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Sozialwissenschaften
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 01.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 48
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Seit langer Zeit ist es Ziel US-amerikanischer Außenpolitik, Freiheit und Demokratie in der Welt zu verbreiten. Beispiele für erfolgreiche Demokratisierungen sind Deutschland und Japan. International agierende Terroristen stellen jedoch eine neue Art der Bedrohung für die internationale Sicherheit dar. Staaten, deren Machthaber nicht willens oder fähig sind, diesen Terroristen Einhalt zu gebieten, werden zu Zielen militärischer Interventionen. Die Politikwissenschaft beschäftigt sich seit langem mit der Frage, unter welchen Umständen sich die Liberalisierung und Demokratisierung von Gesellschaften unter autoritärer oder totalitärer Herrschaft vollzieht. Zur Bewertung von Einflussfaktoren, wird zunächst ein theoretischer Bezugsrahmen erarbeitet, der von einem multikausalen Ursachengefüge für Gelingen oder Scheitern militärisch erzwungener Demokratisierung ausgeht. Darauf folgt die empirische Überprüfung dieser Kriterien an den Beispielen Deutschland und Japan für erfolgreiche, sowie Afghanistan und Irak für im Scheitern begriffene Demokratisierungen. Die gewonnen Erkenntnisse werden abschließend hinsichtlich ihrer Relevanz für die Konsolidierung von extern oktroyierten Demokratien bewertet.
Textprobe: Kapitel 2, Auf der Suche nach den Vorbedingungen der Demokratie: Die Geschichte hat gezeigt, dass die demokratische Öffnung eines Regimes generell überall und unter annähernd jeglichen Voraussetzungen erfolgen kann. Jedoch gibt es durchaus Vorbedingungen, die der Etablierung einer konsolidierten Demokratie förderlich sind. Die Theorien identifizieren günstige Bedingungen und Konstellationen im gesellschaftlichen, ökonomischen und kulturellen Bereich. Diese kommen insbesondere zum Tragen, wenn es nach der erzwungenen Institutionalisierung demokratischer Strukturen durch eine Intervention eines externen Akteurs diese zu konsolidieren gilt. Die relevanten Bedingungen sollen im folgenden Kapitel unter Rückgriff auf Modernisierungstheorie, strukturalistische und kulturalistische Theorien bestimmt werden. 2.1, Staatliches Gewaltmonopol: Zu den grundlegenden und wichtigsten Aufgaben eines Staates gehört die Bereitstellung von Sicherheit für seine Bürger nach innen und außen. Dies gilt unabhängig von der Herrschaftsform des Staates und trägt wesentlich zur Legitimität des Staatsapparates bei. Neuere Studien knüpfen Staatlichkeit, beziehungsweise Fragilität, an den Grad, zu dem die Staatsgewalt diese Sicherheitsfunktion erfüllen kann. Die Fähigkeit zur Monopolisierung der legitimen Gewaltausübung wird somit zur Voraussetzung für Stabilität, ohne die Entstehung und Erhalt demokratisch legitimierter Institutionen nicht möglich sind. Auch Rechtsstaatlichkeit ist angesichts von Gewaltanwendung nicht-staatlicher Akteure unmöglich. Für das Gelingen eines Demokratisierungsprozesses ist eine effektive zivile Kontrolle von polizeilicher und militärischer Macht und damit die Zähmung der Exekutivgewalt zwingende und grundlegende Bedingung und gehört nach Hans Vorländer zu den vier essentiellen Funktionsvoraussetzungen der Demokratie. Steht beim statebuilding durch militärische Intervention von außen dieser Aspekt im Vordergrund, verfolgen die externen Akteure eine durch die realistische Schule geprägte Security-First-Strategie. Die Kernthese lautet: ‘Ohne Sicherheit keine Entwicklung’. Die Entwaffnung nicht-staatlicher Gewaltakteure, Aufbau oder Stärkung des Sicherheitssektors, Beseitigung von Gewaltökonomien und Bekämpfung von Kriminalität sind die primären Aufgaben für den intervenierenden Akteur. Anzahl und Stärke nicht-staatlicher Gewaltakteure