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- Die Ökonomisierung des Unterrichts: Schule in Zeiten des Neoliberalismus am Beispiel einer Fallstudie
Sozialwissenschaften
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 03.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 92
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Schule stand und steht schon immer unter dem Druck von gesellschaftlichen Begehrlichkeiten und Interessenparteien. Vor allem die Arbeitgeberverbände und andere Wirtschaftsvertreter werden nicht müde, die mangelnde Ausbildung der Schüler anzumahnen. Der Druck nach marktkonformer Organisation durchdringt dabei, seit der Verbreitung des neoliberalen Paradigmas mit Beginn der 80er Jahre, immer weitere Teile der Gesellschaft. Nach den Universitäten stehen nun die Schulen und auch die Schüler selbst auf dem Prüfstand der Wettbewerbsfähigkeit. Die vorliegende Studie zeichnet die seit Jahren andauernde Diskussion um einen Ausbau von ökonomischer Bildung an deutschen Schulen nach, der vor allem unter dem Gesichtspunkt der Globalisierung und Wettbewerbsfähigkeit eingefordert wird. Nach einer kurzen Einführung in Grundbegriffe der Diskussion, werden die Auswirkungen neoliberaler Denkschemata an dem konkreten Beispiel der Lehrpläne Hessens nachgezeichnet. Abschließend wird ausführlich diskutiert, ob sich die geforderte Ökonomisierung der Schulbildung überhaupt mit didaktischen und bildungstheoretischen Zielen vereinbaren lässt.
Textprobe: Kapitel 3.2, Erfolge der Interessenparteien – die Beschlüsse der Ständigen Konferenz der Kultusminister: Nachdem ich die wichtigsten Positionen der im Vorfeld stattgefundenen Debatte über einen Ausbau von ökonomischer Bildung nachgezeichnet sowie deren Verlauf analysiert habe, möchte ich in diesem Abschnitt erläutern, zu welchen konkreten Ergebnissen diese Diskussion geführt hat. In der Tat hat die Ständige Konferenz der Kultusminister 2001 einen gemeinsamen Beschluss gefasst, der später in den einzelnen Kultusministerien in konkrete Lehrpläne ausformuliert wurde. Diese unterscheiden sich ganz erheblich von Bundesland zu Bundesland. Wie eingangs erwähnt, werde ich mich weiter unten auf den hessischen Lehrplan im Besonderen konzentrieren, da für eine fundierte Analyse die Betrachtung jedes Bundeslands separat vorgenommen werden müsste, auch wenn die grundlegenden Ausrichtungen in weiten Teilen übereinstimmen. Doch zunächst zu den Beschlüssen der KMK. Die Beschlüsse wurden der Öffentlichkeit im Rahmen eines Berichts der KMK-Tagung (KMK 2008) zugänglich gemacht und setzen sich aus einem originalen Hauptteil zusammen, in dem die Einigungen länderübergreifend, also für die ganze Bundesrepublik, dargestellt werden und einem im Jahre 2007 aktualisierten erweiterten Teil, der die konkreten Umsetzungen der jeweiligen Bundesländer thematisiert. Die Beschlüsse der KMK haben oft eher den Charakter einer Absichtserklärung, da die tatsächliche Gestaltung der Bildungspolitik Länder-sache ist. Die KMK hebt eingangs in der Erklärung die Bedeutung der Bildung in wirtschaftlichen Fragen hervor. ‘Für die Kultusministerkonferenz ist ökonomische Bildung ein unverzichtbarer Bestandteil der Allgemeinbildung und gehört somit zum Bildungsauftrag der allgemein bildenden Schulen in der Bundesrepublik Deutschland’ (KMK 2008, S. 7). Hierin sind sich alle bisher verfassten und diskutierten Stellungsnahmen einig. Allerdings bestätigt der Bericht in allen Punkten die im Vorfeld vom Präsidenten der Ständigen Konferenz der Kultusminister getroffenen Aussagen. Man sieht das Lernfeld Wirtschaft bereits umfassend im bestehenden schulischen Betrieb fest verankert. Die KMK sieht die Implementierung ökonomischer Grundbildung als gewährleistet, sowohl im Rahmen der Schulfächer als auch mittels wirtschaftsbezogenem Projektunterricht. Ebenfalls sieht man die Vermittlung wirtschaftlicher Grundkenntnisse außerhalb der Schule ‘… durch vielfältige Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern, z. B. Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen ...’ (KMK 2008, S. 7) als gewährleistet an. Allerdings weist man darauf hin, dass die Länder ihre Aktivitäten in diesen Bereichen kontinuierlich ausgeweitet haben. Die KMK begrüßt dies und möchte auch in Zukunft an einem intensiven Dialog zwischen Schule und Wirtschaft festhalten. Der Primarbereich findet nur sehr kurz Erwähnung, da die KMK der Meinung ist, dass der Fokus der ökonomischen Bildung im Sekundarbereich liegt. Trotzdem sollte der erste grundlegende Kontakt mit wirtschaftlichen Begriffen, wie z. B. das Kennenlernen von Währungen, Kenntnisse von verschiedenen Produktionsabläufen oder die Einführung in grundlegende Begriffe des wirtschaftlichen Lebens, bereits in der Primarstufe erfolgen. Für die Sekundarstufe I verweist die KMK auf die Beschlüsse von 1993 in der