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Sozialwissenschaften


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Produktart: Buch
Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 11.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 48
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Auch heute noch gehen mit dem Begriff Heim bzw. Kinderheim Assoziationen wie die anstaltsmäßige Unterbringung von armen verwaisten Kindern einher. Diese Vorstellung trifft aber vor allem für frühere Zeiten zu, so z.B. für Kinder in Findelhäusern, Waisenhäusern, Klosterschulen und Armenhäusern des Mittelalters. Ziel dieser Anstalten war es vor allem das Leben der Kinder zu erhalten und sie zur Arbeitsamkeit, Gottesfurcht und Demut hinzuführen. Erzieherische Aspekte lagen zu dieser Zeit nicht im Vordergrund der Heimerziehung. Erst mit dem Fortschreiten der gesellschaftlichen Entwicklung und damit auch dem Vergrößern des Bedürftigenkreises gab es immer mehr Pädagogen, die sich mit Erziehungsansätzen für im Heim untergebrachter Kinder auseinandersetzten. Die geltenden Erziehungsgrundsätze orientierten sich immer an den vorherrschenden gesellschaftlichen Wert- und Normenvorstellungen. In der vorliegenden Studie wird schwerpunktmäßig untersucht, ob und wie Konzepte der Heimerziehung an gesellschaftliche Wert- und Normvorstellungen angepasst sind. Die Autorin untersucht diese Fragestellung anhand des Fortschreitens der gesellschaftlichen Entwicklung und der zur jeweiligen Zeit umgesetzten Konzepte in der Heimerziehung. Zudem wird auf heutige Konzepte der modernen Heimerziehung eingegangen. Die Heimerziehung ist heute nur noch eine Hilfe vieler verschiedener Maßnahmen im Bereich der Jugendhilfe. Typische Merkmale wie anstaltsmäßige Erziehung, großer Schlafsaal und Unterbringung fernab der Gesellschaft gehören dabei schon lange der Vergangenheit an.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.3, Die Heimerziehung in Deutschland bis zur deutschen Teilung: 2.3.1, Weimarer Republik: Die Weimarer Republik beerbt auch in der Anstaltserziehung die Folgen des Ersten Weltkrieges. Eine hohe Zahl von Kriegs- und Sozialwaisen waren zu versorgen. Die Bevölkerung litt Hunger, und die junge Republik, die in den Wirren der Novemberrevolution entstanden war, litt wirtschaftlich unter den Folgen des Versailler Vertrages. Um diese Situation lösen zu können, verfiel man in den staatlichen Stellen auf die Idee, insbesondere sozialauffällige Fürsorgezöglinge an Familien vornehmlich in Ostpreußen zu geben, um die damals gleichzeitig einsetzende Landflucht zu bekämpfen. Die dortige Lage in der Landwirtschaft war durch einen Mangel an Arbeitskräften bedingt durch die Zahl der Kriegsopfer, Kriegsgefangenen und Kriegsversehrten gekennzeichnet. Allerdings praktizierte man diese Art der Fürsorge bereits während des ersten Weltkrieges ab 1916. Von Kriegseinwirkungen entwurzelte Kinder, die meist in der Stadt aufgewachsen und dort in Verwandschafts- und Freundschaftsbezügen verwurzelt waren, [wurden] in die weit entfernte Provinz gebracht, man möchte sagen, von Staatswegen verschleppt, um dort als billige Arbeitskräfte ausgebeutet zu werden. Die Lage in den bestehenden Anstalten und Waisenhäusern war gleichermaßen dramatisch. Sie waren überfüllt, litten an materieller Not und konzentrierten sich nur noch auf Versorgung. Ab 1922 erfolgten Zwangseinweisungen in die nach dem Reichsjugendwohlfahrtsgesetz gegründeten Fürsorgeheime. Die erzwungene Heimeinweisung bewirkte beim Zögling offenen oder versteckten Widerstand […]. Das wiederum hatte Strafen und harte Arbeit zur Folge. Eine an pädagogisch orientierten Grundsätzen fand nicht statt. Pestalozzis Gedanken waren hier völlig beiseite geschoben. Eine zeitgenössische Analyse von 1923 nennt Karzer, neunschwänzige Katze und Prügelstock als Erziehungsmittel. In der materielle Lage der Anstalten und der dort geübten Erziehungspraxis widerspiegeln sich die gesellschaftlichen Bedingungen der Nachkriegsperiode. Wie auch bisher in der meist düsteren Geschichte der Erziehungspraxis und den von hervorragenden Pädagogen immer wieder entwickelten humanen Erziehungsansätzen, wurden auch in der Weimarer Republik neue pädagogische Ideen konzipiert. In der als Reformpädagogik bezeichneten Bewegung wurde der Zögling zum Ausgangspunkt aller pädagogischen Überlegungen [gemacht] und nicht wie bisher die Macht des Staates oder die des Amtes eines Vollzugs- oder Erziehungsbeamten vorangestellt. Das Wirken der Reformpädagogen ging auch einher mit der ersten sozialen Jugendgesetzgebung Deutschlands, dem Reichsjugendwohlfahrtsgesetz (RJWG, 1922). In diesem Gesetz wurde das Recht auf Erziehung zur leiblichen, seelischen und gesellschaftlichen Tüchtigkeit formuliert. Gleichzeitig entstanden Jugendämter. Dieses für seine Zeit zweifellos epochale Gesetzeswerk blieb insofern weitestgehend Absichtserklärung, da rechtsverbindliche Ausführungsbestimmungen in die Kompetenz der Länder überwiesen wurden. Die Länder sowie die zuständigen Kommunen konnten in Folge der wirtschaftlichen Not die Umsetzung in Erziehungseinrichtungen, die dem Gesetzeswerk dem Sinn nach adäquat gewesen wären, nicht realisieren. Somit konnten unter dem Wirken der Reformpädagogen nur Insellösungen entstehen, in denen modernes pädagogisches Denken auch in der Erziehungspraxis umgesetzt wurde. Neben den konservativen Anstalten entstanden Modelleinrichtungen, die von sozialpädagogisch orientierten Heimpädagogen geleitet wurden. Diese standen oftmals den Forderungen der Arbeiterbewegung der 20er Jahre nahe. Am Ende der 20er Jahre konnte sich der Gedanke einer gewissen Humanisierung der Heimerziehung zumindest bei den evangelischen und freien Trägern langsam durchsetzen.

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