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- Die Kathedrale der Nation: Der Kölner Dom im Spiegel der deutschen Nationalbewegung des 19. Jahrhunderts
Sozialwissenschaften
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 72
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Denkmäler benötigen Bewusstsein - denn erst dieses vermag Denkmäler zu schaffen. Ihre Existenz als Denkmal steht und fällt mit der Dauer und Intensität dieser Bewusstmachung. Dieser Grundsatz gilt vor allem für Nationaldenkmäler. In ihnen vollzieht sich die Objektivierung der imaginierten Nation. Dieses Konzept lässt sich bei nahezu allen deutschen Nationaldenkmälern des 19. Jahrhunderts beobachten. Eines dieser zahlreichen deutschen Nationaldenkmäler war der Kölner Dom. Erdacht und erbaut als katholisches Gotteshaus vollzog sich im 19. Jahrhundert - dem Jahrhundert der Nationalbewegung - an ihm ein Bedeutungswandel hin zum Nationaldenkmal. Die vorliegende Arbeit zeichnet diesen Wandel im 19. Jahrhundert nach. In den Fokus gerückt wird der Kölner Dom und seine Bewusstmachung als Nationaldenkmal in den drei Hochphasen der deutschen Nationalbewegung des 19. Jahrhunderts. Bereits im Jahr 1814, unmittelbar im Anschluss der siegreich geführten Leipziger Völkerschlacht gegen Napoleons Armeen, im Rausch des Sieges, taucht die Idee auf, den Befreiungskriegen ein gebührendes Denkmal zu setzen. In diesem Rahmen erfährt die Vollendung des damals noch im Bau befindlichen Kölner Doms als die wieder erstarkte deutsche Nation symbolisierendes Bauwerk eine überkonfessionelle, nationale Deutung. Der Kölner Dom bildet bis zu seiner schlussendlichen Vollendung im Jahr 1888 die dynamische Projektionsfläche des gesellschaftlichen und interkonfessionellen Diskurses. Er spiegelt das Verhältnis zwischen preußischem Staat und katholischer Kirche bzw. zwischen Protestantismus und Katholizismus wider. Dabei weist die Objektivierung der Nation im Denkmal für das 19. Jahrhundert typische Merkmale auf. Einen zentralen Platz in diesem Konzept hat die Rückbesinnung auf eine gemeinsame und glorreiche Vergangenheit, die als Zeit nationaler Einheit, Größe und Schaffenskraft propagiert und herbeigesehnt wird. Eine nicht minder wichtige Bedeutung hat der Zusammenhang zwischen Christentum und deutscher Nation. Christentum und Germanentum werden im deutschen Nationsdiskurs als eine sich gegenseitig befruchtende und das deutsche Wesen veredelnde Symbiose angesehen. Die im Mittelalter noch geeinte und unreformierte Kirche symbolisiere das zu dieser Zeit ebenfalls geeinte deutsche Volk. Schließlich wird der Verbindung zwischen Nation und Kunst in Form der als deutsch gedachten Gotik als Erweis für deutsche Schaffenskraft eine besondere Bedeutung zugedacht. Diese immer wieder vorgebrachten nationalen Topoi bilden eine die Objektivierung der Nation im Kölner Dom begleitende Trias. Der Kölner Dom als Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit vereinigt alle drei Topoi in sich seine Entstehungszeit reicht in die mittelalterliche, vorreformatorische Periode zurück und er ist im gotischen Kunststil als sakrales Bauwerk erbaut worden.