Fassung von 2006 (KMK 2006), in denen die ‘… Hinführung zur Berufs- und Arbeitswelt verpflichtender Bestandteil für alle Bildungsgänge ist. Der Unterricht erfolgt entweder in einem eigenen Unterrichtsfach (‚Arbeitslehre’) oder als Gegenstand anderer Fächer’ (KMK 2008, S. 7). Die Berufsqualifizierung steht hierbei im Vordergrund. Sie soll vor allem durch mehrwöchige Pflichtpraktika in der Berufswelt gewährleistet werden sowie im dafür vorgesehenen Unterricht. Hierbei wird sich nicht nur auf Lernfelder konzentriert, welche unmittelbar für die Berufswahl von Bedeutung sind, sondern auch auf ökonomische Sachverhalte im Allgemeinen, oft unter volkswirtschaftlicher Perspektive. Es werden aber auch andere relevante Themenfelder behandelt, wie z. B. Wirtschaftspolitik, Wirtschaftsrecht und Vertragslehre. Die Sekundarstufe II wird mit nur wenigen Sätzen behandelt. Der Grund hierfür könnte in der eingangs formulierten Regelung liegen. ‘Je nach Land bzw. Organisationsmöglichkeiten der Schule können wirtschaftliche Themen integraler Bestandteil eines oder mehrerer Fächer sein, z. B. Gemeinschaftskunde oder Erdkunde’ (KMK 2008, S. 9). Hier wird deutlich, dass die KMK die konkrete Ausgestaltung klar in den Bundesländern belassen will. Im Folgenden werden einige exemplarisch zu behandelnde Themen vorgeschlagen, die sich über das gesamte inhaltliche Feld der ökonomischen Bildung erstrecken. Auch bezüglich der Sekundarstufe II wird wieder der Praxisbezug durch Berufs- und Studienorientierung einerseits und Praktika anderseits hervorgehoben. Als Alleinstellungsmerkmal wird formuliert, dass Wirtschaft sowohl als eigenständiger Kurs angeboten werden kann, als auch als Prüfungsfach zugelassen ist. Der allgemeine auf alle Bundesländer bezogene Teil der Mitteilung endet mit dem Hinweis, dass die meisten Länder ihre Kursangebote im Bereich Ökonomie innerhalb der Lehrerausbildung erweitert und den Anteil der außerschulischen Praktika erhöht haben. Die Stellungsnahme der KMK gleicht insgesamt eher einer Beschreibung der Sachverhalte beziehungsweise der Situation, wie sie sich ihrer Meinung nach darstellt. Dies ist bemerkenswert, da die KMK den Bericht der Konferenz als zur Veröffentlichung notwendig erachtet hat. Aktive Absichtserklärungen wurden hierin so gut wie überhaupt nicht formuliert. Das ist ungewöhnlich, denn im Normalfall werden nur Beschlüsse oder Empfehlungen sprich Ergebnisse veröffentlicht. Über die Gründe kann an dieser Stelle nur spekuliert werden, da die Tagungs- und Konferenzprotokolle nicht öffentlich zugänglich sind. Zwei Indizien können aber auf mögliche Hintergründe hinweisen. Erstens wird die einheitliche Prüfungsanforderung (EPA) im Rahmen des Abiturs in seiner besonderen Bedeutung hervorgehoben (vgl. KMK 2008, S. 8). Diese scheint nach Ansicht der KMK bereits wesentliche Rahmenbedingungen festgelegt zu haben. Eine zweite mögliche Begründung könnte in der oben bereits erwähnten Eingangsformulierung mit dem Verweis an die Zuständigkeiten der Bundesländer liegen. Diese lässt zwei Deutungsmöglichkeiten zu, entweder man konnte sich auf keine einheitliche Lösung festlegen, oder, und dies wäre im Rahmen der Sachzwangperspektive von Bedeutung, man wollte sich nicht auf eine gemeinsame Lösung festlegen. Als Stichwort können hier Standortpolitik und Standortwettbewerb im Rahmen des föderalen Systems dienen. Diese Deutungsmöglichkeit werde ich allerdings zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgreifen und bleibt aufgrund der oben genannten Umstände spekulativ. Eine explizite Begründung unter sachzwangrelevanten Aspekten wird nicht geliefert, da nichts wirklich initiiert wurde, was einer Begründung bedurft hätte. Betrachtet man die Umsetzung der einzelnen Bundesländer, gestaltet sich die Sachlage wesentlich anders. Ich habe die Beschlüsse des Hessischen Kultusministeriums (HKM) bewusst ausgespart, da sie bereits von Bedeutung für den im nächsten Hauptteil anvisierten Lehrplanvergleich sind. Die Beschlüsse des HKM wurden festgeschrieben und veröffentlicht mit der Ausgabe der neuen Lehrpläne im Jahr 2002. Eine genaue Analyse der Änderungen werde ich am Anfang des nächsten Kapitels vornehmen.
Sven Zalac hat im Bereich Audioproduktion über zehn Jahre erfolgreich für nationale und internationale Firmen im In- und Ausland gearbeitet. Ab 2008 war er als selbstständiger Unternehmer tätig und hat mehrere Jahre im Personalwesen aktiv und beratend daran mitgearbeitet, für Global-Player aus Industrie und Wirtschaft geeignete Mitarbeiter zu finden. 2013 beendete er ein Lehramtsstudium für die gymnasiale Oberstufe in den Fächern Deutsch, Politik und Wirtschaft an der Goethe-Universität in Frankfurt a. Main. Die Schwerpunkte seines Studiums setzte er im Bereich Neoliberalismus und internationale Finanzmärkte.
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