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- Kindsein 2.0: Die Konstruktion von Kidults anhand der Phänomene des E-Gaming und Hello-Kitty-Konsums
Sozialwissenschaften
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 01.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 52
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Bedenkt man, dass das 21. Jahrhundert erst knapp über ein Jahrzehnt alt ist, mag es wohl nach Ansicht Vieler noch in den Kinderschuhen stecken. Dennoch rechtfertigen Errungenschaften wie die Erfindung von Social Networks oder die Etablierung eines weltweiten Internetzugangs bereits jetzt seinen Status als bedeutende Epoche in der Geschichte der Menschheit. Vor allem in Bezug auf westliche Gesellschaften, in denen diese Entwicklungen wohl am stärksten zu spüren sind, folgt es damit in gewisser Weise auch einem der neuesten Trends des noch jungen Jahrtausends. Nämlich dem vom Kind, das zu schnell erwachsen wird . Als Antithese dazu geben sich immer mehr quasi Erwachsene jugendaffin, zieren sich mit Plüschaccessoires à la Hello Kitty oder verbringen täglich Stunden spielend vor dem Computer. Zeichen der Zeit, wie Viele meinen und obwohl diese konträren Entwicklungen gewissermaßen erneut ein Gleichgewicht zwischen den Generationen zu schaffen scheinen, werden sie doch im Grundton zumeist negativ bewertet. In dieser Arbeit setzt sich der Anthropologe Pascal Honisch deshalb näher mit dem Auftreten solcher Kidults auseinander und stellt sich dabei typischen Fragen des Älterwerdens.
Textprobe: Kapitel 3.1., Die Mechanismen einer synthetischen Jugendkultur: Zu Beginn der Ausführungen mag die Frage stehen, warum dem behandelten Phänomen eine ‘synthetische’ Jugendkultur zugrunde liegen soll. Dies erklärt sich dadurch, dass die Riege der Kidults sowohl deklariert Jugendliche wie Erwachsene umfasst und – sofern man zweite als ihre UrheberInnen ansieht – keine Jugendkultur im eigentlichen Sinne darstellen kann. Tatsächlich könnte man dies aber auch als semantisches Dilemma bezeichnen, was abermals die wissenschaftliche wie soziale Omnipräsenz der behandelten Problematik verdeutlicht. Es scheint daher unumgänglich Kidult-Kultur bestmöglich definitorisch einzugrenzen. Nach Ansicht des Autors handelt es sich bei ihr um eine Erscheinung die vorwiegend in westlichen Industriestaaten auszumachen ist und das aus einer Vielzahl an Gründen Einer davon zeigt sich in der angesprochenen Individualisierung der Gesellschaft, die sodann den nötigen Freiraum für das Kidultdasein bietet. Ein weiterer im generellen Wohlstand, den diese Gesellschaften ihren Mitgliedern offerieren, sowie einer differenzierten Marktwirtschaft die davon Gebrauch macht. Blatterer schreibt dazu passend: ‘Much of young people's identification with peers, such as personal appearance and leisure pursuits, depends on their spending capacity. These identifications play a vital role in their subcultural differentiation from adults. But the very dependence of youth culture on a separation from the adult world was (and is) underpinned by their relative isolation from the sphere of work and/or opportunities to earn a full adult wage. […] The culture industry continue[s] to profit from this ‘emergence of the adolescent as a self conscious social actor’ (Blatterer 2007: 71ff.). Mit diesem Zitat zeigt sich gleichsam auch einer der Hauptunterschiede die Kidult- zu regulärer Jugendkultur aufweist. So finden sich großteils auch arbeitende Kidults, die sehr wohl ein geregeltes Gehalt beziehen, wodurch sie einerseits ihre Kaufkraft erhöhen, andererseits ihren autonom erwachsenen Status unterstreichen. Am Beispiel sogenannter Boomerangkids illustriert auch Furedi gewissermaßen die Bedeutung des persönlichen finanziellen Kapitals zur Aufrechterhaltung des Kidult-Lifestyles: ‘the most common explanation for the rise of the boomerang generation is an economic one. It is often suggested that many young adults simply cannot afford to live on their own, or that they find it difficult to pursue the good life’ (Furedi 2003). Die Rede vom explizit ‘guten Leben’ ist und bleibt sinnbildlich bei der Definition von Kidults, deren Lebensstil im Allgemeinen als hedonistischer denn der prädestiniert erwachsene betrachtet wird. Für einige SozialwissenschaftlerInnen drückt sich darin aber auch die Unfähigkeit der Betroffenen aus sich den tatsächlichen Ansprüchen des Älterwerdens zu stellen. Furedi und Lee schreiben unter anderen dazu: ‘Maturity, responsibility and commitment are only feebly affirmed by contemporary culture. Such ideals contradict the sense of impermanence that prevails over daily life. It is the gradual emptying out of adult identity that discourages young men and women from embracing the next stage of their lives’ (ebd.), beziehungsweise: ‘infantilization/juvenilization of culture has prohibited today’s adults from maturing into healthy, responsible citizens but relegated them into lifelong consumers with ‘imaginary