können Aufschluss darüber geben, ob eine dauerhafte Monopolisierung der Gewaltkompetenz durch den Staat in absehbarer Zeit möglich ist. 2.2, Wirtschaftlicher Entwicklungsstand: Seymour Martin Lipset formulierte schon 1959 in einem Aufsatz die fundamentale Erfolgsbedingung aussichtsreicher Demokratisierung: ‘The more well-to-do a nation, the greater the chances that it will sustain democracy. From Aristotle down to the present, men have argued, that only in a wealthy society in which relatively few citizens lived at the level of real poverty could there be a situation in which the mass of the population intelligently participate in politics and develop the self-restraint necessary to avoid succumbing to the appeals of irresponsible demagogues.’. Die Beseitigung von Elend und Armut ist aus Sicht der Modernisierungstheoretiker die zentrale Voraussetzung für die Demokratiefähigkeit einer Gesellschaft. Dieser Zusammenhang ist seit der Aufstellung der These durch zahlreiche empirische Studien untermauert worden. Diese zeigen, dass das ‘wirtschaftliche Entwicklungsniveau (gemessen am BIP/capita) als die wichtigste einzelne Variable zur Erklärung des Demokratisierungsgrades eines Landes […] gesehen werden muss.’ Das bedeutet, je wohlhabender ein Land ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass seine Verfassung demokratisch ist oder wird und desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass dort ein nicht-demokratisches Regime entstehen oder aufrechterhalten werden kann. Samuel P. Huntington prägte an diesen Zusammenhang anknüpfend den Begriff der ‘Transitionszone’. Gemessen am BIP per capita vollziehen hauptsächlich Gesellschaften mit einem mittleren Wohlstand den Wandel zur Demokratie, da dieser bei armen Gesellschaften unwahrscheinlich und bei reichen Gesellschaften längst erfolgt ist. Für die dritte Demokratisierungswelle berechnete Huntington einen Wert von 1000 – 3000 US$ als Grenzen für die Transitionszone. Weder besteht hier allerdings ein Determinismus, der eine Demokratisierung bei Erreichen der Transitionszone einleitet, noch ist ein geringeres BIP per capita ein unüberwindliches Hindernis für die Demokratie, wie Saudi-Arabien auf der einen und Indien auf der anderen Seite zeigen. Es handelt sich jedoch um eine hochgradig signifikante Tendenz, die bei der Bewertung der Gründe für Erfolg oder Scheitern bei der Demokratisierung einer Gesellschaft hilfreich sein kann. Da die gewählten Beispiele dieser Arbeit nicht in diese (umstrittene) Welle fallen, bieten diese Werte nur eine ungefähre Orientierung zur Bewertung der wirtschaftlichen Bedingungen. Die Liberalization-First-Strategie, basierend auf der liberalen Theorie der internationalen Beziehungen, stellt - neben der Einführung demokratischer Strukturen - die Marktwirtschaft als Motor wirtschaftlicher Entwicklung in den Vordergrund des statebuilding. Sie folgt dabei der Annahme, dass marktwirtschaftliche Demokratien sowohl nach innen als auch nach außen Stabilität und Sicherheit am besten gewährleisten können. Wirtschaftlicher Wohlstand soll vor allem jene gesellschaftlichen Schichten und politischen Tugenden hervorbringen, die für eine funktionierende demokratische Ordnung unerlässlich sind. Diese werden im folgenden Abschnitt beleuchtet. 