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- Personalführung in sozialen Organisationen: Eine Kindertagesstätte trotz Rollenkonflikten und Dilemmata erfolgreich leiten
Sozialwissenschaften
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 12.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 52
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
In der vorliegenden Arbeit geht es um die Spannungsfelder, in welchen sich Kita-Leiterinnen permanent befinden. Nachdem kurz auf Begriffe wie ‚Organisation‘, ‚Institution‘ und ‚Technologiedefizit‘ (Luhmann) eingegangen wird, werden die Dilemmata sozialer Organisationen - und damit auch die von Kindertagesstätten - aufgezeigt, mit welchen diese zu kämpfen haben. Anschließend wird dann auf die spezielle Situation von denjenigen Kita-Leiterinnen eingegangen, die - zusätzlich zu den sowieso schon vorhandenen Schwierigkeiten und Herausforderungen - nicht vom Gruppendienst freigestellt sind und sich somit zusätzlich in einem Multi-Rollenkonflikt befinden. Dann wird versucht aufzuzeigen, wie Kita-Leiterinnen trotz dieser Herausforderungen sinnvoll Kindertagesstätten leiten können und wie wichtig, gleichzeitig aber auch schwierig, dabei stets die Motivation ist. Dazu wird nochmals auf die Systemtheorie und deren spezielle Sicht auf Führung eingegangen sowie auch auf die exemplarischen Lösungswege von potentiellen Rollenkonflikten.
Textprobe: Kapitel 3.4, Einblick in die Dilemmata von sozialen Organisationen: Was Führung in (sozialen) Organisationen besonders schwierig macht, sind die widersprüchlichen Erwartungen, denen die Führungskraft ausgesetzt ist. Organisationen stecken unter einem Deckmantel von Dilemmata, mit welchen sie - und entsprechend die Führungspersonen - fertig werden müssen. Nachfolgend werde ich einige Dilemmata in sozialen Organisationen aufzeigen, von denen auch Personalführung im weitesten Sinne betroffen ist. 3.4.1, Absorption von Ungewissheit versus Komplexität: Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt ist, wie man mit der Ungewissheit umgeht, die allen Entscheidungen immanent ist. Grunwald spricht hier von der ‘Absorption von Ungewissheit’ (Grunwald 2006, S. 191). D.h. man nimmt am besten die Ungewissheit mit auf, indem man ‘die Entstehungs- und Begründungsgeschichte einer Entscheidung - mit all ihrem Für und Wider und allen auch der Entscheidung übrig gebliebenen Fragezeichen – nicht mit der unmittelbaren Entscheidung mit kommuniziert’ (ebd.). Die Absorption der Ungewissheit, so Grunwald, findet also statt, indem ‘die Herleitung, Begründung und verbliebene Fragwürdigkeit der Entscheidung […] gewissermaßen verschluckt’ wird (ebd.). Absorbiert man hingegen die Ungewissheit nicht, ist eine Organisation vollkommen überstrapaziert und würde sie ‘letztlich lahm legen und handlungsunfähig machen’ (ebd.). Das Prinzip der Absorption von Ungewissheit wird allerdings, so Grunwald, seit ein paar Jahren in Frage gestellt, nämlich insofern, ‘dass durch das Schlucken von Ungewissheiten im Zuge organisationaler Entscheidungsprozesse nicht nur der unnütze Ballast vergangener Entscheidungsbegründungen, sondern auch viele Unstimmigkeiten, Schwierigkeiten, Probleme usw. vernichtet werden, die wertvolle Hinweise auf Lernmöglichkeiten der Organisation geben können’ (ebd., S. 192). Alles in allem, so schlussfolgert Grunwald, steckt also eine Organisation ‘in einem Dilemma […], dem sie nicht ausweichen kann und das sie aber auch nicht dauerhaft