Textprobe: 4.2 Nation und Konfession: Der Kölner Dom zwischen Sakral- und Säkularbau ‘In dieser Vollendung wäre das Gebäude wie ein Berg Gottes, wie ein anderes Zion gewesen, den Bewohnern der Stadt und des Landes zum steten Ziel frommer, freudiger Erhebung kunstreich ausgerichtet’. Mit den Befreiungskriegen und dem im Geist der Romantik erwachten Nationalbewusstsein in Deutschland, kommt nicht nur die Rückbesinnung auf die deutsche Vergangenheit als romantisch- nationaler Zug auf, sondern auch das Religiöse ist von dieser Stimmung betroffen und wird von den Zeitgenossen in diesem Sinne neu entdeckt. Das heißt die aufkommende Rückbesinnung auf die Rolle des Christentums für die deutsche Tradition. In diesem Sinne kann mit gutem Recht gesagt werden, dass der Nationalismus der Befreiungskriege eine Verbindung aus Vaterlands- und Religionsliebe darstellt. Die enge Verbindung dieser beiden Sphären wird schon an der religiösen Stimmung im Vorfeld der Kriege gegen Napoleon deutlich, die in der Regel eine nationale wie religiöse Interpretation erfahren. Ja, in denen Napoleon zum ‘Anti- Christen’ und Feind der Nation, und den Kampf gegen ihn zum ‘Heiligen Krieg’ im Dienste Gottes erklärt wird. Dies wird im folgenden Kirchengebet aus dem Jahr 1813 deutlich, wo es heißt: der Zweck des Kampfes ist …’für Freiheit und Unabhängigkeit, für Gott, Vaterland und König, für die Religion und Vaterland zu kämpfen.’ Der Krieg wird hier zum ‘Kreuzzug’ für Vaterland und Religion hochstilisiert. Die hier betriebene Sakralisierung des Krieges und die enge Bindung des Religiösen an das Vaterland, das in dieser Phase der Romantik als Christliches betrachtet wird, werden auch in diesen beiden Predigten aus dem Jahr 1813 und 1815 deutlich. Im Jahr 1813 heißt es da: ‘Unser Deutschland ist unser unsichtbares Jerusalem. Der Bund aller ächt deutschen Seelen…ist das himmlische Jerusalem unseres Volkes.’ Und wieder im Jahr 1815: ‘wir stehen gereinigt da…im Blute gewaschen, im Herzensblute der Unsrigen, und mit ihr bildet sich ein neues Geschlecht, ein heiliges Volk, ein Volk des Eigentums…’ Recht deutlich wird hier eine Sakralisierung der Nation bei gleichzeitiger Säkularisierung der Religion propagiert. Beides, Religion und Vaterland, gehen in der Vorstellung der Zeitgenossen eine Verbindung ein. Ein recht deutliches Beispiel für dieses Phänomen während der Befreiungskriege, das auch als Ausfluss der gestiegenen Bedeutung der Romantik aufgefasst werden kann, stellt dieses Zitat von Arndt dar, indem er voller Begeisterung sagt: ‘Ein Volk zu seyn, Ein Gefühl zu haben für eine Sache, mit dem blutigen Schwerdt der Rache zusammenzulaufen, das ist die Religion unserer Zeit…Laßt alle die kleinen Religionen, und thut die große Pflicht der einzig höchsten, und hoch über den Pabst und Luther vereinigt euch in ihr zu einem Glauben. Das ist die höchste Religion, zu siegen, oder zu sterben für Gerechtigkeit und Wahrheit…das Vaterland lieber zu haben, als Herren und Fürsten, als Väter und Mütter, als Weiber und Kinder…seinen Enkeln einen ehrlichen Namen, ein freies Land, einen stolzen Sinn zu hinterlassen…Dieses heilige Kreuz der Welterlösung, diese ewige Religion der Gemeinschaft und Herrlichkeit, die auch Christus gepredigt hat, macht zu eurem Banner, und nach der Rache und Befreiung bringt unter grünen Eichen auf dem Altar des Vaterlandes dem schützenden Gotte die fröhlichen Opfer’. Diese Worte eines glühenden Patrioten der Befreiungskriegsphase benötigen, so glaube ich, keine weiteren Kommentare, denn sie sprechen eigentlich für