterverbreitet werden. Sie kritisiert die selbstreferentielle Struktur des Pressewesens, deren Vertreter sich ‘intensiv vom jeweils herrschenden politischen Trend beeinflussen’ lassen, und die durch unkritische Reproduktion antifeministischer Diskursfragmente den antifeministischen ‚Trend’ fortsetzen. So stelle die Presse, insbesondere aufgrund ihrer großen Reichweite und getragen von Strömungen, die kaum je ausgelotet wurden, eine Macht dar, die die allgemeine Einstellung zum feministischen Erbe und zu den angeblichen Leiden, die es den Frauen zufügte, stark beeinflusste. Faludi gibt hier eine akkurate Beschreibung des Diskurses und seiner (Macht-)Wirkung, auch wenn sie die Terminologie der Diskursanalyse nicht verwendet. Ihre Beobachtungen können daher für diese Untersuchung fruchtbar gemacht werden: Der von ihr festgestellte antifeministische ‚Trend’ ist tatsächlich der hegemoniale Diskurs, zu dessen Perpetuierung der Zeitungsdiskurs durch die ständige Produktion und Reproduktion antifeministischer Diskursstrategien wesentlich beiträgt. 3.1, Antifeministische Diskursstrategien: Aufgrund der Pluralität der Sprecher stellt Faludi eine Vielzahl antifeministischer Strategien fest: So würden ‘sowohl die ‚neuesten’ Erkenntnisse der ‚wissenschaftlichen Forschung’’ als auch althergebrachter Moralismus genutzt, um antifeministische Argumente zu stützen. Sie kritisiert zudem, dass oft Behauptungen ohne jeglichen Beweis aufgestellt, und Statistiken sinnverfälschend verwendet werden würden. Viele der antifeministischen Strategien, wie die Strategie der Bedeutungsverschiebung, wirkten zudem subtil: So werde der zuvor positiv besetzte Begriff der Emanzipation als frauenfeindlich deklariert, indem behauptet werde, dass ‘genau die Schritte, die die Stellung der Frau verbessert haben, […] in Wirklichkeit zu ihrem Untergang geführt’ hätten. Der Feminismus werde zudem als Ursache für alle Probleme dargestellt: Man machte die Frauenbewegung für nahezu alles Leid verantwortlich, von dem Frauen heimgesucht werden, von Depressionen bis zu mageren Sparkonten, von Teenager-Selbstmorden bis zu Essstörungen und unreiner Haut. Diese Diskursstrategie, in der dem Feminismus die Schuld an beliebigen gesellschaftlichen Missständen zugeschrieben wird, findet sich auch bei aktuellen Antifeministen. Dabei zeigt Faludis Aufzählung, dass oft der behauptete kausale Zusammenhang zwischen dem festgestellten Übel (z.B. Essstörung) und der angeblichen Ursache (Feminismus) nicht erkennbar ist. Eine weitere Argumentationsfigur der Antifeministen sei die Übertreibung, sowie gezieltes ‚Angstmachen’. So werde behauptet, dass der Feminismus versuche, Männer bzw. Väter abzuschaffen und herabzusetzen. Gewarnt werde außerdem vor einer geplanten oder bereits eingetretenen weiblichen Machtübernahme. Als weitere Strategie nennt Faludi gezielte Verschleierung und Umbenennungen, so sei von ‚familienfreundlichen’ statt ‚frauenfeindlichen’ politischen Programmen die Rede. In den späten 80er Jahren verband sich diese antifeministische Agitation mit dem populär gewordenen Begriff der ‘political correctness’. Auf diese Weise wurde versucht, the varied impacts of feminist thought inside and outside the academy, the establishment of women’s studies and ethnic studies programs in academic institutions, and social welfare programs abzuwehren und rückgängig zu machen. Durch die Berichterstattung über die ‚political correctness’-Debatte in deutschen Zeitungsmedien wurden die antifeministischen und sexistischen Strategien auch im deutschen Diskurs etabliert. 3.2, Ursachen: Als eine der Ursachen für den Erfolg antifeministischer Diskursstrategien nennt Faludi die männlich geprägten Massenmedien. Allerdings stellt sie fest, dass sich auch viele Frauen an der antifeministischen Debatte beteiligten: So stammten ‘etwa ein Drittel der Artikel und fast die Hälfte der die Frauenbewegung denunzierenden Bücher und Pamphlete aus weiblicher Feder’. Eng verbunden mit der Forderung nach einer ‘Rückkehr zur Weiblichkeit’ sei zudem eine ‚Krise der Männlichkeit’. Denn wenn Männlichkeit […] vor allem davon abhängt, ein erstklassiger Ernährer zu sein, dann lässt sich kaum eine größere Bedrohung der fragilen amerikanischen Männlichkeit denken als die feministische Forderung nach ökonomischer Gleichberechtigung. Und wenn Mannsein wirklich in erster Linie heißt, eine Familie versorgen zu können, dann ist es auch nicht mehr verwunderlich, zu welchem Zeitpunkt der Gegenschlag ausbrach – nämlich vor dem Hintergrund der Wirtschaftssituation der 80er Jahre. Faludi zeigt hier, wie eng der Diskurs um Geschlecht und Geschlechtergerechtigkeit mit den ökonomischen und sozialen Bedingungen vernetzt ist: Lohnverringerungen und prekäre Beschäftigungsverhältnisse hätten zu einer Erosion des Einverdienermodelles und daher zu einem Statusverlust des bisher alleinigen männlichen Familienernährers geführt. Daher seien es vor allem junge Männer mit wenig Perspektive, die aufgrund der Unübersehbarkeit politischer und wirtschaftlicher Ursachen für ihre persönliche Situation den Feminismus als Feindbild fanden. Diese seien zwar die Anhänger, nicht aber die Urheber antifeministischer Thesen: Das Programm des Backlashs hätten vielmehr andere entworfen, welche ‘Führungspositionen in Medien, Industrie und Politik bekleideten’. Die (männliche) Masse habe diese Botschaften lediglich aufgenommen, reproduziert und verinnerlicht. So äußert sich der Erfolg antifeministischer Strategien in einem drastischen Mentalitätswandel: Ende der 80er Jahre stellte der American Male Opinion Index fest, dass der demografischen Gruppe der Personen, welche sich dem geschlechterpolitischen Wandel gegenüber feindselig verhalten (‚Change Resisters’), mittlerweile ein Bevölkerungsanteil von 24% angehörte. Diese seien ‘überdurchschnittlich häufig unterbeschäftigt, […] und dem Feminismus gegenüber sehr feindselig eingestellt.’ Später stieg der Anteil der Männer, die sich gegen die Ziele der Frauenbewegung aussprachen, ‘von 48% im Jahr 1988 auf 60% im Jahr 1990’.
Sandra Kiepels studierte Medienwissenschaft und Medienrecht an der Universität zu Köln. Irritiert von der teilweise greifbaren Frauenfeindlichkeit und dem vehementen Antifeminismus, der die Zeitungsberichterstattung über die Frauenquote prägte, beschloss sie, sich intensiver mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Nach über vier Monaten intensiver Recherche, welche insbesondere die Aufarbeitung vergangener Debatten umfasste, in denen ein erstarkender Antifeminismus ebenfalls spürbar geworden war, sowie nach einer ausführlichen Analyse von über 140 Zeitungsartikeln zur Thematik der Frauenquote, entstand das vorliegende Werk. Sandra Kiepels lebt und arbeitet als freie Journalistin in Köln.
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