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- Suizid im Alter: Ursachenforschung, Diagnostik und Möglichkeiten zur Vermeidung
Sozialwissenschaften
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 12.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 64
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Zehntausende Menschen nehmen sich jährlich in Deutschland das Leben. Es ist bewiesen: Je älter der Mensch, desto mehr steigen die Suizidraten. Dieses Buch beleuchtet das Thema Freitod im Alter näher. Es beschäftigt sich mit der Frage, welche Faktoren für das suizidale Verhalten vieler alter Menschen ursächlich sind, wie Selbstmordtendenzen erkannt werden und was die Gesellschaft präventiv leistet, um Selbstmorde im Vorfeld zu verhindern. Die Autorin erfasst Einzelergebnisse und wissenschaftlich begründete Behauptungen aus der Literatur, um ein nachvollziehbares Bild der Situation entstehen zu lassen. Persönlich durchgeführte Interviews werden diese Ergebnisse ergänzen. Suizid im Alter betrifft auch in hohem Maße die Profession der sozialen Arbeit und Sozialarbeiter können einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, suizidale Verhaltensweisen zu verhindern. Aus diesem Grund stellt die Autorin zusätzlich einen Bezug zu dieser Konfession her.
Textprobe: Kapitel 2.3.3, Ausscheiden aus dem Erwerbsleben: Gibt ein Mensch seinen Beruf für die Verrentung auf, ändern sich viele Dinge. Der Kontakt zu Arbeitskollegen, der Bezug zu Macht, Ansehen und Status ist ein anderer (Kretschmar et. al, 2000, S. 417). Bekommt ein älterer Mensch kein Lohn- und Gehalt mehr, sondern Rente, sieht er sich häufig auch als einen ‘Kostenfaktor’, der dem Staat eher auf der Tasche liegt. Der verdiente Ruhestand wird dann nicht unbedingt mehr als positiv wahrgenommen. Rollen verändern sich, der Alltag funktioniert anders als bisher, die zeitliche Organisation ist eine neue (Faltermeier, Mayring, Saup & Strehmel, 2002, S. 195 - 198). Ein Ausstieg aus dem Beruf heißt, dass keine Leistungen mehr zu erbringen sind und es infolge dessen auch keine Anerkennung und Selbstbestätigung von Außen mehr gibt. Autonomie und Unabhängigkeit, die sich ein Mensch durch seinen Beruf geschaffen hat, gehen ein Stück weit verloren. Finanzielle Einbußen in der Rente treffen häufig die Frauen, weil sie insgesamt eine geringere Anzahl von Berufsjahren gearbeitet haben als Männer. Nicht selten liegt dann die Rente nur knapp über dem Existenzminimum. Teising (1992, S. 45) fand bei seiner Befragung der 38 über 60jährigen Suizidenten (bereits näher erläutert im Teil 2.3.1) heraus, dass insgesamt 13 Prozent unter belastenden finanziellen Problemen nach der Verrentung litten. Veränderungen im sozialen Netzwerk (Faltermeier, Mayring, Saup & Strehmel, 2002, S. 195 - 198) spielen ebenso eine große Rolle. Die Ehepartner müssen ihre Aufgaben (z.B. Haushaltsführung) in der Rente wieder neu verteilen und sich oft mit latenten Partnerschaftskonflikten auseinandersetzen. Wo früher der Arbeitskollege Ansprechpartner war, ist es jetzt die Ehefrau, die vielleicht nicht alles so versteht wie dieser. Plötzlich ist auch zeitlich alles anders geregelt. Der alte Mensch muss nicht mehr früh aufstehen, um seiner Arbeit nachzugehen. Der Ablauf der Tage, Wochen und Monate wird nicht mehr durch den Beruf bestimmt. Freizeit ist nicht mehr so kostbar, wie sie einmal war. Sie ist in Hülle und Fülle vorhanden und sie zu füllen, ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Der Rentner muss sich neue Ziele setzen und sein Leben neu organisieren. Viele Senioren fühlen sich dieser Herausforderung nicht gewachsen. Als letzten Risikofaktor für Suizid im Alter ist noch die soziale Isolation und Einsamkeit zu nennen, mit der viele Betroffene zu kämpfen haben. 2.3.4, Soziale Isolation und Einsamkeit: Teising (1992, S. 44) stellte bei seiner Untersuchung fest, dass der Hauptgrund für suizidales Verhalten Isolation und Kontaktprobleme waren. Es ist bekannt, dass die Psyche eines alten Menschen sehr eng mit der subjektiv gefühlten Isolation zusammenhängt. Isolation bedeutet, dass der Mensch an einem Mangel an sozialen Beziehungen leidet. Sie besteht dann, ‘wenn die Zahl sozialer Kontakte unter einem für notwendig erachteten Minimum liegt’ (Tesch-Römer, 2000, S. 163). Viele Menschen leben im Alter alleine. Befragt man Familiensoziologen, kommen diese zu dem Ergebnis, dass Zwei- und Mehrgenerationenhaushalte in Deutschland abnehmen, während Eingenerationenhaushalte zunehmen (Peters, 2004, S. 209). Fakt ist, dass in Deutschland 18 Prozent aller Männer und 68 Prozent aller Frauen in einem Singlehaushalt leben. Dies betrifft vor allem Menschen über 75 Jahren. Dies hat oft die Folge, dass Sozialkontakte rar sind und eine Person leicht in das soziale Abseits geraten kann. Es ist aber nicht nur so, dass Einsamkeit entsteht, wenn ein alter Mensch alleine wohnt. Einsamkeit kann auch innerhalb eines guten Sozialnetzes entstehen – wenn die Kontakte oberflächlich und unverbindlich sind und der Betroffene nicht das Gefühl hat, nicht ‘wirklich’ dazuzugehören. Lieske (2000) fand in seiner retrospektiven Studie im Raum Düsseldorf für die Jahre 1986 – 1996 heraus, dass 19,9 Prozent (fast jeder fünfte!) aller Selbstmörder nur selten oder fast keine Sozialkontakte hatten. In 21 Prozent der Fälle konnte zu dieser Frage gar keine Antwort gegeben werden. Erlemeier unterscheidet in seiner Netzwerkforschung zwischen ‘quantitativen und qualitativen Parametern’ (Erlemeier, 2002, S. 71). Er behauptet, dass Einsamkeitsgefühle nicht hauptsächlich durch die Anzahl der Kontaktpersonen sondern durch qualitative Eigenschaften ausgelöst werden. Damit bezieht er sich auf den fehlenden vertraulichen Austausch und die Emotionalität in den Beziehungen. Demnach kann ein Anteil von 25 – 30 Prozent der über 65jährigen als ‘sozial isoliert’ bezeichnet werden. 5 – 10 Prozent der alten Menschen sagen selbst, dass sie sich auch einsam fühlen. Erlemeier vermutet in diesem Bereich die suizidal gefährdeten Personen.
Nicole Zeitler, B.A., wurde 1978 in Regensburg geboren. Ihr Studium der Sozialen Arbeit an der OTH Regensburg schloss die Autorin im Jahre 2010 ab. Bereits während des Studiums sammelte sie umfassende praktische Erfahrungen in verschiedenen Bereichen der Seniorenhilfe. Diese Erfahrungen motivierten sie, sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.
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