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Sozialwissenschaften


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Produktart: Buch
Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 04.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 44
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Deutschland ist ein Einwanderungsland - diese Erkenntnis hat lange gebraucht. Doch Wortschöpfungen wie Parallelgesellschaft und Integrationsverweigerer prägen seither das öffentliche und parteipolitische Bild, teils wird sogar vom Sarrazin-Effekt gesprochen, was die Brisanz des Themas verdeutlicht. Doch was heißt eigentlich Integration? Ist jemand, der die deutsche Sprache beherrscht und einen Arbeitsplatz hat, schon integriert? Der sich vornehmlich aus ideologischer Sichtweise speisende Diskurs scheint auch die Aufnahmegesellschaft weiter zu spalten. Die bestehende Divergenz bezüglich historisch gewachsener Werte wie z.B. analytischem Denken oder Kritizismus in einer größtenteils säkularisierten und individualistisch geprägten Gesellschaft stellt für viele Migranten eine Überforderung dar. Neue, kommunale Integrationskonzepte verdeutlichen den Paradigmenwechsel in der Politik. Dort, wo bisher die soziale Mischung das Mantra der Stadtpolitik war, wird nun von diesem Leitbild der Integration zögerlich Abstand genommen (Reimann 2008). Die vorliegende Studie führt in integrationstheoretische Modelle ein und prüft kommunale Integrationskonzepte nach deren Verständnis von Integration.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.2, Der Multikulturalismus: Multikulturalismus ist der theoretische Gedanke darüber, wie das Zusammenleben verschiedener Kulturen gleichberechtigt und friedlich nebeneinander ermöglicht werden kann (Hillmann 2007: 471f.) bzw. über normative Entwürfe des Zusammenlebens von Einheimischen und Zugewanderten (Löffler 2011: 101). Empirisch oder analytisch ist der Multikulturalismus als Gesellschaftstheorie dann, wenn er eine soziale Wirklichkeit der kulturellen Pluralität in der heutigen westlichen Gesellschaft beschreibt (ebd.: 111). Normativ oder ideologisch macht er sich die ethnisch-kulturell heterogene Mosaikgesellschaft zum Thema und trägt als Grundlage politischer Programme zur Realisierung einer damit verbundenen Gesellschaftsform bei (ebd.: 112). In der öffentlichen Debatte kann der Begriff Multikulturalismus auf die 1980er zurückdatiert werden (Neubert et al. 2008: 9), wohingegen er in der sozialwissenschaftlichen Debatte Deutschlands erst Anfang der 1990er Jahre Einzug hält (Löffler 2011: 105). Als Kontrast zum Homogenitätsparadigma der Assimilation geht es um den Erhalt und die Förderung der kulturellen Identität (Seifert 2000: 55), so dass die vollständige Integration in eine Gemeinschaft durch eine Mehrzahl von Zugehörigkeiten zu unterschiedlichen Teilsystemen, ähnlich einer ‘salad bowl’, ersetzt wurde (Neubert et al. 2008: 14ff.). Das Konzept deckt einen sehr breiten Verständnisbereich ab und schafft damit Raum für verschiedene Interpretationen. Dieser Bereich erstreckt sich von der Variante die verschiedenen Kulturen als Chance und Bereicherung zu sehen und daraus ein Modell des besseren Zusammenlebens ableiten zu können (Neubert et al. 2008: 20) bis über Varianten, die Einwanderern das Recht geben sollen, ihre ‘mitgebrachten’ kulturellen Praktiken in gleicher Weise wie in ihren Herkunftsländern auszuführen (Mesic zit. nach Löffler 2010: 124). Erstere Variante wird wegen der Ausklammerung von Konflikten, durch beispielsweise kulturelle Geltungsansprüche, auch als naiver Multikulturalismus bezeichnet. Herleiten lässt sich der naive Multikulturalismus ursprünglich aus dem Gedanken des Libera-lismus, jedoch differenzierter betrachtet, ist er als Linksliberalismus zu bezeichnen, da er den auf Individualität ausgerichteten Gedanken der Freiheit, auf eine Gruppe überträgt. Dem ent-spricht auch das Gleichheitsprinzip des Multikulturalismus auf sozioökonomischer Ebene, beispielsweise durch gleiche Rechtsstellung, einen gleichberechtigten Zugang zu Bildung, Ausbildung und staatlichen Transferleistungen usw. (Baringhorst 2010: 94). Insofern schafft er den Rahmen für eine Koexistenz von Gruppen unterschiedlichster Lebensweise (Taylor 1993: 49ff.). Der wesentliche Unterschied zum liberalen Multikulturalismus besteht jedoch in der Anerkennung kultureller Rechte (Baringhorst 2010: 94). Vom Standpunkt des naiven Multikulturalismus ‘versagt’ der Liberalismus immer dann, wenn allgemein festgelegte öffentliche Rechte die Minderheitskulturen einschränken. Beispiele hierfür könnte die Schulpflicht für die Roma oder das Tierschutzgesetz und Kopftuchverbot (im öffentl. Dienst) bei Musliminnen sein. An dieser Stelle, und in vielerlei Hinsicht darüber hinaus, ist der Gedanke des Liberalismus mit der Anerkennung der pluralistischen und transnationalen Gesellschaft, bedingt durch die Einwanderung, nicht mehr vertretbar. An dieser Stelle soll erwähnt werden, dass es durchaus multikulturalistische Theorieansätze gibt, die dem hier dargestellten Verständnis des klassischen Liberalismus entsprechen (Neubert et al. 2008). Die hier erfolgte Abgrenzung gegen den Linksliberalismus fußt auf dessen Trennung von privatem und öffentlichem Raum, womit Kultur zur privaten Angelegenheit wird. So bestehe WALZER zufolge keine Notwendigkeit einer Förderung zur Erreichung der Gleichstellung von Minderheitskulturen, solange die Grundrechte respektiert würden (1993: 114). Dieser Vorstellung nach könnten diese Minderheiten ihre Kulturen auf Grundlage der garantierten Grundrechte zwar leben, jedoch außerhalb des öffentlichen Raumes (Löffler 2011: 118). Dieses Konzept entspricht jedoch nicht dem Verständnis des Multikulturalismus. TAYLOR betont, dass diese durch den Multikulturalismus ermöglichte Wertschätzung der Kulturen förderlich für eine individuelle Selbstentfaltung und Identitätsentwicklung sei und demnach die kulturellen Besonderheiten oder Bräuche berücksichtigt und anerkannt werden müssten (Taylor 1993: 13ff.). Die Lösung verspricht der liberale Multikulturalismus in der Gewährung gruppenspezifischer und damit auch kultureller Sonderrechte gegenüber den Minderheitskulturen und zielt auf dieser Weise auf die ausdrückliche Anerkennung und Repräsentation dieser durch Institutionen in der Gesamtgesellschaft ab (Baringhorst 2010: 93ff.).

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