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- Umweltsünder vs. Naturfreunde? Eine Diskursanalyse der Lokalen Agenda-21-Prozesse in Nakuru (Kenia) und Ingolstadt (Deutschland) unter besonderer Beobachtung ökologischer Aspekte
Sozialwissenschaften
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 04.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 60
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Armut, Hunger, Krankheit und Analphabetismus: Die Agenda 21 weißt in aller Deutlichkeit auf die globalen Probleme hin, die die Menschheit vor dem Jahrtausendwechsel beschäftigten. Daran hat sich bis heute wenig geändert. Dabei hatten Experten 1992 optimistisch in die Zukunft geblickt: Die Agenda 21 sollte entscheidende Impulse setzen und richtete sich nicht nur an die Länder des Südens, sondern rief durch ihre ökologische Komponente auch den Norden zum Handeln auf. Dieses Streben nach Inklusion lässt sich auch in der aktuellen Debatte um die ‘sustainable development goals’ als Nachfolger der Millenniumentwicklungsziele wiederfinden. Dennoch scheinen sich Lokale Agenda 21-Prozesse in Ländern des Nordens und des Südens in ihrer Schwerpunktsetzung grundlegend unterscheiden. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich daher mit der Frage, ob eine solche generalisierende Kategorisierung haltbar ist. Insbesondere wird erörtert, ob ökologische Aspekte wirklich ein zentrales Anliegen der Länder des Nordens darstellen und in den Ländern des Südens weitgehend vernachlässigt werden. Eine Antwort auf diese Frage liefert eine Diskursanalyse zweier Modellprozesse in Nakuru und Ingolstadt.
Kapitel 2.2, ‘Think global, act local’: Die lokale Agenda 21: ‘Da viele der in der Agenda 21 angesprochenen Probleme und Lösungen auf Aktivitäten auf der örtlichen Ebene zurückzuführen sind, ist die Beteiligung und Mitwirkung der Kommunen ein entscheidender Faktor bei der Verwirklichung der in der Agenda enthaltenen Ziele. […] Bis 1996 soll sich die Mehrzahl der Kommunalverwaltungen der einzelnen Länder gemeinsam mit ihren Bürger_innen einem Konsultationsprozess unterzogen und einen Konsens hinsichtlich einer ‚lokalen Agenda 21‘ für die Gemeinschaft erzielt haben.’ In Kapitel 28 der Agenda 21 widmeten sich die UNCED-Teilnehmerstaaten der Bedeutung der Kommunen. Durch die Verabschiedung der lokalen Agenda 21 (LA 21) trugen sie der Tatsache Rechnung, dass einem Großteil der globalen Probleme, wie Umweltverschmutzungen et cetera, am besten auf der lokalen Ebene beigekommen werden kann. Zugleich entstand so die Möglichkeit für die Zivilgesellschaft, sich in die neu angestoßenen Prozesse einzubringen. Inhalt einer jeden LA 21 ist dementsprechend die Übertragung der Agenda 21 auf die jeweils spezifischen Gegebenheiten vor Ort. Da Gestaltungsabsichten in der Regel schriftlich festgehalten werden, ist die LA 21 in der Regel ein Dokument, ‘ein kommunaler Aktionsplan für die Entwicklung der Kommune in Richtung Zukunftsbeständigkeit’. 2.2.1, Das Kapitel 28 ‚Initiativen der Kommunen zur Unterstützung der Agenda 21‘: Durch die Globalisierung erweitern sich auch die Handlungsfelder der Kommunen. Hermann und Balzer weisen darauf hin, dass nur die Kommunen zukunftsfähig sind, ‘ die auch international denken und agieren. Die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen reichen und armen Kommunen, zwischen den lokalen Bürger_innenorganisationen und Kleinunternehmen hier im Norden und denen im Süden bietet Entwicklungschancen für beide.’ Dabei sind die Kommunen sowohl als direkte als auch als vernetzende und fördernde Akteure wichtig. Sukzessive werden daher kommunale Netzwerke wie das International Council for Local Environmental Initiatives (ICLEI) aktiv. Diese Netzwerke ermöglichen einen Erfahrungsaustausch und motivieren gegenseitig zum Handeln. In der Charta von Aalborg von 1994 und dem Lissaboner Aktionsplan von 1996 wird wenige Jahre nach der Verabschiedung der Agenda 21 der Handlungsauftrag an die Kommunen noch zweimal erneuert. Dies scheint durch die Tatsache notwendig geworden zu sein, dass das Ansetzen auf der niedrigsten Verwaltungsebene mit einem gewissen Risiko verbunden ist, ‘weil die implizierten Herausforderungen der Agenda 21 auf kommunaler Ebene aufgrund des hohen Anspruchs voraussichtlich erst nach großer Vorarbeit gemeistert werden können’. Trotz dieses Risikos hielten die Verantwortlichen an der Integration der Kommunen fest. Dies erscheint durchaus sinnvoll, schließlich sind die Städte und Gemeinden die Schauplätze des täglichen Lebens. Hier werden aber nicht nur politische Entscheidungen gefällt, die das Leben der Menschen vor Ort prägen. ‘Hier werden durch den täglichen Konsum von Lebensmitteln und Waren und durch den Verbrauch von Energie und Rohstoffen die Lebensbedingungen von Menschen in anderen Ländern und Regionen - bewußt oder unbewußt -‚mitgestaltet‘.’ Vor diesem Hintergrund ist es umso überraschender, dass die Kommunen erst 1992 als Akteur der internationalen Umwelt- und Entwicklungspolitik identifiziert wurden. Einen Grund für das zögerliche Handeln der Staatengemeinschaft stellt vermutlich die Tatsache dar, dass in der internationalen Politik die ‚Top-down-Prozesse‘ vorherrschend sind, welche wiederum auf der obersten Ebene zum Tragen kommen sollen. Die LA 21 stellt als ‚Bottom-up-Prozess‘ somit einen Gegenstrom dar, dessen Umsetzung aufgrund seiner Neuartigkeit mit gewissen Startschwierigkeiten - in der Bevölkerung wie unter den politischen Akteuren - verbunden war. Üblicherweise zeigten sich daher diejenigen Gruppen motiviert, die bereits im Vorfeld um das Anstoßen von Transformationsprozessen bemüht gewesen waren. Unter ihnen waren häufig Umweltverbände, Dritte-Welt-Gruppen, Bildungseinrichtungen oder kirchliche Institutionen. Die Integration der verschiedenen Akteursgruppen in den Konsultationsprozess war für die inhaltliche Spezifizierung des relativ abstrakten Nachhaltigkeitskonzepts dringend notwendig. ‘Hierdurch gewinnt das Konzept einen prozessualen Charakter: Anstelle einmaliger starrer Definition sind nachhaltige Handlungsweisen ständig unter Berücksichtigung der verschiedenen Bedürfnisse und Interessenlagen neu zu verhandeln. Die partizipative Einbindung der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen ist zur Generierung einer breiten Zustimmung Grundvoraussetzung für den langfristigen Erfolg des Nachhaltigkeitskonzepts.’ 2.2.2, Stand der Umsetzung: Entgegen den Erwartungen der Unterzeichnerstaaten der Agenda 21 setzten die ersten LA 21-Prozesse schleppend ein. In Kapitel 28 der Agenda 21 war vereinbart worden, die Kommunen sollten bis zum Jahr 1996 in einen Konsultationsprozess mit der örtlichen Bevölkerung eintreten. Der ICLEI gab 1997 an, mehr als 1.812 Kommunen in 64 Ländern hätten LA 21-Prozesse begonnen und erste Zwischenergebnisse vorgelegt. Mit 6.416 Prozessen in 113 Ländern weltweit sah diese Bilanz bereits fünf Jahre später allerdings positiver aus. Auffallend ist in diesem Zusammenhang, dass die große Mehrheit der Konsultationsprozesse auf dem europäischen Kontinent gestartet wurde, denn die 5.292 europäischen Kommunen entsprechen rund 80 Prozent der weltweit aktiven Prozesse. Während die Zahl der LA 21-Prozesse in den Industrieländern im Vergleich zu 1997 um das Dreifache gestiegen ist, fallen die Zuwächse in den Entwicklungs- und Schwellenländern deutlich geringer aus: ‘In the mid-range GNP category, the total number of Local Agendas 21 has jumped from only 118 to 833. Regionally however, the greatest participation is evidenced in Europe.’ In Kenia waren zehn Jahre nach Verabschiedung des Handlungsprogramms für das 21. Jahrhundert elf Konsultationsprozesse ins Leben gerufen worden. Nach Südafrika (20 LA 21-Prozesse) ist dies der zweihöchste Wert auf dem afrikanischen Kontinent, wo insgesamt 151 Prozesse zu verzeichnen waren. Die hohen Quoten in den europäischen Ländern könnten darin begründet liegen, ‘daß in solchen Ländern, in denen koordinierte Aktivitäten auf Nationalebene stattfinden, Kommunen deutlich schneller und in größerer Zahl aktiv werden.’ Dies ist vor allem in Europa der Fall. Der ICLEI betont die kritischen Implikationen solcher nationaler Prozesse, denn acht europäische Länder - darunter vor allem die skandinavischen Länder und das Vereinigte Königreich haben durch solche nationalen Kampagnen mehr als 2.000 Prozesse gestartet. Wenngleich die Bundesrepublik - wo es keinen nationalen Prozess gibt - 2002 mit 2.042 LA 21-Prozessen absolut betrachtet Spitzenreiter in den Statistiken des ICLEI ist, muss betont werden, dass ‘die Skandinavier, die Briten und die Niederländer, sehr viel konsequenter mit diesem Thema umgehen. Dort sind, relativ betrachtet, deutlich mehr Kommunen in den Agenda-Prozess eingestiegen.’ Dies zeigt etwa das schwedische Beispiel: Hier liegt die Rate der aktiven Kommunen bei fast 100 Prozent. Der relative Vergleich hat insofern mehr Gewicht, dass die Kommunen in den einzelnen Ländern unterschiedlich groß sind. Die mehr als 2.000 deutschen LA 21-Prozesse stehen relativ betrachtet nur für zwölf Prozent der Gesamtzahl der Kommunen. Neben dem unterschiedlichen Ausmaß der gestarteten LA 21-Prozesse in den Ländern des Nordens und des Südens weisen diese - wie einleitend bereits ausgeführt - auch große Unterschiede in den behandelten Thematiken auf. Bevor diese thematischen Divergenzen genauer analysiert werden können, gilt es zunächst, die methodischen Grundlagen zu legen.
Elfi Klabunde, M.A., wurde 1987 in Roth geboren. Sie studierte Politikwissenschaft in Deutschland und Frankreich und spezialisierte sich auf Internationale Zusammenarbeit in Subsahara-Afrika. Im Jahr 2013 erhielt sie Masterabschlüsse der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt sowie von Sciences Po Bordeaux und Sciences Po Rennes. Bereits während des Studiums sammelte die Autorin umfassende praktische Erfahrungen in der Internationalen Zusammenarbeit in West- und Ostafrika, unter anderem am Hauptsitz des Umweltprogramms der Vereinten Nationen in Kenia. Fasziniert von der kenianischen Kultur lebt die Autorin seit 2012 in der kenianischen Hauptstadt Nairobi.
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