2.3, Sozioökonomische Bedingungen und politische Kultur: Hinter dem so aussagekräftigen ökonomischen Indikator BIP per capita verbergen sich soziale Umstände, die der Entwicklung einer demokratischen politischen Kultur förderlich sind und als Folge der Modernisierung gelten. Dazu gehört unter anderem ein ausreichender Bildungsstand, der zur Entwicklung eines relativ egalitären Systems von Werten führt. Die Zunahme toleranter, gemäßigter und rationaler Werte und Verhaltensweisen führt zu einer positiven Einstellung gegenüber der Demokratie als Regierungsform. Diese bedarf für ihr Überleben der Unterstützung einer Mehrheit ihrer Bürger, besonders, wenn in der Konsolidierungsphase Effizienzprobleme auftreten und ihr soziale und ökonomische Probleme Legitimitätseinbußen bescheren. Modernisierung wird häufig als Überbegriff für die ineinandergreifenden sozialen Prozesse Industrialisierung, Urbanisierung und Alphabetisierung verwendet, deren Fortschreiten Hinweise auf den Stand der Modernisierung geben. Bei gesellschaftlichen Demokratisierungsprozessen gilt, dass die politische Mäßigung durch das ebenfalls von der ökonomischen Modernisierung verursachte Aufkommen einer großen oder schnell wachsenden Mittelschicht verstärkt wird, die befreit von existenzieller Unsicherheit im Bewusstsein ihrer gestiegenen wirtschaftlichen Bedeutung nach politischer Partizipation verlangt. Dies zieht eine wachsende Bereitschaft der Bürger nach sich, sich in unabhängigen, intermediären Verbänden und Assoziationen zu vereinigen und ihre Interessen gegenüber dem Staat zu vertreten. Die klassische Funktion der Zivilgesellschaft ist es, die Staatsmacht zu begrenzen und dem tyrannischen Missbrauch der Macht entgegenzuwirken. Zur Civil Society zählen alle Organisationen, die im Unterschied zu politischen Parteien nicht versuchen, die Kontrolle über die Staatsgewalt zu erlangen um ihre Ziele und Forderungen zu verwirklichen. Nach der Institutionalisierung der Demokratie spielt die Zivilgesellschaft eine entscheidende Rolle bei deren Konsolidierung , da eine aktive bürgerliche Gesellschaft nicht nur zusätzliche Möglichkeiten politischer Partizipation ermöglicht, sondern auch demokratische Werte vermittelt und neue politische Eliten hervorbringt. Diese politische Streitkultur kann durch eine ethnische oder gesellschaftliche Heterogenität durchaus gefördert werden, da der Pluralismus integraler Bestandteil der Demokratie ist. Stehen sich aber Teilkulturen gegenüber, die aufgrund ihrer Unterschiede nicht mehr zu integrieren sind und sich mit dem Staat nicht identifizieren, können diese Antagonismen die Demokratie gefährden. Der Civil-Society-First-Ansatz stellt diese Aspekte in den Vordergrund. Dieser Ansatz - der als einziger in erster Linie auf Bottom-Up-Prozessen aufbaut - unterstreicht, dass Demokratien von der Gesellschaft getragen werden müssen. Jedoch stellt sich die Frage, ob bei extern erzwungenen Demokratisierungen die Civil Society Vorbedingung ist, oder auch als Folge des Prozesses entstehen kann. Einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die politische Kultur hat auch die Religion. Generell gibt es unter den acht von Huntington identifizierten religiösen Kulturen einige, in denen Hierarchie, Autorität und Intoleranz eine starke Rolle spielen und somit der Demokratie weniger förderlich sind. So stehen Huntington zufolge lediglich die konfuzianische Kultur, die die Gruppe über das Individuum und Autorität über Freiheit setzt, sowie der Islam in klarem Gegensatz zur Demokratie. Besonders der gegenwärtige fundamentalistische Islamismus steht in diametralem Widerspruch zur westlichen Regierungsform, da es ‘in dem Maße, wie politische Legitimität aus religiösen Prinzipien begründet, die konkrete Politik nicht demokratisch wandelbaren Präferenzen, sondern überzeitlich geltenden Dogmen verpflichtet ist und von islamischen Geistlichen kontrolliert wird, keine Versöhnungsmöglichkeit mit der Demokratie [gibt]’ . Zwar ist auch der Islam dem Wandel unterworfen, aber solange ‘religiös-kulturelle Faktoren […] den Vorrang vermeintlichen göttlichen Rechts über demokratisch konstituierte rechts-staatliche Ordnungen reklamieren’, werden sie der Demokratisierung entgegenwirken. Säkularisierung und Trennung von Kirche und Staat hingegen stellen günstige Voraussetzungen dar.
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