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Sozialwissenschaften


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Produktart: Buch
Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 68
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Es wird in den letzten Jahren immer offensichtlicher, dass die tradierten Formen der Leistungsfeststellung und -beurteilung den pädagogischen Aufgaben der Institution Schule nicht entsprechen. Die Schule benötigt ihren eigenen Leistungsbegriff. Besonders wichtig ist die Reform der Leistungsbewertung für die Grundschule, denn sie ist eine Schule für alle Kinder und ist deshalb besonders stark durch Heterogenität geprägt. Im vorliegenden Buch wird analysiert, was im traditionellen Umgang mit Schülerleistungen zu verändern ist, wie den Leistungen der Schülerinnen und Schüler innerhalb einer neuen Lernkultur begegnet werden soll und welche Aspekte dabei zu beachten sind. Es werden im Buch die charakteristischen Merkmale und Prinzipien der neuen Lernkultur erläutert und die Spannungsbeziehungen zwischen der neuen Lernkultur und dem tradierten Leistungsverständnis aufgezeigt. Des Weiteren werden einige, besonders für die Grundschule geeignete neue Formen und Methoden der Leistungsfeststellung und -beurteilung beschrieben, welche ermöglichen, Schülerleistungen anders als durch die Zensuren, d.h. motivierend und ermutigend, zu bewerten und den Kindern einen richtigen Umgang mit eigenen Leistungen beizubringen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.2, Gesellschaftliches und schulisches Leistungsverständnis: Das Verständnis von Leistung drückt sich in wesentlichem Maßen darin aus, wie man mit Leistungen umgeht, d.h. was man als Leistung wahrnimmt und anerkennt, wie man sie initiiert, ausführt und bewertet bzw. beurteilt. Im folgenden Abschnitt der vorliegenden Arbeit wird es auf das Verständnis von Leistung in unserer Gesellschaft und in der Schule eingegangen. Mit anderen Worten: Es wird beschrieben, wie man mit Leistungen in unserer Gesellschaft und in der Schule üblicherweise umgeht. Es ist unbestritten, dass jedes Individuum in unserer Gesellschaft Leistungen erbringen muss, weil ohne dies kein Bestehen des Individuums innerhalb der Gesellschaft sowie auch keine Bewahrung der Gesellschaft als Ganzes und keine weitere Entwicklung möglich sind. Man behauptet auch häufig, unsere Gesellschaft eine Leistungsgesellschaft sei. Solche Vorstellung kommt aus dem 19. Jahrhundert hervor, in dem sich infolge der technischen Fortschritten und der Industrieentwicklung die Ablösung der Ständegesellschaft durch die bürgerliche Gesellschaft vollzog. In den europäischen bürgerlichen Gesellschaften des 19. Jahrhunderts ist es möglich geworden, den sozialen Aufstieg teilweise durch individuelle Leistungen und dank eigenen Fähigkeiten zu erreichen. Dies bedeutet aber nicht, dass der Stand einer Leistungsgesellschaft, deren Hauptmerkmale leistungsgerechte Verteilung sozialer Positionen und soziale Chancengleichheit sein müssen, (auch heutzutage) tatsächlich erreicht ist: ‘Denn faktisch werden die umworbenen Positionen in unserer Gesellschaft keineswegs einzig oder vorwiegend nach der individuell erbrachten Leistung vergeben.’ Unsere Gesellschaft ist eher als leistungsorientiert zu bezeichnen. In dieser Gesellschaft ist das Leistungsprinzip fast in allen Lebensbereichen einseitig ökonomisch ausgelegt, d.h. es basiert auf dem Konkurrenzverhalten, funktioniert hauptsächlich ausleseorientiert, ist auf Ergebnisse fixiert, denn das Ziel ist Produktivitätssteigerung und Gewinnmaximierung. Die bestehende Chancenungleichheit führt zum harten Wettbewerb um berufliche Positionen und zur Benachteiligung jener Mitglieder der Gesellschaft, die über geringe ökonomische, soziale und kulturelle Ressourcen verfügen. Das oben beschriebene wirtschaftlich ausgerichtete gesellschaftliche Leistungsverständnis bzw. Leistungsprinzip wird in wesentlichem Maßen auch auf die Bereiche Bildung und Schule und damit auf den Umgang mit Leistungen der Schüler übertragen. Es etablierte sich im Gymnasium des 19. Jahrhunderts infolge der gesellschaftlichen Bedürfnisse und Forderungen damaliger Zeit: ‘Anfang des 19. Jahrhunderts wurden, beginnend in Preußen, die Reifeprüfungen eingeführt, von deren Ergebnis insbesondere abhängig gemacht wurde, ob eine spätere Einstellung in den staatlichen Dienst möglich war. Die Gymnasien entwickelten dann das Zeugniswesen weiter, insbesondere um ´ungeeignete Subjekte` entfernen zu können. […] Von den Gymnasien aus wurde das Zeugniswesen auf die anderen sich entwickelten Schulformen übertragen. […] Mit der Einführung und Ausbreitung der Zeugnisse verbunden waren die Bemühungen um leicht vergleichbare Bewertungskürzel: formelhafte Wendungen, Rangplätze, Zahlen, Zensuren.’ Bis heute bleibt dies im deutschen Schulsystem fast unverändert: Üblicherweise gelten als Leistung in der Schule von der Schule bzw. von dem Lehrer geforderte und von dem Schüler zu erbringende Ergebnisse der Lerntätigkeit, die unabhängig von besonderen Lernbedingungen des Schülers nach einer vorgeschriebenen Norm (z.B. Lerncurriculum und Lehrpläne) gemessen werden. Das sind vorzugsweise fachliche Kenntnisse, die in Prüfungssituation (z.B. Klausuren und Klassenarbeiten) nachgewiesen werden sollen. Solche Prüfungssituation setzt voraus, dass keine Hilfsmittel verwendet werden dürfen und keine Kooperation mit anderen Lernenden zugelassen wird. Die Leistung wird von der Lehrperson alleine (manchmal von zwei Lehrenden) beurteilt und in abstrakter Ziffernform bewertet. Der Wettbewerb und die Benachteiligung großen Teils der Schülerschaft kennzeichnen bis heute unser Schulsystem. Die Ergebnisse der PISA-Studie haben dies nochmals eindeutig nachgewiesen: Schüler aus Herkunftsfamilien mit geringem ökonomischen, sozialen und kulturellen Kapital haben es viel schwerer, aufzusteigen, als ihre Mitschüler aus oberen Sozialschichten. Es ist also deutlich, dass das gesellschaftliche und das heutzutage tradierte schulische Leistungsverständnis in einem engen Zusammenhang miteinander stehen. Man kann sagen: Das zweite basiert auf dem Grund des ersten. Dabei ist die Grundschule auch keine Ausnahme: In den meisten Bundesländern, darunter auch in NRW, werden Schulleistungen der Kinder ab dem dritten Schuljahr benotet (in NRW können die Leistungen auch im 3. Schuljahr ohne Notenstufen beschrieben werden, wenn die Schulkonferenz einen entsprechenden Beschluss gefasst hat) und Grundschulkinder werden nach der vierten Klasse in die weiterführenden Schulen sortiert. Es fragt sich, ob solches schulische Leistungsverständnis gerechtfertigt ist. Mit der Suche nach der Antwort auf diese Frage befasst sich der nächste Abschnitt.

Über den Autor

Nina Danilevski schloss im Jahre 2012 das Lehramtsstudium an der Universität Paderborn erfolgreich ab.

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