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- Ernährungsstile als Schönheitspraktiken: Eine schichtspezifische Analyse anhand von Frauenzeitschriften
Sozialwissenschaften
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 64
Abb.: 16
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Das aktuelle Schönheitsideal westlicher Gesellschaften verlangt nach einem schlanken und jungendlichen Aussehen. Diese Vorstellung eines perfekten Körpers ist stets gebunden an historische und kulturelle Gegebenheiten und gestaltet sich immer wieder neu. Wie ist es zu der heutigen Idealvorstellung gekommen? Auf welche Weise wird diesem Bild von Schönheit nachgekommen? Zweifelsohne spielen Ernährungsstile hierbei eine besondere Rolle. Die Nahrungsaufnahme verfolgt also neben der Grundversorgung zusätzliche Zwecke. Eine andere Funktion ist die Differenzierung gesellschaftlicher Gruppen voneinander. Abgrenzungen zwischen sozialen Schichten finden sich noch in zahlreichen weiteren Aspekten wieder, so auch im Gebiet des Aussehens. Aufbauend auf die herausgearbeiteten dynamischen Beziehungen zwischen diesen drei Aspekten - Schönheit, Ernährung und soziale Schicht - wird in dieser Studie unterstellt, dass zwischen ihnen weitergehend eine triadische Verbindung besteht. Mithilfe von dargebotenen Ernährungsstilen in Frauenzeitschriften, die als Schönheitspraktiken gedeutet werden, wird diese These ausführlichst untersucht.
Textprobe: Kapitel 3.2, Umgang mit Essen: Diäten waren in Zeiten des Nahrungsmangels nicht denkbar, da das Überleben und genährt sein an erster Stelle standen. Der heutige Nahrungsüberfluss macht das Schlankheitsideal und das Diät halten als Schönheitspraktik überhaupt erst möglich (vgl. Posch 2009: 102). Doch es gibt noch weitere Faktoren, die zur heutigen Handhabung des Essens geführt haben: Habermas (1997: 2 ff.) erfasste drei Kategorien zur Analyse dieses Sachverhalts, an denen sich auch im Folgenden orientiert wird: ‘Verfügbarkeit von Nahrung’, die ‘De-Ritualisierung der Nahrungsaufnahme’ und ‘Neuartige Formen der Nahrungsaufnahme’. Verschiedene Faktoren führten zur heutigen Verfügbarkeit von Nahrung. So ist erst seit vergleichsweise kurzem eine regelmäßige Versorgung der Bevölkerung möglich. Im Zuge der Industrialisierung stieg sowohl die Qualität als auch die Quantität von Lebensmitteln und seit Mitte des 19. Jahrhunderts trat Hunger in westeuropäischen Gesellschaften immer weiter in den Hintergrund. Ursächlich dafür sind u.a. die verbesserte Infrastruktur (in Bezug auf den Lebensmitteltransport), neuartige Konservierungsmethoden und Massenproduktionen durch zunehmende Mechanisierung (vgl. Habermas 1997: 2 f.). Seit Ende der 90er Jahren werden allerdings manche dieser Methoden kritisiert. Die BSE-Krise könnte dabei als Auslöser für ein neu aufkeimendes Interesse an natürlichen Lebensmitteln gelten. Im Zuge eines neuen Bewusstseins über gesundheitliche Risiken industriell produzierter Lebensmittel und Gefahren für die Umwelt (u.a. aufgrund langer Transportwege), erleben regionale Produkte oder Bio-Esswaren einen regelrechten Boom (vgl. Haufe 2012: 65 f.). Unter De-Ritualisierung der Nahrungsaufnahme werden neue Essensformen in Bezug auf den Ort, die Gesellschaft und die Zeit verstanden. Früher konnte man von ritueller Nahrungsaufnahme sprechen, da es feste Uhrzeiten, geregelte Verhaltensnormen und meist eine gleichbleibende Gesellschaft gab, in der gegessen wurde (vgl. Hirschfelder 2005: 19). Heute ernährt man sich aus Zeitmangel von vielen kleinen Snacks und das häusliche Kochen wurde reduziert. Die Menschen essen oft allein und zu unregelmäßigen Zeiten. Neue Formen der Mahlzeiten etablierten sich: Fast Food, motiviert durch Zeitmangel, oder ‘Light’-Produkte, die eine Annäherung an das gängige Schönheitsideal eines schlanken Körpers versprachen, kamen auf den Markt und sind heute nicht mehr wegzudenken (vgl. Schirrmeister 2010: 55 ff). Claude Fischler (1990) spricht in diesem Zusammenhang von der ‘modernen Gastro-Anomie [Hervorhebung im Original], einem Verfall der das Essen regulierenden Normen’ (Habermas 1997: 3). Heutzutage besteht eine größere Freiheit im Umgang mit Nahrung, was aber neben positiven Effekten auch zu Verunsicherungen führen kann (vgl. Habermas 1997: 3 f.). Neue Formen der Nahrungsaufnahme sind an neuartige Motive gekoppelt. Man isst um sich zu vergnügen, um gesund zu leben oder den eigenen Körper zu gestalten, die reine Sättigung steht eher im Hintergrund. Es existiert eine schier unendliche Auswahl an Lebensmitteln, sodass eine bewusste Selektion möglich ist bzw. zur heutigen Tugend gehört. Die Normen wurden rationalisiert, man isst vorausschauend und bedacht (vgl. Habermas 1997: 4 f. Scholliers 2007: S.334). ‘Das Prinzip der Zweckgebundenheit’ liegt heute allen Essensangeboten zugrunde (Schirrmeister 2010: 56). Ein weiterer Aspekt, mit dem die Veränderungen der Ernährungsstile einhergingen, ist die Verbreitung von Informationen über Essen. In den Medien wie Fernsehen, Zeitschriften oder Fachliteratur findet diese Thematik immer mehr Erwähnung und ist somit jedem zugänglich geworden (vgl. Scholliers 2007: S.334). 66,3% der Deutschen informieren sich unterschiedlich intensiv über Ernährung, insgesamt deutlich mehr Frauen (74,3%) als Männern (58,1%). Dazu werden am meisten Zeitungen/ Wochenzeitungen/ Wochenmagazine genutzt (56%) (vgl. Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz 2008: 103 f.). Auch das im höheren Maße vorhandene Wissen über Ernährung trug zu einer stärkeren Kontrolle und dem rationalen Umgang mit Nahrung bei. Man kann generell von einem gesteigerten Interesse am Thema Essen sprechen (vgl. Schirrmeister 2010: 9). Wenn eine Sache nur in geringer Ausprägung vorhanden ist, macht man sich weniger Gedanken darüber, welche man herausgreifen soll. Bei den heutigen immensen Auswahlmöglichkeiten unterschiedlicher Nahrungsmittel, Orte oder Stile muss eine bewusste Selektion stattfinden. Diese stiftet Identität. Nahrungsmittel, -formen oder -stile sind symbolisch besetzt und werden als Selektionsmechanismen gesellschaftlich unterschiedlicher Gruppen genutzt.
Birgit Zeyer wurde in Bochum geboren. Sie schloss ihr sozial- und erziehungswissenschaftliches Studium im Jahre 2012 erfolgreich ab. Neben der Spezialisierung auf sozialpsychologische Fragestellungen legte sie ihre Schwerpunkte auf die Organisationspsychologie sowie die Lehr-Lernforschung.
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