sich. Sie vermitteln einen Eindruck von der romantisch-nationalen Grundstimmung der Befreiungskriegsphase. In diesem Zusammenhang, in Berücksichtigung dieser Grundstimmung des Frühnationalismus in Deutschland, muss auch die Idee, eine den Katholizismus repräsentierende Kirche als gesamtdeutsches Nationaldenkmal weiterbauen zu wollen, gesehen werden. Denn einige Jahrzehnte vorher wäre die Unternehmung, im mulikonfessionellen Deutschland eine Kirche als Nationaldenkmal zu planen oder weiterzubauen, nicht einmal im Scherz einer Überlegung wert gewesen. Die in dieser Phase durch die Begeisterung der siegreich beendeten Befreiungskriege verändere Grundstimmung in Deutschland und auch das im romantischen Geist veränderte Verhältnis zur Religiosität vermögen jedoch für einige Zeit, die konfessionellen Unterschiede in den Hintergrund treten zu lassen. Der Gedanke an eine überkonfessionelle Einheit der Kirche ist nicht mehr abwegig, sondern wird mit ernster Anteilnahme diskutiert. Aus diesem Grund ist auch die Mehrzahl der Schriften aus dieser Phase christlich-national. Denn die frühen Theoretiker einer nationalen Idee, wie Arndt, Herder und Schleiermacher, bedienen sich in ihren Schriften dieser Verknüpfung von Konfession und Nation. In einer solchen veränderten Bedeutung der Religion im Zusammenhang mit der Nation verliert die Idee, den Kölner Dom als überkonfessionelles Nationaldenkmal weiterzubauen, an Absurdität, ja sie wird als eine Möglichkeit in Erwägung gezogen. Ein eindeutiges Indiz für diese neue überkonfessionelle Bewegung im Kontext des Kölner Doms, ist die Tatsache, dass sich Katholiken wie Protestanten, mit der Idee seines Weiterbaus im nationalen Sinne beschäftigen. Als die wichtigsten Werber der Idee den Kölner Dom als Nationaldenkmal weiterzubauen, können zu dieser Zeitperiode auf katholischer Seite, Schlegel, Görres, Boisseree und Reichensperger gelten der wichtigste protestantische Förderer dieser Idee war Friedrich Wilhelm IV. In den Anfängen der Dombegeisterung noch Kronprinz und Anhänger der Romantik, gewinnt er immer mehr ein Interesse für das Mittelalter und damit für den Kölner Dom. In einer Aufzeichnung Sulpiz Boisserees` über ein Treffen mit Friedrich Wilhelm IV. aus dem Jahr 1842, wird seine frühe Begeisterung für den Kölner Dom in den folgenden an Boisseree gerichteten Worte deutlich: ‘Wieviele Jahre sind es, daß ich Sie kenne? 29 Jahre in Frankfurt 1814 im Dezember. Ja, ich erinnere mich recht wohl, 3 Nächte habe ich über ihre Zeichnungen vom Dom nicht schlafen können!’ Die Grundlage für die finanzielle Förderung des Domweiterbaus als späterer König von Preußen, ist schon zu dieser Zeit gelegt. Er, der Protestant aus Preußen, ist für den Weiterbau eines katholischen Gotteshauses in einer überwiegend katholischen Provinz Preußens, gewonnen. Diese konstatierte Begeisterung des Königs von Preußen, ist nur mit dem Hinweis auf seine Affinität für die Romantik und auf die mit der im Gefolge der Befreiungskriege allgemein geänderten Grundstimmung in konfessionellen Fragen zu erklären.
Mathias Akar wurde 1979 in Bote (Tur Abdin/Türkei) geboren. Sein Studium der Sozialwissenschaften und der Geschichtswissenschaften an der Universität Duisburg-Essen schloss der Autor im Jahre 2010 mit dem 1. Staatsexamen ab. Im Jahr 2012 schloss er außerdem seinen Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen mit den Fächern Geschichte und Sozialwissenschaften/Politik am Andreas-Vesalius Gymnasium in Wesel mit dem 2. Staatsexamen ab.
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