erledigen kann’ (ebd.). Denn einerseits braucht sie die ‚Absorption der Ungewissheit‘, um handlungsfähig zu bleiben, wenn sie aber andererseits komplett die Unsicherheit außen vor lässt, verzichtet sie auf Lernmöglichkeiten und das bedroht ebenfalls ‘langfristig die eigene Existenz’ (ebd.). ‘Hierarchische Gliederungen und Organigramme, […] (und andere Hilfsmittel der Organisation) sind unter dem Gesichtspunkt der ‚Absorption von Ungewissheit‘ im Kern dafür da, die Widersprüchlichkeiten von Umweltanforderungen für die Organisationsmitglieder zu reduzieren und handhabbar zu machen’ (ebd.). Denn dadurch werden die ‘Alternativen und Wahlmöglichkeiten’ (ebd.) übersichtlicher und die Mitarbeiter und die Führungskraft können sich auf das Wesentliche konzentrieren (vgl. ebd.). Was ist das Wesentliche, wann ist also Komplexität notwendig? Was ja bedeutet, nicht schon von vornherein durch obige Hilfsmittel schon entschieden zu haben und Abläufe zur Routine zu machen, sondern die Wahlmöglichkeiten ‘auf den Tisch’ zu legen, mit allem ‚Für und Wider‘ zu diskutieren und abzuwägen. Es muss also entschieden werden, welche Themen in aller Komplexität diskutiert werden und von wem sie dann letztendlich auch entschieden werden. Dies braucht Zeit, welche im normalen Arbeitsablauf in einer Kita fehlt. Deshalb ist es notwendig, dafür z.B. pädagogische Tage einzurichten und diesen auch einen entsprechend hohen Stellenwert beizumessen. Nur so kann die nötige Komplexität in Kitas zum Tragen kommen, ansonsten haben die Mitarbeiterinnen immer das Gefühl ‘keine Zeit für die wirklich wichtigen Themen’ zu haben. Was wiederum Entscheidungen nach sich zieht, denn dies kann dann bedeuten, dass die Einführung pädagogischer Tage wiederum mit den Erwartungen der Eltern kollidiert, wenn es deren Wunsch ist, dass die Kita so selten wie irgend möglich geschlossen hat. 3.4.2, Effizienz versus slack: Einerseits geht es um ‘Effizienz’, im Sinne von maximaler Auslastung von ‘Personalressourcen und Sachmittel’ (Grunwald 2012, S. 62), andererseits geht es gleichzeitig um ‘slack’, also um ‘überschüssige Ressourcen und Pufferkapazitäten, […]’ (ebd.). Die Organisation steckt also im Dilemma keine Aushilfskräfte einstellen zu können, da sie, ausgehend von den Interessen des Trägers, auf die Kosten zu achten hat. Sie weiß allerdings genau, dass eine sog. ‚Springerkraft‘ dringend nötig wäre, um das Team zu entlasten, was letztlich auch dem Organisationsziel Bildung, Betreuung und Erziehung der Kinder zugute käme. ‘Die Reduzierung von slack in einer Organisation führt in aller Regel zu kurzfristigen Einsparungen, bringt aber längerfristig oft auch eine Schwächung der Organisation mit sich, die sich z.B. in zunehmendem Stress der Mitarbeiterinnen […] niederschlägt’ (ebd.) und in abnehmender Motivation, die jedoch zur Erreichung der Organisationsziele (bei Zweckprogrammierung) nötig ist. 3.4.3, Kontinuität versus Veränderung: ‘Für das Überleben einer Organisation [sind] oftmals sowohl tiefgreifende Veränderungen als auch verlässliche Kontinuitäten notwendig’ (Grunwald 2012, S. 63). So ist es wichtig, dass Kinder in einer Kita vertraute Strukturen, also Rituale, vorfinden, die sie bereits kennen gelernt und internalisiert haben, andererseits muss eine Kita sich neuen pädagogischen Erkenntnissen anpassen und sich z.B. auf neue Konzeptionen einlassen. Wandel bewirkt also einerseits gewisse Unruhen in einer Organisation, andererseits ist er auch notwendig für eine Organisation um ‘weiter zu kommen’. In der Personalführung äußert sich dieses Dilemma bspw. Bei der Einstellung neuer Mitarbeiterinnen: Entweder man stellt Mitarbeiterinnen ein, die neue Konzepte umsetzen können und wollen (z.B. Erlebnispädagogik,…), was für das Team Veränderung und evtl. Unruhe mit sich bringt oder man bemüht sich darum eine gewisse Kontinuität beizubehalten, damit sich die Arbeit im Team stabilisiert und so Teamkonflikte vermieden werden. 