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Sozialwissenschaften
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 11.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 60
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Über das Thema Grundeinkommen wird in sehr verschiedenen Kontexten diskutiert. Im vorliegenden Buch werden zunächst die historischen Wurzeln der Debatte beleuchtet. Bereits zu Anfang des 16. Jahrhunderts befasste sich Thomas Morus mit dem Gedanken einer Einkommenssicherung. Als neuere wissenschaftliche Ansätze gelten in der deutschsprachigen Literatur die Konzepte von Michael Opielka, Georg Vobruba und André Gorz. Die Debatte um ein Grundeinkommen wird mittlerweile jedoch in den unterschiedlichsten Gruppierungen geführt und auch konkrete Modelle wurden entwickelt. Die Grundeinkommensmodelle der katholischen Verbände Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) und Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) und die Modelle von Bündnis90/Die Grünen und der Bundesarbeitsgemeinschaft für Erwerbslosen- und Sozialhilfeinitiativen werden einander gegenübergestellt. Als Vergleichsgrundlage wird das von Ronald Blaschke (Netzwerk Grundeinkommen) beschriebene garantierte Grundeinkommen herangezogen.
Textprobe: Kapitel VI, Konkrete Modelle: Die Grundeinkommensdebatte wird nicht nur im wissenschaftlichen Bereich geführt, auch in der Gesellschaft gibt es Gruppen, die sich dieses Themas annehmen. Das interessante daran ist, dass die Idee eines Grundeinkommens von den eher politisch rechts angesiedelten katholischen Verbänden BDKJ und KAB genauso vertreten wird, wie auch von eher politisch Linken wie den Grünen und der Bundesarbeitsgemeinschaft für Erwerbslosen- und Sozialhilfeinitiativen. Im Folgenden werden die Gruppen und ihre Modelle vorgestellt und auch mit den Kriterien von Blaschke für ein garantiertes Grundeinkommen im engeren Sinne in Bezug gesetzt. Daran anschließend erfolgt ein Vergleich der Modelle mit einer Beschreibung von Gemeinsamkeiten und Unterschiede. BDKJ-Modell: 1947 gegründet ist der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) der Dachverband für die katholischen Jugendverbände in Deutschland. Ihm gehören 15 Mitgliedsverbände und 26 Diözesanverbände an. Unter dem Leitwort katholisch – politisch – aktiv bildet die Interessenvertretung für Kinder und Jugendliche in den Bereichen Kirchenpolitik, Jugendpolitik und Öffentlichkeitsarbeit den Schwerpunkt im BDKJ. Bekannte Projekte unter Mitwirkung des BDKJ sind seit Jahrzehnten unter anderem die Aktion Dreikönigssingen und das Freiwillige Soziale Jahr. Der BDKJ setzt sich ein für mehr Partizipation von jungen Menschen in Kirche, Gesellschaft und Staat und engagiert sich für den Aufbau und die Mitgestaltung eines demokratischen Gemeinwesens in christlicher Verantwortung, nicht nur in Deutschland sondern auch in den Ländern der so genannten Dritten Welt. Dafür entwickelte der BDKJ gesellschafts- und bildungspolitische Leitlinien wie die Vision für eine gerechtere Gesellschaft. In dem Papier Vision für eine gerechtere Gesellschaft: Solidarität – Chance für die Zukunft werden zunächst in sieben Punkten Kritik am bestehenden System geübt und mögliche solidarische Alternativen aufgezeigt. Danach werden fünf Grundwerte für eine Kultur der Solidarität beschrieben um im Anschluss das eigentliche Modell vorzustellen. Zum Abschluss folgt eine Berechnung zur Finanzierbarkeit von Dr. Ralf Welter. Der BDKJ beklagt, dass in Deutschland Kinder zum größten Armutsrisiko geworden sind. Umverteilung findet zu Lasten von Haushalten mit Kindern statt. Die junge