needs’’ (Lee 2010: 3). Es ist wohl die Grundeinstellung Kidultsein als abnormen Zustand zu begreifen, die auch Lee zu der Feststellung bewegt, es würde sich um ein Streben nach imaginären Bedürfnissen der Betroffenen handeln. Nichtsdestotrotz sieht der Autor in diesem Kritikpunkt auch einen deutlichen Fingerzeig dahin gehend vor allem die Materialität von Kidult-Kultur adäquat zu untersuchen. Nicht zuletzt aus diesem Grund werden sich die beiden Hauptkapitel dieser Arbeit mit den Fallbeispielen des E-Gaming und Hello Kitty Konsums auseinandersetzen. Den Worten Furedis nach zu urteilen wohl nur allzu passende Phänomene, um die soziale Konstruktion von Kidults nachzuvollziehen. ‘There is a new crossover market that caters for […] adults who want to behave like children. According to observers, the computer toy industry ‘successfully spans the child-adult market’’ (Furedi 2003). Nachdem der Kidult-Begriff nunmehr beinahe zur Gänze erläutert wurde, steht das nächste Kapitel mit seinen Überlegungen zu den Altersgrenzen von Kidultsein vor der wohl schwersten Aufgabe dieser Arbeit. 6., Computerspielen im Zeichen der ‘Kindgebliebenen’: ‘Die Kategorie ‚Alter‘ erscheint im Zusammenhang von Videospielen deshalb als etwas Bemerkenswertes, weil das Spielen per se traditionell Kindern und Jugendlichen zugedacht ist’ (ebd.: 13). In Gebauers zweiter These zeigen sich wiederum die Aspekte des ‘Wertewandels’ und ‘veränderten Identitätsbegriffes’ als maßgeblich bei der Betrachtung ‘erwachsener’ E-GamerInnen. Ihre Bedeutung für Kidulttum wurde wiederum im Kapitel 4. bereits ausführlich behandelt. Der Autor möchte seine Aufmerksamkeit deshalb auf die anderen Kriterien der These richten, ergo, dass E-Gaming als ‘alltägliches Kommunikationsmittel’ und ‘Hobby’ begriffen wird, sowie ‘soziales Handeln’ und ‘Integration’ für die SpielerInnen dabei im Zentrum stehen. E-Games als alltägliches Kommunikationsmittel anzusehen, erklärt sich nicht zuletzt dadurch, dass Online-SpielerInnen viel Zeit in virtuellen Räumen zubringen und dabei in Kontakt zu anderen SpielerInnen treten. Dabei stellen nicht nur die Spiele selbst und außertourliche Treffen unter GamerInnen in der Realität eine Möglichkeit zur informellen Kommunikation dar, auch eine Vielzahl an Foren und Chaträumen des World Wide Web beziehungsweise Applikationen wie ‘Teamspeak’, für den verbalen Austausch, bieten die Möglichkeit dazu. Computerspielen als Hobby zu betrachten, möchte man meinen, liegt wiederum in der Natur der Sache und es ist wohl genau diese Auffassung, die – wie Gebauer meint – die gesellschaftliche Akzeptanz von älteren GamerInnen fördert. Nach Ansicht des Autors ist es jedoch erst die semantische Ambivalenz des Begriffes ‘Hobby’, die im Zeichen dieser Entwicklung steht. Hierbei muss eine klare Unterscheidung zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung getroffen werden. ‘Eine Pluralisierung der Lebensstile führt automatisch dazu, dass fast alle Subkulturen und soziale Milieus an Akzeptanz gewinnen. […] Der Individualismus wird groß geschrieben und wie jemand seine persönliche Zeit verbringt ist jedem selbst überlassen. Dabei spielt das Alter keine wirkliche Rolle mehr’ (Gebauer 2007: 93f.). Gerade in der Außenbetrachtung von Kidult-Kultur fungiert die Bezeichnung ‘Hobby’ eher als Umschreibung eines individuellen Zeitvertreibes und verkennt dabei entscheidende Aspekte der Identitäts- und Gemeinschaftsbildung. E-Gaming als Hobby zu deklarieren, so man nicht selbst aktiv spielt, gleicht demnach einer Banalisierung der persönlichen Wertzuweisungen, die hinter dieser Tätigkeit stehen. Ansonsten sehen sich Computerspiele wohl kaum regelmäßiger Fragen nach ihrem Sinn und Zweck ausgesetzt. De facto mag die Betrachtung von E-Gaming als Hobby zwar die gesellschaftliche Akzeptanz von E-GamerInnen fördern, bis zu einem gesellschaftlich reflektierten Verständnis für E-Gaming scheint es jedoch noch ein weiter Weg. ‘Soziales Handeln’ und ‘Integration’ stehen damit zwar – wie Gebauer schreibt – für die SpielerInnen im Mittelpunkt, nicht jedoch für die KritikerInnen von Computerspielen. Das diese rezeptive Problematik dennoch nicht gänzlich ausweglos ist, soll das nachfolgende Unterkapitel über die E-Gaming-Kultur Südkoreas unter Beweis stellen.
Pascal Honisch wurde 1988 in Mödling, Österreich geboren. Neben seiner Tätigkeit als Autor arbeitet er u.a. als Anthropologe, Journalist und Poetry Slammer. Seine wissenschaftlichen Interessenschwerpunkte sind Ethnomusikologie, interkulturelle Kommunikation, China Anthropology sowie neue Medien (v.a. auditive Anthropologie). Er publizierte seit 2008 als freier Journalist und Autor u.a. wissenschaftliche Texte für das Austrian Journal of SEAS sowie kultur- und gesellschaftsrelevante Artikel für kurier.at, Chilli.cc und mokant.at. 2012 zeigte er sich mitverantwortlich für die sozialwissenschaftliche Anthologie Stich:Punkte zum Thema Tätowierungen.
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