3.4.4, Autonomie versus Kontrolle: Wie schon auf S. 9f. Dargestellt, kann pädagogische Arbeit aufgrund des Technologiedefizits kaum standardisiert werden (vgl. Merkens 2006, S. 236). Man benötigt also für die pädagogische Arbeit einen eigenen Gestaltungs- und Handlungsspielraum, d.h. eine Erzieherin muss in vielen Situationen die Freiheit bekommen, autonom zu handeln. Autonomie bedeutet hier allerdings nicht ‘im Sinne eines Loslassens […], da so eine Grauzone für die Führung im zentralen Arbeitsbereich der Mitarbeiter entstehen würde’ (Tenberg/Pfister 2012, S. 51). Sondern es geht darum ‘Wege zu finden, über die der Autonomie-Anspruch nicht generell aufgehoben […], jedoch ‚funktional relativiert‘ wird (ebd.). Inwiefern soll also die Autonomie der Erzieherinnen in den Gruppen erhalten bleiben und inwiefern soll sie eingeschränkt werden? Bezogen auf die Schule machen Tenberg und Pfister darauf aufmerksam, dass erst dann, wenn alle Lehrer eines Kollegiums erkennen, dass die Kontrolle von Unterricht äußerst wichtig ist, diese auch Sinn macht. Sowohl Schulleitung als auch Kollegium müssen sich ‘zu Pädagogen entwickeln, die Unterricht als eine überindividuelle Aufgabe sehen, deren Qualität gewährleistet und evaluiert werden muss’ (ebd., S. 52). Die Übertragung auf den Kita-Bereich ist offensichtlich. So müssen alle davon überzeugt sein, dass eine Kontrolle im ‘zentralen Arbeitsbereich’ (ebd., S. 51) notwendig ist. Ohne diese innere Überzeugung wird Kontrolle in erster Linie als sachlich unbegründete Machtausübung und Last empfunden, verfehlt so ihre Wirkung und führt bei den Mitarbeitern zu Demotivation und zu Stress. Nur auf diesem Weg kann ein Zugang zu den psychischen Systemen der Mitarbeiterinnen gefunden werden, was Luhmann mit Interpenetration bezeichnet (vgl. Miebach 2006, S. 219f.). 3.4.5, Weitere Dilemmata: Neuberger ergänzt obige Dilemmata durch weitere, die insbesondere für die Personalführung von Bedeutung sind: - Gleichbehandlung Aller oder Eingehen auf den Einzelfall - Distanz zu den Mitarbeitern wahren oder auf die Mitarbeiter zugehen (Nähe) - Aktivieren: Motivieren oder sich nicht einmischen, Raum für Selbstentwicklung geben - ‚Konkurrenz, Wettbewerb fördern oder Kooperation fördern’ (Neuberger 2002, S. 341f. In: Lieber 2007, S. 52). Betrachtet man diese Spannungsfelder, erkennt man um wie viel komplexer Personalführung wird, als wenn man nur davon ausgeht, man müsse lediglich Organigramme, Stellenbeschreibungen, Stellenbesetzungspläne etc. haben und entsprechend diesen dann die Arbeit organisieren. Das Spektrum an Widersprüchlichkeiten, mit denen Führungskräfte zu kämpfen haben, ist also immens und es stellt sich die Frage, wie ein Umgang mit diesen Dilemmata aussehen kann.
Gisa Vogel wurde 1988 in Göppingen geboren. Ihr Studium der Erziehungswissenschaften an der Universität Trier schloss die Autorin im Jahre 2013 mit dem akademischen Grad des Bachelor of Arts (B.A.) erfolgreich ab.
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