Generation finanziert eine Alterssicherung, die sie selber in der Höhe nicht mehr zu erwarten hat. Die BDKJ-Vision sieht vor, durch ein Grundeinkommen positive Lebensbedingungen für Familien zu schaffen und so das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen öffentlich abzusichern. Der nächste Kritikpunkt ist die Dominanz der Erwerbsarbeit für alle Teilbereiche des gesellschaftlichen Lebens. Neben der Erwerbsarbeit werden beim BDKJ-Modell auch die Bereiche Kindererziehung, Hausarbeit, häusliche Pflege, freiwilliges/ehrenamtliches Engagement und Bildungsanstrengungen als gesellschaftlich notwendige Arbeit angesehen. Eine nachweisbare Tätigkeit in einem dieser Bereiche berechtigt zu einem Anspruch auf das Grundeinkommen. Die Loslösung der Existenzsicherung von Erwerbsarbeit lässt individuelle Möglichkeiten zur Gestaltung des persönlichen Lebensrhythmus zu, was auch zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf führt. Ebenso soll die bestehende geschlechterspezifische Arbeitsteilung mit diesem System überwunden und eine echte Wahlfreiheit für Frauen und Männer geschaffen werden. Der BDKJ verfolgt hier die Idee der hälftigen Arbeitsteilung aller gesellschaftlich notwendigen Tätigkeiten zwischen Frauen und Männer. Alle sollen nach Motivation, Interesse und Fähigkeit ihr Betätigungsfeld finden. Des Weiteren spricht sich der BDKJ gegen die Privatisierung sozialer Risiken aus, wie z. B. bei der Riester-Rente. Die Strukturen einer sozialen Umverteilung sollen ausgebaut werden. Es wird zudem kritisiert, dass die Ausbildung an Schulen und Universitäten immer mehr auf die ökonomische Verwertbarkeit hin ausgerichtet wird. Zugang zu ganzheitlicher Bildung als gesellschaftlich notwendiger Arbeit soll nicht mehr durch Herkunft und materielle Ausstattung bestimmt werden sondern für jeden einzelnen möglich sein. Zum Bereich Bildung zählen auch entsprechende kulturelle und sportliche Angebote von verbandlichen Trägern. Weiterhin orientieren sich die Visionen am Leitbild der Nachhaltigkeit. Die ethische Grundlage des BDKJ-Modells ist die Katholische Soziallehre. Als Grundwerte für eine Kultur der Solidarität gelten Menschenwürde, Freiheit, Solidarität, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit im christlichen Sinne. Alle Menschen sollen unabhängig von ethnischer Herkunft, Geschlecht, sozialem Status und Leistungsvermögen und mit ihren Talenten und Fähigkeiten gleichen Zugang und gleiche Rechte auf Ressourcen haben. Materielle und immaterielle Möglichkeiten müssen jedem zur Verfügung stehen. Die Einzelnen und die Gesellschaft im Ganzen müssen mit sozialer Verantwortung handeln. Solidarität bedeutet, sich für das Gemeinwohl – d.h. für das Wohl aller und jedes/jeder Einzelnen - einzusetzen. Ungerechtigkeiten zwischen den verschiedenen Bevölkerungsteilen sollen abgebaut werden. Nach christlichen Vorstellungen ist der Mensch Gestalter und Bewahrer der Schöpfung. Dementsprechend muss sich sein Handeln am Prinzip der Nachhaltigkeit orientieren. Die Zukunftsvision des BDKJ enthält zehn Kernpunkte: 1. Die Einführung eines Grundeinkommens ohne Bedürftigkeitsprüfung, welches das sozio-kulturelle Existenzminimum sichern soll. Ausgehend vom Sozialhilfeniveau inklusive aller Sonderbeihilfen im Jahr 2003 schlägt der BDKJ einem Betrag von mindestens 600 Euro vor. 2. Kinder und Erwachsene bekommen ein Grundeinkommen in gleicher Höhe, wenn sie von Geburt an oder seit mindestens acht Jahren ihren ersten Wohnsitz in Deutschland hat. Das Grundeinkommen als Rentenäquivalent bekommen alle, die vor dem 65. Lebensjahr ihren ersten Wohnsitz mindestens 20 Jahre in der Bundesrepublik hatten. Das Grundeinkommen ist somit an die einzelne Person gebunden. 