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- Glück als Erziehungsziel? Über die Möglichkeiten und Grenzen einer glücksförderlichen Erziehung
Sozialwissenschaften
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 10.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 60
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Das Glück ist ein Motiv, das sich in praktisch allen pädagogischen Berufsfeldern wiederfinden lässt, denn kein Pädagoge wird theoretisch wie praktisch das Unglück des Heranwachsenden ernsthaft erwägen oder gar in Kauf nehmen wollen (Taschner 2003:7). Ist nun aber das Glück mit ausbleibendem Unglück gleichzusetzen? Und ist eine Erziehung, die auf die Vermeidung von Unglück hinarbeitet, als eine Erziehung zum Glück zu bezeichnen? Oder ist es gar eine Unmöglichkeit, durch eine Form der Erziehung das Glücksempfinden im späteren Leben beeinflussen zu wollen? Fragen wie diese zu beantworten ist das Ziel der vorliegenden Arbeit. Dazu werden wissenschaftliche Erkenntnisse über das Glück, seine Bedeutung und seine Bedingungen systematisiert und somit die Grundlagen einer Erziehung zum Glück erarbeitet. Die Erkenntnisse werden schließlich zur Beurteilung des von Ernst Fritz-Schuber konzipierten Schulfach Glück herangezogen.
Textprobe: Kapitel 2.1.2, Subjektives Wohlbefinden und Lebenszufriedenheit: ‘Glück als Emotion lässt sich schließlich beschreiben als ein umfassendes Gefühl der Zufriedenheit oder auch des Wohlbefindens […], das sowohl die aktuelle Befindlichkeit wie die biographische Entwicklung umfasst’ (Zirfas 2011:11). Die Begriffe ‘Wohlbefinden’ wie auch ‘Lebenszufriedenheit’ weisen zugegebenermaßen viele Gemeinsamkeit auf und sie werden teilweise synonym verwendet: So werden bspw. in internationalen Glücks- bzw. Well-being-Studien beide Begriffe dazu verwendet, in Erfahrung zu bringen, wie Menschen ihre eine Situation bewerten und wie glücklich sie sich schätzen. Die Begriffe ‘subjektives Wohlbefinden’ und ‘Lebenszufriedenheit’ sind dabei als Konstrukte zu verstehen, die nicht endgültig definiert sind und sich fortwährend im Wandel befinden. So ist die Annahme (bzw. Erkenntnis), dass die Lebenszufriedenheit eines Menschen nicht allein von seinen Lebensumständen (z.B. Einkommen, Bildung, Gesundheit, Familienstand, etc.) abhängt, zeitgeschichtlich noch relativ jung. Die Erkenntnis, dass für die Lebenszufriedenheit vor allem von Bedeutung ist, wie ein Mensch seine Lebensumstände wahrnimmt und bewertet, spiegelt sich u.a. in den Begriffen ‘subjektives Wohlbefinden’ oder auch ‘subjektive Lebenszufriedenheit’ wider. Das Wohlbefinden und auch die Lebenszufriedenheit setzen sich in der Regel aus verschiedenen Komponenten zusammen. So sind für beide die Zufriedenheit mit bspw. der familiären Situation, mit der beruflichen (bzw. schulischen) Situation, mit der Freizeitgestaltung, mit dem Freundeskreis sowie der Peer-Group und mit den eigenen Freiheiten (insbesondere bei Kindern) von Bedeutung, des weiteren aber auch die eigenen Ängste und Sorgen (vgl. World Vision Deutschland 2010:390 ff.) sowie die Gesundheit, der Familienstand und die soziale Eingebundenheit (vgl. Deutsche Post 2012:48). Trotzdem die beiden Begriffe, Wohlbefinden und Lebenszufriedenheit, praktisch gleichwertig und synonym verwendet werden, weist Zirfas auf einen grundsätzlichen Unterschied hin (welcher jedoch in den meisten Studien weder Beachtung noch Anwendung findet): ‘Während das Wohlbefinden stärker auf die emotionale Dimension der Erfahrung von mehr oder weniger umfassenden Zuständen und Entwicklungen des Glücks abhebt, zielt der Begriff der Zufriedenheit stärker auf einen kognitiven Faktor des […] [Glücks] ab, bei dem die Bilanz der Kongruenz von angestrebten und erreichten Lebenszielen im Mittelpunkt steht (Zirfas 2011:11). Die Zufriedenheit ist also, gemäß Zirfas, als Ergebnis eines Gedankenprozesses zu verstehen, und weniger als affekthaftes Gefühl (wenngleich auch aus der Zufriedenheit in der Regel eine Form von Wohlbefinden erwächst). 