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Sozialwissenschaften


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Produktart: Buch
Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 04.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 68
Abb.: 28
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Wir sind normale Menschen. Wir sind wie du. So beginnt die Selbsterklärung der jungen Menschen, die im Jahr 2011 in ganz Spanien protestierten und öffentliche Plätze besetzten. Ihre Forderung war: ¡Democracia real ya! - Echte Demokratie jetzt! Sie nannten sich Die Empörten in Anlehnung an den Essay Empört euch von Stéphane Hessel, welcher sich 2011 millionenfach verkaufte. In der Arbeit werden die strukturellen Ursachen und Hintergründe für die Empörung untersucht. Wie gezeigt wird, sind eine Vielzahl von Faktoren für die Situation in Spanien 2011 verantwortlich. Um zu erklären, was die Motive und Ziele der Empörten waren, werden die strukturelle, kulturelle und ökonomische Ausgangslage in dem südeuropäischen Land beleuchtet. Die Analyse erklärt, warum die Wirtschaftskrise in Zusammenhang mit Arbeitsmarktstrukturen und sozialen Veränderungen dazu führte, dass von jungen Spaniern als einer Verlorenen Generation gesprochen wird.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.7, Die Rolle der Gewerkschaften in Spanien: Das spanische Gewerkschaftssystem wird als dualistisch bezeichnet. Auf betrieblicher Ebene werden die Beschäftigten von einem alle vier Jahre gewählten Betriebskomitee bzw. in kleinen Betrieben von Belegschaftsdelegierten vertreten. Auf überbetrieblicher Ebene wird diese Aufgabe von den Gewerkschaften wahrgenommen. Ab 250 Beschäftigten dürfen die Gewerkschaften ‘Gewerkschaftssektionen’ bilden, außerdem sind sie tarif- und streikfähig und verfügen über Konsultationsrechte bei Personalentscheidungen. Obwohl die Gewerkschaftsdichte nur 10 bis 20 % maximal beträgt, können sie in Spanien regelmäßig um 38 % der Beschäftigten mobilisieren. Diese erstaunlich hohe Anzahl lässt sich zum einen durch die traditionelle Solidarität der Bevölkerung erklären, zum anderen aber durch den großen Einfluss der Betriebskomitees, welche zu 80 % Gewerkschaftsmitglieder sind. Die zwei großen Gewerkschaften sind zum einen die sozialistische UGT (Unión General de Trabajadores) und die postkommunistische CC.OO (Comisiones Obreras). Während diese beiden Gewerkschaften etwa gleich stark sind, gibt es noch eine Vielzahl kleinerer, regionaler oder berufsgruppenbezogener Gewerkschaften. Eine spezielle Besonderheit sind aber die regionalistisch-nationalistischen Gewerkschaften, welche in einigen Gebieten über die Mehrheit verfügen oder diese den etablierten streitig machen. Seit den 90er Jahren haben die UTG und die CC.OO ihre Feindschaft überwunden und arbeiten regelmäßig zusammen gleichzeitig kommt ihnen mit dem wirtschaftlichen Aufschwung und der steigenden Beschäftigungsquote auch zunehmend mehr Bedeutung zu. Wie auch in allen anderen Bereichen haben die Gewerkschaften einen strukturellen Wandel durchlebt. So lösen ‘öffentliche und private Dienstleistungen (Erziehungs- und Gesundheitswesen, Transport, Banken) […] die traditionellen Industrien als dominante Mitgliedergruppen ab.’ Damit einher geht auch, dass die Gewerkschaften ‘qualifizierter und weiblicher [werden], auch wenn ihr interner Strukturwandel dem der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes hinterherhinkt.’ Den Betriebskomiteewahlen kommt eine sehr hohe Bedeutung zu. Dies liegt nicht nur daran, dass die Betriebskomitees die wichtigen Parteien bei Mobilisierungen sind, sonder vor allem auch daran, dass es in Spanien ein sogenanntes ‘Repräsentativitäts-Kriterium’ gibt. Laut diesem sind jene Gewerkschaften, welche landesweit 10 % bzw. in einer Autonomen Region 15 % der Delegierten stellen, berechtigt Tarifverträge abzuschließen Außerdem haben sie haben ein Vertretungsrecht in öffentlichen Institutionen und erhalten bestimmte staatliche Subventionen. Alle Gewerkschaften, die dieses Kriterium nicht erfüllen, sind nur in den Betrieben bzw. Sektoren tariffähig, wo sie 10% der Delegierten stellen. Sinn dieser speziellen Reglung von 1985 war es die Herausbildung regionaler und oftmals auch radikaler Gewerkschaften einzudämmen. Als Folge ist das spanische System ein ‘quasi bi-syndikalistisches Modell mit regionalen Abweichungen.’ Wie Köhler festhält: ‘Zusammenfassend und vergleichend kann man zu den spanischen Gewerkschaften sagen, dass diese unter den Bedingungen von vier Jahrzehnten Diktatur und einem demokratischen Übergang, der ihnen viele Opfer abforderte und wenig Vergünstigungen bescherte, einige strukturelle Defizite, vor allem in organisatorischer Hinsicht geerbt haben (niedriger Organisationsgrad von zur Zeit etwa 18 %, sehr ungleichmäßige sektorale und regionale Basis, defizitäre Service- und Verwaltungsstrukturen, prekäre Finanzen), auf der anderen Seite jedoch beachtliche politische Präsenz, Mobilisierungs- und Streikfähigkeit aufweisen. Schwache und mitgliederarme Organisationen sind nicht unbedingt gleichbedeutend mit schwachen Gewerkschaften.’ Diese Aussage gründet sich nicht zuletzt darauf, dass Spanien das Land mit den meisten Streiks in der EU ist. Allerdings haben diese Streiks nicht immer den Effekt, den man erwarten könnte: Den Gewerkschaften sind strenge Reglungen für Streiks vorgeschrieben, unter anderem müssen sie für einen Mindeststandard bei vielen Diensten sorgen. Ergebnis davon ist, dass es zum Teil bei Streiks zu kaum Einschränkungen für die Bevölkerung kommt, was den Druck, den diese erzeugen können, natürlich erheblich mindert. Insgesamt sollte im Auge behalten werden, dass Spanien auch als ‘De-Regulatorischer Staat’ bezeichnet wird. Dies äußert sich zum Beispiel bei Tarifverhandlungen, in welchen der Staat als ‘drohender Schatten’ im Hintergrund zu stehen scheint, welcher im Zweifelsfall die Angelegenheit ‘von oben regelt’. Das aber trotz der hohen Arbeitslosigkeit in Spanien die Streikrate so hoch bleiben kann, gründet sich vor allem auf dem fragmentierten Charakter Spaniens: ‘The coexistence of a relatively high strike rate with high unemployment can be related to the highly segmented nature of the labour market, in which a significant segment has had relatively high job security because of legal and financial impediments to dismissal. Such workers have not, therefore, been as subject to the moderating pressures traditionally associated with high unemployment. In addition, unemployment has been concentrated in the groups with the least competitive skills, young, new entrants to the labour market, and older, redundant workers.” Folglich ist die Stärke der Gewerkschaften mit Einschränkungen zu betrachten. Denn gerade jene Gruppen, die von der Krise am stärksten betroffen sind, werden von den Gewerkschaften nicht geschützt.

Über den Autor

Henrike Francesca Höpker, B.A., wurde 1988 in Darmstadt geboren. Ihr Studium der Soziologie und Wirtschaftswissenschaft an der Friedrich-Schiller-Universität Jena schloss die Autorin im Jahre 2011 mit dem akademischen Grad des Bachlor of Arts erfolgreich ab. Danach begann die Autorin das Studium der sozialwissenschaftlichen Konfliktforschung an der Universität Augsburg, in welchem sie den akademischen Grad Maser of Arts anstrebt. Die Autorin vertieft hierbei ihr Interesse an der wissenschaftlichen Erforschung von Konflikten unterschiedlichster Art. Durch einen einjährigen Schüleraustausch in Mexiko und ein Praktikum in Paraguay sowie ein Auslandssemester in Norwegen sammelte die Autorin insbesondere Erfahrung im interkulturellen Bereich.

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