3. Asylbewerber-innen und Bürgerkriegsflüchtlinge erhalten die Leistungen ohne weitere Verpflichtungen, Asylberechtigte und andere Menschen aus Ländern außerhalb der EU mit gesichertem, dauerndem Aufenthaltsstatus müssen die entsprechenden Leistungen wie alle anderen nachweisen. 4. Realisiert wird das Grundeinkommen über eine negative Einkommenssteuer. Alle weiteren Einkünfte werden zu 40 % auf das Grundeinkommen angerechnet. Die positive Einkommenssteuer steigt schrittweise auf einen Grenzsteuersatz von 53 %. 5. Die Finanzierung soll durch Steuern auf alle Einkommensarten erfolgen. Umsatz- und Verbrauchssteuern sollen erhalten bleiben und für bestimmte Luxusgüter ab einem bestimmten Preisniveau drastisch erhöht werden. Es soll eine Wertschöpfungsabgabe installiert werden, die neben Gewinnen auch die Wertschöpfung durch Mensch, Maschine, Kapital und Technologie belastet. Des Weiteren soll es sukzessiv steigende Steuern auf Ressourcenverbrauch und Umweltbelastung geben. Zusätzlich werden noch eine Vermögenssteuer auf OECD-Niveau, eine Erhöhung der Erbschaftssteuer, die Einführung einer Börsenumsatzsteuer und die so genannte Tobin-Steuer vorgeschlagen. 6. Als Gegenleistung zum Grundeinkommen sind alle zwischen 18 und 64 Jahren verpflichtet, mindestens 500 Stunden pro Jahr in einem oder mehreren Bereichen gesellschaftlich notwendiger Arbeit tätig zu sein. Hierzu zählen Erwerbsarbeit, ehrenamtliches bürgerschaftliches Engagement, Familienarbeit in Erziehung, Betreuung und Pflege sowie Bildung in Schule, Beruf und darüber hinaus gehende Bildungsanstrengungen. Alle Arbeitsformen werden gleichberechtigt addiert. Diese Gleichwertigkeit der unterschiedlichen Bereiche soll zu einer gerechteren Verteilung aller gesellschaftlichen Arbeit zwischen den Geschlechtern und Generationen beitragen. 7. Die Höchsterwerbsarbeitszeit pro Person liegt bei 1500 Stunden jährlich. Das wirkt der Massenarbeitslosigkeit entgegen und sorgt für eine Flexibilisierung der Arbeitszeitgestaltung. So soll jede und jeder mehr Souveränität über seine Zeit gewinnen. Zusätzlich gibt es flexible, an die Entwicklungsphasen der Kinder angepasste Betreuungsangebote. 8. Für die Kranken- und Pflegeversicherung wird ein gleich bleibender Prozentsatz auf alle Einkommensarten erhoben. Die Leistungen sollen auf dem heutigen Stand bleiben, weitergehendes muss zusätzlich versichert werden. 9. Ein zentrales Element ist die Investition in die Bildung. Ausgehend von einem ganzheitlichen Bildungsbegriff, der neben Schule, Ausbildung und Studium auch Weiterbildung und Bildungsangebote von institutionellen und verbandlichen Trägern umfasst, soll es einen flexiblen Zugang zu Bildungseinrichtungen geben, der ein hohes Maß an eigener Entscheidungsfreiheit gewährt. 10. Hohe ökologische Standards und das Prinzip der Nachhaltigkeit bestimmen Wirtschaft und Erwerbsarbeit. Als Steuerungsinstrumente dienen ein ökologisches Steuersystem, der Abbau umweltschädlicher Subventionen und die Einführung von Preisen, die die tatsächlichen Kosten wieder spiegeln.
Hauke Meyerrose, Jahrgang 1978, lebt in Osnabrück. Ihr Bachelorstudium der Sozialwissenschaften an der Universität Osnabrück schloss sie im Jahr 2005 erfolgreich ab. Von 2003 bis 2007 war sie Diözesanvorsitzende beim Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) in Osnabrück. Während dieser Zeit hat sie sich intensiv mit dem Thema Grundeinkommen beschäftigt. Ein Ergebnis dieser Auseinandersetzung ist das vorliegende Buch.
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