2.1.3, Das gute Leben: Das gute Leben (oder auch das gelingende Leben) ist zwar ein Begriff, der vor allem in Publikationen behandelt wird, die der Philosophie (und weniger den Gesellschaftswissenschaften) zuzurechnen sind, doch diese Thematik ist untrennbar mit dem Glück verbunden und somit von besonderer Bedeutung für die Glücksforschung und auch für jeden Diskurs über erzieherische Zielsetzungen. Der Terminus wurde, so die deutsche Philosophin Ursula Wolf, ursprünglich mangels einer geeigneten Übersetzung des griechischen Ausdrucks eudaimonia eingeführt. Denn die ‘Übersetzung mit «Glück» […] die man auch häufig findet, ist nicht sehr befriedigend’ (Wolf 1999:15). Dies begründet Wolf damit, dass der Begriff ‘Glück’ ‘in der heutigen Umgangssprache eine ziemlich blasse Bedeutung hat, die ihn hedonistisch auf ein positives Gefühl oder utilitarisch auf maximale Wunscherfüllung reduziert’ (ebd.:67 f.). Als alternative Übersetzungsmöglichkeiten bieten sich die Ausdrücke ‘Wohl’, ‘Wohlbefinden und ‘Wohlergehen’ an, welche jedoch den Nachteil haben, ‘daß [sic] sie eher etwas Passives zu bezeichnen scheinen, während die eudaimonia das ganze Leben und daher auch das Handeln umfasst’ (ebd.:16). Daher bot es sich an, eine Formulierung zu wählen, die der eudaimonia am nächsten kommt. ‘Daimon bedeutet etwa «Leben», «Lebensgeist», und eu ist das Adverb von «gut», eudaimonia demnach «gute Weise des Lebens» (ebd.:68). Was ist nun aber konkret damit gemeint, wenn vom guten Leben die Rede ist? Das gute Leben bezeichnet (in diesem Fall) nicht, wie man annehmen könnte, das moralisch Gute oder das, was kollektiv als ‘gut’ beurteilt wird, sondern einen Zustand des Lebens, in dem es einer Person, und zwar insbesondere der eigenen, gut geht (ebd.:69). Wodurch dieser Zustand erreicht wird, ist im Prinzip unwichtig, im Vordergrund steht die Annahme, dass jeder Mensch von Natur aus einen ebensolchen Zustand anstrebt. Wolf gesteht allerdings ein, dass es auch Menschen gibt, die ihr eigenes Wohl nicht zum höchsten Ziel ihres Lebens erklären und, ganz im Gegenteil, ihr persönliches Glück ‘opfern’, um ihr Leben an einem ‘überpersönliches Ziel’ wie etwa der ‘Wissenschaft, Gerechtigkeit oder Kunst’ auszurichten (vgl. Wolf 1999:69).). ‘So haben manche Menschen die Vorstellung, man müsse das persönliche Glück opfern zugunsten einer Pflicht, nicht weil das eine höhere Form von Glück ist, sondern so, daß [sic] sie darin selbst eine Opferung des Glücks sehen’ (ebd. Hervorhebung TB). Diese Menschen streben also, entgegen der ursprünglichen Annahme, nicht nach der eudaimonia oder dem guten Leben. Trotzdem wäre es irreführend, anzunehmen, dass besagte Menschen ihr Leben ohne ein höheres Ziel führen und ihre Entscheidungen willkürlich treffen. Die Entscheidung, das eigene Leben nicht nach dem Ziel des guten Lebens auszurichten, lässt sich nämlich dadurch begründen, dass eine andere Zielsetzung für die einzelne Person mehr Sinn macht bzw. bedeutender ist. Das gute Leben, also jenes Leben, das das eigene Wohlbefinden zum Ziel hat, ist folglich nur eine von mehreren Möglichkeiten, die Frage nach dem Lebenssinn bzw. dem sinnvollen Leben zu beantworten. Dass Menschen durchaus auch dazu bereit sind, andere Dinge zu ihrem Lebenszweck-und ziel zu erheben, als das persönliche Wohlbefinden, illustrieren Menschen, die ihr Leben in den Dienst einer höheren Sache, wie insbesondere einer religiösen oder ideologischen Überzeugung, stellen, und dafür teilweise Strapazen, Entbehrung und Leid auf sich nehmen. Ebenso kann man kaum von politischen Aktivisten, die ‘für den einen guten Zweck’ in den Hungerstreik treten, von Menschenrechtlern, die für ihre Überzeugung ihr Leben aufs Spiel setzen, und von Märtyrern, die ‘ihr Leben für die gute Sache geben’, behaupten, dass nur ihr eigenes Wohlbefinden ihre Handlungen bestimmen würde. Allerdings sind auch auch solche Menschen, die auf gemäßigtere Art und Weise ein Leben führen, dass nicht der eudaimonia entspricht, also bspw. Menschen, die ihr Leben zu ihrem eigenen Nachteil (bezüglich ihres Wohlbefindens) in den Dienst von Wohltätigkeit oder Gemeinnützigkeit stellen, schon nicht mehr als eudaimones zu bezeichnen, da das Ziel ihres Handelns dem eigenen Wohlbefinden übergeordnet ist. Trotz allem hat es den Anschein, dass das gute Leben ein Lebensentwurf sowie Lebensziel ist, das von den meisten Menschen akzeptiert und auch angestrebt wird denn schließlich sind die meisten Menschen weder Asketen, Märtyrer noch altruistische Gemeinnützige.
Torsten Bollweg, geboren 1989 in Frankenberg (Eder), studierte von 2010 bis 2013 Erziehungswissenschaften an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Dabei spezialisierte er sich auf die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und erhielt Einblicke in die Kindheits- sowie die Glücksforschung, was ihn schließlich dazu veranlasste, die vorliegende Arbeit zu verfassen. Zurzeit absolviert er das Masterstudium an der Universität Bielefeld.
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